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7.

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Geilheit!

Geilheit auf den ersten Blick. Gab es das überhaupt? Falls ja, war es genau das, was Michael fühlte, als er Samantha Blake das erste Mal sah. Dabei machte sie sich keine Mühe irgendwie hübsch auszusehen. Sie hatte ihr Domina-Outfit gegen eine schlichte Jeans und ein weit ausgeschnittenes, lila Top getauscht. Außerdem wirkte sie müde, geschockt und lümmelte demonstrativ uninteressiert in einem schwarzen Ledersessel. Trotzdem wusste Michael vom ersten Augenblick an, dass er diese Frau ficken wollte.

„Verzeihung Miss Blake. Ich muss ihnen noch ein paar Fragen stellen. Mein Name ist ...“

„Ich dachte, dass ich diesem Gartenzwerg bereits alles gesagt habe“, unterbrach Samantha ihn missmutig, „steht alles im Protokoll“.

„Es dauert wirklich nicht lange. Ich bin selbst hundemüde und habe ebenfalls ein paar abgefuckte ... Stunden hinter mir.“

Eigentlich hatte er abgefuckte Tage sagen wollen. Oder Wochen? Jahre? Egal, es ging sie nichts an.

Jedenfalls verzog er seine Mundwinkel zu einem entschuldigenden Lächeln und bemerkte zum ersten Mal etwas wie Sympathie in ihren Augen.

„Wollen Sie wissen, wo ich in der Viertelstunde Pause war“, fragte sie spöttisch.

Michael erwiderte den Blick ihrer schönen, dunklen Augen mindestens ebenso spöttisch. In seiner gesamten Karriere hatte er diese dämliche Alibi-Frage noch nie gestellt. Nie, ohne die Antwort bereits zu kennen.

Überhaupt hatte er sich noch nie an irgendwelche didaktisch aufgearbeiteten Module oder irgendwelche psychologisch ausgetüftelten Fragebögen gehalten. Auch jetzt lächelte er leicht und fragte direkt, in harmlosen Ton: „Haben sie einen Verdächtigen, Miss Blake?“

Dabei ließ er seinen Blick demonstrativ durch den düsteren Raum wandern. Von lebensgroßen Schwarz-Weiß-Fotografien bildhübscher Sklavinnen über diverse Peitschen, Rohrstöcke und Ruten bis hin zu diversen Ketten und Masken, die überall an den Wänden hingen.

Definitiv das seltsamste Büro, das er jemals gesehen hatte.

Gleichzeitig aber beobachtete er Samantha scharf aus den Augenwinkeln. Das Spiel ihrer Mimik. Augen. Mundwinkel. Stirn. Jede noch so verborgene Reaktion auf seine Frage. Es war nahezu unmöglich Michael Scott zu bluffen. Er hätte ein berühmter Pokerstar werden können, wären da nicht diese unkontrollierbaren Wutausbrüche bei Bad Beats gewesen.

Aber an jenem Tag bemerkte er nichts Verdächtiges.

Samantha überlegte zwei, drei Sekunden ernsthaft und schüttelte nur den Kopf. Absolut glaubwürdig.

„Wo bekommt man diese Latexanzüge her?“, fragte er weiter.

„Was für Anzüge?“

„Einen jener Anzüge, den das Opfer anhatte.“

„Tja, die gibt’s in jedem SM-Shop“, antwortete Samantha und fügte rasch hinzu: „Auf so was stehen viele Männer. Sie auch, Agent Scott?“

Sie lachte, vielleicht eine Spur zu laut. Michael beobachtete sie scharf und ignorierte ihre Frage.

Danach unterhielten sie sich ein paar Minuten über alles Mögliche, wobei Michael versuchte möglichst freundschaftlich zu klingen. Was ihm bei dieser Frau ausnahmsweise nicht schwerfiel.

Schließlich meinte er knapp: „Noch eine Frage, dann sind Sie mich los.“

„Dann mal los!“

„Wer arbeitet hinter der Bühne?“

„Mein Bruder Philip“, war die knappe Antwort.

