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Die Jagd nach der Mücke

Es gibt viele interessante Berufe. Doch den schönsten Beruf hat Herr Fischer.

Nein, er ist nicht Fischer. Er ist Jäger.

Wenn ich sage, es ist ein schöner Beruf, so meine ich nicht, dass es schön wäre, Tiere zu erlegen. Ein Jäger darf nur Tiere töten, die krank sind, oder die, wenn sie zu viele werden, großen Schaden anrichten. Das ist für den Jäger ein Gesetz, befolgt er es nicht, wird er bestraft.

Weil der Jäger aber viele gefährliche Situationen bestehen muss, hat sich im Laufe der Jahre eine eigene Sprache der Jäger herausgebildet - das Jägerlatein.

Mit ihrer Sprache schildern die Jäger die Jagd viel gefährlicher, als sie wirklich ist und so manch einer erfindet etwas hinzu, was gar nicht passiert ist. Und das ist das Schöne an dem Beruf.

Die aufregendste Geschichte, die ich je gehört habe, weiß aber der Jäger Herr Fischer zu erzählen.

Glaubt es, oder glaubt es nicht. Es war die Jagd nach einer Mücke, die Herrn Fischer fast das Leben gekostet hätte.

Herr Fischer besitzt eine kleine Waldhütte, in die er immer dann zieht, wenn er auf die Pirsch geht, um Wild zu jagen. Man sagt, dass die gefährlichsten Tiere, die bei uns leben, die Wildschweine sind. Herr Fischer weiß es besser. Es sind die Mücken.

Im Wald halten sich die Mücken besonders gern auf und so gibt es sie auch zahlreich bei der Waldhütte des Herrn Fischer.

Seit einigen Tagen fiel Herrn Fischer auf, dass ihm immer, wenn er von der Pirsch zurückkam und er in seine Waldhütte gehen wollte, eine besonders dreiste Mücke folgte.

Herr Fischer fürchtete sich vor Mücken. Immer, wenn ihn eine Mücke stach, bekam er diese dicken Beulen am Körper, die so entsetzlich jucken. Er konnte sich dann nicht beherrschen und kratzte sich ständig, was die Wirkung des Mückenstichs umso schlimmer machte.

Also hatte sich Herr Fischer vorsorglich Gaze vor die Fenster geklebt, die keine Mücken hindurch ließen.

Doch diese Mücke war pfiffiger. Sie schien den Trick mit der Gaze durchschaut zu haben und versuchte, jeden Tag, mit Herrn Fischer zusammen, durch die Tür zu schlüpfen. Dann könnte sie ihn nachts, in aller Ruhe, aussaugen.

Aber Herr Fischer war sehr wachsam. Bisher hatte er sie immer rechtzeitig entdeckt.

Da sie sehr aufdringlich war, hatte er sogar versucht, die Mücke mit seinem Gewehr zu erlegen.

Eines abends legte er sich auf die Lauer. Seine Tarnung war perfekt. An der ganzen Kleidung hatte er Zweige befestigt, so dass er fast wie ein echter Baum aussah.

Mit dem Gewehr im Anschlag stand er da. Dann kam sie.

Aber auch die Mücke hatte sich getarnt, schwor Herr Fischer. Sie sah einer Fliege täuschend ähnlich. Doch Herrn Fischer konnte sie nicht täuschen. Er zielte und drückte ab.

Als sich der Rauch verzogen hatte, sah er die Mücke auf dem Lauf seines Gewehres sitzen.

Sie hatte die Beine verschränkt und gähnte gelangweilt. An dieser Stelle bin ich mir aber nicht ganz sicher, ob das nicht doch Jägerlatein ist.

Kurzum, es stellte sich heraus, dass die Mücke zu klein war, um sie mit dem Gewehr zu erlegen.

Nach den Misserfolgen seiner Mückenjagd fühlte sich die Mücke so sicher, dass sie immer dichter heranflog. Herr Fischer meinte, sogar sehen zu können, wie sie ihm die Zunge aussteckte.

Zum Glück fiel ihm aber noch rechtzeitig ein, dass Mücken keine Zunge haben. Aber der Mückenrüssel, den sie einem in die Haut stechen, um das Blut auszusaugen, ist schon furchteinflößend genug.

Ganz verrückt wird Herr Fischer jedoch, wenn er dieses nervenzerreißende Summen des Mückenfluges hört.

