Читать книгу Der Tote unterm Weihnachtsbaum - Elke Boretzki - Страница 7
Kapitel 3
Оглавление„Hm, Hm …“ Rosenkranz räusperte sich leise. „Eine attraktive Frau?“
„Oh ja … Ehm, wie bitte?“ Kommissar Höflich sah seinen Assistenten an, als wundere er sich, dass dieser immer noch da war.
„Sagten Sie etwas?“ Er tat plötzlich sehr geschäftig. „Es gibt noch viel zu tun. Also halten Sie mich nicht auf.“
„Ehm, ich sagte nur …“
„Wirklich Rosenkranz“, unterbrach er seinen Assistenten, „ich kann mich vor Arbeit kaum retten. Stehen Sie nicht hier herum. Sehen Sie nach, wo der Gärtner steckt und bringen Sie ihn in die Bibliothek!“
Er selbst begab sich auf die Suche nach Kirschkern. Er durchquerte die Eingangshalle und trat durch eine Glastür in den Garten.
Die Fundstelle der Tatwaffe war markiert und abgesperrt worden. Die Tatwaffe selbst, die gefrorene Weihnachtsgans, befand sich auf dem Weg ins Labor. Im Garten war niemand mehr.
Kommissar Höflich hörte Stimmen, doch das Team der Spurensicherung hatte sich offenbar wieder ins Haus zurückgezogen.
Nachdenklich ließ er seinen Blick über die verschneite Gartenlandschaft schweifen. Links und rechts des Weges, hinter den Hecken standen Rosenstöcke, die, als Schutz gegen die Kälte, je nach Empfindlichkeit der Sorte, eingepackt waren.
Die Hecken sowie einzelne Bäume waren beschnitten worden und zeugten ebenfalls von der pflegenden Hand eines Gärtners.
Obstbäume zogen sich linker Hand über die verschneite Fläche. Dazwischen stand auf einem Stamm ein selbstgezimmertes Vogelhäuschen.
Zwei Nebelkrähen verscheuchten eine Schar gieriger Spatzen, um die Reste der Mahlzeit unter sich aufzuteilen. Höflich zollte ihnen widerwillig Respekt. Kopfschüttelnd wandte er sich ab.
Etwas weiter entfernt ging der Garten in eine Parklandschaft mit üppigen Stauden und hohen alten Bäumen über.
Höflich fiel auf, dass es dort, im Gegensatz zu den Vorgärten, keine Zäune gab. Man konnte praktisch von einem Grundstück auf das andere gelangen. In diesen Kreisen kannte man sich offenbar gut genug und respektierte auch so die Grenzen.
Hinter dem Park stieg die Ebene zu einem Hügel an. Am Fuße des Hügels befanden sich einige Häuser. Vermutlich handelte es ich um einen Bauernhof. Wenn es hier überhaupt keine Begrenzung gab, konnte es da nicht sein, dass aus dieser Richtung der Mörder gekommen war?
Das würde auch erklären, warum den Nachbarn nichts Verdächtiges aufgefallen war. Das hatte zumindest eine Befragung seiner Kollegen ergeben.
Vielleicht war es ein Pächter in Geldnöten gewesen? Er erinnerte sich wage. Die Stadt war nicht groß. Es hatte sich herumgesprochen. Außerdem hatte es im „Heumarkt“, dem hiesigen Provinzblatt gestanden. Das Land war aufgekauft worden, von keinem Geringeren, als Anatol Maus.
Höflich blinzelte, denn der Schnee blendete ein wenig, und auch die späte Wintersonne, die gerade hinter den Bäumen stand, schickte ihren sanften goldenen Glanz zwischen ihnen hindurch.
Dieser Glanz erwärmte sein Herz, und ihm fiel wieder ein, dass morgen Weihnachten war.
Höflich war nicht verheiratet, und er hatte auch keine Kinder. Das und die Tatsache, dass auch sonst niemand auf ihn wartete, außer vielleicht seine betagte Tante, ließen ihm die Freiheit, seinen Urlaub so zu gestalten, wie es seinen Vorlieben entsprach.
Er bevorzugte gute, besondere Hotels mit nostalgischem Ambiente. In so einem Hotel hätte er gern seine Weihnachtsferien verbracht.
Brauchte er jemand anderen dazu?
Nein. Er wollte wie sein großes Vorbild, Hercule Poiroit, vor einem ausgesuchten Mittagessen in einem schönen alten Hotel sitzend an seinem Sherry nippen und seinen grauen Zellen eine Ruhepause gönnen.
In aller Entspanntheit wollte er dann, wie er es gern in den seltenen Fällen von Ausgeglichenheit tat, die anderen Gäste beobachten und ihnen Geschichten andichten, wobei er ihnen, um dem Ganzen eine besondere Würze zu geben, dunkle Geheimnisse unterzuschieben gedachte.
Wie in einer heimlichen Übereinstimmung begannen in diesem Moment die Glocken zu läuten, als Einladung zur Christvesper. Er wäre gern in eine Kirche gegangen.
Stattdessen steckte er in einem Mordfall, der ihm Rätsel aufgab. Das war nicht bei allen Fällen so. Bei einigen war es klar ersichtlich, wer der Täter war. Oftmals stellte sich dieser selbst. Ihm blieb dann in der Hauptsache die Aufgabe, die Aussagen zu überprüfen und Berichte für den Staatsanwalt anzufertigen. Überhaupt war sehr viel Verwaltungsarbeit erforderlich.
Doch hier lag der Fall anders. Es musste ermittelt, geprüft und überlegt werden. Hier war kriminalistischer Spürsinn erforderlich. Jawohl.
Dieser Fall forderte ihn heraus. Seufzend wandte er sich wieder dem Eingang zu. Er musste mit Kirschkern sprechen. Das Hotel musste warten.