Читать книгу Vampirärger - Elias Reich - Страница 3

Kapitel 1

Оглавление

Der Gestank von alkoholischen Getränken, altem Zigarettenrauch und vielen Leuten auf einem Haufen stach mir in die Nase. Ich lehnte mich auf der Sitzbank zurück und nahm noch einen Schluck Mineralwasser. Mir gegenüber saß Violetta mit einem Glas Cola. Wir befanden uns in einer kleinen Sitznische in der Kneipe von Jovana, einer alten Freundin von mir. Es war Violettas Idee gewesen hier hin zu gehen. Ich bin kein Fan von Kneipen... oder irgendwelchen anderen Orten mit vielen Leuten. Die Geräusch- und Geruchskulisse geht mir immer auf die Nerven und die Leute selber meistens auch. Aber ich wollte meiner Mitbewohnerin einen Gefallen tun und habe trotzdem >Ja< gesagt. Sie schien jedenfalls Spaß zuhaben. Breit lächelnd strich sie sich ein paar schwarze Haarsträhnen aus dem Gesicht. Violetta sah eigentlich ziemlich gut aus. Sie war schlank und ein ganzes Stück kleiner als ich. Ihre Haut war vornehm blass, aber ihr Kleidungsstil sehr dunkel. Heute trug sie eine schwarze Strumpfhose, einen kirschroten Rock und eine schwarze Bluse mit Spitze. Abgerundet wurde das ganze durch klobige, fast kniehohe schwarze Lederstiefel, die sie eigentlich fast immer trug. Unwillkürlich trat ein Lächeln auf mein Gesicht. Violetta war keine normale junge Frau von Anfang Zwanzig. Sie war eine Halbdämonin und eine ziemlich mächtige noch dazu. Ihr Dämonenerbe brachte einige Probleme mit sich, aber sie arbeitete daran diese in den Griff zu kriegen. Nachdenklich schielte ich zur Theke herüber. Dahinter stand Jovana, sie war die Besitzerin der Kneipe und wie bereits erwähnt eine alte Freundin von mir und nebenbei auch noch eine Vampirin.. Heute Abend sah sie eigentlich aus, wie immer. Ihre lockigen rostbraunen Haare waren zu komplizierten Zöpfen geflochten. Sie war in ein farbenfrohes, ausladendes Kleid gehüllt und trug allerlei Goldschmuck. Kurz gesagt, sie sah aus, wie eine waschechte Zigeunerprinzessin... die so wohl auch vor gut 250 Jahren gewesen war. Nun gehörte ihr diese Kneipe, die als Treffpunkt für Übernatürliche aller Art diente. Neben Jovana auf einem Barhocker saß Augustin, ebenfalls ein Blutsauger. Seine halblangen, dunklen Haare waren glatt nach hinten gekämmt und er steckte in einem schicken Anzug. Die beiden kannten sich schon ewig. Anscheinend hatten sie immer mal wieder irgendwas miteinander. Zumindest schauten sie sich gerade ganz vernarrt an und turtelten rum. Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Nicht meine Angelegenheit. Schön, für Jovana. Vor nicht allzu langer Zeit verschwand Augustin spurlos und Jovana machte sich große Sorgen, deshalb bat sie mich um Hilfe. Ich half ihr bereitwillig. Wie sich herausstellte, hatte ein verrückter Alchemist Augustin entführt und irgendwelche Experimente mit ihm durchgeführt, in Folge derer Augustin ein wenig durchdrehte. Blind vor Blutgier hinterließ er eine Spur aus Leichen in der Stadt. Als ich ihn fand, griff er mich an und versuchte mich umzubringen. Na ja der Versuch scheiterte und ich war ziemlich wütend, weshalb ich vorhatte Augustin umzulegen, doch Jovana hielt mich auf. Aus Rücksicht auf Jovana riss ich ihm nicht den Kopf ab und sie nahm Augustin mit, um sich um ihn zu kümmern. Seitdem hatte sich sein Verhalten anscheinend wieder normalisiert, was nicht hieß, dass ich den Vorfall vergessen hätte. Ich konnte den Arsch immer noch nicht leiden, aber um mich ging es hierbei ja auch nicht. Solange Jovana glücklich war, sollte es mir recht sein. Grüblerisch kratzte ich mich an Kinn, da torkelte ein Mann auf Violetta und mich zu. Er rülpste laut und setzte sich genau neben mich auf die Bank. Er stank nach Schweiß und altem Frittenfett. “Eeeey, du bist Oskar, ne?“, fragte er lallend und schielte mich an. Ich rümpfte die Nase. “Ja, warum? Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“ Er kicherte laut. “Oskar, der Werwolf. Mann, Mann, Mann. Stimmen eigentlich die ganzen Geschichten, die man über dich hört? Alter, das ist wirklich kranker Scheiß!