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Loben: das Gute und Schöne benennen

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Wer da ist und staunt, hat womöglich das Bedürfnis, die Schönheit und Tiefe, die er oder sie erlebt, zu benennen und Gott dafür zu danken. Künstlerischer Ausdruck und Dankgebet liegen dabei eng zusammen. Sie sind Teil eines Beziehungsgeschehens zwischen uns, Gott und der Schöpfung. Das »Loben« feiert das Gute, Wahre und Schöne. Es ist wunderbar, dass diese Dinge da sind, doch es ist noch wunderbarer, dem Lob dafür Zeit und Raum zu geben.

Im Alten Testament sind beispielsweise die Dank-Psalmen Zeugnisse davon, wie die Gaben der Schöpfung gelobt und gefeiert werden, in teilweise überschwänglichen Bildern:

»Preise den HERRN, meine Seele! / HERR, mein Gott, wie überaus groß bist du! / … Du lässt Quellen sprudeln in Bäche, / sie eilen zwischen den Bergen dahin. / Sie tränken alle Tiere des Feldes, / die Wildesel stillen ihren Durst. / Darüber wohnen die Vögel des Himmels, / aus den Zweigen erklingt ihr Gesang. / Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, / von der Frucht deiner Werke wird die Erde satt. / Du lässt Gras wachsen für das Vieh / und Pflanzen für den Ackerbau des Menschen, / damit er Brot gewinnt von der Erde / und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, / damit er das Angesicht erglänzen lässt mit Öl / und Brot das Herz des Menschen stärkt« (Ps 104,1; 10–15).

Papst Franziskus lädt in seinem apostolischen Lehrschreiben Querida Amazonia (»geliebtes Amazonien«) dazu ein, sich in das Amazonas-Gebiet regelrecht zu verlieben! Der ganze Text steckt voller kürzerer und längerer Zitate aus Gedichten. Der Stil von Franziskus selbst hat etwas sehr Poetisches. In der Nr. 46 zitiert er den brasilianischen Dichter Vinicius de Moraes mit den Worten: »Nur die Poesie, mit der Bescheidenheit ihrer Stimme, wird diese Welt retten können.« Was für eine starke Aussage! Nur »kontemplative und prophetische Dichterinnen und Dichter« können die Schönheit und das Leiden der Schöpfung wirklich wahrnehmen. Und diese Art von Dichtkunst steckt in uns allen!

Worte, die Lob ausdrücken, können eine starke Kraft entfalten. So können wir in einen Dankespsalm oder ein Loblied einstimmen und davon erfüllt werden. Wir können aber auch selbst in Worten, Bildern oder Bewegung Dank und Lob ausdrücken. Aus der Betrachtung der Schönheit des Waldes oder des Meeres wächst ein »Danke!« hervor und womöglich noch viel mehr. Die eigene Kreativität kann eine Antwort auf das stille »Wort« der Kreation, der Schöpfung, sein.

Auch im mitmenschlichen Bereich macht es einen großen Unterschied, ob ich zu einer »Kultur des Lobes« beitrage oder nicht. Häufig haben wir den Blick stark auf die Unvollkommenheiten in der Welt, in anderen und in uns selbst gerichtet. Sich bewusst zu fragen, wofür man konkret loben kann, macht einen Riesenunterschied. Das habe ich als Lehrer in der Schule oft erlebt: Gerade Kinder und Jugendliche, die häufig schlecht bewertet werden, fangen dann an aufzublühen, wenn sie konsequent für positive Entwicklungen, und seien sie noch so gering, gelobt werden. Es ist eine Frage der Blickrichtung, diese Dinge zu sehen und zu benennen – denn sie sind ja da!

Das ist kein »Wegharmonisieren« der Probleme der Welt. Im Gegenteil sind das Danke-Sagen und das Loben Tugenden, die häufig gerade unter schwierigen Umständen heranreifen und Kraft gewinnen.

Der Zukunft eine Zukunft geben

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