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Du bist, was Du isst! Wie unsere Ernährungsweise die Entstehung der Adipositas beeinflusst

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Fachbeitrag von Diplom Oecotophologin VDOE Jutta Peters, Adipositaszentrum der RoMed Kliniken

Aus meiner Erfahrung als Ernährungsberaterin weiß ich, dass es nicht »den Kardinalsfehler« gibt, der zur Gewichtszunahme führt, sondern häufig viele Faktoren, die unser Gewicht sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Die Art, wie wir essen und was wir essen, wird bereits in der frühesten Kindheit geprägt. Schon in der Stillphase erhalten wir mit der Mutter- oder Ersatzmilch eine süßlich schmeckende Nahrung. Beim Stillen verknüpft das Gehirn den süßen Geschmack mit der Wärme und Geborgenheit der Mutter, die während des Stillens das Kind im Arm hält und sich intensiv um es kümmert. So werden das süße Geschmacksempfinden und die positiven Emotionen verknüpft, also Süßes mit positiven Erlebnissen in Verbindung gebracht. Dass dies so ist, zeigen zum Beispiel gegenteilige Erfahrungen mit Babys, die krankheitsbedingt oder weil sie zu früh zur Welt kamen, mit Sonden ernährt wurden. In diesen Fällen fehlt die Gedankenverknüpfung. So bauen diese Kinder zur Nahrungsaufnahme häufig keine positive Assoziation auf und müssen diese erst erlernen.


Aber auch wenn wir bereits als Baby ein positives Empfinden für den süßen Geschmack vermittelt bekommen, lässt sich das Verlangen nach süßer Nahrung durch die Auswahl von Lebensmitteln stark positiv oder negativ beeinflussen. So kann eine Orange oder Banane ebenso das süße Verlangen stillen wie eine Tafel Schokolade. Betrachten wir uns das Angebot an Babynahrung einmal näher, stellen wir fest, dass es ein breites Sortiment gibt, mit dem wir das Geschmacksempfinden unserer Kinder schon sehr früh regulieren können. Hersteller von Babynahrung bieten für Kinder ab dem 15. Monat beispielsweise »Pasta mit Wildlachs in Rahmbrokkoli« an und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, welche Lebensmittel ein Kind auch in späteren Jahren bevorzugt, wird es kontinuierlich mit solchen Speisen versorgt.

In jeder Phase unseres Lebens ist neben dem, was wir essen auch der Faktor, wann und wie viel wir essen für unser Körpergewicht bedeutsam. Und auch hier spielt eine große Rolle, was für eine Ernährungsweise im Baby- oder Kindesalter stattgefunden hat. Schreiende oder weinende Kinder immer mit Nahrung ruhigstellen zu wollen, kann ein Verhalten konditionieren, das zu Übergewicht führt. Denn irgendwann können Kinder normale Bedürfnisse und Hunger nicht mehr unterscheiden. Werden Kinder immer mit Nahrung versorgt, wenn sie sich nicht gut fühlen, verbinden sie bald die Nahrungsaufnahme mit jedem unguten Gefühl. Wird dieses Verhalten dann auch ins jugendliche und erwachsene Alter übernommen, haben wir es mit Menschen zu tun, die negative Gemütszustände mit Lebensmittelkonsum zu kompensieren versuchen.


Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Art und Weise, wie wir essen. In einer Zeit, die immer hektischer wird, konsumieren wir Nahrung häufig nicht bewusst genug. Alte Rituale, wie das gemeinsame Abendessen mit der ganzen Familie oder das Sonntagsessen, gibt es in der Regel nur noch selten. Stattdessen gewinnen die Pizza vor dem Computer oder Fernseher und die Wurst an der Bude zunehmend an Bedeutung. In meiner Praxis erlebe ich sehr häufig, dass viele Menschen, zu ihrer Nahrungsaufnahme befragt, gar nicht mehr genau wissen, was sie wann gegessen haben. Dabei liegt der Vorteil einer bewussten Ernährung auch darin, dass sich ein schnelles und nachhaltiges Sättigungsgefühl einstellen kann.


Aber auch die Nahrungsmittelindustrie und der Handel machen es uns nicht gerade leicht, uns ausgewogen und gesund zu ernähren. Immer neue, schnell kredenzte Menükreationen sind für Menschen jeden Alters eine bequeme Alternative zur selbst gekochten Mahlzeit. Häufig lassen wir hierbei jedoch außer Acht, mit welchen Zusatzstoffen und »Dickmachern« die meisten Produkte »schmackhaft« gemacht werden. So kann eine fertige Salatsauce manchmal fast so viel Zucker beinhalten wie ein Pudding.

Neben der falschen Ernährung wirkt sich unser Verhalten auf der Arbeit und in der Freizeit erheblich auf unser Gewicht aus. Wenn wir, bedingt durch eine stressige Arbeitssituation, auf das Sportstudio verzichten und erst spät abends essen, spiegelt sich dies schnell auf der Waage wider.

Selbst wenn genetische Faktoren und verschiedene Stoffwechselprozesse unser Körpergewicht stark beeinflussen, so können wir doch unsere Gewichtssituation einerseits durch Qualität und Menge der Nahrung, andererseits durch unser Verhalten maßgeblich beeinflussen. Dies wird allerdings schwieriger, je höher der BMI steigt. Ab einem BMI von 35 kg/m2 gewinnen häufig diverse Stoffwechselprozesse und hormonelle Veränderungen so große Bedeutung, dass ein massiver und lang anhaltender Gewichtsverlust allein mit einer Ernährungsberatung oder Verhaltenstherapie nur sehr schwer umzusetzen ist. Dennoch sollte eine Operation erst dann erfolgen, wenn mindestens sechs Monate lang der »ernsthafte Versuch« unternommen wurde, das Gewicht mit diesen beiden konservativen Therapieformen zu reduzieren. Im Übrigen wird das auch von den Krankenkassen zwingend vorgeschrieben, wenn es darum geht, eine operative Maßnahme bezahlt zu bekommen.

Im Rahmen einer qualifizierten Ernährungsberatung ist zunächst die körperliche und gesundheitliche Situation zu erfassen. Dazu wird nicht nur das Gewicht, sondern auch der Fett-, Muskel- und Wasseranteil des Körpers ermittelt. Dies geschieht mittels einer bioelektrischen Impedanzmessung. Bei dieser Messung fließt ein sanfter Wechselstrom durch den Körper und misst die leitfähige Substanz, also Wasser und Muskelgehalt. Der Fettgehalt hingegen lässt sich nur durch Umrechnung ermitteln. Letztlich geht es ja darum, Körperfett zu reduzieren und die Muskelmasse zu erhalten. Mit Hilfe eines Ernährungstagebuches können wir die Ernährungsweise unserer Patienten sehr genau analysieren. Dies erlaubt uns, nicht nur zu erkennen, was gegessen wird, sondern auch, wann Nahrung und Getränke konsumiert werden und wie es zum Zeitpunkt der Mahlzeit um die Stimmung des Patienten bestellt war. Die Eintragungen lassen viele Rückschlüsse zu und helfen, gemeinsam mit den Betroffenen Maßnahmen zu ergreifen, die sich positiv auf die Ernährungsweise und damit auf die gesamte gesundheitliche Situation auswirken. Erkennen wir zum Beispiel, dass ein Patient gehäuft Süßigkeiten verzehrt, wenn er frustriert ist, können wir gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, die diese Art der Frustkompensation ersetzen. Verhaltens- und Ernährungstherapie sollten dabei immer ineinandergreifen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen.



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