Читать книгу Morgen ist woanders - Elisabeth Etz - Страница 26
Sverigestraße
ОглавлениеEineinhalb Stunden später sperre ich meinen Rucksack in das Schließfach beim Ikea-Eingang und strecke mich. Tut gut, dieses schwere Ding endlich los zu sein. Ich gehe die Stiege hinauf und lächle. Sofas ohne Ende. Aber ich kann mich nicht einfach aufs erstbeste werfen und laut zu schnarchen beginnen. An einem Freitag wie heute laufen hier zu viele Leute rum.
Langsam schlendere ich durch die Abteilungen und versuche, eine versteckte Liegegelegenheit auszumachen. Die meisten Betten und Sofas stehen in der Mitte des Raums und eine Jungfamilie nach der anderen schmeißt sich auf sie, um zu testen, ob sie bequem genug sind. Nichts für mich.
Die Pfeile auf dem Boden leiten mich durch die Abteilungen. Immer wieder kann man durch Türen in kleine Wohneinheiten gehen.
Unser Zuhause auf 35 m2.
Bett, Fernseher, Küche, Bad. Alles. Klar, wenn man so hohe Räume hat wie Ikea, kann man einfach alles in die Höhe schachteln und kommt locker mit wenig Grundfläche aus.
Ich schlendere weiter.
Unser Zuhause auf 25 m2.
Auch hier geht sich alles aus. Mit Hochbett allerdings. Das sehe ich mir genauer an. Kann ja sein, dass ich es kaufen will. Die Sprossen der Leiter sind mit einem Plastikschild verhängt.
Da sich in der Decke Stromleitungen befinden, bitten wir dich, dein Kind nicht im oberen Bett spielen zu lassen.
Ich will nicht spielen, ich will schlafen. Das Schild gilt also nicht für mich.
Eine Matratze ist da. Die unterste Sprosse ist nicht vom Schild verdeckt und wenn ich mich draufstelle, kann ich sehen, dass auf der Matratze sogar Bettwäsche liegt.
Ich blicke mich um. Im Moment will niemand wissen, wie man toll auf 25 Quadratmetern wohnen kann. Soll ich …?
Einfach nicht nachdenken. Einfach machen. Mit einem Ruck hieve ich mich hinauf und rolle mich auf die Seite. Wenn ich mich ganz an die Wand lege, sieht mich von unten bestimmt niemand. Sicherheitshalber schichte ich die Bettdecke so neben mir auf, dass sie einen Sichtschutz bildet.
Mein Herz klopft wie wahnsinnig, aber es beruhigt sich nach und nach. Nur wenige Leute gehen in der 25 m2-Box ein und aus. Niemand von ihnen scheint sich dafür zu interessieren, was sich auf dem Hochbett befindet.
»Da ist mal ein Kind von oben runtergefallen und war tot«, sagt einer. »Seitdem darf man da nicht mehr rauf.«
Irgendwann schlafe ich tatsächlich ein.
Ich wache davon auf, dass unter mir ein Kind quengelt. »Mach nicht so ein Gesicht«, höre ich ein genervtes Elternteil. »Irgendjemand in dieser Familie macht immer ein Gesicht, das reicht mir schön langsam.«
Meine Uhr zeigt mir, dass ich drei Stunden geschlafen habe. Ich bin von mir selbst beeindruckt.
Als ich weder das Kind mit dem Gesicht noch das genervte Elternteil mehr höre, beuge ich mich vorsichtig vor und spähe hinunter. Niemand da. So schnell ich kann, klettere ich vom Bett und verschwinde in der Badeeinheit. Fast vergesse ich, dass die Toilette hier nicht ans Kanalsystem angeschlossen ist. Rechtzeitig klappe ich den Klodeckel wieder zu und grinse mich selbst im Spiegel an. Noch zweieinhalb Stunden bis OMG it’s me zuhause ist. Ich gähne und strecke mich, dann mache ich mich auf den Weg ins Restaurant.
Fleischbällchen mit Kartoffelpüree. Und Mandeltorte. Vor dem Fenster rauscht die Stadtautobahn. Nach der Torte ist mir schlecht. Wie früher.
Ich lächle dem Verkehr zu. Dann rufe ich OMG it’s me an.