Und dann war es soweit. Herr Fischer weiß bis heute nicht, wie ihr das gelungen ist. Plötzlich hörte er die Mücke in seiner Hütte.

Dieses „ssssssssss“ wirkte bedrohlich auf ihn. Ihm lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter.

So sehr er sich auch anstrengte, sie war nicht zu entdecken. Er hörte nur dieses „sssss“.

Er zitterte schon, wenn er nur daran dachte, dass er auch mal schlafengehen muss, denn nachts hatten die Mücken ihre größten Erfolge.

Doch bis dahin war noch etwas Zeit. Er traf also seine Vorbereitungen.

Zunächst durchsuchte er jeden Winkel des Hauses, um die Mücke vielleicht doch noch zu erwischen. Immer wenn er dachte, er wäre in ihrer Nähe, hörte das Summen auf. Doch von der Mücke war nichts zu sehen. So zog er stundenlang, mit der Fliegenklatsche bewaffnet, durch alle Zimmer.

Da, plötzlich hörte er einen Ton, direkt neben seinem Ohr. „ssssssssss“.

Blitzschnell drehte er sich um. Und da sah er sie. Ein prächtiges Exemplar. Mit hungrigen Augen schaute sie ihn an, wohl überlegend, wo sie den ersten Stich ansetzen wird.

Aber jetzt, da er sie ausgemacht hatte, ließ er sie nicht mehr aus den Augen.

Irgendwann werden sie die Kräfte verlassen und sie wird sich hinsetzen, um sich auszuruhen. Dann würde er zuschlagen. Es dauerte sehr lange. Standhaft hielt er den Arm mit der Fliegenklatsche hoch.

Endlich setzte sie sich auf den Lampenschirm der Nachttischlampe. Er holte zu einem entsetzlichen Schlag aus, um der Mücke den Garaus zu machen.

Wumm, der Hieb hatte gesessen. Mit voller Wucht sauste die Fliegenklatsche auf den Lampenschirm, so dass die ganze Lampe in tausend Scherben auseinanderbrach.

Unter den Trümmern suchte Herr Fischer verzweifelt, nach den Überresten der Mücke.

Doch er fand sie nicht. Sollte sie ihm etwa wieder entwischt sein?

Die Mücke schaute unterdessen verwundert zu, was Herr Fischer dort trieb. Anmutig erhob sie sich zu ihrem Siegesflug und Herr Fischer hörte wieder dieses „ssssss“, was ihm wiederum die Gewissheit gab, dass die Mücke entkommen war.

Er kehrte also die Reste seiner Nachttischlampe zusammen und warf sie in den Müll.

Dummerweise hatte er dabei beide Hände voll und die Mücke vollkommen aus den Augen verloren.

Darauf hatte die nur gewartet. Sie setzte zum Sturzflug an und bohrte Herrn Fischer ihren Rüssel, von hinten, in den Hals. Vor Schreck ließ er alles fallen. Er konnte die Mücke nur noch bei ihrer erfolgreichen Flucht beobachten.

Er bildete sich ein, die Mücke lachen zu hören: „ss..ss..ss“.

Wutentbrannt stürzte er ihr, wild um sich schlagend, hinterher, mit dem einzigen Erfolg, dass er die Gardine herunterriss. Schlimmer noch, er verlor die Mücke wieder aus den Augen.

Die Nacht brach herein und Herr Fischer hatte die Mücke immer noch nicht ausmachen können. Also beschloss er, schweren Herzens, den Weg ins Bett anzutreten.

Vorerst löschte er das Licht nicht.

Auf den Nachttisch, neben dem Bett, stellte er ein Glas voll Sirup, in der Hoffnung, dass die Mücke diesem Leckerbissen nicht widerstehen kann und darin ertrinkt.

Mit beiden Händen hielt er krampfhaft die Fliegenklatsche fest und wartete. Aber sein Mückenstich plagte ihn wieder, so dass er seine Waffe weglegte und sich ausgiebig den Hals kratzte. In diesem Moment setzte sich die Mücke auf das Sirupglas. Sie machte aber keine Anstalten, davon zu trinken. Als Herr Fischer merkte, dass seine Sirupfalle nicht funktioniert, wollte er wenigstens die Gunst der Stunde nutzen und einen letzten Schlag, gegen seinen schlimmsten Feind führen. Hektisch ergriff er wieder seine Fliegenklatsche und schlug zu.

