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3.Teresas beschwerlicher Weg ins „Menschwerdungskloster“ (1535) und die folgenden „dürren Jahre“

Teresa ist hin- und hergerissen: Einerseits zieht es sie zu einem standesgemäßen Leben mit Festen und guten Freunden, andererseits bricht erneut und mit Macht diese „unstillbare Sehnsucht“ ihrer Kindheit nach einem „Seelenheil „für immer und ewig“ in ihr auf. Schließlich ergreift Gott selbst die Zügel … „Obwohl ich in dieser Zeit ziemlich um mein Seelenheil besorgt war, lag dem Herrn noch mehr daran, mich auf die Lebensform vorzubereiten, die am besten für mich war. Er ließ mich sehr krank werden, so dass ich zu meinem Vater nach Hause zurückkehren musste. (…) Als ich wieder gesund war, brachte man mich zu meiner Schwester, die in einem nahegelegenen Dorf wohnte, denn ihre Liebe zu mir war extrem (…).

Auf dem Weg dorthin lebte ein Bruder meines Vaters, ein sehr gebildeter und tugendhafter Witwer, den der Herr mehr und mehr darauf vorbereitete, ihn an sich zu ziehen (…). Er wollte, dass ich einige Tage bei ihm verbrachte. Seine Beschäftigung bestand in der Lektüre guter Bücher in der Muttersprache und seine Gespräche waren auf Gott und die Nichtigkeit der Welt gerichtet. Er bat mich, ihm vorzulesen, und obwohl mich seine Bücher nicht wirklich interessierten, tat ich so als ob. In diesem Punkt, anderen eine Freude zu machen, war ich extrem, auch wenn es mir schwerfiel (…).

Wenn ich auch nur wenige Tage dort blieb, erinnerte ich mich durch die Kraft, mit der sich die gelesenen oder gehörten Worte Gottes in mein Herz einprägten, und durch die gute Gesellschaft an die Wahrheit meiner Kindheit, die Nichtigkeit und Vergänglichkeit dieser Welt, und ich fühlte Angst in mir hochsteigen, dass ich in die Hölle käme, wenn ich jetzt sterben würde. Und wenn mein Wille auch noch nicht zu einem Eintritt ins Kloster bereit war, so sah ich doch ein, dass dies wohl die beste und sicherste Lebensform wäre, und beschloss, mich nach und nach zum Eintritt in ein Kloster zu zwingen (V 3,3 ff.).

Teresas rätselhafte Krankheiten und ein „Klostereintritt aus Höllenfurcht“

Wir begegnen hier einem weiteren für Teresa charakteristischen Phänomen: ihren lebenslangen Krankheiten, die einerseits – nach heutigem Verständnis – Ausdruck eines permanenten Somatisierungsprozesses waren, sich andererseits aber durch die nie endenden inneren Spannungen zwischen dem, was sie im Gebet zu erkennen glaubte, und ihrer „ungenügenden Ant-Wort“ erklären lassen: „Es befielen mich neben Fieberschüben auch immer wieder starke Ohnmachtsanfälle, da ich schon immer eine sehr schwache Gesundheit hatte. Indessen erfüllte mich die Freude an guten Büchern mit Leben. So las ich in den Briefen des hl. Hieronymus, die mir so viel Mut machten, dass ich mich entschloss, meinen Vater in meine Klosterpläne einzuweihen, was schon fast so viel war, wie den Habit zu nehmen. Denn ich war so besorgt um meine Ehre, dass ich diesen Schritt niemals zurückgenommen hätte, sobald ich ihn einmal ausgesprochen hatte (V 3,7).

Am 2. November 1535 tritt Teresa – aus Höllenfurcht, wie sie selber bekennt – in den Karmel von der Menschwerdung (Encarnación) zu Ávila ein, wo sie ein Jahr später eingekleidet wird und am 3. November 1537 Profess ablegt. „Ich erinnere mich noch ganz genau daran, dass der Schmerz, den ich empfand, als ich das Haus meines Vaters verließ, nicht stärker sein konnte, als wenn ich stürbe, denn mir war es, als löste sich jeder Knochen einzeln aus meinem Körper“ (V 4,1).

Immerhin stellt sich – vorübergehend – eine Art innerer Glückszustand bei Teresa ein: Sie, die an Geschmeide und Wohlleben gewöhnte und „verwöhnte“ junge Adelige, empfindet plötzlich eine innere Genugtuung beim Kehren der Klostergänge und bei anderen haushaltlichen Tätigkeiten, wenngleich sie im Kloster – ihrem Status gemäß – noch eine Dienerin bei sich hat.

Dennoch ist die Umstellung gewaltig: Teresa ist nicht an Zurechtweisungen gewöhnt und muss auf ihre bisherige Sonderstellung (im Kreis der Familie und Freunde) verzichten. Das Menschwerdungskloster beherbergt zu jener Zeit zwischen 65 bis zu 180 Nonnen. Es ist eine Art Zufluchtsstätte für adelige Damen der Stadt, die – wegen der vielen Kriege und des damit einhergehenden Frauenüberschusses – dort Aufnahme suchen, da sich keine passende standesgemäße „Partie“ für sie gefunden hat. Auch in diesen Mauern setzen sich der gewaltige Standesunterschied und die dadurch bedingten Ungleichbehandlungen der Schwestern fort. Die reichen und adeligen Doñas dürfen Freundinnen, eigene Bedienstete und sogar Haussklavinnen in ihren geräumigen Zellen unterbringen. Auch für Doña Teresa gilt dieses Privileg, wie man bei einer heutigen Klosterbesichtigung noch sehen kann. Natürlich fehlt es am Nötigsten, vor allem als das Menschwerdungskloster mit bis zu 180 Nonnen völlig überbelegt ist. Und so sind die meisten Bewohnerinnen gezwungen, zeitweise bei ihren Familien und Freunden Unterschlupf und Verpflegung zu suchen.

