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Kapitel 3

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Andrew

Zischend stoße ich die Luft aus, als ich meine Waffe entsichere. Der Wind ist eisig, einzelne Schneeflocken fallen vom Himmel und die Sonne hat sich hinter einer riesigen Wolkendecke versteckt. Genau wie meine zehn Kollegen lege ich mir eine kugelsichere Weste an. Mit dem dicken schwarzen Pullover darunter, der mich noch stämmiger wirken lässt, als ich es ohnehin schon bin, gebe ich das perfekte Ebenbild eines Schrankes ab.

Für einen kurzen Moment denke ich an den Mann zurück, den wir vor einigen Tagen wegen Drogenbesitz verhaftet haben. Er wäre dafür mehrere Jahre ins Gefängnis gewandert, hätte er nicht den Deal des Staatsanwaltes angenommen. Obwohl der Mann damit sein eigenes Leben riskiert, hat er uns verraten, von welch großem Fisch er seine Drogen bezieht und wann und wo die nächste Lieferung stattfindet.

Dimitri Rovalov heißt der Kerl, auf den wir es heute abgesehen haben. Der gebürtige Russe und sein Club sind uns vor diesem Tag noch nie ins Auge gestochen. Wir haben nicht gewusst, dass er dort ein Bordell betreibt. Natürlich hätten wir ihn auch im Club hochnehmen können, aber wir wollen nicht nur seinen Puff schließen, sondern diesem elenden Geflecht von Drogendealen ein Ende bereiten. Ganz gelingen wird uns das wahrscheinlich nie, und das macht mich unheimlich wütend.

Mein Team und ich haben uns bereits in Position begeben und verharren bei -10 Grad Außentemperatur hinter dem nördlichen Gebäude einer stillgelegten Textilfabrik. Das komplette Gelände ist von einem rostenden hohen Eisenzaun umgeben und bietet nur zwei Zugänge. Einen vom ehemaligen Parkplatz direkt hinter uns und einen von der Südseite.

Immer wieder luge ich vorsichtig um die Ecke, behalte Rovalov und die Zufahrt im Auge. Zwei alte Baucontainer dienen uns als Sichtschutz, sodass einfahrende Fahrzeuge uns nicht entdecken können. Leider ist es uns nicht möglich gewesen, Scharfschützen auf den Dächern zu positionieren. Jeder hätte sie mit Leichtigkeit entdecken können. Das macht unseren Einsatz erheblich riskanter, denn sobald wir zugreifen, werden die Männer versuchen zu fliehen. Kriminelle, die in diesem Stil mit Drogen dealen, sind dazu immer bewaffnet, also müssen wir auf alles vorbereitet sein.

Rovalov wartet bereits mit zwei Männern vor dem südlichen Gebäude auf den Lieferanten. Dabei wackelt er ungeduldig mit seinem Fuß, während er immer wieder auf die Uhr starrt. Durch seine große, eher schlaksige Figur und den maßgeschneiderten Anzug sieht er aus wie ein Bankangestellter und nicht wie ein gefährlicher Krimineller. Ganz im Gegensatz zu den beiden Muskelpaketen neben ihm. Einer dunkelhaarig, einer blond. Beide tragen schwarze Hosen, Stiefel und feste Jacken, die sie noch breiter und imposanter wirken lassen.

Die Minuten des Wartens fühlen sich bei dieser Eiseskälte wie Stunden an. Auch Rovalov fröstelt. Er zieht die Schultern hoch, während er sich über seine Glatze streicht. Seine Mundwinkel zucken verräterisch, als der Motor eines Autos ertönt. Im nächsten Moment taucht ein weißer Lieferwagen auf dem gepflasterten Weg neben dem südlichen Gebäude auf. Voller Vorfreude reibt sich Rovalov die Hände und sagt irgendetwas auf Russisch zu seinen Männern. Ein finsteres Grinsen ziert sein Gesicht, als der Transporter in seinem Sichtfeld auftaucht. Der Wagen hält auf dem verschneiten Asphalt und zwei Männer in dunkler Kleidung steigen aus. Einer klein und dicklich, einer groß und schmal. Rovalov begrüßt die beiden mit einem knappen Nicken und schon laufen sie zielstrebig auf den Kofferraum zu. Von meiner Position aus habe ich direkten Blick auf die Ladefläche. Mein Körper spannt sich weiter an, als der kleinere Lieferant die Türen öffnet. Doch im ersten Moment kommen keine Drogen, sondern Champagnerkisten zum Vorschein. Der komplette Laderaum ist damit befüllt.

