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Expertentipp: Wohnen mit antiken »Diven«
ОглавлениеAntiquitäten sind charaktervolle Objekte. Wer mit ihnen leben möchte, muss auf gewisse Dinge achten.
1. Antikes Mobiliar kennt keine exakten rechten Winkel
Meine Wohnung ist, wie nicht anders zu erwarten, antik eingerichtet. In der Küche beherrschen Siebzigerjahre-Vintage-Möbel den Raum. Im Atelier- und Arbeitszimmer stehen eine moderne Schlafcouch für Gäste und ein größeres Eck-Aquarium in Holz- und Messingoptik neben einer nach innen gewölbten dreischübigen Barockkommode, Nussbaum furniert und mit verschiedenen Hölzern intarsiert. Am Treppenaufgang hängt ein neogotischer Madonnenbaldachin in Blau, Rot und Gold. Das Wohnzimmer wird bestimmt von einer großen modernen Couch in Weinrot. Ihr gegenüber steht ein altes Fernsehschränkchen mit durch Buchrücken verblendeten Türen und ein Mahagonivertiko aus dem Jugendstil mit verspiegeltem Aufsatz. Ein Klavier und ein Bücherschrank stehen neben anderen Kleinantiquitäten im Zimmer verstreut. Das Schlafzimmer ist mit neuem Mobiliar bestückt.
Der Bücherschrank in meinem Wohnzimmer ist ein Paradebeispiel dafür, wie krumm und schief Antiquitäten sein können. Ich musste mehrere kleine Keile unter ihn schieben, um ihn halbwegs ins Lot zu bringen. Der Eichenschrank hatte sich über die Jahre sehr verzogen, aber ich kann damit leben, ja, ich liebe das sogar. Die neuen Einrichtungshaus-Wohnkonzepte wirken auf mich nur abschreckend steril und leblos. Antiquitäten sind eigenwillig und machen einen Raum sogleich lebendig.
2. Antiquitäten sind in den seltensten Fällen hochglanzpoliert
Wer mit Antiquitäten leben möchte, darf nicht erwarten, dass diese im eingeschweißten Karton mit Bauanleitung und ohne ein Stäubchen oder kratzerfrei nach Hause geliefert werden. Ganz im Gegenteil. Die meisten Möbel sind an den Stellen, die oft gebraucht wurden, leicht zerkratzt, und die Politur ist entweder durch Sonneneinstrahlung verblasst, über die Jahre ins Holz eingezogen oder einfach durch den Gebrauch abgenutzt. Mit Möbelpolitur, die es in jeder Farbvariation der jeweiligen Hölzer im Baumarkt zu kaufen gibt, können die Farben aufgefrischt und die gröbsten Kratzer beseitigt werden. Soll ein Stück doch wieder auf Hochglanz poliert werden, würde ich einen Restaurator zu Rate ziehen.
3. Fehlende Teile sind fast schon ein Muss
Ich habe einige Dinge in meiner Wohnung, an denen bereits Teile abgebrochen, angeleimt oder fehlend sind. Mein Vertiko hat aus Holz geschnitzte geometrische Verzierungen, welche über das Glas der Türen gespannt sind. An zwei Stellen sind diese Schnitzereien gebrochen. Damit kann ich leben. An meinem Bücherschrank fehlt am Boden ein Drittel einer Seitenwand. Ich habe ihn so im Raum platziert, dass es nicht auffällt. Mein neogotischer Baldachin weist an seinem filigranen Schnitzwerk einige fehlende Ornamente auf. Es schlägt sich jedoch nicht eklatant auf das Gesamtbild und die Symmetrie des Objekts nieder. Also schaue ich darüber hinweg. Der Recyclinggedanke zählt in meinem Verständnis eines Wohnraumes mehr als die eigene Ästhetik. Das heißt nicht, dass man sich mit völlig kaputten und gebrochenen Dingen einrichten sollte, nur um sich antik zu möblieren. Aber wer ein Faible für Antiquitäten hat, wird nicht darum herumkommen, das eine oder andere Mal ein »Auge zuzukneifen«.
4. Quietschen und Scharren von Schubladen und Türen gehören zum »Wohnraumkonzert«
Das Bedienen von Antiquitäten ist in manchen Fällen schwieriger, als man annimmt. Es gibt kaum ein Möbelstück, bei welchem die Türen ganz schließen und Schubkästen beim Rausziehen und Reinschieben keinen Laut von sich geben. So manches Mal kommt man sich vor, als bespiele man uralte Instrumente, die über die Jahrhunderte ihren eigenwilligen Sound bekommen haben und nun bei jeder Bewegung ihre altertümlichen Mythen und Geschichten erzählen.
5. Es ist oft günstiger, als man denkt
Wenn man weiß, wo man suchen muss, kann man sich mit ein wenig Verhandlungsgeschick auf Flohmärkten und Antikmessen für ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis einrichten. Antikes Mobiliar ist immer aus Echtholz gefertigt, welches heutzutage als ein absolutes Qualitätsmerkmal gilt und die Preise bei Wohnungseinrichtern in die Höhe schießen lässt. Die Materialien sind penibel verarbeitet. Schnitzereien und Verzierungen sind oft einfach als selbstverständlich im Preis inbegriffen, und auch edle Materialien wie Ebenholz, Vogelaugenahorn, Messing oder Elfenbein sind in manche Möbel inkludiert und schlagen sich kaum auf den Wert des Stücks nieder. Und das Beste: Alle Preise sind verhandelbar und nicht starr festgeschrieben wie bei Neuware in Möbelhäusern. Auf Tipps und Tricks zum Verhandeln auf dem Flohmarkt gehe ich später noch ausführlich ein.