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Kapitel 3
ОглавлениеDie „Villa Angelo D’oro“ bewies, dass die fünf Sterne verdient waren, die die Bronzeplakette an der Außenfassade des Hotels anpries. Das Speisezimmer bewahrte ein Ambiente von gelassenem, würdevollem Luxus. Die Einrichtung bestand aus einer Mischung zwischen modern und klassisch. Der Boden war mit bunt gewebten Teppichen ausgelegt, die Stühle mit grauem Samt überzogen, die Tische mit bestickten Tischdecken gedeckt. Die Wände stachen als nacktes Mauerwerk hervor, was dem Ganzen noch zusätzlich einen rustikalen Anstrich verlieh. Das hintere Ende begrenzte eine Glastür, die auf den Hinterhof zeigte, eingerahmt von üppigen Grünpflanzen und mit Sonnenschirmen überdacht. Auf Kullmanns sehnsüchtigen Blick meinte der junge Kellner: „Büffet servieren wir nur im Saal. Das Essen à la Carte können Sie jeden Abend auf der Terrasse genießen.“
„Das sind gute Aussichten.“ Kullmann schaute sich die Tischordnung im Speisesaal genauer an. Die beiden älteren Ehepaare hatten sich schon einen Platz in der Nähe der langen Tischreihe ausgesucht, wo die Kellner damit beschäftigt waren, das Buffet aufzubauen. Sie wollten sich damit unnötige Wege ersparen. Direkt dahinter saß das Berliner Ehepaar. Eine dicke Rauchwolke zog über deren Tisch.
Kullmann ließ sich mit seiner kleinen Wahl-Familie in der Nähe der Ehepaare Gebauer und Ossom nieder, die ihre Aufmerksamkeit Lisa widmeten. Die Kleine genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Das Essen wurde für Lisa zur Nebensache. Anke begab sich mehrere Male an das reichliche Büffet, und besorgte gleichzeitig für Lisa einige Sorten mit, deren Interesse an Agnes Gebauer und Gertrud Ossom damit nicht zu erschüttern war. Immer wieder sprang sie auf, stieß Juchzlaute aus, womit sie die Gäste zum Lachen brachte.
Anke glaubte ihre Tochter in guter Gesellschaft, wandte ihre Aufmerksamkeit ihrem Peka - unter einer Tonglocke gedünstetes Lammfleisch - zu. Gerade führte sie sich ein großes Stück von dem zarten Fleisch in den Mund, als sie die Berlinerin hörte: „He, du da hinten: Statt zu fressen kannst dich mal um die Jöre da kümmern.“
Anke fiel das Fleisch vor Schreck aus dem Mund.
„Keene Erziehung, dieses Weib. Keen Wunder, bei der Alten.“
„Ich glaube, Sie sind besser ruhig mit Ihren Anschuldigungen“, rief Anke stinksauer, stand auf und eilte zu ihrer Tochter.
Lisa war ganz erschüttert von so viel Unfreundlichkeit. Mit großen Augen starrte sie die blonde Frau an, die so hässlich über sie gesprochen hatte.
„Wad iss dad denn sonst, wad diese Butze hier veranstaltet?“, blaffte die unfreundliche Frau weiter.
„Sind Sie immer so ungehobelt?“; mischte sich Agnes Gebauer ein. Anke sah deutlich, dass sie sich dafür sogar bösen Blick von ihrem Mann Hugo einhandelte. Aber das störte Agnes Gebauer nicht. „Lisa ist doch so ein liebes Kind Es stört doch niemanden, wenn sie zu einem an den Tisch kommt.“
„Mir stört es aber“, stellte die Berlinerin klar. „Wenn die Olle kein Kind erziehen kann, soll sie sich keins anschaffen.“
„Sie halten jetzt Ihren vorlauten Mund.“, mischte sich Kullmann in das Gespräch ein.
„Ikke?“
„Ja, Sie.“
„Da jeht mir de Hutschnur hoch“; wurde die kleine Frau plötzlich so laut, dass die Kellner in den Speisesaal stürzten. Aber das störte die kleine Frau nicht im Geringsten. Sie sprach weiter, als seien die Männer gar nicht da: „Von eenem wie ….“
Weiter kam sie nicht. Die Kellner stellten sich an ihren Tisch und drohten, sie aus dem Speisesaal zu entfernen, wenn sie so weitermachen wollte.
Das zeigte Wirkung. Wutschnaubend erhob sich das Berliner Ehepaar und stampfte hinaus.
Nach dem Essen betraten Kullmann, Martha, Anke und Lisa die Dachterrasse. Sie suchten sich Plätze, um in der kühlen Abendluft die Aussicht zu genießen, das von der Dämmerung langsam eingehüllt wurde. Am gegenüberliegenden Ende der Bucht zog der schwarze Himmel langsam über das Meer und senkte sich wie ein dunkles Tuch herab. Der Mond schimmerte in voller Pracht, dazu ein Sternenhimmel, der übersät war mit kleinen, funkelnden Punkten. Die vielen Lichter spiegelten sich im flachen Wasser. Stille breitete sich aus. Das Kreischen der Möwen und das Rufen der Tauben waren verstummt. Das Zirpen der Grillen hielt Einzug.