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Revierverhalten

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Wenn du in deinem Garten beobachtest, wie sich im Februar die Amselhähne balgen oder im Juni die Buchfinkenmännchen scheuchen, sogar wenn du dem Frühling verkündenden Gesang der Kohlmeisen im März lauschst, dann bist du immer Zeuge einer Revierverteidigung dieser Vögel. Mal zeigt die Kohlmeise dabei eine Grenze auf: „Hier wohnt schon jemand – ich.“ Oder du erlebst eine Attacke des Buchfinks: „Runter von meinem Gelände!“ Der Kampf Amsel gegen Amsel zum Beispiel, setzt noch deutlicher auf das Recht des Stärkeren. Du siehst: Die Revierverteidigung der Vögel hat unterschiedliche Formen. Einige setzen auf Warnung aus der Distanz, andere auf Konfrontation mit Körperkontakt. Dabei gibt es eine typische Reihenfolge: Erst die Warnung, dann die Balgerei.


Ob der Zaun den Ärger wert ist?

Warum aber tun die Vögel das und wie groß ist überhaupt ein Revier, das ein Vogel(paar) für sich in Anspruch nimmt? Reviere bedeuten für Vögel zweierlei: Hier haben sie das Sagen, wenn es um Paarbildung, Brut und Jungenaufzucht geht. Dabei wollen sie von Rivalen ungestört sein. Aber auch Nahrung, Nistplätze und Nistmaterial wollen sich Vogelpaare nicht von anderen Artgenossen auf gleicher Fläche streitig machen lassen.

Die Größe eines Vogelreviers ist von Art zu Art, aber auch von Situation zu Situation unterschiedlich. Geht es um den Revierbereich Nest, so kann das aus dem kleinen Terrain in unmittelbarer Nestumgebung bestehen, z. B. in Brutkolonien von Seevögeln auf Klippen. Komplette Reviere können aber auch einige zig Quadratkilometer groß sein, wie im Falle derjenigen von Steinadlern. Wesentlich hängt die Reviergröße davon ab, ob eine Vogelart darin all diejenigen Strukturelemente vorfindet (z. B. Nistplätze, Rückzugsraum) und Nahrungsquellen, die sie benötigt. Wenn also Nahrung, Nistplätze und Nistmaterial auf vergleichsweise kleiner Fläche verfügbar sind – auch okay. Um dir eine Vorstellung von Reviergrößen verschiedener Arten zu geben, schau mal hier: Ein Grauammer-Pärchen findet alles, was es braucht, auf etwa einem Hektar (ha) Weideland. Na? Wie groß ist ein ha? Stimmt: 100 m × 100 m, also 10.000 m2. Einer Goldammer reichen schon 2000 m2 (= 0,2 ha) Baumhecken, wenn ihr da alles passt. Ein Gartenrotschwanz braucht bis zu einem halben Hektar (= 5000 m2) Reviergröße. Was bedeutet das praktisch für deinen Garten? Nun, dieses Buch zeigt dir in vielen Facetten auf, was du von Fütterung bis Nisthilfe in deinem Garten oder auch Schulgarten für unterschiedliche Vogelarten tun kannst. Wenn du Vögel unterstützt, z. B. durch hilfreiche Gartenbepflanzung, durch das Aufhängen von Nistkästen, das Hinstellen von Vogeltränken und Sandbädern, durch ganzjähriges Füttern, dann finden Vögel mehr Struktur und mehr Nahrung auf einer kleineren Fläche. Ihre Reviere werden somit kleiner. Dadurch ergibt sich in deinem Garten Platz für mehr Vögel! Wenn du das umsetzt, trägst du zu einem strukturreicheren Garten und damit kompakten Vogelrevier bei. Entstehen um deinen Garten herum in der Nachbarschaft, um deine Schule herum, in deinem Wohnort oder Stadtteil ähnliche Gärten, so können sich auf kleinerer Fläche mehr Paare einer Art ansiedeln. Das passt zu der Tatsache, dass bei Ganzjahresfütterung (s. Seite 98 ff.) mehr Bruten durchgebracht werden und folglich mehr Jungvögel eigene Reviere benötigen.

Liest du mir ein Gedicht vor?

Die Amseln haben Sonne getrunken

Die Amseln haben Sonne getrunken,

aus allen Gärten strahlen die Lieder,

in allen Herzen nisten die Amseln,

und alle Herzen werden zu Gärten

und blühen wieder.

Nun wachsen der Erde die großen Flügel

und allen Träumen neues Gefieder;

alle Menschen werden wie Vögel

und bauen Nester im Blauen.

Nun sprechen die Bäume in grünem Gedränge

und rauschen Gesänge zur hohen Sonne,

in allen Seelen badet die Sonne,

alle Wasser stehen in Flammen,

Frühling bringt Wasser und Feuer

liebend zusammen.

Max Dauthendey (1867–1918)

Foto © tose/Shutterstock.com

* Die Lösung findest du auf Seite 143.

Denken wir in der Nachbarschaft unserer Gärten an Reviere, so haben wir die Hecken, Zäune und Grenzsteine vor Augen, die unsere Grundstücke markieren. Reviergrenzen sind bei Vögeln nicht immer zentimetergenau abzugrenzen. Sie sind eigentlich nur der Übergang von einem Revier zum anderen. Der muss nicht strikt sein, sondern kann auch Übergangszonen und „Niemandsland“ enthalten. Man beobachtet aber, dass ein Vogel sein Revier umso heftiger verteidigt, je tiefer er sich gerade darin befindet. Umgekehrt lässt die Aggressivität des Eindringlings nach, je weiter er sich selbst vom Zentrum seines eigenen Reviers weg auf fremdem Gebiet befindet. Es reichen meist schon Gesang und Drohverhalten aus, um Fremdlinge aus dem eigenen Revier zu vertreiben.

Weil die Revierbildung einer Vogelart so sehr von der Funktion und Bedeutung der Fläche und ihrer Möglichkeiten während einer bestimmten Periode im Jahr abhängt (z. B. der Aufzucht der Brut), gibt es für einige Arten regelrechte Sommer- und Winterreviere. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.

Foto © Naturalism14/Shutterstock.com

Vögel im Naturgarten

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