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|26|Apokryphe Texte

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Im 2. Jahrhundert war die Anzahl der Christen stark angewachsen und damit stieg auch das Interesse der Gläubigen an Geschichten über den Ursprung ihres Glaubens. Es kamen Erzählungen in Umlauf, in denen die historische Wirklichkeit einer idealisierten Darstellung der Dinge Platz gemacht hatte. Ein Beispiel sind die in griechischer Sprache geschriebenen „Paulusakten“ („Acta Pauli“). Teile dieser der Glaubensverkündigung und dem Tod des Paulus gewidmeten Erzählung wie etwa die „Akten des Paulus und der Thekla“ und das „Martyrium des Paulus“ sind auch in gesonderten Manuskripten überliefert.10

Die Übereinstimmungen mit dem Text der Apostelgeschichte sind klar erkennbar. Der Verfasser hatte die Reisewege des Paulus vor Augen, als er seine Sicht auf die Glaubensbotschaft des Apostels zu Papier brachte. Er folgt seinen Spuren zu den Städten, die er besuchte, und erzählt von den Widerständen, die er dort zu überwinden hatte. Doch die Unterschiede sind noch größer. Durchweg wird deutlich, dass die Zeiten sich geändert haben, dass die Empfehlungen für einen tugendhaften Lebenswandel, die Paulus in seinen Briefen gegeben hatte, auf eine ganz besondere Weise interpretiert werden.

Ein anderer Paulus wird hier vorgeführt. Er wird als ein Verfechter asketischer Keuschheit und Enthaltung dargestellt. Sätze wie „Gesegnet sind die, die Frauen haben, als ob sie sie nicht hätten“ und „Gesegnet sind die, die das Fleisch rein halten“ haben in der Folgezeit ein Eigenleben geführt und das Bild des Apostels gefärbt.

Spätere christliche Autoren gingen noch viel weiter und ordneten die historische Wirklichkeit ihren Bemühungen unter, Paulus’ Rolle in der Glaubensverkündigung noch nachdrücklicher hervorzuheben. Ein ganz außergewöhnliches Beispiel ist der frei erfundene Briefwechsel zwischen Paulus und dem römischen Philosophen Seneca. Gegen Ende des 3. oder zu Beginn des 4. Jahrhunderts wurden die 14 in lateinischer Sprache verfassten Briefe veröffentlicht, die im Mittelalter viele Leser fanden. Der Kernpunkt des Ganzen ist Senecas Bewunderung für Paulus’ Aufrufe zu einem moralisch sauberen Lebenswandel. Der Philosoph zeigt sich empfänglich |27|für die Vorstellungen des Paulus. Paulus seinerseits spornt Seneca im letzten Brief dazu an, fortan „als ein neuer Gesandter Jesu Christi“ zu wirken. Auch wenn diese Briefe ohne jeden historischen Wert sind, haben sie doch einen wesentlichen Beitrag zum Durchbruch des Christentums geleistet. Wenn sogar ein großer Philosoph wie Seneca sich dem neuen Glauben öffnete, dann konnten andere doch nicht zurückstehen: Dieser Gedanke leuchtete vielen Menschen ein.

Paulus

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