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Kapitel 5

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Andrew

Leise stöhnend lasse ich mich auf meinen Bürostuhl sinken. Meine Hose ist durchtränkt von Samuels Blut. Er war noch nicht bei klarem Verstand, als der Krankenwagen eingetroffen ist. Gern wäre ich mit ins Krankenhaus gefahren, aber ich habe zurück aufs Revier gemusst, um Rovalov zu verhören. Wenn man das überhaupt ein Verhör nennen darf. Bis auf das Versprechen, dass er nie einen Namen vergisst, war nicht viel mehr aus Rovalov rauszuholen. Vielleicht machen ihn ein paar Tage in einer schäbigen Zelle gesprächiger.

Ich versinke tief in Gedanken. In Momenten wie diesen bin ich mehr als froh über mein eigenes Büro. Als ich mir erlaube, für einen kurzen Moment die Augen zu schließen, wird plötzlich die Tür aufgerissen. Das Gesicht puterrot, stampft James in den Raum.

»Was hast du getan?«, faucht er wutentbrannt, als er die Tür hinter sich ins Schloss fallen lässt.

Ich habe gewusst, dass mir noch ein Donnerwetter von ihm bevorsteht. »Ich habe einen gewaltigen Drogendeal platzen lassen«, antworte ich trocken.

»Ja, indem du dich selbst in Lebensgefahr gebracht hast!« Seine stahlblauen Augen blitzen mich finster an. Sein grauer Anzug spannt an seinen breiten Muskeln und passt so gar nicht zu seinen harten, kantigen Gesichtszügen und dem langen blonden Pferdeschwanz. James ist aufgrund seiner Größe und der breiten Statur auch so schon eine Erscheinung für sich, aber wenn die Wut von ihm Besitz ergreift und er tobt, wie ein wildes Nashorn, könnte er jedem das Fürchten lehren.

Ich erhebe mich vom Stuhl und laufe auf ihn zu. Ich kann es nicht leiden, von oben herab angesprochen zu werden, und unterhalte mich mit James lieber auf Augenhöhe. »Es gab keinen anderen Weg. Wir hätten uns mit Rovalov und seinen Männern noch ewig einen Schusswechsel liefern können. Irgendwann wären sie vielleicht abgehauen. Dann wäre der Einsatz völlig umsonst gewesen.«

James Brustkorb hebt und senkt sich rasend schnell. Seine dichten, dunklen Brauen sind zusammengezogen, die Stirn ist in Falten gelegt und seine Augen sind nicht mehr als zwei Schlitze. »Ich habe dir gesagt, dass du deine Einsätze nicht so waghalsig angehen sollst!«

»Ich werde aber sicher nicht seelenruhig dabei zusehen, wie uns eine Bande von Verbrechern entwischt.«

»Du kannst nicht immer den Helden spielen.«

Angespannt verschränke ich die Arme vor meinem Körper. »Ich spiele überhaupt nichts. Ich mache einfach nur meinen verdammten Job.«

»Den wirst du nicht mehr lange ausüben, wenn du ständig dein Leben riskierst.«

Ich habe schon Hals über Kopf die Jagd auf Verbrecher aufgenommen, als ich noch Detective gewesen bin. Das hat James auch schon nicht gepasst. Genau wie Tom, unser früherer Sergeant, der bei einem Einsatz ums Leben gekommen ist. »Du wusstest, wie ich arbeite, bevor du mich als neuen Sergeant vorgeschlagen hast. Ich werde meine Art nicht ändern.« Ich versuche meine Stimme etwas zu dämpfen, denn das, was ich jetzt sage, ist zu prekär, um von jemandem aufgeschnappt zu werden. Auch wenn sich kaum jemand da draußen auf dem Flur aufhalten dürfte. »Und ausgerechnet du solltest mir keine Vorwürfe machen. Wer hat mich denn schließlich dazu gebracht, mehr zu riskieren und Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen, bei denen das Gesetz versagt?«

Abwertend schüttelt er den Kopf. »Jetzt fang nicht damit an. Auch wenn diese Einsätze spontan kommen, durchdenke ich sie gut. Du rennst immer mit dem Kopf gegen die Wand. Du hast dich nicht nur blind an eine Bande von Verbrechern geschlichen, sondern dich auch selbst in deren Visier gebracht, als Samuel angeschossen wurde.«

