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Kapitel 2
ОглавлениеEntzückt befingerte ich meine Spielzeuge. Messer, Zangen, Sägen, ein paar Bohrer und einige weitere bezaubernde Dinge mit denen man höllische Schmerzen verursachen konnte. DAS Grinsen verzog mein Gesicht. Elegant wandte ich mich dem Raum zu. Ich befand mich in einer heruntergekommenen Kapelle mitten im Nirgendwo. Die Decke hatte Löcher und gab stellenweise den Blick frei auf den Sternenhimmel. Dunkler, pelziger Schimmel wuchs und gedieh prächtig an den Wänden. Im Raum verteilt hatte ich batterieberiebene Lampen aufgestellt. Herrn Wagner hing an einem mit Folie überzogenen Holzkreuz. Kabelbinder an seinen Händen und Füßen hielten ihn aufrecht. Mir gefiel die Ironie dran. Noch war der gute Pfarrer im Land der Träume, aber nicht mehr lange. Seine Kleidung hatte ich entfernt und bereits eingetütet. Um ihn herum hatte ich Folien ausgebreitet, um die Sauerei später besser beseitigen zu können. Ich selbst steckte mit meinem Folter-Outfit. Über meiner normalen Kleidung trug ich einen weißen Tatortreinigeranzug und über meinen Schuhen waren Schuhüberzieher. Meine Hände steckten in schwarzen Latexhandschuhen. Nachdenklich bewegte ich meine behandschuhten Finger. Der finsterste Teil meines Ichs zischte und knurrte. Langsam wurde ich ungeduldig. Ich atmete tief durch. Nun hieß es warten. In vollkommene Stille gehüllt beobachtete ich den ohnmächtigen Mann. Die Minuten verstrichen. Plötzlich kehrte das Leben in den Pfarrer zurück und er öffnete die Augen. Verwirrt schaute er sich um. “Wo bin ich?!“ DAS Grinsen verzog mein Gesicht und ich trat auf ihn zu. “Guten Abend, Herr Pfarrer“, sagte ich. “Wie geht es Ihnen? Ich hoffe, es ist nicht allzu unbequem.“ “W-Wer...?! Wa-Was...?! Warum?!“, stammelte er. Ich zog die Augenbrauen hoch. “Was wollen Sie denn jetzt zuerst wissen?“ “Was wollen Sie?!“ “Ich will sowohl Ihren Körper, als auch Ihren Geist solange quälen bis Sie nur noch aus Schmerzen bestehen“, sagte ich sachlich. “Und wenn ich Sie gebrochen habe, gewähre ich Ihnen die Gnade der Stille des Todes... oder ich übergebe Sie an die Feuer der Hölle. Je nachdem, woran Sie glauben.“ “Nein“, sagte der Pfarrer. “Das können Sie nicht machen!“ “Oh doch“, sagte ich. “Und wie ich kann! Sie sind nicht der erste und auch nicht der letzte, der mir zum Opfer fällt.“ “Wer sind Sie?!“ “Ich bin Damian Winter“, sagte ich. “Ihre unnatürliche Todesursache.“ “Sie sind der Teufel!“ Ich winkte ab. “Ach jetzt übertreiben Sie aber! Hören Sie auf mir zu schmeicheln. Ich werde sonst noch rot. Ich bin nur ein abartiger, kranker Mensch, keine übermenschliche Personifikation des Bösen.“ Herr Wagner begann zu schreien. Amüsiert beobachtete ich das Spektakel. “Hier hört Sie niemand!“, sagte ich über das Getöse hinweg. “Aber machen Sie ruhig weiter, ich finde es sehr unterhaltsam.“ Er reagierte nicht, stattdessen brüllte er immer weiter. Tränen und Rotz liefen durch sein Gesicht. Wie von Sinnen, riss er an seinen Fesseln. Langsam wurde ich dem Theater überdrüssig. Flink trat ich an ihn heran und schlug ihm in die Rippen. Dadurch nahm ich ihm den Wind aus den Segeln. Keuchend und nach Luft schnappend hing er an dem Kreuz. “Warum?!“, keuchte er. “Warum tun Sie mir das an?!“ “Wegen der Kinder“, antwortete ich trocken. Er riss die Augen auf. “Ich habe nie-...“ Ich unterbrach ihn. “Lügen Sie mich nicht an! Ich kenne die Wahrheit.“ “Niemals würde ich einem Kind schaden!“, sagte er. “Ich liebe Kinder!“ Ich lachte. “So nennen Sie das also.“ “Das war alles einvernehmlich!“, sagte er. “Die Kinder und ich waren füreinander bestimmt!“ Ich verzog das Gesicht. “Und was ist mit dem einen Jungen, der nicht mehr wollte und vor hatte zur Polizei zu gehen? Haben Sie ihn aus >Liebe< mit einem Kissen erstickt?