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Y Luttant quand même, suprême effort

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Nachdem er lange am Zeitungsstand vor der Endstation der Züge nach Centocelle gestanden hatte, war er in seine Dachwohnung zurückgekehrt, dann hatte er ein paar Stunden damit verbracht, die letzten Kapitel eines japanischen Krimis zu lesen, in dem ein alter Detektiv, dessen Jacketts noch zerschlissener waren als die seinen, im Fahrplan der Züge den Beweis für ein Verbrechen erkannte. Als er den Roman beendet hatte, hatte ihn ein Hungergefühl überkommen. Also war er, und diesmal allein, zum Gourmet-Markt am Bahnhof Termini hinuntergegangen.

Er hätte nicht sagen können, wie lange er außer Haus gewesen war, er erinnerte sich nur, dass auf den Bildschirmen über ihm zwei Videos von Nirvana liefen, während er langsam an einem eiskalten Stout nippte. Eins war The man who sold the world. In dem anderen, das er noch nie gesehen hatte, starrte Kurt Cobain mit fahlem, geistesabwesendem Blick in die Kamera. Er hätte wohl besser eine letzte Platte als verstimmter Sänger aufnehmen sollen, anstatt sich eine Kugel durch den Kopf zu jagen, hatte Corso gedacht und war mit diesem Solitär aus abstrusen Reuegefühlen nach Hause zurückgekehrt, doch seinem Abscheu hatte das nicht gutgetan. Bei den herrschenden Temperaturen schien der Asphalt sich aufzulösen und die Stadt, nach dem Regen am gestrigen Abend, zu verdunsten.

Vor seinem Haus angekommen, hatte er den Schlüssel umgedreht und die Eingangstür aufgedrückt.

Wie immer um diese Zeit war der Innenhof von Sonnenlicht überflutet, und er musste die Augen zukneifen. Er bemerkte kein besonderes Geräusch von den Fenstern der anderen Wohnungen, vielleicht nur Geschirrklappern, aber das konnte sowohl aus der Küche von Signora Manuela als auch von der Familie Malfenti kommen. Er öffnete die zweite Tür am Ende des Innenhofs und ging zum Aufzug, es war zu schwül, um zu Fuß hinaufzusteigen, und selbst die paar Stufen nach dem letzten Treppenabsatz kosteten ihn große Mühe.

Als er seine Wohnungstür angelehnt sah, dachte er an Gabriel, der eine Kopie des Schlüssels hatte. Schüchtern rief er ins Innere, dann stieß er die Tür auf. Der Fußboden war mit Büchern und zerbrochenen Schallplatten übersät, die Stühle umgeworfen, die Schubladen des Schreibtisches herausgezogen. Auch der Ventilator und die Sofakissen lagen auf dem Boden. Und ein Haufen ungeschriebener, zerrissener Postkarten.

Er ging einen Schritt vorwärts und hob das leere Cover eines alten Albums von Sylvie Vartan auf, dazu eine aus einem Buch herausgerissene Seite. Die Türen des Schranks auf dem Hängeboden standen offen, Häufchen von Unterwäsche lagen auf dem Bett.

Benommen blieb er stehen, betrachtete das unbegreifliche Chaos.

Kannten sie seine Uhrzeiten? Hatten sie ihn ausspioniert? Oder war das der Raubzug eines Diebs auf der Durchreise?

Er ging bis zur Mitte der Einzimmerwohnung. Der Ledersessel, auf dem seine Patienten Platz nahmen, stand mit dem Rücken zu ihm, und in dieser ungewöhnlichen Position inmitten des Raums kündete er weitere, noch furchterregendere Unsinnigkeiten an. Auch den Teppich hatten sie in die Mitte gezogen, doch an zwei Stellen bildete er eine Stolperfalle.

Django.

Wo war er?

