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Prolog

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Vor vier Jahren

Im Laufschritt eilte der Kanzler die Treppe hinab. Sein Puls raste und er schnaufte bei jedem neuen Absatz. Verflucht, er war zu fett geworden! Wer hätte auch ahnen können, dass der Informationsdienst seine Leute so tief im Keller des Wahrheitsdomes verstecken würde. Das nächste Mal würde er verfügen, sie im Erdgeschoss unterzubringen. Das käme seiner augenblicklichen Verfassung eher zugute.

Endlich hatte er das fünfte Untergeschoss erreicht. Das Licht alter Öllampen warf unruhige Schatten auf die uralten, glatt behauenen Wände. Neben der feuerfesten Tür prangte das Symbol des Informationsdienstes. Sonderabteilung Albastairn. Nervös fummelte er an seinem Finger herum, drehte den Siegelring mit dem Symbol Richtung Handfläche und legte die Hand dann in die Vertiefung in der Wand. Mit einem hörbaren Klacken entriegelte sich die Tür und Stimmengewirr schlug ihm entgegen. Im Halbdunkel des riesigen Raumes tuschelten und wuselten ein halbes Dutzend menschlicher Schemen umher, die sich über alte Abbildungen des Westmeeres beugten, Zettel hin- und herschoben und kleine Fähnchen in eine Karte von Albastairn steckten, die an der Wand hing.

Der Abteilungsleiter war von unverwechselbar schlaksiger Gestalt und näherte sich dienstbeflissenen Schrittes. Sein Gesicht wurde von einem schmalen Bart umrahmt. Zahllose Lachfältchen umgaben seine Augen. Die hohe Silberkappe, die ihn als Gelehrten auswies, glitzerte.

“Was hast du gefunden?”, fragte der Kanzler den Gelehrten. Mit Floskeln hielt er sich heute nicht auf.

“Wir haben alles zusammengetragen - Berichte, Beobachtungen, Zahlen und ein paar Gerüchte.” Der Gelehrte glitt zwischen seine Analytiker und fischte eine kleine, bebrillte Frau aus dem menschlichen Knäuel rund um den zentralen Kartentisch.

“Sergeant Vankhuus, berichtet”, gebot er und gab ihr einen kleinen Schubs in Richtung des nächtlichen Besuchers. Ihrem Blick war zu entnehmen, dass ihr die Anwesenheit des Kanzlers unangenehm war. Aber sie besann sich, straffte sich und strich eine blonde Strähne aus ihrer Stirn. Ihre grauen Augen suchten einen Punkt auf seiner schweren Kanzlerkette, bevor sie zu sprechen begann.

“Exzellenz, die Informationen aus Albastairn lassen darauf schließen, dass etwas Bedeutendes bevorsteht.”

Ihre Stimme klang gepresst und die versteinerte Mimik in ihrem burschikosen Gesicht verrieten ihm, dass ihr jegliches höfisches Gehabe fremd war. Also lächelte er, um sie ein wenig zu ermuntern.

“Was, Sergeant?”

Vankhuus blickte kurz unsicher zum Abteilungsleiter. “Die Eiserne Garde hat den Donjon abgeriegelt”, berichtete sie, nachdem ihr der Abteilungsleiter gütig zugelächelt hatte. “Unsere Agentin vermutet, sie öffnen die versiegelte Galerie im Donjon.”

Der Kanzler lächelte angestrengt weiter und widerstand dem Drang, alles aus der schmächtigen Analystin herauszuschütteln.

“Weiter.”

“Der Großalchemist von Albastairn weilt seit einer Woche im Donjon und richtet angeblich dort ein Labor ein. Die Küche soll ihm wegen seines Alters magenschonende Kost…”

“Ja, ich weiß”, unterbrach der Kanzler sie. “Sie öffnen die versiegelte Ahnengalerie nur bei Tod des alten und Inthronisierung des neuen Herrschers. Warum also jetzt?”

Der Abteilungsleiter warf ihm einen bedeutungsschweren Blick zu, während der Kanzler die Stirn runzelte. Er verstand noch nicht, worauf die beiden hinauswollten. Vankhuus blickte ihn erwartungsvoll an.

“Du willst sagen, dass…”, begann der Kanzler langsam.

“Es ist das Zepter”, half sie ihm aus, und fügte schnell “Exzellenz…” hinzu. “Der Großalchemist untersucht das Zepter von Albastairn.”

Die Furchen auf seiner Stirn wurden tiefer. Um das Zepter rankten sich die seltsamsten Gerüchte. Es war unbestreitbar alt. Voller alchemistischer Symbolik.

“Ist das bestätigt?”, fragte er den Abteilungsleiter.

“Unserem albastairnischen Freund zufolge macht der Grandugh von Albastairn bedeutende Geldmittel frei, um sie dem Großalchemisten zur Verfügung zu stellen”, antwortete dieser.

Der Kanzler nickte langsam. Das war in der Tat nichts Alltägliches. Nichts, aus dem er alleine Nutzen ziehen konnte. Er würde Theabel informieren müssen.

“Unsere Agentin ließ uns wissen, dass sie bis auf Weiteres einen Unterschlupf bei ein paar Flüchtigen gefunden hat, die vor den Steuereintreibern des Grandugh geflohen sind. Sie hält sich für weitere Aktionen bereit.” Sergeant Vankhuus tat einen Schritt zurück ins Halbdunkel. Mehr hatte sie nicht zu diesem Gespräch beizutragen.

“Danke, Sergeant. Gute Arbeit.”

Einige Wimpernschläge später hetzte er wieder durch die Gänge. Seit Monaten mehrten sich die Anzeichen, dass Albastairn aufrüstete. Pläne für gepanzerte Schiffe wechselten den Besitzer. Die Militärschmieden erhielten viermal so viele Aufträge wie sonst. Kein Zweifel, der Grandugh würde in naher Zukunft die Schmach seines Vaters rächen wollen. Aber was in aller Welt wollte der Großalchemist mit dem Zepter?


Drachengeist

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