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Einleitung

Häusliche Gewalt und insbesondere Gewalt gegen Kinder prägen die jungen Jahre Evelynes. Gewalt, egal in welcher Form, zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. Bereits vor ihrer Geburt vom Vater verlassen, war ihre Mutter selbst noch mehr Kind als Frau. Später dann war sie ihr mehr eine Freundin als Mutter. Evelyne erlebt sich selbst von Anfang an als Sonderling.

Im reiferen Alter glaubt sie endlich bei sich angekommen. Doch stellt sie fest, dass sie sich nach dem Tod ihres Mannes gefühlt wieder am Anfang ihrer Lebensreise befindet. Evelyne nutzt den Rückzug zur Aufarbeitung.

Obwohl sie selbst von Gewalt weitgehend verschont blieb, war diese doch ein stetiger Begleiter. Evelyne kommt verstärkt mit eigenen verschiedenen Empfindungen, wie Wut und Unsicherheit, in Kontakt. Zunächst überrascht sie die Intensität ihrer Erkenntnisse. Allmählich bekommt sie eine Ahnung davon, wer sie wirklich ist. Sie hinterfragt bestimmte Entwicklungen und einstmals getroffene Entscheidungen.

Vom Umfeld für ihre Eigenschaften stets bewundert, ist sie sich nun ihrer selbst nicht mehr so sicher. Waren ihre einstmals getroffenen Entscheidungen tatsächlich aus ihrer eigenen Motivation heraus entstanden? Wenn ja, hatte sie diese vielleicht nur aus einem gewissen Opportunismus heraus entwickelt?

In der Aufarbeitung drängen sich weitere Aspekte an die Oberfläche. Unter anderem die der Manipulation! Die Erkenntnis, nicht nur Opfer, sondern auch Täter zu sein, empfindet sie als äußerst schmerzhaft.

Die Sehnsucht nach Unabhängigkeit und Freiheit hatte Ursachen, deren Folgen und Auswirkungen erst später sichtbar werden.

Gewalt ist überall und sie hinterlässt Spuren. Selbst in ihrer Jugend gab es mindestens eine Situation, die sie an ihre Grenzen brachte. Auch in ihrer Familie gab es Gewalt. Besonders jedoch im unmittelbaren Milieu. Wie sehr sie davon wirklich umgeben war, wird Evelyne erst im reifen Alter bewusst. Ein weiteres Thema, welches Evelyne beschäftigt ist: Warum hatte sie nie den Wunsch, Mutter zu werden? Die einst unbewusste Entscheidung, kinderlos zu bleiben, entpuppt sich als logische Konsequenz ihrer Erlebnisse und Erfahrungen. Über dieses Bewusstwerden entlarvt sie eigene Identitätsprobleme und Rollenkonflikte, insbesondere die zu ihrer Mutter. Sie erkennt auch einen unmittelbaren Zusammenhang zur Beziehungsdynamik mit Männern. Evelyne befindet sich oft in einem inneren Kampf. Einem Kampf mit sich selbst.

Über den Weg der Retrospektive erschließt sich ihr auch, dass sie aus Angst, verlassen zu werden, echte Beziehungen vermeidet. Erschrocken über die Dimension dieser Identifikationsproblematik versucht sie, sich ihrer alten Muster zu entledigen. Die Erkenntnis, dass alles miteinander verwoben, ja, fast symbiotisch scheint, rüttelt an ihren Glaubenssätzen. Am Ende von sich selbst enttäuscht, packt sie den Stier an den Hörnern und nutzt diese als Chance.

Warum dieses Buch? Bereits in meinem ersten Roman befasste ich mich mit dem Thema Ängste. Meine Motivation hat sich nicht geändert. Im Gegenteil! In dieser Geschichte, versuche ich, die Ängste weiter zu erforschen. Wo kommen sie her? Was machen sie mit uns? Und wohin mit ihnen, wenn sie da sind?

Dieses Mal grabe ich tiefer, tiefer auch in meiner eigenen Biographie. Trotzdem ist die Story Fiktion. Evelyne ist stellvertretend für viele andere mit einer möglicherweise ähnlichen Lebensgeschichte.

Wir alle haben doch unsere Kämpfe und unsere wunden Punkte.

Das Leben ist wie ein Fluss. Manchmal können wir gut einsehen, in welche Richtung es geht. Und es läuft einfach! Oft sogar auch ganz gut.

Plötzlich stellen wir fest, dass der Fluss abrupt zu enden scheint. Doch schauen wir uns um, erkennen wir, dass er nur seine Richtung geändert hat.

Auf einmal geht es steil abwärts und er nimmt rasant an Fahrt auf. In diesem Fahrwasser kann es passieren, dass wir die Orientierung und den Halt verlieren. Manchmal passiert aber auch nichts und möglicherweise hatten wir einfach nur Spaß dabei. Wenn sich der Fluss dann wieder beruhigt, können wir gelassen die seichte Strömung genießen. Die Windungen des Lebens erleben wir vielleicht oft als schwierige Passagen, oft aber auch nicht. So lange der Fluss in seiner Bewegung sein darf kann er fließen. So lange das Leben im Fluss ist, gibt es Bewegung. Korrekturen im Leben dürfen sein. Aber wie viel Veränderung verträgt der Fluss?

Die Urkraft bekommen wir oft an einer Stelle zu spüren mit der wir nicht rechnen. Im Leben kämpfen wir hin und wieder mit einem Zuviel oder Zuwenig. Damit umzugehen ist unter Umständen schwieriger als gedacht.

Tatsächlich ist es eine große Aufgabe, dass richtige Maß zu finden. Gehen wir zu unbewusst mit unseren Ressourcen um, schwinden sie zu schnell. Sind sie erst einmal entschwunden, ist es um ein Vielfaches schwieriger, sie wieder zu finden. Es ist nicht unmöglich!

Es sind große Herausforderungen wie diese, die sich ihren Weg bahnen wollen. Gerade noch haben wir das Hochwasser überstanden, erreicht uns gefühlt die nächste Katastrophe. Zunächst ist da noch ein modriger Tümpel, der mit Schlamm und Geröll angereichert ist. Spätestens jetzt ist es sichtbar, mit welchen Lasten er gefüllt war. Und dann kommt sie: die große Dürrezeit. Auch sie hat uns fest im Griff. Und wieder versuchen wir, zu oft mit blindem Aktionismus zu retten, was zu retten ist. Oder wovon wir glauben, es retten zu müssen.

Ich möchte Sie gerne mit auf eine Reise nehmen. Sie ist ein Stück weit auch meine ganz persönliche Lebensreise. Obwohl die Geschichte erfunden ist, erzähle ich kein Märchen. Ich mag Märchen, sehr sogar. Und manchmal fühlt sich mein Leben auch ein bisschen so wie eins an. Wenn es sich gut anfühlt. Warum nicht? Märchen haben immer ein Happy End. Das Gute siegt über das Böse! Schon aus diesem Grund liebe ich sie. Doch meine Geschichten sind Realität und sehr oft alles andere als schöne Märchen. Und trotzdem oder gerade deswegen, erzähle ich sie. Weil ich aus tiefsten Herzen davon überzeugt bin, dass wir alle ein glückliches und zufriedenes Leben führen dürfen.

Also geben Sie niemals die Hoffnung auf! Suchen Sie sich Hilfe, wenn Sie glauben, welche zu benötigen. Haben Sie keine falsche Scham. Sie sind nicht alleine!

Schwarzblauer Mohn

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