Читать книгу Mary und das Geheimnis der Kristallpaläste - Elfriede Jahn - Страница 10

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Der Aufbruch

In den nächsten Tagen trafen sich die Freunde immer zur verabredeten Zeit in ihrem Versteck. Gleich neben ihrem Eingang hatte sich eine Seedohle ihr Nest gebaut, das war allerdings zu ihrer Enttäuschung das einzig Bemerkenswerte, was sich ereignete. Mary fiel es zusehends schwerer, sich auf ihre alltäglichen Pflichten in der Schule zu konzentrieren. Am Nachmittag des dritten Tages betrat sie die kleine Buchhandlung in Lysardh Fount. Sie hatte beschlossen, ein Tagebuch zu führen, in dem sie alles aufzeichnen wollte. „Ablegen der Gedanken“ nannte sie es. Heute wollte sie damit anfangen.

Die Ladenbesitzerin, Mrs Toth, begrüßte sie wie gewöhnlich überfreundlich, was Mary nicht ausstehen konnte. Sie war grellblond gefärbt, davon abgesehen allerdings eher hausbacken, was sie vergeblich durch modische Kleidung wettzumachen versuchte. Ihren neugierigen, kleinen und flinken Augen entging nichts.

„Du strahlst ja richtig, Mary“, flötete sie mit der sanften Stimme, die ihren Kunden vorbehalten war. Larry hatte erzählt, dass ihr spindeldürrer Mann, der die Bäckerei zwei Häuser weiter betrieb, diese freundliche Stimme so gut wie nie zu hören bekam. Wie immer war Mary höflich, aber reserviert. Rasch sah sie sich um, entdeckte, was sie suchte, wechselte mit Mrs Toth einige belanglose Sätze über das Wetter, bezahlte das zu teure, aber schön gebundene Tagebuch an der Kasse und ignorierte die Frage der Buchhändlerin, ob sie denn schon einen Freund habe.

Als sie auf der Straße stand, atmete Mary erleichtert auf. Mit der Hand strich sie über den Buchdeckel, den ein Rosenmuster zierte, und dachte über die ersten Zeilen nach, die sie ihrem Tagebuch anvertrauen wollte. Ihre Reise sollte nach Pakistan gehen. Mary wusste nicht viel über dieses Land. Keiner von ihnen besaß einen Computer, doch Mary hatte sich in der Schule einige Fakten herausgesucht. Zum Glück besaß ihr Lehrer einen alten Computer, den er ihr zur Verfügung stellte ...

„Ein Reiseführer wäre gut“, dachte sie, „mit Fotos und allem Drum und Dran.“ Doch den müsste sie bei Mrs Toth bestellen und das war bei deren Neugierde und Tratschsucht zu riskant.

So schlenderte sie auf dem Nachhauseweg durch den nahen Park. Es war später Nachmittag, und sie wollte sich dort auf eine Bank setzen, um in Ruhe ihre ersten Einträge über die Erlebnisse der letzten Tage zu machen. Während sie über das Gras spazierte, fiel ihr ein junger Mann auf. Er saß allein auf einer Parkbank, blickte nachdenklich vor sich hin und schien auf jemanden zu warten. Mary ging langsamer und musterte den Mann aus dem Augenwinkel. Sie schätzte ihn auf Ende zwanzig. Er hatte reine klare Gesichtszüge und außergewöhnlich grüne Augen. Sein makelloses Gesicht war umrahmt von dunkelblonden langen Haaren. Marys Schritte wurden noch langsamer und, ohne es selbst bemerkt zu haben, war sie plötzlich stehen geblieben. Es war, als ob eine unsichtbare Kraft sie zu diesem Fremden hinzog. Unvermittelt hob er den Kopf und sah ihr direkt in die Augen. Ein angenehmer Schauer lief ihr über den Rücken und in diesem Augenblick ahnte sie es ... Noch ehe er ein Wort sagte, wusste sie, wen sie vor sich hatte ...

„Ich bin Troy, dein geistiger Begleiter“, sprach er und hielt ihr dabei seine Hand zum Gruß entgegen.

Er war es, der gute Geist, der Beschützer, den man ihr zur Seite gestellt hatte.