“ “Ich weiß nicht, was man über mich erzählt“, erwiderte ich. “Deshalb kann ich dazu nicht wirklich etwas sagen.“ Der Mann packte mich grob bei der Schulter. “Du kennst die Geschichten nicht?! Also ehrlich! Dann erzähl ich dir mal ein paar äääähmmm...“ “Nicht anfassen!“, sagte ich trocken und unterdrückte ein Knurren. Der Mann lachte ausgelassen. “Mensch, Oskar! Jetzt hab dich nicht so! Aber na schön, bevor du noch anfängst zu heulen!“ Er nahm seine Hand weg und redete weiter. “Ich habe gehört, dass du mal einen Mann umgebracht hast und seinen Kopf abgeschnitten hast, nur um den Schädel in das Bett seiner Mutter zu legen, damit die den dort findet. Stimmt das?! Hast du das ehrlich gemacht?!“ Ich spürte Violettas bohrenden Blick. Ruhig wandte ich mich an sie. “Das habe ich nie getan. Ich weiß nicht, woher diese Geschichte stammt. Sie beruht zumindest nicht auf wahren Begebenheiten.“ Der Fremde klatschte mir auf die Schulter. “Sag bloß! Warum hast du das nicht gemacht?! Klingt doch gut! Schön schaurig! Wenn ich daran denke, wie viele Leute vor dir Angst haben, hätte ich gedacht, dass du so was schon mal gemacht hättest! Bist halt doch nur ein schmuse Wolf, häh?“ “Letzte Warnung!“, sagte ich. “Respektiere meinen persönlichen Freiraum oder ich zeige dir, warum die Leute vor mir Angst haben!“ Gackernd krümmte sich der Mann und schlug auf den Tisch, dabei legte er einen Arm um mich. “DU bist witzig, Alter!“ Er brauchte einige Augenblicke, um sich wieder zu beruhigen, dann schaute er Violetta an. “Oh hallo, du geile Schnecke! Wer bist du denn?... Oskar, mein Kumpel, knallst du die? Du glücklicher Bastard!“ Violetta stand die Empörung ins Gesicht geschrieben. “Wie bitte?! Für einen besoffenen Idioten, der keinen hoch kriegt, und kaum bis drei zählen kann, hast du eine ziemlich große Klappe!“ “Werd mal nicht frech!“, entgegnete der Mann erzürnt und streckte die Hand nach ihr aus. Ich packte seinen Arm und brach ihm das Handgelenk. Es knackte laut und der Mann schrie auf. Nun drehte ich ihm den Arm auf den Rücken, drückte ihn mit dem Gesicht voran auf den Tisch und quetschte an seinem gebrochenen Handgelenk herum. “So“, sagte ich. “Du hast Glück, dass meine Begleiterin hier ist, ansonsten würde ich dir jetzt ein Ohr abschneiden und die Beine brechen! Besinne dich bitte auf deine Manieren und geh jemand anderem auf die Nerven, andernfalls passieren heute noch grauenhafte Dinge mit dir! Hast du mich verstanden?“ “Ja, aber-...“, begann er, da packte ich ihn bei den Haaren und hämmerte seinen Kopf wiederholt auf die Tischplatte. Blut lief aus seiner verformten Nase. Ich lächelte. “Kein >aber<“, sagte ich und ließ ihn los. Schlaf sackte er in sich zusammen und landete unterm Tisch. Ich wischte mir die Hände an einer Servierte ab. “Na ja, dann wäre das ja geklärt. Trotzdem noch einen schönen Abend und trink nicht zu viel. Da kann schnell mal was schiefgehen.“ Ich schaute Violetta an. “Sollen wir?“ Sie nickte. Kurz machte sie den Eindruck, als wollte sie dem Saftsack unter dem Tisch noch einen Tritt verpassen, aber dann schien sie es sich anders zu überlegen und tat doch nichts. Alle in der Kneipe starrten zu uns herüber. Freundlich lächelnd winkte ich Jovana zu und ging. Sie verdrehte nur die Augen und winkte zurück. Zusammen mit Violetta verließ ich die Spelunke und ging draußen zu meinem >Mercedes-Benz GLK<, einem wuchtigen Geländewagen, mit einem praktischerweise sehr geräumigen Kofferraum. Die Sonne war schon vor einiger Zeit untergegangen. Ich schloss auf und nahm auf dem Fahrersitz platz. Violetta setzte sich auf den Beifahrersitz. Ernst musterte sie mich. “Jetzt sag mir die Wahrheit: War die Geschichte von dem besoffenen Spacken über dich wahr? Hast du mal jemandem den Kopf abgehackt und so platziert, dass dessen Mutter ihn findet?“ “Nein.“ “Ach komm!“, sagte sie. “Ich habe doch dein Gesicht gesehen, als der davon erzählt hat! Ich bin doch nicht blöd!