Читать книгу Ganz für Familie - Erwin Sittig - Страница 10
ОглавлениеDer wahre Froschkönig
Ihr denkt, ihr kennt das Märchen vom Froschkönig?
Haltet ihr es wirklich für möglich, dass eine Prinzessin, im Märchen, für eine böse Tat belohnt wurde?
Ich nicht.
Hört also, wie es sich damals abspielte:
Es war zur Zeit des bösen Zauberers Buba.
Buba hatte eine große Wut im Bauch, wenn er an Prinzen dachte.
Jedes Mädchen auf der Welt träumte davon, einen Prinzen zu heiraten. Da war es egal,
ob er dick oder dünn, klug oder dumm war. Es musste eben ein Prinz sein.
Und darum singen die Prinzen heute noch: „Ich werde immer schöner durch mein Geld!“
Aber kein einziges Mädchen hatte den Wunsch, einen Zauberer zum Mann zu nehmen, auch nicht den feschen Buba.
Darüber war Buba so ärgerlich, dass er alle Prinzen der Gegend in Frösche verwandelte. Da sich jedes Mädchen, das was auf sich hält, vor den glitschigen Fröschen ekelt, war es die perfekte Strafe. So wird sich keines von ihnen mehr, nach ihnen sehnen.
Um das Maß vollzumachen, hatte der böse Zauberer eine Bedingung an die Erlösung jedes Prinzen geknüpft.
Nur derjenige, dem es gelingt, in einem Mädchen die Liebe für sich zu erwecken, wird seine menschliche Gestalt wieder erlangen.
Da alle Prinzen auf einen stolzen Gang Wert legen, hüpften die Prinzenfrösche nicht, sondern watschelten, wie eine Ente. Es war unter ihrer Würde, sich wie einfache Frösche zu bewegen. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich zwei Prinzenfrösche begegneten.
Da sie sprechen konnten und nicht nur, wie andere Frösche, quaken, beschlossen die beiden Prinzen zusammenzubleiben, damit es nicht zu langweilig wird.
Weil ein Prinz aber nur eine Prinzessin heiraten darf, beschlossen die beiden Frösche, in den Schlossgarten eines gutmütigen Königs zu ziehen, der zwei Töchter hatte.
Dort lebten sie von nun an, in einem Brunnen, wohin sie gelegentlich die jüngste Prinzessin schreiten sahen.
Sie war so schön, dass sich selbst die Sonne neidisch versteckte, wenn sie erschien.
Beide Prinzen verliebten sich sofort in sie.
Sie wetteiferten darin, der Prinzessin zu gefallen, und führten die wildesten Tänze auf dem Rand des Brunnens aus oder watschelten wie ein Schwan den Schlossweg entlang. Aber da die Prinzessin Frösche hasste, erreichten sie nicht mehr, als dass sie mit Steinen nach ihnen warf.
Eines Tages, als sie erneut ihre Tänze auf dem Brunnenrand ausführten, warf die Prinzessin, in Ihrer Wut, ihre goldene Kugel nach ihnen. Doch da sich beide Prinzen gleichzeitig duckten, traf sie keinen von ihnen und die Kugel fiel ins glasklare Wasser.
Nun gut, die Kugel war nur vergoldet. Aber sie sah wirklich echt aus, so dass die anderen Prinzessinnen neidvoll schauten, wenn sie mal zu Besuch kamen.
Da es aber das Lieblingsspielzeug der Prinzessin war, setzte sie sich an den Brunnenrand und fing fürchterlich an, zu weinen.
Die Tränen der Prinzessin trübten das glasklare Wasser, so dass sie, nur mit Mühe, die Frösche erkennen konnte, die mit ihrer Kugel Fußball spielten. Als sie bemerkten, dass die Prinzessin weinte und zu ihnen hinunterblickte, hielten sie inne und sahen sehnsüchtig zu ihr auf.
Sie witterten ihre große Chance. Schnell losten sie aus, wer zuerst sein Glück versuchen darf. Nachdem dies geklärt war, sprang der Sieger auf den Brunnenrand und fragte, was er bekäme, wenn er die Kugel für sie heraufholen würde.
Die Prinzessin dachte, der Frosch spinnt. Ein Frosch kann doch nicht reden.
Ihr war klar, dass er ein Betrüger ist, der nur so tut, als ob er sprechen kann.
Ihr seht, Prinzessinnen sind gelegentlich schön, aber nicht immer klug.
Sie beschloss, so zu tun, als glaube sie ihm und sagte:
„Du bekommst, was du willst, wenn du mir meine goldene Kugel bringst.“
Der Frosch wollte kein Risiko eingehen. Es wäre fatal, sofort den erlösenden Kuss zu fordern. Was wäre, wenn sie ihn abwiese, dann würde der andere Prinz um die Prinzessin werben. Also sagte er ihr, dass er immer bei ihr bleiben wolle. Alles, was sie täte, möchte er mit ihr zusammen machen. Er hoffte, dass sie sich irgendwann in ihn verlieben würde, wo er doch so ein eleganter Frosch war.