„Ich heiße Mary“, flüsterte sie leise, als sie ihm die Hand reichte. In dem Augenblick, als sich ihre Hände berührten, durchzuckte Mary ein merkwürdig vertrautes Gefühl, wie ein Blitz flammte in ihren Gedanken ein verschwommenes Bild auf. Sie sah Troy und sie sah sich selbst, es war wie eine Erinnerung aus einem längst vergangenem Leben. Sie wollte diesen Augenblick festhalten, so fasziniert war sie von ihrem Gegenüber. Die Kraft und die Liebe, die von ihm auf sie überströmten, gaben ihr ein noch nie da gewesenes Gefühl. Fasziniert sah sie in sein Gesicht. Es wirkte jung und dann doch auch wieder alt und weise. Sie fühlte sich von der ersten Sekunde an wohl in seiner Nähe.

Troy betrachtete das hübsche Mädchen, an dessen Seite ihn das Schicksal gestellt hatte, und war überrascht. Er hatte schon vieles auf Erden gesehen, eine Aura wie diese war allerdings selbst ihm noch nie begegnet. Ein strahlendes Violett umgab Mary. Troy war fasziniert von dieser Kraft, die von ihrem außergewöhnlichen Aurafeld ausging.

„Die höchste Göttliche Energie“, dachte er im Stillen. Dieser Gedanke ließ ihn unwillkürlich lächeln, und er wusste, warum gerade Mary auserwählt worden war. Langsam ließen sich ihre Hände wieder los. Troy trat einen Schritt zurück.

„Du solltest mit den Vorbereitungen beginnen“, sagte er, „wir werden uns bald wiedersehen. Bevor die Reise beginnt, werde ich wieder zu euch stoßen und dann machen wir uns gemeinsam auf den Weg.“

Er lächelte Mary noch einmal warm zu, bevor er sich abwandte und davonging. Mary schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, konnte sie Troy nicht mehr sehen. Sie war verwirrt und enttäuscht, weil ihre Begegnung so abrupt geendet hatte und sie noch so viele Fragen hatte, doch sie war auch ungemein erleichtert. Das war die Bestätigung, auf die sie gewartet hatte. Ihre Vision war Wirklichkeit gewesen und kein Traum!

„Was für Vorbereitungen denn?“, fragte Larry verstimmt. „Hat dieser Troy denn nichts Genaueres gesagt?“

Mary hatte die Freunde noch im Bootshaus angetroffen und überschwänglich von ihrer Begegnung mit Troy erzählt. Während Doff zufrieden wirkte, sah Larry verdrießlich aus. Mary strahlte von innen heraus und das machte ihn misstrauisch und verunsicherte ihn.

„Das ist wieder einmal typisch für dich!“, schimpfte Doff. „Hast du denn gar kein Vertrauen, Larry?“

Mary, die sich an ihre intensiven Gefühle erinnerte und an die Sprachlosigkeit, die es unmöglich gemacht hatte, Fragen zu stellen, spürte erschrocken, dass sie errötete. Das entging Larry nicht und es machte Mary selbst unsicher.

„Er wird zu uns kommen, wenn es so weit ist“, sagte sie mit mehr Nachdruck, als sie vorgehabt hatte. „Und dann erfahren wir bestimmt mehr.“

„Hoffentlich“, bemerkte Larry skeptisch und presste seine schmalen Lippen zusammen.

Doff, der sich von Larrys schlechter Laune nicht beirren ließ, gab zu bedenken: „Vielleicht hat Troy ja gemeint, dass wir unsere Dinge in Ordnung bringen sollten, bevor wir aufbrechen?“

Zu seiner Überraschung gab Mary ihm dafür einen Kuss und Doff stammelte verlegen, dass Troy ihn nicht gemeint haben könne, weil er selbst nichts in Ordnung zu bringen habe.

„Was ist mit Master Ruppy?“, widersprach Larry. „Er hat keine eigenen Kinder und du bist der einzige Nachfolger, damit seine Sargfabrik in der Familie bleibt.“

„Was heißt Sargfabrik?“, regte Doff sich auf. „Mein Onkel stellt keine Särge her, er verkauft sie.“

„Wenn schon“, beharrte Larry, „Er wird dich verfluchen, wenn du einfach verschwindest.“

„Juckt mich nicht, wenn ich in Pakistan bin.“ Doff kicherte. „Master Ruppy ist wirklich sehr um seinen Blutdruck besorgt. Wer würde ihn denn begraben, wenn er selbst nicht mehr da ist? Nein, der wird sich hüten, sich aufzuregen.“

„Hut ab vor deiner Logik“, schnaubte Larry sarkastisch.

„Kehr vor deiner eigenen Tür!“, rief Doff. „Denk an die Larkins!“

Das tat Larry auch, allerdings nur kurz. „Denen werde ich zwar fehlen, aber die finden sicher bald einen anderen Idioten, der für diesen Hungerlohn die Touristen herumschippert.“

Mary dachte, dass die kleine Rangelei damit beendet sei, doch Larry spielte noch einen letzten Trumpf aus. „Und was ist mit der Schule?“, fragte er.