Schließlich werfen der Wechsel der Lebensform, das Fasten, die Bußübungen und vor allem die schweren inneren Kämpfe Teresa erneut auf das Krankenlager, so dass Don Alonso, ihr Vater, zu einer sogenannten curandera, einer „Heilerin“, in Becedas seine Zuflucht nimmt.

Die Veränderung meiner Lebensweise und der Nahrung war für meine Gesundheit gar nicht zuträglich, denn wenn ich auch sehr großes Glück empfand, so reichte das doch nicht aus. Die Ohnmachtsanfälle nahmen allmählich zu, und es befiel mich ein so schweres Herzleiden, dass jeder, der es miterlebte, darüber erschrak; hinzu kamen noch viele andere Beschwerden.

(…) Mein Vater bemühte sich sehr um Abhilfe. Da aber die hiesigen Ärzte nicht auf ihn eingingen, ließ er mich an einen Ort (Becedas) bringen, der in dem Ruf stand, dass man dort verschiedene Krankheiten heilte“ (V 4,5 ff.).

„Seine Majestät“, Gott selbst, ergreift – erneut – das Ruder

Auf dem Weg nach Becedas fällt ihr bei ihrem Onkel, Don Pedro Sánchez de Cepeda, das Buch in die Hände, das für ihr späteres mystisches Erleben von ungeheurer Bedeutung werden sollte: das Tercer Abecedario (Das Dritte Geistliche ABC) des Francisco de Osuna, eine Einführung in das innere Gebet. Eine neue Welt eröffnet sich ihr und zeitgleich beginnt sich eine innere Wandlung in Teresa abzuzeichnen. „Seine Majestät“, so nennt Teresa Gott, „begann, mir viele Gnaden zu erweisen. Ich versuchte, so gut ich konnte, Jesus Christus immer in mir gegenwärtig zu halten. Dies war meine Art und Weise zu beten“, bekennt sie Jahrzehnte später in ihrer „Vida“. Das Leben, die „Menschheit Christi“, seine Passion und sein Tod werden fortan Gegenstand ihrer Reflexion und ihres liebenden Versenkens.

Die im April 1539 unternommenen Heilungsversuche der „curandera“ hatten Teresa körperlich ruiniert und sie an den Rand des Grabes gebracht; im Juli desselben Jahres kehrt sie völlig gebrochen in das Menschwerdungskloster zurück. Etwa drei Jahre lang bleibt sie gelähmt, unfähig, auch nur die geringste Bewegung auszuführen. Allerdings machen die Nachrichten von Doña Teresas Scheintod und wunderbarer Heilung in Ávila die Runde. Teresa nutzt die „Zusammenkünfte“ zu einer Unterweisung in das „innere Gebet“, obgleich sie selbst darin von niemandem unterwiesen worden war. Sie hat jetzt eine Schlüsselrolle für das gesamte Kloster inne, weil man auf ihren Charme im Sprechzimmer und ihren hervorragenden Ruf als begnadete Nonne – auch wegen der zu erwartenden Spendenbereitschaft der Bürger von Ávila – nicht mehr verzichten kann. Teresas bereits im Elternhaus bewiesene Begabung für ein „Doppelspiel“ (damals bezüglich der vom Vater verbotenen Lektüre!) lässt sie nach außen untadelig erscheinen, in ihrem Inneren nagt jedoch ein permanent schlechtes Gewissen, weil sie die „perfekte Nonne“ zwar spielt, innerlich jedoch noch weit davon entfernt ist.

Nach völliger Wiedererlangung der Gesundheit, die sie dem segensreichen Wirken ihres Lieblingsheiligen „San José“ (Josef) zuschreibt, unterhält Teresa – den Gewohnheiten des Klosters gemäß – erneut äußerst regen Kontakt zur Außenwelt. Ihr bezauberndes Naturell und ihr feuriges Herz ziehen die Besucher auch noch am Sprechgitter an. „Fast 28 Jahre“, gesteht sie selbst, „war es ein ständiges Fallen und Wiederaufstehen, es war kein gutes Aufstehen, da ich immer wieder fiel, denn weder erfreute ich mich an Gott, noch fand ich in diesen Kontakten zur Welt meine innere Ruhe“ (V 8,2).

Auch ihr Hang zum Gefallen, zum „Entertainment“, zur geistreichen Plauderei steht ihrer ernsthaften Suche nach einem Zwiegespräch mit Gott immer wieder im Wege: „Und so begab ich mich von Zeitvertreib zu Zeitvertreib, von Nichtigkeit zu Nichtigkeit, von einer Gefährdung in die andere. Und meine Seele war von all den Eitelkeiten so zerrüttet, dass ich sogar schon vor dem Gebet, dieser freundschaftlichen Hinwendung zu Gott, zurückschreckte. (…) Ich begann schließlich, zum Gebet zurückzukehren; doch hörte ich nicht auf, mich erneut Gefahren auszusetzen. Das Gebet aber gab ich fortan nie mehr auf“ (Vida 7,1; 7,17; p. 43).

Teresa von Ávila

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