“ “Wie findest du eigentlich das Wetter?“, fragte ich. “Für mich könnte es ruhig etwas wärmer sein.“ “Oskar!“ “Kennst du die letzten Fußballergebnisse?“, fragte ich. “Hat Rot-Weiß-Oberhausen wieder verloren?“ “Fußball interessiert dich doch einen feuchten Dreck!“, schnauzte sie mich an. “Du versuchst doch nur das Thema zu wechseln! Übrigens extrem auffällig, wie ich anmerken möchte! Antworte auf meine Frage!“ Seufzend lehnte ich mich zurück. “Du lässt aber auch nicht locker! Hast du zufällig Hunger? Wir können irgendwo was essen gehen, wenn du willst.“ Sie knuffte mich auf den Oberarm. “Lass das! Antworte mir einfach auf meine Frage!“ “Ich habe nie einen abgetrennten Kopf im Bett, der Mutter des ehemaligen Kopfträgers versteckt...“ “Aber?!“ Ich kratzte mich am Hinterkopf. “Vor Jahren gab es da mal so eine ähnliche Situation... Da waren zwei Geschäftsleute... und wie es der Zufall wollte, hat der eine den Kopf, des anderen unter seiner Bettdecke gefunden.“ “Warum hast du das gemacht?“ “Das ist eine lange Geschichte“, sagte ich, startete den Wagen und fuhr los. “Die beiden hatten jemanden um eine große Summe Geld beschissen. Dieser Jemand kam zu mir und hat mich damit beauftragt, das Geld wiederzubeschaffen. Ich bin also zu den Geschäftsleuten gegangen und habe freundlich mit denen geredet. Die beiden haben sich sogar einsichtig gezeigt. Es mussten keine Drohungen ausgesprochen werden. Ich musste keine Gewalt anwenden. Alles lief super, bis die Pisser einen drogensüchtigen Obdachlosen in meine Wohnung geschickt haben, damit der mich abknallt. Davon war ich gar nicht begeistert und es wurde sehr unschön. Wohlgemerkt in erster Linie für die beiden. Aber wie daraus die Geschichte mit der Mutter entstanden ist, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht war das, wie mit stiller Post. Oder das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun und die Geschichte ist unabhängig davon entstanden. Was weiß ich?“ “Ooookaay“, sagte sie gedehnt. “Das ist mal wieder eine typische Oskar Geschichte. Hast du eigentlich auch mal schöne Geschichten?“ “Klar. Gestern habe ich eine Cent Münze gefunden“, erwiderte ich augenzwinkernd. “Ist das nicht atemberaubend?“ “Scherzkeks“, murmelte sie. “Aber okay, lassen wir das. Was machen wir jetzt noch?“ “Wenn es nach mir geht, fahren wir nach Hause“, erwiderte ich. “Es ist schon spät.“ “Na gut“, antwortete sie. “Hast du auch Augustin neben Jovana gesehen? Sieht ganz so aus, als ginge es ihm wieder besser.“ “Ja, habe ich. Schön für ihn.“ “Was war das denn für ein Unterton?“, fragte sie amüsiert. “Du bist doch nicht etwa eifersüchtig, oder?“ Stirnrunzelnd sah ich sie an. “Nein. Wie kommst du denn darauf? Ich kann den Blutsauger nur nicht leiden, weil er mich gebissen hat. Da bin ich ein wenig nachtragend.“ “Ach komm schon. Mir kannst du es doch sagen“, kicherte sie. Ich schnaubte. “Meine Beziehung zu Jovana ist rein platonisch. Mehr ist da nicht. Ich freue mich für sie, wenn sie glücklich ist. Das ist alles.“ “Wenig überzeugend“, erwiderte sie. “Ich glaube, du willst es nur nicht zugeben.“ “Einbildung ist auch eine Bildung“, entgegnete ich belustigt. “Jovana hat mir geholfen, als es sonst keiner tat. Und sie ist seitdem eine gute Freundin gewesen. Du kennst die Geschichte.“ Sie nickte. “Sie hat dich, als du 15 Jahre alt warst, schwer verletzt im Wald gefunden und wieder gesund gepflegt.“ “Exakt“, sagte ich. “Und das werde ich nie vergessen. Deshalb gehört sie, genauso wie du, zu der kleinen Gruppe von Leuten, bei denen ich meine eigenen Interessen nicht mit Gewalt durchsetzen würde und deren Wünsche ich respektiere. Nur deshalb lebt Augustin noch. Also können wir das ganze Eifersuchtsthema jetzt endlich abhaken?“ “Ist ja schon in Ordnung, Wolfi“, erwiderte sie amüsiert. “Du brauchst ja nichts zugeben. Ich verstehe dich auch so.“ “Sehr witzig“, erwiderte ich und bog an der nächsten Kreuzung links ab. Ab nach Hause.

Vampirärger

Подняться наверх