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… 12 Stunden zuvor:

Willi Kreibig war immer noch eine stattliche Erscheinung: ein fast zwei Meter Mann mit einem Stiernacken, der ihm etwas Brutales verlieh. Obwohl er mittlerweile fast fünfundsiebzig Jahre alt war, sah man ihm an, dass er es gewohnt war Befehle zu erteilen, keinen Widerspruch duldete und ganz sicher nie aufgab, wenn er ein Ziel verfolgte. Bis 1989 galt er als einer der gefürchtetsten Männer in Köpenick. Als Leiter der Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) wirkte er im Verborgenen und jeder, der mal mit ihm zu tun hatte, vergaß es nie. Zerstörte Familien, Zwangsadoptionen, Erpressung, Manipulationen und selbst vor zielgerichteten Tötungen schreckten er und seine Genossen nicht zurück. Das Beste - man ging ihm aus dem Weg, bis heute. Keiner wusste, was er nach 1989 gemacht hatte. Nachdem sich seine Frau 1993 unter mysteriösen Umständen das Leben genommen hatte, gab es niemanden mehr in seiner Nähe. Seine kleine Wohnung im Katzengraben kann man eher als bescheiden bezeichnen und auch der Bungalow in Gosen „Am Zwiebusch“ war eher unscheinbar. Hier lebte er im Sommer, aber jetzt war Frühling und Kreibig noch in der Stadt. Eine seiner Gewohnheiten bestand darin, jeden Abend, fast zur gleichen Stunde bei jedem Wetter eine Runde durch die Altstadt zu laufen. Er nannte es seine Revierrunde, die ihn auch an der Promenade am Luisenhain entlangführte. Es erkannten ihn immer weniger Köpenicker, aber auch Fremde gingen eher zur Seite wenn er kam, da er jeden auffällig musterte und angrinste.

Er war heute den ganzen Tag draußen in seinem Bungalow gewesen, um alles für die Sommerzeit vorzubereiten und herzurichten. Es entging ihm natürlich nicht, dass der alte Bunker K 81 wieder in Stand gesetzt wurde und ab diesem Sommer für Führungen öffnen sollte. Aber Kreibig wäre ja nicht Oberst Kreibig, wenn er nicht für diesen Fall vorgesorgt hätte. Sein Mann beim Bunker war „Bunker Charly“, ein ehemaliger Wachsoldat, der im Sommer draußen im Wald hauste und im Winter Kreibigs Bunker bewachte und sich im Schuppen eingerichtet hatte. Lange unterhielten sich beide bei einer Flasche Wodka.

„Das muss bis zum Herbst reichen, Charly.“ Kreibig war zufrieden mit dem Gespräch und steckte Charly fünfhundert Euro und noch eine Flasche Wodka zu.

„Allet klar, Genosse Oberst, die haben keene Ahnung und Schacht zwee is wida totale dicht.“ Sprachs und mit einem Schluck war das letzte Glas Wodka geleert.

„Pass trotzdem weiter auf!“ Kreibig nahm die Schlüssel und verschwand wieder in Richtung Köpenick.

Darüber dachte jetzt Kreibig nach, als ihm auf der Höhe des griechischen Restaurants ein älterer Mann entgegen kam. Er ging direkt auf ihn zu: „Herr Kreibig, Genosse Oberst Kreibig?“

„Ja…?“ Kreibig erschrak. Er glaubte für einen kurzen Moment, den Mann zu erkennen oder zu erahnen wer ihn da ansprach. Er wollte noch etwas sagen, aber dann sah er es blitzen im Licht der Uferbeleuchtung. Es war das Letzte was er in seinem Leben zu sehen bekam. „Sie … Du…?“ Es wurde für immer dunkel um den ehemals mächtigen Oberst Kreibig.

Der Tote im Luisenhain

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