Er rief ihn, ein, zwei, drei Mal, doch bevor er den Zipfel des Teppichs anhob, sah er eine graue Pfote hinter dem Sofa hervorschauen. Djangos Schnauze war voller Speichel, die Glieder steif, und der Bauch blähte sich immer wieder ruckartig auf. Als er ihm eine Hand unter den Hals schob, bewegte der Hund schwach den Schwanz. Einen Moment lang versuchte er, sich auf den Vorderbeinen aufzurichten, fiel aber sofort wieder um, und eine Art Niesen schüttelte seinen ganzen Leib. Corso hielt ihm den Kopf und stellte fest, dass er aus der Nase blutete. Er versuchte, das Blut mit einem Taschentuch zu stillen, doch große rote Flecken tränkten den Zellstoff, breiteten sich schnell aus. Corso zog sein Telefon aus der Hosentasche und rief Gabriel um Hilfe.

In den folgenden fünf Minuten drückte er unablässig Taschentücher auf Djangos Nase und streichelte ihm über die Brust. Außer dem Blut, das auf den Boden gespritzt war, gab es keine Flecken auf dem Parkett, und eine flüchtige Untersuchung ergab, dass der Hund keine Verletzungen an Bauch oder Kopf hatte. Wahrscheinlich hatte er etwas Giftiges verschluckt, denn in der Luft lag ein Geruch nach Gift, und in dem Fall blieb nur zu hoffen, dass es kein Strychnin war.

Gabriel bestätigte später, zu der Zeit, als Vince ihn anrief, sei im Fernsehen gemeldet worden, dass die Anzahl der Opfer des Attentats in dem türkischen Flughafen gestiegen war. Da habe er gerade sein Mittagessen beendet. Er habe seine Sandalen angezogen und sei sofort hinaufgegangen. Die Tür von Vinces Dachbodenwohnung sei offen gewesen. Er habe keine Erklärungen verlangt und auch keine Zeit damit verloren, sich umzublicken. Wenn der Hund vergiftet worden war, musste man ihm auf der Stelle Salzwasser zu trinken geben, damit er sich erbrach. Er ging zum Waschbecken, um ein Glas zu füllen, doch als er es ihm ins Maul gießen wollte, floss der größte Teil seitlich heraus auf den Fußboden. Sie hätten eine Spritze gebraucht, um ihm das Wasser in die Kehle zu spritzen, aber es gab keine Spritzen in der Wohnung, und Gabriel hatte den Eindruck, dass der Hund im nächsten Moment einen Krampfanfall bekommen würde. Also beschlossen sie, ihn zum nächsten Tierarzt zu bringen. Im Fahrstuhl lehnte Corso sich an eine Wand, Gabriel drückte den Knopf, die Stahlseile rollten von der Trommel, und der Spiegel hinter ihnen gab ein ungewöhnliche Bild wieder: ein Mann mit einem ohnmächtigen Hund auf dem Arm, der mühsam atmete, und ein anderer, der ihm Platz machte.

Im Hof trennten sie sich, Gabriel lief das Auto holen, Corso ging zum Ausgang. Kein Mieter zeigte sich am Fenster, niemand bemerkte sie. Vor der Eingangstür versperrten drei Scooter und ein schwergewichtiges Motorrad den Weg. Corso musste weiter vorne einen Durchschlupf suchen und besetzte die Fahrbahn mit ausgebreiteten Beinen, das Gewicht des Hundes auf den Armen. Kurz darauf kam Gabriel angefahren, er sprang aus dem Auto und riss die hintere Wagentür auf.

Viele Geschäfte hatten ihre Rollläden heruntergelassen. Die Wahrscheinlichkeit, mitten im Juni um zwei Uhr mittags eine geöffnete Tierarztpraxis zu finden, war gering, doch Gabriel fiel eine Spezialklinik in der Nähe der Basilika San Giovanni ein, in die er vor einem Monat seinen Dackel gebracht hatte. Auch während der Fahrt wechselten sie kein Wort, und schweigend stürzten sie wenige Minuten später in die Ambulanz.

Am Empfang telefonierte man sofort nach einem Arzt. Eine Ärztin mit roten Haaren erschien und half ihnen, Django im Raum gleich nebenan auf einen Untersuchungstisch zu legen. Sie holte ein Paar Einmalhandschuhe aus einem Metallschränkchen, kontrollierte rasch Djangos Pupillen und untersuchte Zunge und Zähne, indem sie sie mit einer weißlichen Substanz säuberte. Sodann versuchte sie beharrlich, ihn zum Erbrechen zu bringen, doch alles was er ausspuckte, war ein grünliches Gerinnsel aus Magensäften und Speichel zusammen mit ein paar Papierfetzen. Sie gab ihm eine Spritze in die Haut am Rücken, die sie mit zwei Fingern zusammenkniff. Mit einer anderen Spritze nahm sie ihm Blut ab und verließ kurz das Zimmer.

