Читать книгу Damian - Elias Reich - Страница 6

Kapitel 4

Оглавление

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und befand mich wieder in meinem gewohnten Gemütszustand, das heißt ruhige Innere Leere, kontrollierbares Verlangen zu töten und eine glaubhafte Fassade der Menschlichkeit. Ich setzte ein kleines Lächeln auf, streckte ich mich genüsslich und ging ins Bad. Nachdem ich dort das Nötigste erledigt hatte, ging ich ins Wohnzimmer, um nach Julia zu schauen. Doch die Couch war leer. Rasch suchte ich meine Wohnung ab, aber nirgends war sie zu finden. Schließlich landete ich wieder im Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch plumpsen. Die Wasser- und die Saftflasche waren beide weg, ebenso wie die Bananen, nur die Sauren Gurken standen noch unberührt da. Außerdem lag dort ein Zettel. Stirnrunzelnd nahm ich ihn. >Danke.<, stand darauf. Einige Augenblicke lang schaute ich den Zettel an, dann legte ich ihn beiseite und beschloss mit meiner üblichen Morgenroutine fortzufahren. Rasch ging ich in die Küche und trank ein großes Glas Orangensaft, anschließend ging ich in meinen Trainingsraum. Hier machte ich meine gewohnte Einheit, bestehend aus Klimmzügen, Liegestützen und Kniebeugen, bevor ich mich noch eine Weile am Boxsack austobte. Danach lag ich mit brennenden Muskeln und nach Luft schnappend auf dem Boden und schwelgte in den Endorphinen. Ich gönnte mir einige Augenblicke zur Erholung, dann rappelte ich mich auf, wischte mir den Schweiß aus den Augen und ging duschen. Als ich wieder von Kopf bis Fuß sauber war, stieg ich aus der Dusche, trocknete mich ab und ging in mein Schlafzimmer, um mich anzuziehen. Nach kurzem überlegen entschied ich mich für ein dunkelgrünes langärmliges Hemd und eine schwarze Jeans. Mit noch feuchten Haaren und nackten Füßen ging ich in die Küche, um mir ein gebührendes Frühstück zuzubereiten. Rasch bereitete ich mir ein großes Omelett mit Schinken, Champignons und Petersilie zu. Dazu machte ich mir einen grünen Salat und backte mir ein Baguette auf. Ruck zuck war mein Essen fertig und ich setzte mich an meinen Küchentisch. Zufrieden seufzte ich und begann zu essen. Im Einklang mit mir und der Stille meines kleinen Reiches verputzte ich mein Frühstück. Irgendwann hatte ich alles aufgefuttert und lehnte mich zufrieden zurück. Wohlig vollgefressen raffte ich mich auf und holte mir noch ein Glas Organgensaft, welches ich sofort mit großen Schücken austrank. Was soll ich heute machen?, fragte ich mich, als es plötzlich an der Tür klingelte. Ich runzelte die Stirn. Wer kann das sein? Flotten Schrittes ging ich zur Tür und bediente die Sprechanlage. “Ja, bitte? Wer ist da?“ “Hallo, Damian. Hier ist Celine“, kam es aus der Anlage. “Machst du mir bitte auf?“ “Selbstverständlich“, sagte ich und drückte auf den Türöffner. Einige Momente vergingen, dann konnte ich hören, wie Schritte die Treppe hinauf kamen und sich der Tür näherten. Ich zählte bis drei und öffnete meine Wohnungstür. Davor stand Celine Mai, meine Kunstagentin, mit erhobener Hand und wollte gerade anklopfen. Wie immer steckte sie in irgendeinem teuren Fummel. Heute war ihr Kleid weinrot und etwa knielang. Sie lächelte und ihre Wangen röteten sich. Ich setzte ebenfalls ein Lächeln auf. “Guten Morgen, Celine. Komm doch herein.“ “Hallo, Damian“, sagte sie. Widerwillig umarmte ich sie, wobei ich meine Abneigung selbstverständlich bestens verbarg. Übermäßiger Körperkontakt ist mir zuwider. Wir lösten die Umarmung und Celine betrat meine Wohnung. Die Absätze ihrer Haxenbrecher klackerten auf dem Boden. “Ich hoffe, ich störe nicht.“ Nicht mehr als sonst, dachte ich, verkniff mir diese Aussage allerdings. “Nein, nein. Überhaupt nicht“, heuchelte ich. “Was kann ich für dich tun?“ “Heute Abend ist doch die Vernissage“, sagte sie. “Und ich brauche auf den letzten Drücker noch mehr Werke von dir. Es haben sich einige hochkarätige Interessenten gemeldet.“ Ich runzelte die Stirn. “Die Ausstellungseröffnung ist heute?“ “Ja“, sagte sie. “Übrigens musst du auch dringend kommen! Viele der potenziellen Käufer möchten unbedingt den Künstler, der hinter den Kunstwerken steckt kennenlernen.