Doff, dem die Schule gestohlen bleiben konnte, zuckte nur mit den Schultern, aber Mary wurde nachdenklich.

„Das Schuljahr ist bald vorüber“, sagte sie. „Und auf Laura kann ich mich verlassen. Ihr wird schon etwas einfallen.“

Dann zuckte sie zusammen. „Murphy!“, rief sie, „beinah hätte ich Murphy vergessen!“

Murphy hatte Mary den Kater getauft, den sie vor einem Monat auf der Hauptstraße nahe der Bushaltestelle am Straßen-rand halb tot und mit umgeknicktem Schwanz gefunden und ins Tierheim gebracht hatte. Seither hatte sie ihn oft besucht. Weil sie gut mit Tieren umgehen konnte, war sie inzwischen ein gern gesehener Gast im Tierheim.

„Morgen muss ich mit dem Bus nach Corrdall Fort, Murphy holen. Was ist, kommt ihr mit?“

„Warum willst du Murphy holen?“, fragten Larry und Doff wie aus einem Mund.

„Damit Laura nicht einsam ist, wenn wir auf unsere große Reise gehen“, antwortete Mary.

Larry, Doff und Mary nickten, und Mary war erleichtert, dass nun zwischen den beiden Streithengsten wieder alles in Ordnung war, und ging nach Hause zu Laura.

Den Rest des Tages versuchte Mary, sich zu benehmen wie immer. Ihre Großmutter sah sie zwar hin und wieder nachdenklich an, doch sie stellte keine Fragen, und dafür war Mary ihr dankbar. Nach dem Abendessen, das sie gemeinsam zubereiteten, schlief Laura auf der Bank in der Küche ein und ging danach früh zu Bett.

Am nächsten Morgen verließ Mary sehr früh das Haus, während ihre Großmutter noch schlief. Zu ihrer Überraschung wurde sie bereits von Larry erwartet, der in einer Ecke des Gartens stand, die Emily nicht einsehen konnte. Ein Blick in sein Gesicht sagte Mary, dass etwas Aufregendes geschehen sein musste.

„Was ist?“, fragte sie neugierig.

Larry grinste nur. „Das musst du selbst sehen!“

Als Mary und Larry das Bootshaus betraten, glaubte sie, ihren Augen nicht trauen zu können.

„Das alles war heute früh einfach da!“, strahlte Doff sie übermütig an.

Mary musste so heftig lachen, dass ihr die Tränen in den Augen standen. Doff hockte auf dem Boden neben einer Kiste, auf der sein Name stand. Er hatte sich eine sehr große Sonnenbrille aufgesetzt, eine grüne Schirmmütze über die roten, abstehenden Haare gestülpt und sah durch ein Fernglas. Um ihn herum verstreut lagen eine dicke Windjacke, warme Hosen und andere für eine Reise ins Gebirge geeignete Kleidungsstücke sowie ein Rucksack. Zwei Kisten waren noch ungeöffnet.

„Eine für dich“, grinste Doff, „und eine für Larry.“

„Von Troy?“, fragte Mary überglücklich, weil sie sich schon den Kopf darüber zerbrochen hatte, was sie für eine Reise nach Pakistan einpacken sollte.

„Na, im Versandhaus haben wir das nicht bestellt!“, rief Doff selig. Sogar Larry schien sich riesig zu freuen.

„Weihnachten zu Ostern!“, rief Doff und winkte mit einer langen Unterhose.

Als Mary die für sie bestimmte Kiste öffnete, lag obenauf ein Reiseführer von Pakistan. „Genau so einen hab ich mir gewünscht“, sagte sie.

Wie Mary packte nun auch Larry ihre Kiste aus. Da kamen eine Daunenjacke, Socken, lange Hosen, warme Unterwäsche und Pullover zum Vorschein. Sie fanden außerdem Wasserflaschen, einen Rucksack, einen Kompass und für jeden einen warmen Schlafsack und einen Notfallbeutel mit Taschenlampe, Kerzen, Streichhölzern und Verbandszeug in den Kisten.

Bisher war ihre Reise nur eine Vision gewesen und ihr Abenteuer nur eine Möglichkeit. Nun, da aus der Vision Realität wurde, waren sie überwältigt. Schweigend packten sie ihre Rucksäcke. Sie waren kaum fertig, als Troy durch die offen stehende Tür trat und sich zu ihnen auf den Boden hockte, als würden sie einander schon lange kennen.