»Und ich würde es wieder tun.«

James kommt noch einen Schritt auf mich zu. Seine Hände sind so straff zu Fäusten geballt, dass die Adern unter seiner Haut hervortreten. In seinen Augen flammt unmenschlicher Zorn auf. »Du verstehst es nicht, oder? Verdammt nochmal, Andrew, du sollst deinen Posten nicht so schnell verlieren, wie du ihn bekommen hast, weil du wie ein Sieb am Boden liegst. Und ich will nicht noch einen Sergeant verlieren!«

Nun ergreift der Zorn auch von mir Besitz. Mein Atem geht schneller und mein Puls beginnt zu rasen. »Aber einen Detective, oder wie soll ich das verstehen?«

Die Wut in ihm lässt seine Augen böse funkeln. »Natürlich nicht!«

»Dann verstehe ich das Problem nicht.«

James' flache Hand donnert mit voller Wucht auf meinen Schreibtisch. »Verdammt, Andrew! Verstehst du es denn nicht? Du bist jetzt Sergeant. Du kannst nicht mehr so leichtsinnig vorgehen, wie früher.«

Knurrend balle ich die Hände zu Fäusten. Noch immer begreife ich nicht, wie gerade James mich zu mehr Vorsicht drängen kann. »Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Es war die einzige Möglichkeit, um Sam zu retten.«

Mit eiskaltem Blick starrt James mich an. »Du kannst nicht immer alle retten, Andrew.«

»Ihn schon. Er ist siebenundzwanig, hat erst vor wenigen Monaten geheiratet und seine Frau erwartet ihr erstes Kind.«

Ruckartig reißt James den Kopf in die Höhe. Seine Augen blitzen mich bedrohlich an. Ich kann die Anspannung in der Luft förmlich greifen. »Glaubst du etwa, ich wüsste das nicht?«

»Warum machst du mir dann einen Vorwurf?«

»Weil du mit keinem guten Beispiel vorangehst.«

Ich hebe meine Hände und trete einen Schritt zurück. Ich habe keine Lust mehr auf diese Diskussion. Schließlich habe ich das Richtige getan. »Wie gesagt, ich entschuldige mich nicht dafür, Samuel gerettet zu haben.«

Auch wenn James sich noch immer wie ein tobender Stier vor mir aufbaut, scheint er sich zumindest ein wenig zu beruhigen. »Die Ärzte haben gesagt, seine Verletzung ist schlimm, aber er wird es überstehen.«

»Dann musst du spätestens jetzt einsehen, dass ich richtig gehandelt habe.«

James bedenkt mich noch eines argwöhnischen Blickes, ehe er sich abwendet und straffen Schrittes zur Tür eilt. »In Zukunft wirst du dich an die Regeln halten«, knurrt er über die Schulter hinweg, bevor er aus meinem Büro stürmt.

Ich lasse mich zurück in meinen Stuhl sinken und reibe mir die Stirn, als die Tür erneut aufgeht.

»Störe ich?«, höre ich Mayas liebliche Stimme.

»Nein, bitte komm rein.«

Zögerlich läuft sie auf mich zu und lehnt sich gegen den Rand meines Schreibtisches. »Ist alles in Ordnung?«

Schnaufend reibe ich mir über meinen kurzen Bart und erzähle Maya, was heute Morgen passiert ist. Auch die Sache mit James lasse ich nicht unerwähnt.

Maya kräuselt ihre süße Stirn. »Samuel wird überleben, das ist alles, was zählt.«

»Das weiß ich. Nur James ist zu stur, um das einzusehen.«

Mit sorgenvollem Blick streicht sie mir über die Schulter. »Zugegeben, mir wäre es auch lieber, wenn du deine Einsätze nicht so waghalsig angehen würdest.« Sie beugt sich ein Stück nach vorn und umschließt mein Gesicht mit ihren schmalen Fingern. »Ich will dich nicht verlieren.«

Ich hebe den Blick und schaue in ihr hübsches Gesicht, das von akkurat geschnittenem blonden Haar umrahmt wird. »Das wirst du nicht. Ich passe schon auf mich auf.«

Sie schenkt mir ein süßes Lächeln und gibt mir einen zarten Kuss. Ich schmecke das leichte Aroma ihres Lipgloss und rieche den blumigen Duft ihres Parfums. Sogleich geht mein Atem ruhiger.