“ “Das war ich nicht!“, stieß er hervor. “Das war ein Unfall!“ “Lüge!“, stellte ich fest. “Das ist meine letzte Warnung! Lügen Sie mich nochmal an, schneide ich Ihnen ein paar Finger ab und füttere Sie damit!“ Ich versetzte ihm eine klatschende Ohrfeige. “Haben Sie mich verstanden?“ Der Pfarrer nickte. “Bitte lassen Sie mich leben!“, flehte er. “Ich stelle mich der Polizei! Nur bitte töten Sie mich nicht! Sie müssen das nicht tun!“ “Sind katholische Priester gute Babysitter?“, fragte ich ohne mit der Wimper zuzucken. Nun wurde der kinderliebe Pfarrer wütend. “Gott wird Sie richten, mein Sohn!“ “Gott hat mich bisher nicht beachtet“, sagte ich. “Warum sollte er jetzt damit anfangen? Und ich bin nicht Ihr Sohn! Ich bin der, der Ihnen in die Augen schauen wird, wenn Sie sterben werden. Also haben Sie bitte ein wenig Respekt!“ Meine metaphorische dunkle Nische zischte und bleckte die Reißzähne. “Oh, da fällt mir ein“, sagte ich und ging zu dem Tisch auf dem meine Folter-Spielzeuge lagen, dort ging ich an einen kleinen tragbaren CD-Player. Ich schaltete ihn ein. Kirchenkinderlieder hallten durch die Kapelle. Ich grinste. “Sehen Sie auch die Komik darin?“ Herr Wagner ignorierte mich und begann stattdessen zu beten. Ich trat auf ihn zu und versetzte ihm abermals eine Ohrfeige. “Wie vereinbaren Sie eigentlich Ihren Glauben mit Ihren abscheulichen Taten?“, fragte ich interessiert. “Ich meine, als >Nächstenliebe<, würde ich, dass was Sie getan haben, nicht unbedingt bezeichnen. Die Grenze haben Sie eindeutig überschritten.“ “Ich werde für meine Taten büßen“, sagte Herr Wagner. “Aber Gott wird mir verzeihen. Ich bin ein reumütiger Sünder!“ “Wer´s glaubt, wird selig!“, sagte ich. “Ihnen tut nichts von dem Leid, was Sie getan haben. Sie sind nur ein ekliger, kranker Mensch, der in Selbstmitleid versinkt, weil er weiß, sein Ende ist nahe.“ “Nur Gott ist mein Richter!“ “Aber ich bin der, der Sie in Stücke hacken wird“, sagte ich zuckersüß und DAS Grinsen verzerrte mein Gesicht. Die Kinderlieder lallten nach wie vor durch den Raum. Ich schloss die Augen und schauerte. Die Zeit war gekommen. Elegant schlenderte ich zu meinen Spielzeugen und setzte mein Kunststoffspritzschutzvisier auf, dann nahm ich einen Hammer und Zimmermannsnägel. “Haben Sie noch irgendwelche bedeutungsschwangeren letzten Worte?“, fragte ich spöttisch. “Manche stehen da drauf!“ “Ich fürchte kein Unglück, denn Gott ist bei mir!“ Ich verdrehte die Augen. “Also da waren andere vor Ihnen wesentlich einfallsreicher.“ Ich zeigte ihm den Hammer und die Nägel. “Sie werden nun die Leiden des Heilands am eigenen Leibe erfahren. Ich bin mir sicher, dass wird eine interessante Erfahrung für Sie.“ Nun machte ich mich endlich ans schaffen. Zunächst nagelte ich den guten Herrn Pfarrer ans Kreuz, dann machte ich mich daran an ihm herum zuschneiden. Seine Schreie erfüllten die kleine bezaubernde Kapelle und hallten in meiner Inneren Leere wieder. Die Welt um mich herum verschwand. Es existierten nur noch ich, mein Messer und der zuckende, schreiende Mann vor mir. Die Anspannung in meinem Inneren ließ nach. Irgendwann hielt ich inne, trat einen Schritt zurück und musterte mein Werk. Herr Wagner atmete rasselnd und unregelmäßig ein und aus. In seinen Augen stand nichts, als Qual. Er war schon längst im Meer aus Schmerzen ertrunken. Wie in Trance holte ich meine Polariod Kamera und schoss ein paar Fotos, um diesen bezaubernd abscheulichen Anblick festzuhalten. Beiläufig legte ich die Kamera beiseite und bewunderte meine Kreation. Im Hintergrund liefen nach wie vor die Kinderlieder. Der Pfarrer tat einen letzten röchelnden Atemzug, dann erlosch