„Ich bin Troy“, sagte er und gab Doff und Larry die Hand.

Beide bedankten sich für die vielen Sachen. Troy lächelte nur und winkte ab. Seine Bescheidenheit und sein ungezwungenes Benehmen eroberten Doffs Herz sofort und Larry fand Troy zu seiner eigenen Überraschung ebenfalls sehr sympathisch. Troy breitete eine Weltkarte vor ihnen auf dem Boden aus und tippte mit seinem Zeigefinger auf so geheimnisvolle Länder wie China, Indien, Afghanistan, den Iran und schließlich auf Pakistan.

„Und wann geht es los?“, fragte Doff beeindruckt. Er konnte es gar nicht erwarten, Master Ruppy und seinen Särgen zu entkommen.

„Wir brechen bei Vollmond auf“, sagte Troy lächelnd.

Larry, der die Gezeiten gut kannte, schnappte nach Luft. „Das ist ja heute!“, rief er.

„Genau“, bestätigte Troy ruhig und sah Mary an, die seinen Blick erwiderte, ohne zu erröten, was sie unendlich erleichterte.

„Cool!“, murmelte Doff, und wurde sich dann bewusst, dass ihm nicht mehr allzu viel Zeit blieb, um sich mit einem ausreichend großen Vorrat an Süßigkeiten einzudecken. Doch plötzlich sprang er überraschend flink auf, warf seine Schirmkappe hoch in die Luft und hüpfte selbst auf und ab, während er triumphierend rief: „Hurra! Wir fliegen nach Pakistan!“

„Genau gesagt nach Islamabad“, lächelte Troy. „Heute Abend.“

Ab jetzt ging alles rasend schnell. Gegen Mittag holte Mary Murphy, begleitet von Larry und Doff, aus dem Tierheim. Abgesehen davon, dass sein Schwanz den Knick behalten würde, war aus dem jämmerlichen, schwarzen Fellbündel, das sie ins Tierheim gebracht hatte, ein prächtiger Kater geworden. Laura, deren Katze vor zwei Jahren selig eingeschlafen war, würde sich freuen.

„Ja, wen bringst du denn da?“, rief sie, als Mary ihr den laut schnurrenden Murphy auf den Schoß setzte. Mary schluckte und holte tief Luft, aber Laura unterbrach sie. „Du willst mich nicht allein lassen. Habe ich recht?“

Mary nickte bedrückt.

Sie hatten Futter und ein Katzenklo besorgt, das im Badezimmer Platz fand, obwohl Murphy es wohl kaum brauchen würde, weil er ein Freigänger war, wie Mary im Tierheim versichert worden war. Sie wollte ihrer Großmutter mit ihrem Geschenk so wenig Arbeit wie möglich machen. Murphy fühlte sich sofort zu Hause. Nachdem er gefüttert worden war, rollte er sich in der Küche auf der Bank neben dem Ofen zusammen und schloss zufrieden die Augen.

Laura, die wusste, dass sie Mary nicht aufhalten konnte, und die das auch gar nicht wollte, machte ihrer Enkelin den Abschied leicht. Nachdem sie Mary lang an sich gedrückt gehalten hatte, küsste sie sie zärtlich auf den Kopf und murmelte dabei etwas in der alten Sprache. Danach zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Murphy sprang von der Ofenbank herab. Jämmerlich miauend, schaute er so lange auf die geschlossene Tür, bis sie sich einen Spaltbreit öffnete. Er schlüpfte durch den Spalt und dann schloss sich die Tür hinter ihm.

Im Bootshaus traf Mary sich mit Troy, Larry und Doff. Als sie mit ihren Rucksäcken in den Abendbus nach Exeter stiegen, ging gerade der Vollmond auf und übergoss Lysardh Fount mit seinem Zauber. In Exeter nahmen sie den Bus nach London. Kurz vor Mitternacht kamen sie in Heathrow an. Troy, der für alles gesorgt hatte, übergab ihnen ihre Tickets, die Pässe und Wechselgeld, half ihnen beim Einchecken – er war ständig an ihrer Seite. Schweigend warteten sie in der Halle, bis ihr Flug aufgerufen wurde. Immer wieder zählte Doff seine vier Nylonsäcke, die mit Süßigkeiten gefüllt waren. Mary, Larry und Troy trugen kleine Täsch-chen, die sie um die Hüften geschnallt hatten, was wirklich cool aussah, wie Doff neidisch feststellte. Jetzt ärgerte er sich darüber, dass er seine eigene Hüfttasche im Rucksack vergraben hatte. In der Maschine nahmen sie ihre Plätze ein. Mary hatte den Platz am Fenster, neben ihr saß Troy, dann kam Larry und Doff saß am Gang.