“ Innerlich seufzte ich schwer. Mir sind solche Veranstaltungen äußerst zuwider. Deshalb habe ich eine Agentin, die sich um so einen Kram kümmern soll. “Wenn es sein muss“, sagte ich schulterzuckend. “Wann fängt die Vernissage an?“ “20:00 Uhr“, sagte sie. “Wunderbar. Freut mich, dass du dir die Zeit dafür nimmst. Wir müssen jetzt dringend nach oben und noch mehr Werke auszusuchen. Ich habe die Kunst-Transportfima schon angerufen. Die müssten bald kommen.“ “Wenn Sie mir bitte folgen würden, junge Dame“, sagte ich. Sie kicherte und wir beide gingen zu der Wendeltreppe, die in die zweite Etage meiner Wohnung führte. Oben befand sich nur ein kleines Badezimmer und mein Arbeitsraum. An der Tür zu meinem Arbeitsraum hing ein Tatortreinigeranzug, den ich für gewöhnlich bei meiner Arbeit trage. Mein künstlerisches Schaffen sorgt manchmal für ein ziemliches Chaos und so bleibt meine Kleidung immer schön sauber und adrett. Ich öffnete Celine die Tür und ließ ihr den Vortritt. Hinter der Tür befand sich ein chaotischer, mit Plastikfolie ausgelegter Raum. Die Wände und der Boden waren mit Farbklecksen und weiteren Spuren meiner Arbeit übersät. Pinsel, Farbtuben und Leinwände lagen wild verstreut herum. Außerdem noch anderer Kunstkram. Nachdenklich kratzte ich mich am Kinn. Irgendwie ist eine gewisse Ähnlichkeit zu meinen Folterräumen unverkennbar, grübelte ich. Es riecht nur nicht so sehr nach Blut und es hallen keine Schmerzensschreie von den Wanden wieder. In der Mitte des Raumes stand eine beinah mannshohe Leinwand. Ich trat darauf zu und begutachtete, was ich da überhaupt gemalt hatte. Auf der Leinwand war eine schlanke, sportliche, blasse Frau, mit langen dunklen Locken und blauen Augen, die eine dämonenhafte, monströse Gestalt umarmte. Die beiden lagen sich eng umschlungen in den Armen und schauten einander tief in die Augen. Ihre Köpfe waren zueinander geneigt und es wirkte so, als würden sie sich jeden Augenblick küssen. Ach ja und sie hielten sich gegenseitig Messer an die Kehle des jeweils anderen. Ich runzelte die Stirn. Warum male ich so einen abstrusen Blödsinn? So was kauft doch kein Mensch! Und das ist schließlich meine Hauptmotivation! Celine war neben mich getreten und starrte das Gemälde an. Ich verzog das Gesicht. “Ziemlich miserable Arbeit, oder?“ “Nein!“, sagte sie vehement. “Das ist phantastisch! Hast du daran in den letzten Tagen gearbeitet?“ Ich zuckte mit den Schultern. “Vermutlich.“ “Kann ich das für die Ausstellung mitnehmen?!“, fragte sie. “Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dafür einen Käufer finde!“ “Nein. Lieber nicht“, sagte ich. “Es ist noch nicht ganz fertig.“ Eine glatte Lüge, aber das ging sie ja nichts an. Ich zeigte auf einige andere Gemälde. “Die sind fertig. Such dir da was aus.“ Sie nickte und wir begannen gemeinsam die Leinwände durchzugehen. Am Ende hatten wir einige brauchbare beisammen. Unter anderem eines auf dem ein wunderschöner, farbenfroher Schmetterling in einem Spinnennetz gefangen war, während eine fette, hässliche Spinne mit einem Totenkopf auf dem Rücken ihn frisst. Auf einem anderen Gemälde lag ein skelettierter Singvogel in einem Meer auf bunten Frühlingsblumen. Und auf wieder einem anderen schaute ein menschliches Skelett in einen Spiegel und starrt sein eigenes Spiegelbild entsetzt an. Insgesamt suchte Celine sieben Gemälde aus, die sie noch auf der Ausstellung für viel Geld verhökern wollte. Mir war das ganz recht. Geld stinkt nicht. Wir stellten meine ausgewählten Werke vorsichtig an die Seite. Verstohlen schaute ich zu meinem merkwürdigen >Frau umarmt Dämon< Gemälde hinüber. Irgendetwas war daran komisch. Ich mochte dieses Ding nicht. Genervt schüttelte ich den Kopf. Das ist nur irgendeine unsinnige Kritzelei. Nichts von Bedeutung. Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf wichtigeres. Celine hatte alles, was sie brauchte. Wir gingen wieder nach unten und verabschiedeten uns voneinander. Bald würde die Transportfirma kommen.

Damian

Подняться наверх