Was er mit Sicherheit sagen konnte: Er hatte das Glas getroffen. Während es umstürzte, ergoss sich sein klebriger Inhalt auf Bett und Schlafanzug. Warum konnte es nicht zur anderen Seite umfallen?

Für Herrn Fischer setzte sich sein Leidensweg fort.

Während er die Bettwäsche und den Schlafanzug wechselte, kratzte er sich immer wieder den Hals, um den ständigen Juckreiz, wenigstens zeitweise, zu unterbrechen. Doch das Schlimmste kam, als er seinen Schlafanzug wechselte. Kaum hatte Herr Fischer die Hose ausgezogen, lockte sein Po die Mücke an.

Völlig unvorbereitet traf ihn der Mückenstich mitten in die rechte Pobacke. Verzweifelt stieß Herr Fischer einen Schrei aus, der eher an Wolfsgeheul erinnerte, als an den Schrei eines Menschen. Es war die Wut, die aus ihm herausbrach.

Verzweifelt und erschöpft legte sich Herr Fischer nieder. Er hoffte, dass ihn die entsetzlichen Fluggeräusche der Mücke, aus dem Schlaf reißen werden, um weiteren Beulen vorbeugen zu können. Der Morgen weckte ihn und sofort meldete sein Körper, dass ihm die Nacht drei neue Mückenstiche beschert hat. So wie der gestrige Tag endete, so begann auch dieser.

Herr Fischer kratzte sich und seine Qualen stiegen ins Unermessliche.

Inzwischen hatte er einen Mückenstich am Hals, am Po, am rechten Bein, am Kinn und schrecklicherweise auch auf der Fußsohle, wo man sich so schlecht kratzen kann. Es sah aus, als ob Herr Fischer Morgengymnastik machte, wenn er der Reihe nach an allen Mückenstichen kratzte.

Die Mücke saß ausgeruht und gesättigt auf der Gardinenstange und sah dem seltsamen Treiben des Herrn Fischer belustigt zu. Hier fühlte sie sich wohl.

Herr Fischer ging wieder in den Wald, auf die Jagd. Er konnte jedoch nicht ein einziges Tier erlegen, weil er sich ständig kratzen musste. Nur den Mückenstich an der Fußsohle konnte er nicht kratzen, weil er zu faul war, sich alle fünf Minuten die Schuhe auszuziehen.

Seltsamerweise hörte aber gerade dieser Stich, nach einer Weile von ganz alleine auf zu jucken. Aber das merkte Herr Fischer nicht. Es waren ja noch genug andere Stiche vorhanden.

Er beschloss, in die Stadt zu gehen, um sich Anti-Mückensalbe zu kaufen.

Unterwegs sah er einen Jungen, der mit einer Zwille und Erbsen auf eine Zielscheibe schoss.

Erstaunlicherweise traf der Junge ausgezeichnet, so dass Herr Fischer Hoffnung schöpfte, damit die Mücke zu erlegen. So kaufte er dem Jungen die Zwille ab und setzte seinen Weg fort. Die Leute sahen ihn seltsam an, weil er sich immer wieder am Po kratzte, aber das registrierte Herr Fischer nicht. Er kaufte sich die Anti-Mückensalbe und schmierte seinen gesamten Körper damit ein, was sonst kein normaler Mensch tut. Herr Fischer stank so entsetzlich, dass ihm alle Hunde des Ortes hinterherliefen und jeder Mensch den er traf, einen großen Bogen um ihn machte.

Er betrat seine Hütte erst, als es dunkel wurde. In ihm war der Jagdinstinkt erwacht.

Aber auch die Mücke wartete auf ihn. Sie wunderte sich schon, wo er bleibt, und hatte großen Hunger.

Herr Fischer legte sich sofort ins Bett. Er ließ das Licht an, legte die Zwille und die Erbsen zurecht und wartete auf die Mücke.

Er hatte Glück. Kurze Zeit später machte sich die Mücke auf den Weg, um ihr Abendessen einzunehmen. Freudestrahlend verfolgte er ihren den Anflug. In Ruhe spannte er die Zwille, zielte und schoss. Plötzlich gab es einen Knall und es wurde stockdunkel.