»Los, pack die Kisten aus«, flüstere ich vor mich hin. Wenn ich könnte, würde ich sofort auf die Männer zustürmen und einem nach dem anderen ausschalten. Die Welt hätte fünf Arschlöcher weniger und ich müsste das Leben von keinem meiner Leute gefährden. Aber ich kann nicht. Dies hier ist kein Hinterhalt, den ich mit denen von James, mir und den anderen Renegades vergleichen kann. Was wir tun, ist gefährlich, ja, aber ich habe mein Leben dabei noch nie wirklich in Gefahr gesehen. Wir sind extrem gut ausgebildet und unsere Gegner haben bis jetzt noch nie eine Chance gegen uns gehabt. Die Kriminellen, die wir zur Strecke gebracht haben, sind entweder zu arrogant, oder zu unbekümmert gewesen, um sich mit wahren Kampfmethoden auseinanderzusetzen. Wir würden niemals jemandem auflauern, bei dem wir uns nicht sicher sind, dass wir ihn ausschalten können.

Das hier ist etwas anderes. Rovalov und seine Männer haben garantiert Waffen und ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass sie auch im Nahkampf ausgebildet sind. Es wäre also nicht dumm, sie unüberlegt anzugreifen, sondern saudämlich. Mir bleibt keine andere Wahl, als mich in Geduld zu üben und zu warten. Und das kann ich wirklich nicht gut. Observationen sind überhaupt nicht mein Ding. Stundenlanges Beobachten, dokumentieren und sich den Arsch abfrieren. Ich hasse es. Ich bin schon immer mehr der offensive Mensch gewesen, der direkt Taten walten lässt.

Der dickliche Mann vor dem Kofferraum zieht eine der Kisten hervor und entnimmt die Flaschen. Als er die letzte herausgezogen hat, holt er ein Päckchen mit weißem Pulver hervor. Zufrieden grinsend nickt Rovalov dem dunkelhaarigen Hünen neben sich zu. Mit eiserner Miene läuft der Mann auf den größeren Lieferanten zu und zieht einen Umschlag aus der Innentasche seiner Weste. Er nimmt ihm den Umschlag ab und sieht mit einem breiten Grinsen hinein.

Das ist er, der Moment, auf den wir gewartet haben.

»Zugriff!«, rufe ich und schon stürmen meine Männer und ich mit gezogenen Waffen auf die Drogendealer zu. »Polizei, nehmen Sie die Hände hoch!«, brülle ich ihnen entgegen.

Sowohl die beiden Kuriere als auch Rovalov und seine Männer ergreifen die Flucht. Die Lieferanten kommen jedoch nicht weit. Drei meiner Männer haben sie schnell eingeholt und zu Boden gebracht. Rovalovs Anhänger rennen jedoch wie vom Blitz getroffen.

Wir schießen, um sie aufzuhalten, aber die vielen Baucontainer und halb eingerissenen Mauern sorgen dafür, dass wir sie nicht treffen. So schnell mich meine Beine tragen, renne ich ihnen hinterher. Doch dann verschanzen sich Rovalov und seine Männer hinter einem Berg von Schrott, ziehen ihre Waffen und feuern wild darauf los.

Meine Männer und ich suchen Deckung. Die meisten verstecken sich hinter einem alten Baucontainer. Ray und ich weichen auf die andere Seite hinter eine halb eingerissene Mauer aus. Ausgerechnet mit Ray muss ich hier Deckung suchen. Es gibt kein größeres, und von sich selbst überzeugteres Arschloch als ihn auf dem Revier.

Ein Schmerzensschrei lässt mich herumfahren. »Verfluchter Mist!«, knurre ich, als ich einen unserer Kollegen am Boden liegen sehe. Samuel trägt zwar, wie wir alle auch, eine kugelsichere Weste, aber die Kugel hat sein Bein getroffen. Ächzend fasst er sich an die Wunde und bleibt am Boden. Auf keinen Fall werde ich ihn schutzlos dort liegen lassen. Er gibt die perfekte Zielscheibe ab. Aber einfach auf ihn zustürmen kann ich auch nicht. Rovalov und seine Männer würden mir sofort das Hirn wegpusten.

Ich sehe mich um und entdecke eine alte, völlig verrostete Tür. Damit sollte es gehen. »Ruf über Funk einen Krankenwagen und gib mir Deckung«, sage ich an Ray gewandt, stecke meine Waffe ins Halfter zurück und schnappe mir die Tür.

»Was zum Teufel hast du vor?« Sein Ton ist keineswegs besorgt, sondern genervt und barsch. Also wie immer, wenn er mit mir redet.

