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Zu hoch „Heute Autist, morgen Genie“

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Als ich dieses Motto auf dem Heck eines vor mir fahrenden SUV sah, dachte ich nur, wenn Stereotypen, auch wenn sie gut gemeint sind, oft genug wiederholt und verbreitet werden, dann sind sie gefährlich. Sie zeichnen ein elitäres klischeehaftes Bild, dem die meisten autistischen Menschen niemals werden entsprechen können. „Heute Autist, morgen Genie“: Durch diesen Slogan ist ein Scheitern der Menschen vorprogrammiert, die eigentlich damit unterstützt werden sollen. Ein Schulleiter9 einer Mittelschule sagte mir einmal, wie sehr es ihn freue, Bryce, ein autistisches Kind, aber eins, das weder ein Genie ist noch ein Verhaltensproblem hat, kennengelernt zu haben. Aber ist es nicht traurig, dass ein erfahrener Lehrer darüber erstaunt war, dass Bryce nicht einem Klischee entspricht? Wenn man die persönlichen oder gesellschaftlichen Erwartungen zu sehr hochschraubt, das autistische Kind als Intelligenzbolzen darstellt, dann läuft man Gefahr, eine realistische Sicht auf die Stärken und Schwächen des eigenen Kindes zu verlieren. Das Kind wiederum wird dann mit einem dauerhaften Gefühl der Unzulänglichkeit durchs Leben gehen. Stellen Sie sich vor, wie die Augen einer ungeduldigen Gesellschaft Sie verfolgen, sie mit den Fingern klopft, darauf wartet, dass sich das Genie offenbart. Ob das Kind nun mit Herausforderungen kämpft oder damit glücklich ist, wie es gerade zurechtkommt, ist dann irrelevant angesichts der vermeintlichen Größe, zu der es werden soll. Und eine (weitere) schwere Last.

Die Mutter eines Sechsjährigen hat mir einmal gesagt, dass die Frage, die sie hinsichtlich seines Autismus am meisten beschäftigt, die nach seinen Begabungen sei. Einige autistische Kinder werden irgendwann zu Genies. Die meisten aber nicht. Einige Menschen, die nicht autistisch sind, werden zu Genies. Die meisten aber nicht. Wir sind es unseren Kindern schuldig, an sie zu glauben, von ihnen überzeugt zu sein, sie zu unterstützen, egal ob sie irgendwann ein ‚Genie‘ werden oder nicht. Ein Genie zu sein, das bedeutet nicht zwangsläufig Unabhängigkeit, Produktivität oder Zufriedenheit im Leben. Wir kennen einen jungen autistischen Mann, der sich tatsächlich als Mathe-Genie entpuppt hat. Die Mutter macht sich Sorgen, weil es in der Familie noch mehr Mathe-Genies gibt. Leider langzeitarbeitslose Mathe-Genies. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Genies nicht so gut mit Kolleg*innen und Kund*innen umgehen können, sich schwer damit tun, Vorschriften zu befolgen, sich Ziele zu setzen, Termine einzuhalten. Sie wäre froher, wenn ihr Sohn ein bisschen weniger Genie, dafür gesellschaftlich besser integriert wäre und sich auf dem Markt etwas besser verkaufen könnte.

10 Dinge, die autistische Kinder ihren Eltern sagen möchten

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