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6.
ОглавлениеMichael stand noch immer gedankenverloren im Raum, während Kate sich bereits angeregt mit einem jungen Forensiker der Entomologie unterhielt.
„Michael, kann ich noch einen Augenblick mit Ihnen alleine sprechen?“
Abrupt sah er auf. Jo Maryland hatte ihm leicht die linke Hand auf die Schulter gelegt.
Michael nickte: „Um was geht’s?“
Schweigend gingen sie mehrere Schritte nebeneinander. Dann begann Jo Maryland: „Sie wissen, ich erzähle den Leichen auf meinen Tischen mehr über meine Gefühle als meiner Frau oder sonst wem, aber ...“
„... Die hören wenigstens zu, ohne einen zu belügen. Was man von Lebenden nicht behaupten kann“, warf Michael ein.
Beide lachten. Es war das trockene, humorlose Lachen von Männern, die schon zu viel Schreckliches erlebt hatten. Dann wurde Jo Maryland wieder ernst: „Ich arbeite jetzt schon 25 Jahre fürs Morddezernat. Ich habe Dinge gesehen, die stehen in keiner Zeitung und werden in keinem Film gezeigt ...“
„Was heutzutage etwas heißen soll“, bemerkte Michael Scott trocken, aber diesmal wurde er von Maryland ignoriert.
„... Aber nie etwas wie das hier“, fuhr er fort, „Es ist nicht nur die Grausamkeit der Morde, es ist diese unglaubliche Perfektion während der Ausführung. Die unheimliche Inszenierung danach. Es ist das bizarre Spiel eines Wahnsinnigen.“
Er seufzte und musterte Michael mit klugen Augen. Dann kam er zum Punkt: „Passen sie verdammt gut auf Kate auf.“
„Wie bitte?“
„Solche Fälle machen Menschen kaputt. Ich habe das schon öfters miterleben müssen. Bei uns beiden spielt das keine Rolle mehr.“ Er lachte bitter. „Aber um Kate wäre es schade. Sie ist im Grunde immer noch ein guter, herzlicher Mensch. Wenn ich die Befugnis hätte, würde ich sie davon abziehen.“
„Sie ist erwachsen und gehört zu den Allerbesten!“, widersprach Michael, „Und Jo, das sage ich!“
Aber sein Tonfall wirkte weit weniger überzeugend als seine Wortwahl.
Die beiden Männer sahen sich lange an, ehe Michael todernst erklärte: „Kate ist so ziemlich der einzige Mensch, den ich mag. Ich würde mein Leben geben, um sie zu schützen.“
„Hoffen wir, dass es nicht so weit kommen wird.“
Michael schluckte.
Düstere Vorahnungen zuckten durch sein Gehirn. Bruchteile von Sekunden nur und nicht greifbar, aber mit der Intensität von elektrischen Stößen.
Maryland schüttelte leicht den Kopf: „Dieser Mann ist gefährlicher als alle Psychopaten, die wir je hatten. Er ist eine Bestie. Eine geniale Bestie.“