»Was glaubst du denn?« Ich deute mit einem Nicken auf Samuel. »Ich werde ihn dort bestimmt nicht liegen lassen.«

»Stattdessen willst du dich selbst zur Zielscheibe machen?« Hohn flammt in seinen Augen auf, doch schimmert noch etwas anderes durch. Es sieht beinahe so aus, als würde Ray seine Optionen abwiegen, überlegen, was passieren könnte, wenn mich eine Kugel tötet.

»Du gibst mir Deckung, verstanden?«, befehle ich schroff. Das ausgerechnet er mir jetzt helfen muss, schmeckt ihm genauso wenig wie mir. Aber es ist nun mal niemand sonst in der Nähe.

»Für Samuel«, murmelt er und bringt sich in Position.

Ich hebe die massive Tür, die einiges auf die Waage bringt und trage sie wie ein Schild. In geduckter Haltung trete ich hinter der Mauer hervor und laufe auf Samuel zu. Schüsse hallen um meine Ohren, Kugeln knallen gegen die verrostete Tür. Es klirrt und schallt und fühlt sich so an, als würde dieses alte Ding in meiner Hand gleich zerbrechen.

»Andrew, was machst du da?«, erreicht mich eine besorgte Stimme. »Sieh zu, dass du dort verschwindest!«

Ich bin zu konzentriert auf Samuel, um nachzusehen, wer da ruft, doch ich bin ganz sicher, dass es Jason ist. Unser dienstältester Kollege war schon immer am meisten um das Wohl aller besorgt.

Samuel ist nicht mehr bei Bewusstsein, als ich ihn erreiche. Der hohe Blutverlust hat bereits seinen Tribut gefordert. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.

Ich packe ihn an seiner Weste, hebe ihn hoch und schleppe ihn zurück. Die Kugeln donnern weiterhin ungehalten gegen die Tür. Eine saust mir so knapp vor dem Gesicht vorbei, dass ich abrupt stehenbleibe.

Verdammt, ich muss besser aufpassen!

So schnell es mir möglich ist, laufe ich weiter, halte die Tür nicht nur als Schild für mich, sondern vor allem für Samuel. Als ich endlich wieder hinter der Mauer ankomme, lege ich ihn auf dem Boden ab und sehe nach seiner Wunde. Das Blut quillt noch immer daraus hervor.

»Scheiße!«, fluche ich und knie mich neben ihn. Auch Ray rückt näher an uns heran. »Los, drück deine Hände auf die Wunde!«

Ray sieht mich boshaft an. »Ist sich der feine Herr Sergeant dafür etwa zu fein?«

»Quatsch nicht, mach es!«

Unter einem demonstrativen Schnaufen drückt Ray seine Hände auf die Wunde. Ich klatsche derweil Samuel meine flache Hand ins Gesicht. »Los, wach auf!«

»Sag mal, bist du irre?«, giftet mich Ray an. »Samuel ist am verbluten und du schlägst ihn auch noch?«

Ich lasse seine dämliche Frage unkommentiert. Er weiß ganz genau, dass Samuels Chancen besser stehen, wenn er bei Bewusstsein bleibt.

Unter einem Murmeln öffnet unser junger Kollege langsam die Augen. Es ist deutlich zu sehen, wie viel Anstrengung ihn das kostet.

»Hey!« Wieder trifft meine flache Hand sein Gesicht, nur nicht so doll wie zuvor. »Du musst wach bleiben. Hörst du? Hilfe ist unterwegs, aber du musst durchhalten.« Ich erhebe mich vom Boden, ziehe meine Waffe und luge hinter der Mauer hervor. Ein Schrei ertönt und einer von Rovalovs Männern fasst sich an die Brust, ehe sein Kopf hinter dem Berg von Schrott verschwindet.

Mein Blick fällt zu meinen Kollegen, die sich noch immer einen unerbittlichen Schusswechsel mit den beiden übrig gebliebenen Dealern liefern. Sie können nicht hervorkommen, ohne ins Visier zu geraten. Ich jedoch habe die Möglichkeit, mich von hinten an diese Mistkerle anzuschleichen und genau das werde ich tun.

Entschlossen sehe ich Ray an. »Sorge dafür, dass er wach bleibt.«

Mit einem boshaften Funkeln in den Augen legt er die Stirn in falten. »Und was wirst du tun?«

»Ich werde dafür sorgen, dass diese Wichser dort drüben in den Knast wandern.« Bevor Ray dem noch etwas hinzufügen kann, laufe ich los.

