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Über die Raumfahrt

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Raumfahrt im Subraum ist eine komplizierte Angelegenheit. Der menschliche Verstand kann sich eine gekrümmte Dimension nicht vorstellen, und man kann sie mit keinem menschlichen Sinn sehen, fühlen oder erfassen. Es gab Raumschiffe, die mit Fenstern ausgestattet waren, man konnte wirklich nichts sehen... wirklich nichts, gar nichts. Und wenn man zu lange hinausstarrt, wird einem einfach schlecht.

Die Subraumschiffe brauchen eine riesige Batterie von Sensoren, um den Subraum darzustellen. Um ihn für den menschlichen Verstand irgendwie verständlich zu machen, wurden die vielen Einsen und Nullen in eine Art Seekarte umgewandelt. Subraum-Raumfahrt verwendete Begriffe aus der Seefahrt. Es gab Strömungen, Riffe, Wellen, Gezeiten, Sandbänke, Buchten und vieles mehr. Tatsächlich war die Subraumfahrt eher wie Segeln, denn auch 400 Jahre nach der Entdeckung des Subraums hatten die Schiffe keinen aktiven Antrieb. Der Tauchgenerator diente dazu, das Schiff in den Subraum zu bringen, wo es Strömungen und Winde finden musste, um sich fortzubewegen.

Im Subraum wurden drei Zonen unterschieden: Erstens, das "Oberflächenwasser". Hier war der Raum nur leicht gekrümmt und es gab keine Strömungen oder andere Gefahren. Aber ohne Antrieb stand man in dieser Zone still und niemand hatte Interesse daran, sich dort aufzuhalten. Sollte irgendwann ein Antriebssystem entwickelt werden, wäre auch diese Zone wenig interessant, denn hier war der Raum nur leicht gekrümmt und man konnte nicht so schnell reisen, wie wenn man tiefer im Subraum wäre. Zweitens wurde die unterste Zone Abyss genannt, genau wie im Meer. Aber auch hier gab es keinen Wind, nur mit Antrieb wäre es hier interessant: Hunderte von Lichtjahren wären in wenigen Minuten durchquerbar. Aber auch diese Zone blieb den Menschen verschlossen, und sie mussten sich vorerst mit dem Meso-Subraum begnügen. Der Teil des Subraums, in dem es Winde und Strömungen gab, die man nutzen konnte, der aber auch voller Gefahren war...

Wie funktioniert also das Reisen im Subraum?

Im Wesentlichen brauchte man zunächst ein Kartierungsschiff. Dieses Schiff kartierte den Subraum mit seinen extrem empfindlichen Sensoren. Dann wurde eine nautische Karte erstellt und ein sicherer Kurs zu einem sicheren Ort berechnet. Die nächsten Tage oder Wochen verbrachte man damit, zu diesem sicheren Ort zu driften. Durch vorsichtiges Auftauchen im Normalraum stellte die Besatzung fest, wo sie sich nun befand, und beide Karten wurden übereinandergelegt.

"Auftauchen" klingt sehr einfach, aber es war viel komplizierter als das Auftauchen mit einem U-Boot. Viele Dinge mussten beachtet werden: Man durfte nicht zu nahe an einem Himmelskörper auftauchen, sonst könnte man direkt in ihm materialisieren. Aber zum Glück konnte man massenreiche Objekte auch aus dem Subraum sehen. Wollte man zu einem Planeten gelangen, musste die Bahnmechanik beachtet werden, damit man richtig in der Umlaufbahn eines Planeten ankam und der Planet einem nicht davonflog. In diesem Fall konnte man immer noch die Sublichtantriebe benutzen, aber das war energieaufwendig. Und es war sehr wichtig, dass man beim Auftauchen nach oben schaute und nicht z.B. von unten in eine Treibsandbank krachte. Subraumtauchen war also eine komplizierte Disziplin, und man musste jahrelang studiert haben, bevor man ans Ruder gelassen wurde.

Die Subraumkartographen legten dann ein paar Funkboyen aus und machten sich dann an die Kartierung des nächsten Abschnitts. Danach wurde alles einfacher: Sogenannte Straßenbauschiffe nutzten die Karten und bestimmten, wo es am besten war, "Straßen zu legen", also die Routen mit Funkbojen zu bestücken. Die nachfolgenden Schiffe brauchten nichts mehr zu berechnen, sie konnten einfach den vorgegebenen Routen folgen. Was also eine Kartografie-Crew Jahre an Arbeit kostete, wurde später innerhalb von Tagen oder Wochen überbrückt.

Eigentlich wäre die Kartographie eine perfekte Aufgabe für die fortgeschrittene künstliche Intelligenz, die es im 24. Jahrhundert gab. Doch autonome Subraumschiffe hatten überdurchschnittlich viele Unfälle und verschwanden auf Nimmerwiedersehen im Subraum. Niemand wusste wirklich, warum dies geschah, und es gab alle möglichen Hypothesen. Aber das half nicht weiter: Es blieb also nichts anderes übrig, als menschliche Besatzungen auf jahrelange Reisen zu schicken.

Nach fünfzig Jahren Subraumreisen konnten vier Planeten kolonisiert werden, und endlich konnte die Erde von der extremen Überbevölkerung befreit werden. Nach und nach folgten weitere Kolonien. Doch trotz intensiver Suche wurde keine weitere handelswillige außerirdische Rasse entdeckt. Die Menschen entdeckten auf einem eisbedeckten Planeten etwas, das wie Ruinen einer Zivilisation aussah, mit einer übermäßigen Menge an Metallschrott in seiner Umlaufbahn. Aber die Zivilisation war wahrscheinlich schon vor 20000 Jahren ausgestorben. Auf einem anderen Planeten vermutete man ebenfalls Intelligenz in Form von Riesenkraken, aber sie schienen keine Technologie zu besitzen.

Die einzige Zivilisation, die man fand, waren die Tollaner. Sie hatten eine blühende Zivilisation, und ihre Umlaufbahn war mit High-Tech-Satelliten gefüllt. Es dauerte zwölf Jahre, um Kontakt aufzunehmen, da die Tollaner alle Kommunikationsversuche ignorierten. Selbst Entdecker, die auf den Planeten streiften, wurden ignoriert. Erst nach zwölf Jahren ein Durchbruch; die Tollaner schickten eine Nachricht an das Beobachtungsschiff. Eigentlich war es eine Software, die in wenigen Sekunden die menschliche Sprache erlernte und folgende Botschaft übersetzte: "Wir haben euch gesehen, aber wir sind nicht daran interessiert, mit euch zu kommunizieren."

Also ließen die Menschen die Tollaner in Ruhe und kehrten mit dem einzigen bekannten Stück außerirdischer Technologie zurück: dieser Super-Übersetzungssoftware, die von da an alle Sprachprobleme löste.

Das war in kurzen Worten, was in den letzten 400 Jahren geschah.

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