Die Prinzessin versprach, was er wünschte und dachte nicht im Traum daran, seinen Wunsch zu erfüllen. Hauptsache sie bekommt ihre Kugel wieder.
Die beiden Frösche trugen gemeinsam die Kugel an die Wasseroberfläche, so dass die Prinzessin sie ergreifen konnte. Diese nahm ihr Spielzeug und war augenblicklich verschwunden.
Der Frosch watschelte hinterher und kam nach geraumer Zeit am Schloss an.
Die Tür war natürlich zu und so schrie der Frosch aus Leibeskräften nach der Prinzessin:
„Königstochter, Jüngste, mach mir auf. Hast Du vergessen, was du mir versprochen hast?“
Da sie nicht reagierte, rief er diesen Satz immer wieder.
Das hörte der König, der ein Gutmütiger war und fragte die jüngste Tochter, was das zu bedeuten habe.
Ihr wurde sofort klar, dass der Frosch doch kein Betrüger sein konnte, wenn der Vater ihn auch hören kann. Also erzählte sie ihm ihre Geschichte, in der Hoffnung, dass er ebenfalls keine Frösche mag.
Aber der König sagte: „Habe ich dir nicht beigebracht, dass man immer seine Versprechen einhalten muss? Ganz besonders in diesem Fall, denn der Frosch hat dir in der Not geholfen.“
Endlich war er am Ziel. Er durfte mit der Prinzessin essen, mit ihr spielen, Schularbeiten machen, die Zähne putzen und vieles mehr.
Es war ein anstrengender Tag für den kleinen Frosch. Da er der Prinzessin überall hinterherlief und ihm nur sehr kleine Schritte möglich waren, ging ihm bald die Puste aus. Außerdem achtete er stets darauf, dass er vornehm watschelt. Davon bekam er Muskelkater. Wie froh war er, als der König die Prinzessin ins Himmelbett schickte.
Die Erlösung schien nahe. Obwohl sie ihn, den ganzen Tag über, beschimpft und geschubst hatte, während sie sich mit ihm beschäftigen musste, fasste er den Mut die alles entscheidende Forderung zu stellen. Schließlich war der König auf seiner Seite.
„Nun, Königstochter“, sagte er „lass uns schlafen gehen. Gib mir meinen Gute-Nacht-Kuss und dann hüpfen wir ins warme Bettchen“.
Er spitzte seinen Froschmund zum Kuss und erwartete hoffnungsvoll und siegessicher die Erlösung.
Diese Frechheit erboste die Prinzessin so sehr, dass sie den Frosch in die Hand nahm und mit voller Kraft an die Wand ihres Schlafgemaches warf.
Der Frosch zerplatzte wie eine Seifenblase und bespritzte die angeekelte Prinzessin im Gesicht und auf dem Kleid. Durch einen wundersamen Zauber fand sich der Prinzenfrosch plötzlich, im Körper der Prinzessin wieder. Hatte der Zauberer eine Strafe für böse Prinzessinnen eingebaut?
Die Königstochter jedoch, befiel der Zauber, der auf dem Frosch gelegen hatte. Sie erhielt dessen Gestalt und hüpfte augenblicklich als Frosch herum, der nur erlöst werden kann, wenn sich eine Prinzessin in ihn verliebt.
Der Frosch aber, der jetzt in der Prinzessin steckte, erinnerte sich, dass im Brunnen der andere verwunschene Prinz saß. Er lief eilig zu ihm, gab ihm einen Kuss und erlöste ihn damit. Dadurch wurde er selbst ein zweites Mal von einem Zauber befreit, indem er den Körper der Prinzessin verließ und seinen eigenen zurückbekam. Die beiden Prinzen reisten sofort in ihre Königreiche und es wurde ein großes Fest gefeiert.
Zurück blieb die Froschprinzessin, die von nun an im Brunnen lebte.
Natürlich fand sie keine Prinzessin, die sich in sie verliebte, nicht einmal ihre Schwester.
Wer mag schon so einen bösartigen Frosch.
Der König suchte überall seine Tochter, doch sie blieb verschwunden. Dass ihm in letzter Zeit ständig ein Frosch hinterherrannte, der behauptete, seine Tochter zu sein, erzürnte ihn derart, dass er vermutete, dieser Zauberfrosch sei am Verschwinden seiner Tochter schuld. Er übergab diese lästige Kreatur dem Koch. Da ihm der französische König von leckeren Froschschenkelgerichten erzählt hatte, gab er den Auftrag, dieses Gericht am nächsten Tag zu servieren.
Mit Müh‘ und Not konnte die Froschprinzessin dem Koch entkommen, als er kurz unaufmerksam war. Sie folgte ihrem Vater nun nicht mehr. Ein zweites Mal wird sie nicht so ein Glück haben. So watschelt sie noch heute als Frosch herum und hofft, durch einen Kuss erlöst zu werden.