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Schwabbelige Quallen

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Hanna wacht am nächsten Morgen davon auf, dass es an der Tür klopft. Hilfe, das Tagebuch! Es liegt immer noch auf dem Nachtschränkchen. Sie schafft es gerade noch, es in ihrer Reisetasche verschwinden zu lassen, als Mama den Kopf zur Tür reinsteckt.

»Es hat die ganze Nacht gestürmt«, sagt Mama. »Ich dachte schon, die Hütte würde wegfliegen.«

»Hab ich gar nicht gemerkt«, sagt Hanna.

»Nach dem Frühstück fahren Papa und ich ins Zentrum einkaufen. Willst du mitkommen?«

»Am liebsten nicht.«

Hanna gähnt, dass die Kiefer nur so knacken.

»Dann bis später«, sagt Mama.

Gestern Abend hat Hanna noch etwas beschlossen. Sie will mit einem kleinen Experiment anfangen, das zum großen Liebesexperiment gehört. Und das geht am besten, wenn man gerade erst aufgewacht ist. Dann ist einem noch ein bisschen schummerig im Kopf, und das ist gut. Man darf nämlich nicht zu viel dabei denken. Nur fühlen.

Das geht folgendermaßen:

Man legt sich auf den Rücken und macht die Augen zu. Und dann denkt man an Leonardo. Nach einer Weile prüft man nach, ob es im Bauch kribbelt. Wenn es das nach drei Minuten noch nicht tut, denkt man stattdessen an Moses im Kiosk. Und dann fühlt man wieder nach, ob es im Bauch kribbelt. Wenn es das tut, kann man folgende Schlussfolgerungen ziehen:

1 dass man wahrscheinlich nicht in Leonardo verliebt ist oder

2 dass man anscheinend gerade dabei ist, sich in Moses zu verlieben.

»Hallo!«

Hanna erkennt die Stimme sofort wieder. Torkel. So früh! Mist, jetzt kommt sie nicht mehr dazu, das Experiment durchzuführen.

Sie springt aus dem Bett. »Warte, ich komme!«

Torkel steht auf der Veranda, eine schlaffe Luftmatratze über der Schulter. Aber Hanna hat keine Lust zu baden.

Torkel durchschaut sie sofort. »Du hast Bammel vor den Strömungen, stimmts?«, sagt er.

»Du etwa nicht?«, fragt sie.

Er zuckt mit den Schultern. »Keine Gefahr, wenn man auf einer Luftmatratze liegt.«

»Na gut«, sagt Hanna zögernd.

Mama hat das Frühstück für sie auf dem Küchentisch stehen lassen. Hanna trinkt zuerst den Saft, die Käsebrote mampft sie unterwegs. Torkel kriegt auch eins ab.

Der ganze Strand ist von Wellenschaum bedeckt. Und überall liegen tote Quallen. Durchsichtige Wackelpuddingklumpen mit einem blauen Ring in der Mitte, die vom Sturm zerfleddert und an Land gespült wurden. Es ist ein ekliges Gefühl, wenn man aus Versehen barfuß auf sie drauftritt. Aber es brennt wenigstens nicht. Nicht diese Sorte. Brennen tun nur die mit den langen gelben Fäden. Das weiß Hanna noch von den letzten Ferien.

Plötzlich fliegt ein Wackelpuddingklumpen durch die Luft. Ein paar kleine Jungs beschmeißen sich gegenseitig mit Quallen. Hanna kann gerade noch rechtzeitig zur Seite springen.

Torkel schlägt vor, einen Abstecher zum Kiosk zu machen, wogegen Hanna natürlich nichts einzuwenden hat.

Diesmal steht eine Frau hinter dem Tresen. Sie sieht sie mürrisch an. Als ob sie Kinder nicht ausstehen könnte.

Hanna nimmt allen Mut zusammen. Sie will nach Moses fragen, aber dann traut sie sich doch nicht. Wer weiß, wie die Frau reagiert. Vielleicht wird sie wütend und fragt, was Hanna das angeht. Und da wüsste sie nicht, was sie darauf antworten sollte.

Auf Hannas Empfehlung hin kauft Torkel sich einen Schoko-Top. Sie selbst kauft für einen Zehner Salzlakritze.

»Dein Freund ist ja gar nicht hier«, zieht Torkel sie auf.

»Er hat heute frei«, sagt Hanna und versucht so auszusehen, als ob sie über alles Bescheid wüsste, was Moses angeht.

Sie wechseln sich beim Aufblasen der Luftmatratze ab.

Torkel schwimmt zuerst raus.

Hanna lässt ihm gern den Vortritt. Ihr ist immer noch mulmig, wenn sie an die Strömungen denkt.

Hanna legt sich inzwischen hinter eine Sanddüne und sieht zum Himmel rauf, wo die Wolken vorübergleiten. Dann schließt sie die Augen. So hört sie das Geräusch der Wellen deutlicher. Eine nach der anderen rollt an Land, das nimmt kein Ende. Genau wie ihre Gedanken an Moses und auch ein bisschen an Leonardo und alle anderen seltsamen Dinge, die mit Liebe zu tun haben. Es klappt einfach nicht, an etwas anderes zu denken, sosehr sie es auch versucht. Ihr Hirn hat offensichtlich einen Kurzschluss. Vielleicht liegt es ja an der Sonne. Oder am Kreischen der hungrigen Sturmmöwen ...