Hätte er nicht selbst gesehen, dass sich die Mücke auf ihn stürzen wollte, so hätte er geschworen, die Mücke hat das Licht ausgemacht. So aber, musste es eine andere Ursache geben. Herr Fischer sprang aus dem Bett, um eine Taschenlampe zu holen, als ihn ein entsetzlicher Schmerz im Fuß stoppte. Er kam ins Stolpern, schlug mit dem Kopf gegen die Tür und konnte von Glück sagen, dass er sich beim Sturz nur zwei Zähne ausgeschlagen hatte.

Sollte die Mücke seinen Fuß …..? Nein, dafür war der Schmerz zu groß. Er humpelte ins Nebenzimmer, um Licht anzuschalten. Der Schein erhellte auch seine Schlafkammer. Nun sah er, was passiert war.

Mit der Zwille hatte Herr Fischer die Glühbirne der Deckenlampe zerschossen und ist anschließend in ihre Scherben getreten, wobei er sich den Fuß furchtbar zerschnitten hatte.

Nachdem er seinen Fuß notdürftig versorgt und seine Zähne eingesammelt hatte, legte er sich schlafen. Morgen, in aller Frühe, wollte er nachhause gehen, um nicht mehr wiederzukommen.

Er legte sich hin und schlief sofort ein.

Als wenn die Mücke geahnt hätte, dass es ihre letzte Chance ist, um sich an Herrn Fischer satt zu essen, nutzte sie diese Nacht.

Herr Fischer erwachte mit unzähligen Mückenstichen, die er durch seine Kratztechnik zu prächtigen, dicken Beulen reifen ließ.

Besonders komisch sah die Beule auf seiner Nasenspitze aus.

Wer ihn sah, dachte, dass er eine gefährliche, ansteckende Krankheit mit sich herumschleppt. Sollte das wirklich sein Ende sein?

Als sich Herr Fischer im Spiegel betrachtete, fragte er sich, wie viel Mückenstiche ein Mensch wohl aushalten kann. Er war sich sicher, der nächste Stich würde tödlich sein.

Als er aufsah, entdeckte er die inzwischen dickgefressene Mücke, der schon wieder das Wasser im Rüssel zusammenlief.

Panikartig verließ er die Hütte und ließ die Mücke zurück, die ihm traurig nachblickte.

Zuhause angekommen gab er sofort eine Anzeige in der Zeitung auf:

Biete 500,- Euro Belohnung für die Beseitigung einer gefährlichen, riesigen Mücke!

Jeder, der die Anzeige las, hielt sie für einen Scherz. Nur ein kleiner Junge, der noch an Wunder glaubte, meldete sich bei Herrn Fischer, um sein Glück zu versuchen.

Sie fuhren zur Hütte hinaus, wo er dem Jungen, die große Mücke zeigen wollte.

Inzwischen war die Mücke so stark abgemagert, dass sie Herr Fischer nicht entdecken konnte. Ganz deutlich vernahm er aber wieder dieses „ssssss“.

Der kleine Junge wies Herrn Fischer an, die Fensterläden von außen zu schließen. Er brauchte Dunkelheit. Obwohl er noch ein Knirps war, hatte er schon genug Erfahrungen mit Mücken. Er wusste, dass die Mücken ihren Flug bei Dunkelheit unterbrechen, sobald plötzlich Licht gemacht wird. Also stellte er sich in den dunklen Raum, wartete, bis das Fluggeräusch zu hören war und schaltete dann das Licht an.

Mit der Fliegenklatsche in der Hand näherte er sich ganz langsam der Mücke, die sich an der Wand niedergelassen hatte, führte die Klatsche, in Zeitlupe, ziemlich nah an die Mücke heran und schlug blitzartig zu.

Herr Fischer gab dem Jungen sein Geld und nahm die Mücke vorsichtig von der Wand.

Sie war gut erhalten. Er beschloss, seinen größten Feind, das gefährlichste Tier unseres Landes, ausstopfen zu lassen. Jetzt hat diese Mücke einen Ehrenplatz direkt neben dem großen Geweih. Sie ist der ganze Stolz seiner Trophäensammlung.

Und jedem erzählt Herr Fischer die Geschichte von der Mücke, die ihn fast getötet hätte.

Was Herr Fischer jedoch verschweigt, ist die Tatsache, dass dieses gefährliche Tier, von einem kleinen Jungen erlegt worden war.

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