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Moses im Kiosk

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Nach dem Frühstück macht Hanna einen Spaziergang zum Kiosk am Campingplatz. Sie will drei Postkarten kaufen. Eine für Leonardo, eine für Fanny und eine für die alte Frida. Papa meint zwar, dass sie sich damit noch Zeit lassen könnte, aber Hanna hat es eilig. Am liebsten würde sie der ganzen Welt erzählen, wie herrlich hier alles ist!

Vorm Kiosk steht ein Postkartenständer mit vergilbten Ansichtskarten. Hanna sucht drei Motive aus. Den Bockstensmann für Leonardo, einen Sonnenuntergang für Fanny und Fischerboote für die alte Frida.

»Na, Kleine?«

Einen Augenblick lang glaubt Hanna, Leonardo vor sich zu haben. Der Junge hinter dem Tresen hat genau die gleichen braunen Augen. Aber er ist älter als Leonardo und sein Haar ist nicht kraus, sondern glatt. Er blinzelt ihr zu, als er ihr die Karten aus der Hand nimmt, um sie in eine Tüte zu schieben.

»Hi«, antwortet Hanna. »Briefmarken bräuchte ich auch noch.«

Der Junge nickt. »Wohnst du in einer der Hütten oder im Wohnwagen?«, erkundigt er sich.

»In einer der Hütten«, sagt Hanna. »Zwei Wochen.«

»Schön«, sagt der Junge und lächelt sie an. »Macht dreiunddreißig Kronen.«

Hanna wühlt in ihrem Portmonee.

»Kommst du aus dem Ausland?«, fragt sie, als sie ihm einen Hundertkronenschein entgegenhält.

»Ich bin hier in Varberg geboren«, sagt der Junge. »Aber meine Mutter und mein Vater kommen aus Chile.«

»Ich hab einen Freund, Leonardo«, sagt Hanna. »Sein Vater kommt aus Afrika.«

Sie sagt das, damit der Junge im Kiosk weiß, dass sie nichts gegen dunkelhäutige Menschen hat, dass sie keine Rassistin ist oder so.

»Aha«, sagt er. »Ich heiße Moses.«

»Hanna«, sagt Hanna.

»Warte mal.« Moses nimmt eine Eistüte aus der Gefriertruhe. »Für dich. Aber verrat es niemandem, das hier ist mein erster Sommerjob.«

Hanna setzt sich an einen der Tische auf der Rasenfläche vorm Kiosk und reißt das Goldpapier ab. Das ist kein gewöhnliches Eis. Kein Cornetto oder so. Hier an der Westküste gibt es ein Eis, das Schoko-Top heißt. Das ist superlecker, mit Erdbeersirup in der Mitte und einer ganz knusprigen Waffel.

Nett von Moses. Sie dreht sich zu ihm um. Da guckt er auch gerade zu ihr rüber. Dann hat er einen neuen Kunden.

Als Erstes will Hanna an Leonardo schreiben. Blöderweise hat sie vergessen, einen Stift einzustecken. Sie geht noch einmal zum Kiosk. Legt den Kopf schräg, als sie fragt: »Kannst du mir einen Stift leihen?«

Moses wedelt mit einem Kugelschreiber vor Hannas Nase herum. Als sie danach greift, zieht er ihn weg. Hanna macht einen neuen Versuch, aber Moses zieht ihn wieder weg. Hanna lacht ein bisschen zu viel und zu laut. Peinlich!

Am Ende kriegt sie den Schreiber doch noch.

Der erste Satz ist immer der schwerste.

Hanna fingert an ihrem Freundschaftsherz herum, versucht sich zu konzentrieren.

Hallo, Leonardo!

Ich hab heute im Meer gebadet. Das auf der Karte ist der Bockstensmann aus dem späten Mittelalter.

Den haben sie im Moor gefunden. Irgendwann werd ich ihn mir mal angucken. Ich habe jemanden kennen gelernt, der Moses heißt. Der ist wenigstens quicklebendig.

Umarmung & sonnige Sommergrüße von Hanna

»Hallo.«

Hanna schaut hoch.

Auf der anderen Seite des Tisches steht ein Junge in ihrem Alter und mustert sie neugierig unter seinen karottenfarbenen Ponyfransen hervor. Sein Gesicht ist gesprenkelt wie ein Marienkäfer. Er trägt einen langärmligen Pulli und Jeans, obwohl alle anderen kurzärmlig und in Shorts rumlaufen.

»Bist du eine Nullachterin?«

Hanna kapiert nicht.

»Stockholmerin«, hilft der Junge ihr auf die Sprünge. »08, wie die Vorwahl beim Telefon, klaro?«

»Ach so«, sagt Hanna. »Ja, bin ich. Ich komm aus Gröndal.«

»Hab ich mir doch gleich gedacht«, sagt er. »Du siehst aus wie eine Touristin. Kommst du mit, Krebse fangen?«

Hanna nickt. Das ist mit das Tollste, was man am Meer machen kann.

»Ich heiße Torkel«, sagt der Junge. »Ich komme aus Borås. Wir wohnen auf dem Campingplatz.«

»Ich heiße Hanna«, sagt Hanna. »Wir wohnen in einer der Hütten.«

Als sie losgehen, dreht Hanna sich noch einmal um, um Moses in seinem Kiosk zuzuwinken.

Total verknallt!

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