Die Wände waren vor nicht allzu langer Zeit weiß gestrichen worden, doch nicht nur das verlieh dem Raum ein aseptisches Aussehen. Neben dem Waschbecken standen aufgereiht auf einem langen Arbeitstisch chemische Produkte, Nahrungsmittel, physiologische Kochsalzlösungen, Sprühflaschen, Watte, Pflaster, Verbandmull. Während er mit der Hand über den Bauch des Hundes strich, seinen Kopf berührte und ihm die Ohren glättete, machte Corso eine alphabetisch geordnete Bestandsaufnahme sämtlicher Gegenstände in dem Raum: Fieberthermometer, Mikroskope, Mundsperreisen, Pinzetten, Scheren, Sonden, Sterilisatoren, Umschläge und Wundhaken. Auf einem Regal stand ein Ventilator, die Klimaanlage lief schon auf vollen Touren.

»Er wird jetzt eine Weile schlafen«, sagte die Ärztin, als sie wieder hereinkam.

Corso fragte, was sie sonst noch tun konnten.

Die Frau breitete die Arme aus.

»Wir müssen ihn hierbehalten und können nur hoffen, dass das Gift, das er geschluckt hat, nicht tödlich ist.«

Dann hatte ihn also jemand vergiftet?

»Kommen Sie mit mir und erklären Sie mir alles«.

Sie ließen Django allein, der auf dem Untersuchungstisch schlief, und gingen in ein kleineres Sprechzimmer.

»Hatte Ihr Hund bereits einmal eine Infektionskrankheit?«

»Soweit ich weiß, nein.«

»Ist er gegen etwas allergisch?«

»Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ich glaube nicht, aber ich habe ihn erst seit wenigen Monaten.«

»Haben Sie ihn gekauft?«

»Er gehörte zwei älteren Leuten, meinen Nachbarn im Haus, sie sind umgezogen.«

»Dann wird er Papiere haben.«

»Da muss ich nachfragen.«

»Besteht bei ihm eine Lebensmittelunverträglichkeit?«

»Er hat immer mit gutem Appetit gefressen.«

»Wurde er schon einmal von einem anderen Hund gebissen?«

»Nein.«

»Irgendein anderes besonderes Kennzeichen?«

»Niemand hat ihn je bellen hören.«

»Auch kein Winseln oder Jaulen?«

»Niemals.«

»Ich kenne nur eine Hunderasse, die wirklich stumm ist, die Basenji, aber auch die stoßen von Zeit zu Zeit vereinzelte, leise Laute aus.«

»Meiner nicht, er ist tatsächlich stumm.«

Nachdem er diese ersten Fragen beantwortet hatte, ging Corso dazu über, ihr von der Rückkehr in seine Wohnung zu erzählen, dem verwüsteten Zimmer, Django hinter dem Sofa. Die Ärztin notierte sich jede Einzelheit und wollte wissen, ob er Essensreste in der Wohnung gefunden hätte. Corso hatte nur den Eindruck gehabt, dass ein merkwürdiger Geruch in der Luft lag.

»Ich nehme an, Sie werden Anzeige erstatten«, sagte die Ärztin und legte den Stift weg.

Corso nickte.

»Werde ich lange warten müssen?«

»Schwer zu sagen, einige Stunden, vielleicht sogar mehrere Tage.«

Er hätte gerne noch länger mit dieser Frau geredet, doch sie sagte, er und sein Freund möchten bitte im Wartezimmer Platz nehmen, dann übergab sie die Papiere, die sie ausgefüllt hatte, der Sekretärin und verschwand in dem Zimmer, wo sie Django zurückgelassen hatten. Gabriel bestand darauf, bei ihm zu bleiben, aber Corso wollte, dass er zurückfuhr, er erinnerte sich nicht einmal mehr, ob er seine Wohnungstür abgeschlossen hatte oder nicht.

Ich töte wen ich will

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