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4. Kapitel

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Yingzhi hatte nie vorgehabt, Guiqing zu heiraten, sie wollte überhaupt noch nicht heiraten. Sie genoss das Singen in der San-Huo-Band als ein Vergnügen, mit dem sie außerdem noch Geld verdiente. Die San-Huo-Band wurde zwar nicht täglich engagiert, aber bei jedem Auftritt verdiente sie. Sie berechnete ihr Einkommen sorgfältig, schon bei vier Auftritten im Monat würde sie, wenn sie den ersten als Maßstab nahm, sechshundert Kuai verdienen. Monatlich lieferte sie der Familie fünfzig Kuai ab, das Übrige legte sie auf die hohe Kante. Pro Jahr würde das mehrere Tausend Kuai ergeben. Für Yingzhi war das eine astronomische Summe. Wenn sie daran dachte, dass sie im nächsten Jahr um die gleiche Zeit Herrin über mehrere Tausend Kuai sein würde, war sie von Freude überwältigt und vergaß allen Verdruss. Selbst mitten in der Nacht konnte ihr eigenes Kichern sie aus dem Schlaf wecken.

In diese freudige Stimmung hinein kam der Winter. Obwohl die Tage, an denen sie mit San Huo zu Auftritten fuhr und sie während der Fahrt, dem Bühnenaufbau und insbesondere beim Singen auf der Bühne dem eisigen Wind ausgesetzt war, keine leichte Angelegenheit waren, genoss Yingzhi das Leben. Auch ihre Stellung in der Familie verbesserte sich aufgrund der monatlichen Zahlungen merklich. Mit breitem Lächeln im Gesicht verkündete ihre Mutter häufig: »Unsere Yingzhi ist eine Gescheite, zum Glück ist sie nicht auf die Universität gegangen, sie ist kein Zuschussgeschäft wie Chunhui vom Dorfeingang.« Immer wenn sie ihre Mutter etwas Derartiges sagen hörte, stieß Yingzhi ein fröhliches Lachen hervor. Stimmt doch, oder?, dachte sie bei sich.

Es war ein Tag mit eisigem Wintersturm. Yingzhi ging auf den Abort. Der Abort bestand aus einem Bretterverschlag neben dem Schweinepferch und war oben offen. Der Wind pfiff durch die Ritzen, und die Kälte stach, sodass die Haut am Hintern schmerzte. Wenn sie an solchen Tagen menstruierte, waren ihre Finger so starr, dass sie kaum in der Lage war, die Einlage zu wechseln. Während sie über dem Loch zwischen den Holzbalken hockte, fiel ihr plötzlich auf, dass ihre Periode diesen Monat nicht gekommen war. In ihr krampfte sich alles zusammen. Im vergangenen Jahr hatte sie die zweite Schwägerin, als die schwanger wurde, gefragt, woher sie denn gewusst habe, dass sie schwanger sei. Wenn die Tage ausblieben, sei man schwanger, hatte die Schwägerin geantwortet. Während Yingzhi im eisigen Wind hockte, kamen ihr unwillkürlich die Worte der Schwägerin in den Sinn. Bei diesem Gedanken überfiel sie am ganzen Körper eine Gänsehaut.

Yingzhi wagte nicht, in die Sanitätsstation des Dorfes zu gehen, sie lief extra ins Kreiskrankenhaus. Das Ergebnis stürzte sie in Verzweiflung. Sie war tatsächlich schwanger. Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Nur wenige Male hatte sie sich mit Guiqing vergnügt. Er hatte sie zwar oft aufgesucht, aber gewöhnlich waren sie von Leuten umgeben, an ein ungestörtes Beisammensein war nicht zu denken. Nur einmal, bei einem Bühnenauftritt, war Guiqing mitgekommen und war ihr, als sie aufs Klo gegangen war, gefolgt. Er hatte gefleht und gebettelt und sie schließlich scham- und rücksichtslos in ein Wäldchen hinter einem der Häuser gezerrt. Dort hatten sie hastigen Geschlechtsverkehr gehabt. Das Ganze hatte nur wenige Minuten gedauert. Yingzhi war äußerst missvergnügt gewesen und hatte Guiqing wutentbrannt angeschrien: »Wieso benimmst du dich wie ein Dreckskerl?«

Bestimmt war das Missgeschick damals passiert. Die Vorstellung versetzte sie derart in Wut, dass sie Guiqing am liebsten erdolcht hätte. Sie begab sich aus der Kreisstadt schnurstracks zu ihm ins Alter-Tempel-Dorf. Guiqing saß mit seinen Kumpels am Mahjong-Tisch. Als er Yingzhi erblickte, warf er freudig überrascht die Mahjong-Steine hin und lief zu ihr hinaus. Yingzhi marschierte stumm voraus, Guiqing trottete hinter ihr her, bis sie im Wäldchen am Dorfausgang angelangt waren. Hier blieb Yingzhi stehen.

»Ich dachte, du willst nichts mehr von mir wissen«, sagte Guiqing.

»Glaubst du, ich will was von dir?«, antwortete sie mürrisch.

