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MENTOR HASE

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You know I smoked a lot of grass

Oh lord I popped a lot of pills

But I never touched nothin’

that my spirit could kill 1

Erzähl mir nicht, ich soll aufhören zu rauchen, wenn du dir Abend für Abend dein Bierchen gönnst. Den Rotwein, die Weißweinschorle und wenn Besuch kommt, den guten russischen Wodka. Erzähl mir nichts! Nichts vom Zeitalter des Wassermanns und schon gar nicht, dass es vorbei ist. Mit uns.

Setz dich lieber auf deine vier Buchstaben und hör mir - verdammt nochmal - zu.

Morgens komm ich nicht aus dem Bett und abends nicht hinein. Will schlafen, wenn ich wach sein muss und denken, wenn ich schlafen soll. Müde bin ich, so wahnsinnig müde.

Meinten die Maya nicht, Zwanzig-Zwölf geht die Welt unter? Aber wir sitzen immer noch hier. Nichts hat sich geändert. Und nichts glänzt so schön neu.

Du sagst, du fühlst dich anders. Und ich fühle mich auch anders. Als ob das alles keinen Sinn mehr macht. Aber der Hase ist da. Auf den kann ich mich verlassen. Der zeigt mir nämlich, dass es da noch etwas anderes gibt. Mehr als den stinkenden Dreck der hedonistischen Tretmühle, in der wir beide festklemmen.

Aber Hasen schlagen Haken, und so zeigt er mir nicht, was es ist, dieses Mehr. Er lockt mich in seinen Irrgarten. Immer wieder, immer tiefer hinein.

Und trotzdem, der Hase gibt mir Halt. Und du ja auch. Also erzähl mir nichts!

Ich hab’s ja versucht. Wirklich. Jeden verdammten Tag. Mantras: Ich bin ein Fels in der Brandung. Ich akzeptiere mich, so wie ich bin. Ich akzeptiere die anderen, so wie sie sind. Ich nehme das Leben hin, wie es ist. Klar und wach. Aber im Grunde will ich nur schlafen. Schlafen und vergessen. Müder Körper. Steife Glieder.

Der Winter war lang und diese abgefuckte Grippe. Der Horror. Da ging gar nix, da habe ich echt abgebaut. War aber auch erholsam, muss ich schon sagen. Habe viel geschlafen. Habe das einfach mal zugelassen, das Ausruhen. Ging ja auch nicht anders. Und Schlaf reinigt. Schlaf befreit.

Aber selbst in dieser Phase der Regeneration, als es mir nur ein Fünkchen besser ging, musste ich Tee-Rezepte googeln. Hase, Pfefferminz und Kokosöl, weil Fett den Hasen freilässt.

Ans Rauchen war nicht zu denken, nein. Meine Lunge war ja total gefickt. Voll der Husten, alles verschleimt. Aber ich war schon so lange nüchtern, nüchtern und krank. Das führt hier früher oder später einfach zur Depression. Ich glaube, du Schluckspecht kannst davon ein feines Liedchen trällern. Kannste ruhig zugeben.

Ich meine, im Krankenhaus wirst du auch mit Drogen vollgepumpt, ganz einfach, damit du das irgendwie aushältst. Dieses Rumliegen die ganze Zeit, nichts tun können, weil man zu schwach ist für das Leben.

Und ich war schwach. Nur fernsehen ging. Aber dann immer die Bomben und die Wirtschaft und die dramatische Musik. Und dann die Paranoia: Was ist, wenn ich nie mehr gesund werde? Was ist, wenn es das jetzt war? So eine Scheiße. Das hältst du nüchtern doch gar nicht aus.

Und jetzt hocke ich schon wieder hier an einem verdammten Abend mitten in der Woche. Mitten in der Nacht. Ich und der Hase. Der Hase und ich. Und du. Natürlich. Und wenn wir hier schon sitzen, dann lass mich dir -verdammt nochmal - auch ein paar gute Geschichten erzählen: Geschichten von dieser ersten Stufe auf dem Weg zur Erleuchtung, auf der wir beide festkleben. Und dann können wir zum Hasen guten Gewissens auch die Flasche aus dem Kühlschrank holen. Und die Eiswürfel. So ein guter Schluck hat noch keinem kreativen Geist geschadet. Hauptsache du erzählst mir nicht mehr, dass es vorbei ist.

Trink! Der Kopf ist erst morgen wieder Matsch. Der Antrieb verloren. All die Hoffnungen vergessen.

SESSIONS

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