Ich schleiche mich um das Gebäude, bis ich genau hinter Rovalov und einem seiner Männer stehe. Der andere liegt blutend am Boden, bewusstlos oder tot. »Die Waffe runter, sofort!«, befehle ich und visiere den Schützen an, der eine abartige lange Narbe im Gesicht trägt. Als dieser sich umdreht, richtet er seine Waffe auf mich, aber ich bin schneller.

Rovalov gibt einen Schuss ab, der an mir vorbeigeht. Entweder hat er das Schießen an einer Hilfsschule gelernt, oder er hat keinen Koordinationssinn, denn ich stehe nur wenige Meter von ihm entfernt.

»Waffe runter!«, brülle ich ihm in leichter Deckung entgegen. Meine Geduld ist sehr begrenzt und meine Zielsicherheit um ein Vielfaches größer wie seine. »Wird's bald?«

Als meine Kollegen ihre Deckungen aufgeben und mit gezogenen Waffen auf ihn zulaufen, gibt Rovalov auf und lässt die Waffe auf den Boden fallen. Jason packt ihn in einem festen Griff und ein anderer Kollege legt ihm Handschellen an.

Rovalovs Blick ist hasserfüllt, als er mich anstarrt. »Mudak«, sagt er in einer bedrohlichen Tonlage.

Ich habe keine Ahnung, was das Wort bedeutet, und werde mir jetzt auch keine weiteren Gedanken darüber machen. Alles, was zählt, ist die Tatsache, dass mein Team und ich es geschafft haben und erstmal durchatmen können. Zumindest kurz. Ich renne zurück zu Ray und dort bekommt meine Erleichterung einen herben Dämpfer. Ray kniet noch immer neben Samuel und drückt seine Hand auf dessen Bein.

Ich knie mich ebenfalls wieder daneben und mache meinem jungen Kollegen Mut. »Halte durch, der Notarzt ist jeden Moment hier.«

Tatsächlich vergeht nicht viel Zeit, bis die Sirenen ertönen und Samuel endlich von einem Arzt versorgt wird. Seine Haut ist schon ganz blass, als sie ihn auf die Trage hieven.

»Du musstest wieder unbedingt den Helden spielen, was?«, fragt Ray mich flüsternd und in einem abwertenden Tonfall, als wir zu unseren Kollegen zurücklaufen. Einst ist er mein bester Freund gewesen. Doch seit dem Tag, an dem ich zum Sergeant ernannt worden bin, ist nichts mehr wie früher.

»Ich habe überhaupt nichts gespielt.«

Seine graublauen Augen starren mich finster an. »Natürlich nicht. Du bist nur mit einer Tür zu Sam gelaufen und hast ihn aus dem Kreuzfeuer geholt. Und dann hast du dich an Rovalov und seine Männer geschlichen. Allein, damit dir der ganze Ruhm zusteht.«

Mein Körper spannt sich vor Zorn an. Hat Ray sie nicht mehr alle? »Siehst du hier irgendjemanden applaudieren?«

Abwertend schüttelt er den Kopf. »Wenn du auf dem Revier erzählst, wie du Sam gerettet hast, vergiss nicht zu erwähnen, dass du ihn danach hast blutend bei mir liegen lassen.«

Knurrend stemme ich die Hände in die Hüften. Ich bin kurz davor, Ray eine reinzuhauen. »Was hätte ich deiner Meinung nach denn sonst tun sollen? Du sahst nicht so aus, als würdest du etwas gegen Rovalov unternehmen wollen.«

Ray winkt mauelnd ab. »Na klar, du warst der Einzige, der uns alle retten konnte.«

Meine Atmung geht immer schneller, meine Hände ballen sich kampfbereit zu Fäusten. »Pass auf, was du sagst.«

»Sonst was? Mir kannst du nichts vormachen, Andrew. Es ist dir wichtiger gewesen, dass du am Ende als Held dastehst, als bei Samuel zu bleiben.«

»Ich höre mir den Scheiß nicht länger an.«

»Tut weh, die Wahrheit zu hören, nicht wahr?«

Hat Ray ein Glück, dass so viele unserer Kollegen um uns herum versammelt sind. Ansonsten hätte ich ihn jetzt zu Boden geworfen und meine Fäuste sprechen lassen. Genau darauf legt er es an. Er kann es noch immer nicht ertragen, dass ich der Sergeant bin und nicht er. Er lässt keine Möglichkeit aus, um mich bis auf Äußerste zu provozieren. Aber von einem Arsch wie ihn werde ich mir sicher nicht meine Karriere versauen lassen.

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