Читать книгу Fit und fair im Netz - Felix Rauh - Страница 8
ОглавлениеWas für ein heißer Sommer. Auch heute wird das Thermometer wieder über die 30-Grad-Marke klettern. Elif packt das Badezeug in den Rucksack, sie will nach der Schule mit Kim, Meret und Anna ins Strandbad. Die vier sind eine Clique und kleben in diesen Tagen vor den langen Sommerferien förmlich zusammen. Sie sind unzertrennlich: Alle für eine, eine für alle. »Eine für alle« findet Elif allerdings nicht so toll, wenn es um die Hausaufgaben geht. Kaum trifft sie sich vor Schulbeginn mit ihren Freundinnen, verlangen sie von Elif die Hausaufgaben zum Abschreiben. Elif zeigt sie selbstverständlich her, fühlt sich aber ausgenutzt, insbesondere von Kim, die wirklich nie etwas selbst erledigt. So hat sie es vor ein paar Tagen einer Freundin erzählt. Nun stellt sich heraus, dass diese sich verplappert hat; Kim weiß, dass sich Elif über sie beschwert hat. Kim ist wütend, empört sich über Elifs fehlende Loyalität und verlangt eine Wiedergutmachung.
Meret gefällt Kims Forderung, sie wittert Action und tuschelt während des Unterrichts mit Kim über eine passende Vergeltungsaktion. Nach der Schule halten die beiden Elif hinter dem Wartehäuschen der Bushaltestelle fest. Kim spuckt auf den Boden und befiehlt Elif, den Klecks als Entschuldigung aufzulecken. Alle lachen, auch Elif. Doch als sie locker über den Scherz hinweggehen will, wird die Sache plötzlich ernst. Meret hält Elif fest, Kim zerrt sie zu Boden. Das findet Anna, die bis jetzt recht teilnahmslos danebengestanden hat, nun doch etwas krass. Meret zeigt auf Kims rot lackierte Zehen und fordert von Elif ultimativ, Kims Füße zu küssen, sonst werde sie aus der Clique ausgeschlossen. Elif tut angewidert, was von ihr verlangt wird. Kim hält die Szene spontan mit der Handykamera fest, währenddessen Anna gelangweilt auf den Busfahrplan schaut und etwas von Tropenhitze und endlich baden nölt. Während der Busfahrt sehen sich Kim und Meret das Filmchen wieder und wieder an, lachen angeekelt und verpassen es fast, aus dem Bus auszusteigen. Sie klopfen der bekümmert schweigenden Elif auf die Schulter, es sei ja nur Spaß und eh alles wieder gut. Meret sagt, wenn Elif sich weiterhin schön die Hausaufgaben abschreiben lasse, dann werde bestimmt auch niemand Kims Filmchen sehen. Die vier schlendern an der Bibliothek vorbei zum Strandbad. Anna sucht der Clique einen schattigen Liegeplatz und streckt sich auf ihrem Badetuch aus, die Ohren zugestöpselt, die Augen geschlossen. Sie wäre lieber irgendwo anders, denn was hier abgeht, missfällt ihr, sie fühlt sich gar nicht wohl.
Nach einer kurzen Abkühlung im Wasser kehrt etwas Entspannung ein. Die vier Mädchen quatschen und zeigen sich gegenseitig ihre liebsten Musikvideos. Die Smartphones zirkulieren, und in einer unbeobachteten Sekunde löscht Elif das peinliche Filmchen. Sie atmet erleichtert auf. Kim entdeckt allerdings schnell, dass der Film von ihrem Handy entfernt worden ist. Rasend vor Wut, zerrt sie Elif an den Haaren. Elif reißt sich los, packt in aller Eile ihren Krempel zusammen und flüchtet in die Umkleide. Sie fühlt sich unendlich allein und kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Elif zieht sich um, stopft das nasse Badezeug in die Tasche und quetscht sich im letzten Moment in den vollen Bus. Sie hat nicht bemerkt, dass Meret und Kim ihr zur Garderobe gefolgt sind und Meret sie heimlich beim Umziehen fotografiert hat.
Anna, die sich gleich nach dem Haargezerre aus dem Staub gemacht hat, zieht sich zu Hause mit einem Buch in ihr Zimmer zurück. Sie versucht, den schlimmen Nachmittag zu vergessen – vergeblich. Ihr Handy surrt, und das Bild der nackten Elif leuchtet auf dem Display auf. Gleichzeitig verbreitet sich das Foto über sämtliche virtuellen Kanäle. Kurz darauf erscheinen die ersten fiesen Kommentare: Igitt!! Voll peinlich!!!!! Die zieht sich wohl für jeden aus?!