Das ist bestimmt ein Zeichen. Jetzt dauert es sicher nicht mehr lange, bis es passiert. Bis sie sich richtig doll verliebt. In Moses???

»Du bist dran.« Torkel legt die nasse Luftmatratze auf den Sand.

»Bist du schon wieder da?«

Hanna steht widerstrebend von ihrem Badelaken auf. Sie will nicht feige wirken. Außerdem können die Strömungen gar nicht so gefährlich sein, sonst würden hier wohl kaum so viele Leute baden.

Das Wasser ist eiskalt. Und die Quallen sind so eklig. Überall dümpeln sie herum. Hanna schüttelt sich einmal kurz und springt auf die Luftmatratze, dreht sich auf den Bauch und paddelt mit den Händen.

Das Wasser ist flach, völlig ungefährlich also, die Luftmatratze auf den Wellen schaukeln zu lassen, während die Sonne einem schön den Rücken wärmt. Hanna schließt wieder die Augen ...

Plötzlich wird Hanna mit einem Ruck wach. Sie sieht sich um. Oje! Sie ist schrecklich weit abgetrieben und auf der falschen Seite der Abgrenzungsbojen gelandet.

Sie schaut in Richtung Land. Das darf doch nicht wahr sein! Die Menschen sehen aus wie Spielzeugfiguren. Jetzt aber schnell zurück!

Hanna paddelt mit voller Kraft. Trotzdem kommt sie kaum vorwärts.

O nein! Nun hat auch noch der Wind gedreht und treibt sie immer weiter aufs Meer raus.

Hanna kämpft gegen den Wind an. Und kann an nichts anderes mehr denken als an den Lehrer und seine Schüler, die hier ertrunken sind. Sie hat auf einmal eine Riesenangst, ins Wasser zu gucken. Wenn da was unter ihr lang treibt ... Einer von den Ertrunkenen. Eine Wasserleiche!

Ihr Herz rast in wildem Galopp davon und sie schreit aus vollem Hals: »Hallo! Hilfe!«

Dabei fällt sie fast von der Luftmatratze.

Da hört sie ein Rauschen. Hoffentlich ist das jemand, der sie rettet! Hanna kann nicht sehen, woher das Rauschen kommt. Doch dann bemerkt sie die Windsurferin. Das Brett gleitet neben sie.

»Bleib ganz ruhig.«

Das Mädchen im Neoprenanzug lässt das Segel fallen und springt vom Brett. Sie kann stehen! Dann ist das Wasser gar nicht so tief, wie Hanna dachte!

Hanna springt ins Wasser. Hurra, sie kann auch stehen!

»Jetzt schaff ich es auch allein«, sagt sie.

»Gut. Übrigens, wenn du Lust hast, Surfen zu lernen, ich gebe Kurse für Anfänger«, sagt das Mädchen. »Lass von dir hören, wenn du Interesse hast.«

»Danke«, sagt Hanna, obwohl sie im Stillen beschließt, niemals im Leben so etwas Wahnsinniges wie Windsurfen zu lernen.

Sie zieht die Luftmatratze langsam hinter sich her ans Ufer und auf den Strand. Erst jetzt fangen ihre Beine an zu zittern.

»Du bist wieder dran«, sagt sie zu Torkel.

Torkel hat von der ganzen Aufregung nichts mitgekriegt. Soll Hanna nur recht sein, im Nachhinein kommt es ihr fast so vor, als ob sie übertrieben hätte. Eigentlich gab es keinen Grund, so panisch zu werden.

»Ich geh nach Hause«, sagt sie. »Mama und Papa wundern sich bestimmt schon, wo ich bin.«

»Grüß Kajsa«, sagt Torkel.

Oje! Die hat Hanna ganz vergessen.

Dienstag, 27. Juni

Ich habe Kajsa hinter der Hütte begraben. Sie hat das Eingesperrtsein nicht überlebt. Weil sie zu wenig Sauerstoff gekriegt hat. Gestern wollte ich sie eigentlich freilassen, aber vorher bin ich eingeschlafen. Ich werde nie wieder ein Tier fangen und einsperren! Das ist alles so traurig. Wie konnte ich Kajsa nur vergessen???

Liste von den anstrengenden Dingen am Meer:

1 Es weht die ganze Zeit.

2 Das Haar ist voller Sand.

3 Ein paar Jungs bewerfen einen mit superekligen Quallen.

4 Man kriegt Kopfschmer zen von der Sonne.

5 Es stinkt nach verfaultem Tang.

6 Baden macht kaum noch Spaß, weil es Strömungen gibt (so ein dämliches Naturphänomen!).

Liste von den guten Sachen am Meer:

1 1.–99. M vom Kiosk!!!

2 100. Herr Schwarzmaler???

Total verknallt!

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