Es klang sachlich und nüchtern, aber Michael war nicht entgangen, dass sich ihre Nasenflügel geweitet hatten. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber zu lange um es vor Michael Scott zu verbergen. Eine unbewusste und unmöglich zu kontrollierende Geste bei beginnendem Stress.

„So, so ihr Bruder ... dann macht die Mutter wohl die Buchhaltung?“

„Meine Mutter hat sich das Gehirn mit einer Pumpgun weggefetzt. Auf dem Dachboden. Als ich die Stiege hochrannte, rollte mir ihr linkes Auge entgegen!“

Michael schluckte, sah Samantha kurz an, schluckte wieder. Verdammt, der Witz wäre so schon nicht gut gewesen. „Es ... es tut mir leid“, stotterte er, „keine weiteren Fragen mehr.“

„Scott!“

„Ja?“, Michael war mit hochrotem Kopf zur Tür geeilt. Jetzt hielt er inne.

„Komm nochmal her!“

„Wie bitte?“ Einen Augenblick glaubte er, sich verhört zu haben. Samantha Blake sprach genau in jenem Tonfall mit ihm, wegen dem er seinem eigenen Vater die Nase gebrochen hatte.

„Mir ist noch etwas eingefallen. Naja, eigentlich mehr ...aufgefallen.“

„Und das wäre?“

„Du hast einen schönen Arsch!“

Michael wollte etwas sagen, aber er schaffte es nicht. Es hatte ihm sprichwörtlich die Sprache verschlagen.

„Umdrehen!“ Das eine Wort war ein scharfer Befehl und Michael gehorchte. Sein Gehirn setzte aus. Sein Herzschlag beschleunigte sich.

Samantha Blake war hinter ihn getreten. So nah, dass er ihren heißen Atem an seinem Ohr spürte. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Stehst du auf SM? Weißt du, über 80% der Männer haben heimliche Fantasien.“

Dann spürte er ihre Hände auf seinen Pobacken. Er hielt den Atem an. Jeder Funke Verstand oder Pflichtbewusstsein wurde fortgespült von einer emotionalen Welle. Scheiß Emotion! Scheiß Libido!

„Bei Frauen ist dieser Prozentsatz sogar noch höher“, flüsterte Samantha lasziv. Sie schmiegte sich von hinten an ihn. Ihre Brüste berührten dabei seinen Rücken. Weich und doch fordernd.

Michael Scott war ein knallharter Ermittler. Aber Michael Scott war auch ein Mann.

Und dieser Mann war unfähig, sich gegen die alles beherrschende Präsenz dieser Frau zu wehren. Er genoss einfach nur die Berührung ihrer schlanken Finger. Fordernd. Erotisch. Dominant.

„Und jetzt verschwinde und mach dich endlich an die Arbeit! Je schneller dieser Irre gefasst wird, desto besser für uns alle.“

Mit hängendem Kopf trottete Michael davon. Ohne Widerrede.

Zwei Dinge beschäftigten Michael, als Kate ihn schließlich heimfuhr.

Erstens, irgendwas stimmte nicht mit Samantha Blake. Es war nicht nur das Offensichtliche. Ihre total abartige Art, mit ihm zu kommunizieren. Auch nicht die Tatsache, wie sie ihn mit ihren erotischen Reizen ausgespielt hatte – nur wenige Stunden, nachdem sie eine grausam gefolterte Frauenleiche entdeckt hatte.

Nein, da war noch etwas anderes.

Sie hatte etwas zu verbergen. Dieses unerklärliche Gefühl hatte Michael noch nie betrogen. Schon als Junge hatte er deutlich gespürt, wenn man ihn anlog – auch wenn er es sich damals noch nicht hatte erklären können. Später, beim FBI hatten ihm namhafte Experten für Mimik – und Körpersprache erklärt, dass sein Unterbewusstsein in der Lage war, winzige Mikrokontraktionen im Gesicht seines Gegenübers wahrzunehmen und in Sekundenbruchteilen richtig zu deuten. Doch Michael wusste, dass seine Fähigkeit tiefer ging.

Sehr viel tiefer.

Das Zweite, das Michael beschäftigte, war seine gewaltige Erektion. Sie bereitete ihm regelrecht Schmerzen und wollte einfach nicht nachlassen.

Blood Vision

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