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Geschichtlicher Auszug

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Der Perfektionismus wird seit jeher mit pathologischen, also krankhaften Eigenschaften gleichgestellt. Zahlreiche empirische Abhandlungen basieren vor allem auf dem bekannten 2 - Facetten-Modell, was mittlerweile jedoch als überholt zu bewerten ist. Nur der Vollständigkeit halber und um aufzuzeigen, wie komplex die ganze Thematik ist, werde ich sie Ihnen trotzdem nachfolgend kurz vorstellen.

Studien, die mit Patienten durchgeführt wurden, brachten aber vor allem ein Ergebnis hervor: Je höher der Perfektionismus-Wert des Probanden, desto ausgeprägter waren psychische Krankheitsbilder wie Essstörungen (z. B. Magersucht, Bulimie, Fresssucht), Depressionen und jegliche Zwangsstörungen (z. B. ständiges Händewaschen, ständiges Putzen der Wohnung).

Studien, die mit Personen durchgeführt wurden, die bis dato nicht an diagnostizierten psychischen Erkrankungen litten, zeigten, dass ein perfektionistisches Handeln und Denken ebenso psychische Entgleisungen (gestörtes Ess- und Trinkverhalten, depressive Symptomatiken oder Angststörungen) zur Folge hat.

Zwei-Facetten-Modell

1978 schlug Don E. Hamachek vor, den Perfektionismus in zwei Kategorien zu teilen:

 normaler bzw. funktionaler Typus

 dysfunktionaler bzw. neurotischer Typus

Die heutige Sichtweise ist dahingehend jedoch etwas anders. Typus eins, also der „normale, funktionale“ Typus wird heute als der „gewissenhafte“ Typus angesehen.

Der zweite Typus jedoch als jener, der als der eigentliche Perfektionismus ausgelegt werden könnte, also mit ausgeprägten pathologischen Zügen einhergeht.

Sechs-Facetten-Modell

1990 arbeiteten Randy O. Frost und dessen Kollegen ein Modell des Perfektionismus mit sechs Facetten heraus:

 hohe eigene Maßstäbe / Standards

 die eigene, organisierte Planung

 Sensibilität gegenüber den eigenen Fehlern

 Zweifel, bezogen auf die eigene Leistung

 die Erwartungen der Eltern

 die Kritik durch die Eltern

Dieser Modellaufbau verdeutlicht sehr anschaulich, welchem Stress sich Perfektionisten täglich aussetzen. Zum einen gilt es die eigenen Maßstäbe zu erfüllen, die nur mit einem streng getakteten Plan zu erreichen scheinen. Dabei muss noch versucht werden, Fehler jeglicher Art zu vermeiden und ständig gegen Zweifel, die sich immer wieder hervortun und Unentschlossenheit verbreiten, zu bestehen. Hinzu kommt noch die Sicht der Eltern auf den Perfektionisten. Diese haben hohe Erwartungen an Ihr Kind und kritisieren dieses auch dementsprechend. Wobei es durchaus auch sein kann, dass vom Kind selbst vielleicht die Erwartungen, die die Eltern stellen könnten und die Kritik, die sie ausüben könnten, kreiert werden. Meist versucht der Perfektionist den Erwartungen der Eltern gerecht zu werden, ohne dass diese von den Eltern selbst je so hochgeschraubt gewesen wären. Auch werden häufig alte, vergangene Vorgaben versucht zu erfüllen. So jagt der perfektionistische Mensch beispielsweise noch immer den Maßstäben der Eltern nach, obwohl diese schon lange verstorben sind, was wiederum dazu führt, dass, selbst wenn diese Forderungen erfüllt werden würden, der positive Effekt (z. B. Lob der Eltern, Bestätigung, Stolz) ausbleiben würde.

Drei-Facetten-Modell

1991 erarbeitete der Psychologe Paul L. Hewitt in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Gordon L. das Drei-Facetten-Modell.

In diesem Modell werden drei Arten des Perfektionismus unterschieden, wobei diese selbst in zwei Stufen einzuteilen sind:

Die erste Stufe:

Hierbei wird vorrangig die Frage erörtert, von welchem Ursprung die hohen Ansprüche, die es zu erfüllen gilt, ausgehen.

Die zweite Stufe:

Hier wird geklärt, an wen sich diese hohen Ansprüche richten, d. h. wer sie erfüllen muss.

Fügt man diese zwei Stufen zusammen, ergeben sich nach diesem Modell die drei Arten des Perfektionismus:

 der selbstorientierte Perfektionismus

 der sozial vorgeschriebene Perfektionismus

 der fremdorientierte Perfektionismus

Psychodynamisches Modell

2014 stellte der Psychiater und Neurowissenschaftler Raphael M. Bonelli die Theorie auf, dass Perfektionismus ein von Ängsten durchzogenes Vermeidungsverhalten darstellt. Dieses Vermeidungsverhalten hat zur Folge, dass das „Soll“, „Ist“ und „Muss“ nicht miteinander im Einklang stehen, sondern sich regelrecht bekriegen.

„Soll“

Das „Soll“ steht für ein Ideal (z. B. Sollwert im technischen Bereich).

„Ist“

Das „Ist“ entspricht dem Istwert, also der eigenen, persönlichen Realität eines Menschen.

„Muss“

Das „Muss“ ist für die Ängste, die ausgelöst werden, verantwortlich, weil „Soll“ und „Ist“ nicht gleichzeitig erfüllt werden können, sondern immer einer natürlichen, gesetzmäßigen Spannung unterliegen.

Das „Soll“ und das „Ist“ stehen sich bei einem psychisch gesunden Menschen gegenüber, sie „kämpfen“ etwas gegeneinander, ohne dass je einer als Sieger hervorgeht. Für eine seelisch stabile Persönlichkeit ist dieser Zweikampf kein großes Problem. Dieser Kampf ist leicht erträglich und dient im Normalfall der Ausreifung der eigenen Persönlichkeit, die sich stetig weiterentwickelt.

Ein Perfektionist zerbricht an diesem Gerangel, da das „Soll“ eigentlich sehr unrealistisch ist und nie erreicht werden kann. Somit stellt für ihn das „Soll“ einen ständigen, mehr oder weniger stillen, Vorwurf gegen das eigene Tun und Handeln dar. Der Mensch realisiert, dass er nicht perfekt ist und dieses vermeintliche Optimum auch nie erreichen wird.

Mit dieser Einsicht mutiert das „Soll“ zum „Muss“, was wiederum teils extreme Ängste auslöst. Der eigene Handlungsspielraum wird durch diese Manifestation enorm eingeschränkt. Die Person entwickelt panische Ängste, Fehler zu begehen oder daraus resultierende Kritiken ertragen zu müssen.

Eigentlich will der Perfektionist gar nicht perfekt sein des Perfektionismus wegen. Er will vielmehr erreichen, für andere perfekt zu wirken und damit einen Status der absoluten Unantastbarkeit, was vorrangig Fehler und Kritik betrifft, zu erreichen. Es gilt weniger die Eigenwahrnehmung, sondern vielmehr liegt der Fokus auf dem, was andere wahrnehmen bzw. wahrnehmen könnten.

Perfektionismus überwinden

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