der Lebensfunke in seinen Augen. Ein Schaudern überkam mich. Der Tod tanzte im Raum. Als hätte man die Fäden einer Marionette durchgeschnitten, sackte ich in mich zusammen. Mein Herz raste. Es fühlte sich beinah so an, als wäre ich glücklich. Näher werde ich niemals daran kommen wirklich zu leben, sinnierte ich. Wenn andere durch meine Hand sterben, erfüllt es mich mit einem Hauch von Leben, dachte ich und schwelgte in der bezaubernden Atmosphäre. Einige Zeit lag rührte ich mich nicht und genoss den Moment, doch irgendwann rappelte ich mich doch auf. Träge musterte die ästhetische Sauerei. Zu schade, dass ich das jetzt wegräumen muss, dachte ich. Seufzend hängte ich meinen Abfall... ääähm ich meine natürlich, die Überreste, des tragisch verstorbenen Pfarrer ab und schnitt sie in handliche kleine Stücke, bevor ich sie gleichmäßig auf ein paar Müllsäcke verteilte. Anschließend sammelte ich die Folien ein und verstaute sie ebenfalls in Müllsäcken. Ich atmete tief durch. Nun reinigte ich meine Spielzeuge und packte sie zurück in die dafür vorgesehene Ledertasche. Eilig streifte ich meine besudelten Sachen ab und stopfte auch sie in einen Müllsack, dann zog ich dünne Lederhandschuhe über. Nachdenklich schaute ich mich um, konnte aber nichts finden, was noch eingepackt werden müsste. Nun brachte ich etappenweise die Müllsäcke nach draußen und legte sie in den Kofferraum meines schwarzen Porsche Cayennes, der hinter der Kapelle geparkt war. Nachdem ich dies erledigt hatte, sammelte ich alle Lampen ein, die ich in der Kapelle verteilt hatte und brachte auch sie zu meinem Wagen und verstaute sie im Kofferraum. Nach einem letzten Kontrollgang, bei dem ich mich im Schein meiner Taschenlampe nochmals vergewisserte, dass ich nichts vergessen hatte, stieg ich in meinen Wagen und fuhr los. Zum Glück musste ich nicht weit fahren. Unweit der Kapelle befand sich ein alter verwaister Friedhof. Ich parkte, stieg aus und scannte die Umgebung. Niemand war zu sehen. Perfekt! Rasch suchte ich alle Müllsäcke, die Körperteile enthielten heraus, dann nahm ich so viele, wie ich tragen konnte und machte mich auf den Weg. Ich blieb vor dem rostigen Zaun des Friedhofes stehen und warf die Müllsäcke auf die andere Seite, dann kletterte ich selbst hinüber. Ich landete elegant auf dem Boden und setzte meinen Weg fort. Zielsicher lief ich zwischen den verfallenden Grabsteinen hindurch. Irgendwo rief eine Eule. Ich setzte ein Lächeln auf. Eine wahrlich wunderschöne Nacht, um eine Leiche zu entsorgen. Nach kurzer Zeit kam ich an einem alten, aber wieder neu ausgehobenen, Grab an. Letzte Nacht hatte ich schon mal alles vorbereitet, damit es heute nicht so lange dauern würde. Ohne zu zögern warf ich die Säcke in das Loch und drehte mich auf dem Absatz um, um die restlichen Säcke zu holen. Nachdem ich alle geholt und in dem Loch versenkt hatte, nahm ich mir die Schaufel, die ich letzte Nacht neben dem Grab hatte liegen lassen und schaufelte das Loch wieder zu. Als ich damit fertig war, atmete ich tief durch und schaute mich um. Eigentlich ein ganz schönes Plätzchen, dachte ich. Ruhig, abgelegen und bei Nacht schön schaurig. Ich schnappte mir meine Schaufel und verließ den Friedhof wieder. Mühelos kletterte ich wieder über den Zaun und verstaute die Schaufel im Kofferraum, dann stieg ich in meinen Porsche und fuhr los. Jetzt muss ich nur noch die persönliche Habe von Herrn Wagner und mein besudeltes Folter-Outfit loswerden, dachte ich. Den letzten Müll meines kleinen Abenteuers werde ich einfach irgendwo im Wasser versenken oder in einem Mülleimer abfackeln, dann geht es heimwärts. Unwillkürlich trat ein Lächeln auf mein Gesicht. Unbeschwert fuhr ich weiter durch die stille Nacht.