Читать книгу Facebook zur Telekollaboration im Kommunikativen Fremdsprachenunterricht - Fiona Zink - Страница 23

2.2 Entwicklung des Konzeptes Kommunikative Kompetenz

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Chomskys Vorschlag, (nur die an Muttersprachler_innen orientierte) sprachliche Kompetenz als Grundlage der Bewertung kommunikativer Kompetenz festzulegen, wird von Sprachwissenschaftler_innen wie R. Campbell und Wales (1970/1975) bereits wenige Jahre später stark kritisiert. R. Campbell und Wales (1970/1975) bemängeln Chomskys Theorie der immanenten Sprechenden, weil sie das Lernvermögen außer Acht lässt und das Sprachenlernen auf „angeborene Prädispositionen“ (S. 223) reduziert. Diese Hypothese ignoriert die umgebungsbedingten Faktoren, die laut R. Campbell und Wales ausschlaggebend für die Entwicklung kommunikativer Kompetenz seien: „die Fähigkeit nämlich, Äußerungen hervorzubringen oder zu verstehen, die nicht so sehr grammatisch als vielmehr dem Kontext, in dem sie gemacht werden, angemessen sind“ (S. 221). Die Autoren sind der Meinung, dass nicht nur die Beherrschung der Grammatik, sondern eher auch kontextabhängige Faktoren essentiell für das Sprachenlernen seien und schlagen eine Erweiterung des Kompetenzbegriffs in Form von kommunikativer Kompetenz vor.

Ähnlicher Ansicht ist Savignon (1972), die Kompetenz als die Fähigkeit, sich in einer authentischen kommunikativen Situation erfolgreich verständigen zu können, definiert. Hierfür benötige eine Person zum einen zwar das Wissen über grammatische Richtigkeit, aber darüber hinaus auch den Willen, sich in der Fremdsprache auszudrücken, den Einfallsreichtum, die lexikalischen und syntaktischen Einheiten, die ihr zur Verfügung stünden, verständlich zusammenzusetzen und Wissen über paralinguistische und gestische Eigenschaften der Sprache heranzuziehen.

Hymes (1972) war ebenfalls nicht mit Chomskys Konzept einverstanden. Er interessierte sich mehr für die Charakteristika des echten Sprachgebrauchs und weniger für den idealen grammatischen Standard der Muttersprachler_innen, den Chomsky im Fokus hatte. Hymes – ähnlich wie Savignon – war der Meinung, dass Linguistik in eine generelle Kohärenz von Kommunikation und kulturellem Kontext eingebettet werden solle, und dass Kompetenz auch die Fähigkeit beinhalte, grammatische Strukturen in unterschiedlichen Situationen angemessen anwenden zu können. Hymes hob die Bedeutung der soziolinguistischen Dimension einer Sprachgemeinschaft hervor, die zum Erwerb von Kompetenzen im Sprachgebrauch führt und die Funktion der Grammatik innerhalb der Kommunikation begründet. Er führte hierfür den Begriff kommunikative Kompetenz ein, mit dem Chomskys Konzept um den soziolinguistischen Aspekt erweitert wurde.

Auch der Terminus Ethnographie des Sprechens ist auf Hymes (1962, 1964) zurückzuführen – ein Konzept, mit dem er sich auf das System von Faktoren und Regeln bezog, welches die Struktur für Kommunikation definiert und die Basis für die soziale Bedeutung einer jeden Äußerung ist. Hierzu gehören Kommunikationsteilnehmende (Sprechende und Zuhörerende), Situation (Zeit und Ort), Setting (kultureller oder psychologischer Kontext), Form der Äußerung (grammatische Umsetzung der Äußerung), Thema, Zweck (Intention der Äußerung), Art (ernsthaft oder spöttisch), Kanal (schriftlich oder mündlich), Codes (Sprache oder Sprachvariation), Normen der Interaktion (Lautstärke der Äußerung, Unterbrechungsintervalle, physischer Abstand zwischen Kommunikationsteilnehmenden), Normen der Interpretation (wie unterschiedliche Normen der Interaktion oder Verstöße gegen Normen interpretiert werden) und Genre (informell, formell, Gebet, Gedicht, Brief etc.). Diese Komponenten erachtete Hymes als ausschlaggebend für die korrekte Anwendung der Sprache sowie zur Analyse sozialer Signifikanz von sprachlichen Äußerungen. Allerdings weist er darauf hin, dass nicht unbedingt alle dieser Komponenten bei allen Sprachhandlungen eine Rolle spielen müssten (Hymes, 1962).

