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Ein Krebs namens Kajsa

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Kleine Krebse leben unter Steinen. Um sie zu fangen, braucht man einen Eimer, eine Schnur mit einer Wäscheklammer am einen Ende und ein paar Krabben, um sie anzulocken.

Torkel und Hanna hocken nebeneinander auf einem Felsen im flachen Wasser und suchen den Grund ab. Torkel klemmt die Krabbe in die Wäscheklammer und seilt sie zwischen den Steinen ab.

»Ich kenn den Typen, der im Kiosk arbeitet«, sagt Hanna.

Sie will ihn damit beeindrucken. Aber Torkel scheint das nicht weiter zu interessieren.

»Ich dachte immer, alle Nullachter wären Kokosnüsse«, sagt er grinsend und sieht sie mit seinen blassgrünen Augen an.

»Quatsch«, schnaubt Hanna.

So ein Spinner, denkt sie. Vielleicht sollte ich einfach wieder gehen.

In dem Augenblick kommt ein gieriger Krebs unter dem Stein hervorgekrabbelt und krallt sich an der Krabbe fest.

»Darf ich?«, fragt Hanna.

Torkel überlässt ihr das Schnurende.

»Guck mal!« Hanna zieht die Schnur mit der Wäscheklammer samt Krebs aus dem Wasser.

Torkel füllt den Eimer zur Hälfte mit Salzwasser.

Hanna schüttelt den Krebs ab. Er ist winzig klein. »Na, wie geht’s dir, kleine Kajsa?«, fragt sie.

Kajsa robbt über den Eimerboden. Hanna wirft ihr die Krabbe hinterher, sie will Kajsa schließlich nicht um ihr Fressen bringen.

Sie fangen insgesamt fünf Krebse. Vier wandern zurück ins Meer, aber Kajsa will Hanna behalten.

»Warum hast du eigentlich so viele Klamotten an?«, fragt sie, als sie auf dem Nachhauseweg sind.

»Ich vertrag keine Sonne«, sagt Torkel.

Das sieht man. Das kleine bisschen, was von seinen Armen aus dem Pullover ragt, ist rosa verbrannt von der Sonne.

»Ich kenne einen Jungen, der ist das ganze Jahr über braun«, sagt Hanna. »Leonardo. Ihm macht Sonne gar nichts aus.«

»Das ist dann ja wohl eine echte Kokosnuss«, sagt Torkel.

Hanna kann nicht anders. Sie muss lachen. Nicht schlecht.

»Leonardo ist auf alle Fälle supernett«, sagt sie.

»Bist du verknallt in ihn, oder was?«, fragt Torkel grinsend.

»Wir sind beste Freunde«, sagt Hanna und presst die Lippen zusammen. Sie hat jetzt keine Lust, über Leonardo zu reden.

Da bleibt Torkel plötzlich stehen und zeigt zur Badebucht. »Letztes Jahr sind da draußen ein Lehrer und vier Schüler ertrunken. Die Strömung hat sie gepackt und aufs Meer rausgezogen«, sagt er unvermittelt.

»Das ist ja schrecklich!«

Hanna hat noch nie was von solchen Strömungen gehört. Sie schaut unruhig über das in der Sonne glitzernde Wasser. In den Wellen plantschen jede Menge Leute herum und ahnen nicht, welche Gefahren dort draußen auf sie lauern. Im Moment scheint aber niemand in Seenot zu sein.

»Sehen wir uns morgen?«, fragt Torkel.

»Ja, meinetwegen«, sagt Hanna.

Zu Hause sucht Hanna als Erstes ein Marmeladenglas. Im Küchenschrank steht eins, das genau die richtige Größe hat. Bestimmt hat einer der früheren Sommergäste es dort vergessen. Sie geht zum Strand runter und füllt es mit Salzwasser, legt ein Stück Tang, einen kleinen Stein und eine Muschel hinein. Und damit Kajsa Luft bekommt, sticht sie mit einem Nagel Löcher in den Deckel. Jetzt hat sie ein richtig schönes, kleines Aquarium.

Am Abend grillen sie auf der Veranda. Lachssteaks. Es ist gemütlich, so zwischen Mama und Papa auf der Hollywoodschaukel zu sitzen und zu plaudern. Hanna kann sich noch gut erinnern, wie es früher war. Als sie noch kleiner war. Da hat sie Mama und Papa alles erzählt. Das geht jetzt nicht mehr. Jedenfalls nicht solche komplizierten Sachen wie »sich verlieben«. Sie können sich bestimmt nicht vorstellen, dass Hanna sich schon mit so was abgibt. Mama und Papa glauben sicher, dass sie immer noch ein kleines Kind ist.

Als die Sonne wie ein rotgelber Badeball im Meer versinkt, fällt Hanna ein, dass sie vergessen hat, ein Stück Lachs für Kajsa aufzusparen.

»Nicht so schlimm«, sagt Papa. »Dann machen wir eben eine Dose Sardinen auf.«

»Lass den armen Krebs doch wieder frei«, sagt Mama. »Der überlebt nicht in dem Marmeladenglas.«

»Mach ich«, sagt Hanna.

Aber dann vergisst sie es. Erst als sie im Bett liegt und den Wellen zuhört, die an den Strand rollen, fällt es ihr wieder ein. Gleich wird sie Kajsa zurück ins Meer bringen. Aber erst muss sie noch in ihr Tagebuch schreiben. Was ganz Wichtiges.

Montag, 26. Juni

Heute, an meinem ersten Ferientag, hab ich einen Beschluss gefasst. Ich will rausfinden, wie man sich verliebt! (Und ob man sich in meinem Alter überhaupt schon verlieben kann.) Zu diesem Zweck werde ich ein Liebesexperiment durchführen. (Es ist günstig, Experimente in den Ferien zu machen, wenn man nicht zu Hause ist. Falls man sick blamiert. Dann kriegt es in Gröndal wenigstens niemand mit. Und dann braucht man sich nicht zu schämen.) Aber wie gesagt, es ist nur ein Experiment. Kein Ernst, Hier gibt es jede Menge Jungs. Ich hab schon einen kennen gelernt, der M Heißt. (Ein echter Teenager!!!) Er hat braune Augen und jobbt im Kiosk. Dann hab ich noch einen kennen gelernt, der T heißt. Aber der ist nicht so interessant. Die alte Frida würde ihn bestimmt »Herr Schwarzmaler« nennen. Er erzählt dauernd von irgendwelchen Katastrophen!

PS: Seit ich M getroffen hab, weiß ich noch weniger, ob ich in L verliebt bin!

Total verknallt!

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