Als sich unsere Lippen voneinander lösen, strahlen mich Mayas himmelblaue Augen an. In ihrer hochgeschlossenen weißen Bluse und der beigefarbenen Hose wirkt sie wie die Unschuld in Person, wie ein Engel.

»Du musst dringend etwas entspannen«, sagt sie entschlossen und stellt sich hinter meinen Stuhl. Ihre schlanken Finger legen sich auf meinen Nacken, dort wo die Flügel meines Adlertattoos enden. Langsam gleiten sie weiter zu meinen Schultern und massieren meine verspannte Muskulatur. Mayas Griff ist unerwartet fest. Viel zu oft vergesse ich, welche Kraft diese zierliche Person besitzt.

Ich schließe für einen kurzen Moment die Augen und genieße ihre wohltuende Massage. »Deine Hände sind aus Gold.«

Maya beugt sich nach vorn und streicht mit ihrer Nasenspitze über mein Ohr. »Wenn du heute Abend nach Hause kommst, werde ich dich so richtig verwöhnen«. Bei ihrer sinnlichen Tonlage stellen sich meine feinen Nackenhaare auf und eine leichte Gänsehaut überzieht meinen Körper. Das Bild meiner süßen nackten Maya jagt Wellen des Verlangens durch meinen Körper.

Ich drehe mich um und ziehe sie auf meinen Schoß. Meine Hände streichen sanft, aber auch begehrend über ihre Bluse. »Das klingt überaus verlockend. Nach dem heutigen Einsatz wird sicher niemand etwas dagegen sagen, wenn ich etwas früher Feierabend mache.«

Maya schenkt mir ein herzliches Lächeln. »Dann wird Cynthia dich heute vielleicht noch sehen, bevor sie zu Bett geht?«

Seit drei Tagen ist ihre Nichte bei uns zu Besuch. Ihr Bruder Will hat sich vor ein paar Jahren von seiner Frau scheiden lassen. Heute sehen sich die beiden nur noch, um sich mit Cynthias Betreuung abzuwechseln. Lisa, Cynthias Mutter, ist seitdem viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Es ist ihr völlig gleich, dass ihre Tochter beinahe genau so oft bei Maya schläft wie bei ihr. Sie hat nur ihre Arbeit im Sinn, wegen der sie oft mehrere Tage auf Reisen ist. Will hat sich nach einer langen Krise dazu aufgerafft, wieder als Anwalt zu arbeiten, und kann nicht so oft auf seine Tochter aufpassen, wie er das gerne möchte. Deswegen ist Cynthia sehr oft bei Maya. Dieses Mal habe ich sie bislang kaum zu Gesicht bekommen. »Das ist sehr wahrscheinlich.«

»Gut.« Sie haucht mir noch einen Kuss auf die Lippen, bevor sie sich erhebt und zur Tür läuft.

Sowie sich die Tür hinter Maya schließt, lehne ich mich in meinem Stuhl zurück. Immer, wenn die kleine Cynthia bei uns zu Besuch ist, bringt sie so viel Leben in unsere Wohnung. Im Raum herrscht dann immer die Atmosphäre einer richtigen Familie. Ich habe immer eigene Kinder gewollt und will es noch heute.

Ein schmerzhaftes Ziehen trifft mich in der Brust, als ich an die wenigen Augenblicke denke, in denen ich ein Vater gewesen bin. Mein Sohn ist tot zur Welt gekommen. Meine Frau und ich haben ihn kurz halten dürfen, ehe wir uns für immer von ihm haben trennen müssen. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich an meine Noch-Ehefrau Antonia denke. Sie ist damals nur noch ein Schatten ihrer selbst gewesen. Und ich habe es nicht geschafft, ihr wieder neuen Lebensmut zu geben. Dafür wird sich ein Teil in mir für immer hassen.

Between Love and Law

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