Durch die Veröffentlichungen des britischen Sprachwissenschaftlers Halliday (1970/1975) wird die Diskussion um das Konzept der kommunikativen Kompetenz noch durch einen anderen Aspekt erweitert: die Sprachfunktionen (functions of language). Sprachfunktion ist gleichzusetzen mit der Intention einer Äußerung, das heißt, was und nicht wie etwas gesagt wird. Sprache wird zu den unterschiedlichsten Zwecken eingesetzt: um etwas zu beschreiben, um zuzustimmen, um nach etwas zu verlangen, um Aufmerksamkeit zu erlangen und zu vielen weiteren Zielsetzungen. Dabei kann die Funktion einer bestimmten Äußerung immer nur im Zusammenhang der Situation, das heißt innerhalb des jeweiligen Kontextes, verstanden werden. Halliday fasst die Vielzahl der Verwendungen von Sprache zu Netzen zusammen und definiert dafür drei Grundfunktionen (Halliday, 1975, S. 128-129):

1 Sprache dient der Formulierung von Inhalt, das heißt der Darstellung der Erfahrungen der Sprechenden in ihrer sie umgebenden Welt, zu der auch die innere Welt des eigenen Bewusstseins gehört. Dies könnte als ideationale Funktion bezeichnet werden. Indem Sprache dieser Funktion dient, strukturiert sie auch Erfahrungen und fördert Perspektiven und Standpunkte, so dass es geistiger Anstrengung bedarf, Sachverhalte aus einer anderen Perspektive als mittels Sprache zu betrachten.

2 Sprache dient dazu, soziale Beziehungen herzustellen und aufrechtzuerhalten. Anhand dieser Funktion, die als interpersonal bezeichnet wird, definieren sich soziale Gruppen, wobei mithilfe der Diktion eine Person ihre Persönlichkeit gegenüber anderen abgrenzen und verstärken kann. Aufgrund der sprachlichen Interaktion wird auch die Mentalität und die Persönlichkeit individuell weiterentwickelt.

3 Sprache sorgt dafür, Verbindungen mit der inneren Essenz eines Individuums und mit den Spezifika einer Situation, in der sie angewandt wird, zu generieren. Dies ist die textuelle Funktion, die den Sprechenden oder Schreibenden ermöglicht, Texte oder die zusammenhängenden, der Situation entsprechenden Diskursabschnitte zu konzipieren. Die zuhörenden oder lesenden Rezipienten werden dadurch in die Lage versetzt, einen definierten Text von einer beliebigen Menge von willkürlichen Sätzen zu unterscheiden, beispielsweise durch die Herstellung einer kohäsiven Beziehung zwischen den einzelnen Sätzen eines Gesprächs.

Widdowson (1978) wiederum argumentiert, dass ein grammatisch fokussierter Sprachunterricht auf Kosten des kommunikativen Sprachgebrauchs sinnlos sei, wenn das Endresultat in Wissen münde, welches in einer realen kommunikativen Situation weder abgerufen noch angewendet werden könne: „We are generally required to use our knowledge of the language system in order to achieve some kind of communicative purpose“ (1978, S. 3). Um sein Konzept von kommunikativer Kompetenz zu verdeutlichen, unterscheidet Widdowson zwischen Kompetenz als Wissen über grammatische und soziolinguistische Konventionen und Kapazität (capacity) als Fähigkeit, Bedeutungsinhalt in einer Sprache kreieren zu können (Widdowson, 1983). Er definierte Fähigkeit nicht als Teil von Kompetenz, da sie sich nicht in Kompetenz verwandeln könne, sondern eine „Einflussstärke“ auf die Kreativität bleibe:

[…] the ability to exploit the resources for meaning in a language which have only partially been codified as competence and are only partially describable […] Capacity is […] the natural language analogue of the educational process. It cannot be imparted by training and cannot be accounted for in models of grammar […]

[Capacity, F. Z.] remains as an active force for continuing creativity. (Widdowson, 1983, S. 27)

Durch diese Abgrenzung gilt Widdowson als einer der ersten Sprachwissenschaftler, der in der Definition von kommunikativer Kompetenz intensives Augenmerk auf die tatsächliche Performanz des Sprachgebrauchs legte (Bagarić & Djigunović, 2007).

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