„Es ist so weit“, sagte Larry erstaunlich ruhig, als ihr Flugzeug auf die Startbahn rollte; wie Mary und Doff flog auch er zum ersten Mal.

Unter ihnen wurde das Lichtermeer von London kleiner und kleiner. Mary sah auf die langsam entschwindende Stadt, über der ein riesiger, voller Mond hing. Sie war aufgeregt und wehmütig zugleich. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie unterwegs sein würden und ob sie ihre Großmutter jemals wiedersehen würde. Troy nahm kurz ihre Hand und drückte sie beruhigend, und als Mary in seine klaren, grünen Augen sah, verlor sich ihre Angst. Zeit, verstand sie plötzlich, war wirklich etwas Relatives. Mary war jedoch zu müde, um darüber nachzudenken, und schloss die Augen. Noch konnte sie es kaum glauben, aber ihr großes Abenteuer hatte tatsächlich schon begonnen!

Einige Zeit später wurde Mary von merkwürdigen Geräuschen aus dem Schlaf gerissen. Sie rieb sich die Augen und sah sich um. Scheinbar gab es leichte Turbulenzen, denn das Flugzeug schwankte ein wenig hin und her. Sofort gingen die roten Signallleuchten an, die die Passagiere dazu aufforderten, Platz zu nehmen, sich anzuschnallen und ihren Sitz in die aufrechte Position zu bringen. Ohne sich Gedanken zu machen, folgte Mary dieser Anweisung. Sie schaute zu Troy hinüber und stellte fest, dass er aus dem Fenster in die Dunkelheit sah, als ob er etwas suchen würde.

„Beunruhigt dich etwas?“, wollte sie wissen.

Troy antwortet zuerst nicht. Er schien zu konzentriert zu sein ... nach einigen Sekunden reagierte er auf Marys Frage: „Alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen!“

Kaum hatte Troy den Satz zu Ende gesprochen, begann das Flugzeug heftig zu wackeln und von draußen war ein Rauschen zu hören, das immer lauter wurde. Einige Passagiere wurden unruhig und Doff und Larry wirkten inzwischen sichtlich nervös.

„Oh mein Gott, wir werden abstürzen! Ich bin zu jung, um zu sterben“, rief Doff. Er griff nach Larrys Hand und zog seinen Gurt noch ein wenig enger.

„Reiß dich zusammen!“, fuhr Larry ihn an und zog seine Hand weg. Er wollte es zwar nicht zugeben, aber auch er hatte Angst.

Mary sah aus dem Fenster und erschrak: War da draußen etwas? Hatte sie da nicht gerade dunkle Schatten an der Außenseite des Flugzeuges gesehen? Sie wurde das Gefühl nicht los, dass es kein Unwetter war, was diese Turbulenzen verursachte. Troy sah ernst vor sich hin, und Mary wusste, dass sie recht hatte.

„Was ist da los?“, erkundigte sie sich leise bei Troy.

„Wo Licht ist, da ist auch Schatten ... Es sind Schattenwesen, sie folgen uns. Du musst wissen, dass es auch Mächte gibt zwischen Himmel und Erde, die unser Vorhaben verhindern wollen. Keine Sorge, sie können uns im Augenblick nichts anhaben!“ Troy lächelte Mary an, um sie zu beruhigen.

Mary richtete ihren Blick wieder in die Dunkelheit; sie versuchte, mehr zu erkennen. Ihr war so, als wären da draußen große schwarze Körper mit Flügeln unterwegs. Sie musste an Fledermäuse denken, doch das, was sie zu erkennen glaubte, war größer. Zum ersten Mal wurde Mary wirklich bewusst, dass auf dieser Reise auch Gefahren lauern würden. Es gab Mächte, die sie an der Erfüllung ihrer Aufgabe hindern wollten. Doch erstaunlicherweise spürte sie keine Angst: Sie würde sich allem stellen und außerdem hatte sie Troy an ihrer Seite und natürlich auch Larry und Doff. Kurz darauf wurde es wieder ruhiger, die Turbulenzen hatten nachgelassen und das Flugzeug nahm weiter Kurs auf Pakistan. Die dunklen Wesen waren verschwunden und der Nachthimmel war wieder ganz klar. Mary lehnte sich in ihren Sitz zurück und ließ sich von den Sternen ihren Weg in den Schlaf leuchten.

Mary und das Geheimnis der Kristallpaläste

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