Guiqing kicherte: »Warum kommst du in unser Dorf, wenn du nichts von mir willst? Du hattest bestimmt Sehnsucht nach mir und traust dich nicht, es zu sagen. Hier im Gehölz können wir gut unser Ding machen.«

»Arschloch!«, sagte Yingzhi.

Guiqing zuckte zusammen. »Was soll das? Bist du hergekommen, um mich zu beschimpfen?«

»Mit Beschimpfen allein ist es nicht getan.«

»Hat deine Mutter erfahren, dass ich dich gefickt habe?«

Yingzhi wollte mit Beschimpfungen fortfahren, aber sie änderte ihre Meinung. Weitere Beschimpfung würde nichts bringen. Daher milderte sie ihren Tonfall und sagte: »Schlimmer als das.«

»Hast du einen neuen Freund, und der hat’s rausgekriegt?«

»Ich sag dir, wie es ist: Mir ist diesen Monat nichts Rotes gekommen.«

»Was gehen mich die schmutzigen Angelegenheiten von euch Weibern an?«

»Dass es wegen deinem Bankert weggeblieben ist, das geht dich nichts an?«, schrie ihm Yingzhi zornig ins Gesicht.

Guiqing erschrak: »Was? Du bist schwanger? Von mir?«

»Du schämst dich wohl gar nicht? Von wem denn sonst?«

Guiqing sprang auf, klatschte in die Hände und lachte laut: »Super! Großartig! Toll! Hätt ich nicht gedacht. Mit einem Schuss ins Schwarze getroffen.«

»Du hattest deinen Spaß, aber was ist mit mir? Wenn die anderen davon erfahren, kann ich mich nirgends mehr sehen lassen!«

»Beruhige dich, du bist die Mutter von meinem Sohn, ich lasse doch nicht zu, dass du vor allen Leuten das Gesicht verlierst. Du heiratest mich, und die Sache ist geritzt.«

Yingzhi gab ein kaltes Lachen von sich: »Was kannst du mir denn bieten, damit ich dich heirate?«

Yingzhis Reaktion dämpfte seine Begeisterung, ihm fiel ein, was Yingzhi damals zu ihm gesagt hatte. Aber er erholte sich rasch. Ihm kam ein Gedanke, und seine Miene hellte sich auf: »Ich biete dir meinen Sohn. Der wiegt doch Fernseher, Waschmaschine und all das Zeug auf?«

Als Yingzhi, die überlegte, welche zusätzlichen Forderungen sie stellen sollte, die Worte »mein Sohn« hörte, stieg in ihr ein eigenartiges Gefühl auf. War es Hass oder Zuneigung? Kalt sagte sie: »Na, das hast du dir ja fein ausgedacht.«

Die Hilflosigkeit dieser Antwort brachte ihn zum Lachen. Ein breites Grinsen verlieh seinem Gesicht einen durchtriebenen Ausdruck: »Tja, es lässt sich nicht ändern. Am besten heiratest du mich möglichst schnell.«

»Das kannst du dir abschminken«, antwortete sie zornig.

Guiqing grinste weiter über das ganze Gesicht: »Na, dann bin ich mal gespannt, was du anstellen willst. Ich hab’s nicht eilig, du bist eine Frau, bei Frauen ist das anders als bei Männern. Du weißt genau, dass Frauen, die unverheiratet mit einem dicken Bauch rumlaufen, ihr Gesicht im Hosenschlitz verstecken müssen.«

Yingzhi kochte vor Wut und biss die Zähne zusammen, bis sie knirschten, wüste Beschimpfungen lagen ihr auf der Zunge, aber Guiqings Worte klangen in ihr nach. Ja, sie war eine Frau, dachte sie mit Bitterkeit, nur eine Frau. All die üblen Folgen solcher Liebeleien gingen von den Männern aus, aber die Frauen mussten sie ausbaden. Das schien seit jeher eine Regel zu sein. Was sollte sie tun, wenn sich Guiqing drückte und sie im Stich ließ? Beim Gedanken, dass sich die Nachricht von ihrem dicken Bauch im Dorf, sogar im Kreis verbreitete, dass, wohin auch immer sie kam, die Leute mit dem Finger auf sie zeigten, erfasste sie Panik. Beim Anblick des triumphierenden Gesichtsausdrucks von Guiqing unterdrückte sie ihre Wut. Stattdessen fühlte sie leise Trauer darüber, dass sie nur eine Frau war.

Während sie in schmerzlichen Empfindungen versank, nutzte Guiqing die Gelegenheit, sie mit einem Ruck an sich zu ziehen und einen ungewohnt zärtlichen und liebevollen Ton anzuschlagen: »Ich bin bereit, dir aus der Patsche zu helfen. Komm, wir heiraten.« Anschließend begann er an ihr herumzufummeln. Sie war von seiner Zärtlichkeit gerührt. Ich gehöre ihm ja schon, was spielt es noch für ein Rolle, ob ich ihm seinen Wunsch lasse?, dachte sie.

Wütendes Feuer

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