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Geister der Vergangenheit

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Als sich die Tür des Lokals öffnete, stand Karin gerade neben Hansens Tisch, um wieder einmal dessen Aschenbecher zu tauschen und ihn endlich zu einem Gespräch zu bewegen. Auch Hansen hatte den Blick auf den neuen Gast gerichtet und sie bemerkte, wie er sich plötzlich versteifte, blitzschnell seine Hand unter dem Tisch verschwinden ließ und dann flüsterte er, ohne sie anzusehen:

"Weg hier, schnell! Hinter die Bar!"

Zögernd gehorchte Karin und sah zu dem neuen Gast an der Tür. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen und erschauderte. Er war zur Seite getreten und ließ seinen Blick durch das Lokal schweifen. Eisblaue, kalte Augen unter einer hässlichen, gezackten Narbe, die quer über die Stirn verlief, streiften auch sie, und dann bewegte sich der Fremde langsam mit einem eigenartig, seitlichen Gang durch das Lokal.

Vor Hansens Tisch blieb er stehen. Die beiden sahen einander lange ohne Worte an und der Fremde setzte sich neben Hansen. Nun starrten beide auf den See hinaus und schwiegen, bis Karin noch zwei Kaffee vor sie hinstellte und wieder außer Hörweite war.

"Sasa, nataka nini hapa (Was willst du hier), Ken?", murmelte Hansen auf Suaheli, ohne ihn anzusehen.

Ken war Südafrikaner und ein begnadeter Buschpilot. Er flog seine Maschinen nicht nach den Instrumenten, sondern, wie man in Pilotenkreisen sagte, mit dem Arsch - seinem Bauchgefühl, und das bei jedem Wetter und unter feindlichem Beschuss. Hansen kannte ihn schon viele Jahre.

Sie hatten in der Vergangenheit einige Male zusammengearbeitet, wenn es galt, Truppen unter dem Radar ein- oder auszufliegen, und dabei gemeinsam eine Reihe haariger Situationen durchgestanden.

Ken war vor Jahren, als die Apartheidregierung in Südafrika vor dem Ende stand, wie viele tausend anderer weißer Südafrikaner nach Kenia ausgewandert. Buschpiloten wurden immer und überall gebraucht.

Hansen grübelte.

“Was will ein afrikanischer Buschpilot aus meinem anderen Leben hier in diesem Alpendorf von mir? Wie konnte er mich finden? Ist meine Tarnung doch nicht so gut?

Ein neuer Auftrag, etwa hier in Europa? Unwahrscheinlich. Oder in Afrika? Nein, dann hätte jemand angerufen.

Steckte Ken in irgendwelchen Schwierigkeiten, war er auf der Flucht und brauchte seine Hilfe?“

Ken zuckte mit den Achseln und antwortete ebenso leise auf Suaheli:

"Hi, Commander, klar, ich freue mich auch tierisch, dich wiederzusehen."

"Jeder in der Branche weiß, dass Seebergen absolut tabu ist, es gibt Telefon. Warum kommst du hierher und gefährdest meine Legende?"

"Ist uns allen bekannt, aber dieser Auftrag ist dringend, super bezahlt und der Klient will, dass du sofort fliegst."

Nach einem langen, prüfenden Blick zu den Nebentischen knurrte Hansen:

"Kwa nini mimi, sema story, (warum ich? Sprich Fakten!)"

"OK, Commander, Du hast einen gewissen Ruf für Sonderaufträge und rasche, ungewöhnliche Lösungen. Ein südafrikanisches Bergbaukonsortium hat Schürfrechte im Norden von Uganda sehr teuer von der Regierung erworben. Doch das Gebiet dort wird von einer Rebellengruppe unsicher gemacht. Bisher war der Schutz durch die lokale Polizei und die Armee ausreichend.

Nach den jüngsten Berichten haben die Rebellen jedoch Kontakt mit einem indischen Waffenhändler namens Karim Souza von Mombasa aufgenommen und planen einen Großeinkauf.

Die Verhandlungen zwischen Karim und dem Führer der Rebellen, Charles Ombolo, sollen schon nächstes Wochenende in einer Touristenlodge in Kenia stattfinden. Mit einer aufgerüsteten Rebellenarmee sehen die Auftraggeber ihre Interessen und Investitionen gefährdet. Der Klient will, dass beide schnellstens ausgeschaltet werden, und will dich in drei Tagen in Nairobi sehen, um Einzelheiten des Auftrags mit dir zu besprechen.

Ich habe dreitausend Dollar Handgeld für dich mitgebracht und du sollst Mittwochabend um zwanzig Uhr Ortszeit im Hilton Hotel Nairobi nach Mr. Smith fragen, der dir dann weitere Einzelheiten geben wird."

"Hapana, si fala! (Nein, ich bin doch kein Idiot) Ken." Zischte Hansen durch die Zähne und rief Karin, die nette Kellnerin an den Tisch.

"Bitte zwei Bier und zwei doppelte Gin."

Karin war geschockt, noch nie hatte Hansen etwas anderes als Kaffee oder Cola bestellt. Was war dort los an seinem Tisch, wer war der andere Mann mit den Gletscheraugen? Was gab es dort zu flüstern, was war das für eine Sprache?

Sie verstand kein einziges Wort und brachte mit sehr gemischten Gefühlen die Getränke an den Tisch.

Erst als sie wieder hinter der Theke stand, nahm Ken das Gespräch wieder auf.

"Ah, Commander, sehr gut, deutsches Frühstück, Bier und Schnaps, wie damals in der guten, alten Zeit."

Er war sich nun seiner Sache sicher, der Commander hatte angebissen. Vom Zivilisten zum Soldaten in nur drei Minuten. Das "deutsche Frühstück" war viele Jahre Tradition gewesen, wann immer die "Boys" irgendwo im Einsatz waren - lebe jetzt, der Teufel wartet schon!

Sie schütteten beide mit Bedacht einige Tropfen ihres Gins auf den Boden zum Gedenken an gefallene Kameraden, die irgendwo in den unendlichen Weiten der afrikanischen Steppe in ihren unmarkierten, hastig geschaufelten Gräbern lagen.

"Auf alle, die wir zurücklassen mussten!"

Nachdem sie sich zugeprostet und getrunken hatten, nahm Hansen das Gespräch wieder auf:

"Kwenda huko na tomba kuku, Kenny Boy, si rudi tena (Hau ab und fick ein Huhn und komm ja nie wieder hierher)! Für dreitausend Dollar fliege ich meinen Arsch nicht von hier nach Kenia, ich bin kein Bettler. Du kennst mein Honorar von früher, schieb jetzt sofort zehntausend Dollar Spesen rüber und ich werde mir diesen Mr. Smith anhören!"

Ken grinste und legte ein Kuvert neben Hansen: "Alles drinnen, genau zehntausend, in grünen Scheinen. Ich hab es den Typen in Nairobi ja gesagt, aber sie meinten, es wäre den Versuch wert. Wir sehen uns bestimmt mal nächste Woche, oder?"

Mit diesen Worten stand er auf und verließ das Lokal.

Blutgeld

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