Читать книгу Facebook zur Telekollaboration im Kommunikativen Fremdsprachenunterricht - Fiona Zink - Страница 29
2.3.5 Kommunikative Kompetenz gemäß der ACTFL Proficiency Leitlinien in den USA und des GER in Europa
ОглавлениеIn den USA wurden als Reaktion auf das Verlangen nach einheitlichen Standards, an denen das Sprachniveau und der Fortschritt der Lernenden zu beurteilen sind, bereits im Jahr 1986 zum ersten Mal die American Council on the Teaching of Foreign Languages (ACTFL) Provisional Proficiency Guidelines veröffentlicht. Diese Richtlinien bestehen aus Beschreibungen der unterschiedlichen Stufen der Sprachfähigkeiten (proficiency levels) für Sprechen, Hörverstehen, Leseverständnis, Schreiben und Kulturkenntnisse. Es war einer der ersten Versuche, Stufen funktionaler Kompetenzen im Bereich des Sprachenlernens zu definieren. Sie beschreiben wie Lernende Sprache in realen und unerprobten Situationen verwenden können. Seit 1986 sind die ACTFL-Leitlinien bereits dreimal (1999, 2001, 2012) überarbeitet worden, und die neueste Publikation beinhaltet einige Additionen im Bereich Hörverstehen und Leseverständnis sowie Revisionen für die Leitlinien im Bereich Sprechen und Schreiben, welche besser an die Anforderungen der heutigen Lebenswelt angepasst worden sind. Für alle Bereiche gibt es fünf wesentliche Niveaustufen (Distinguished, Superior, Advanced, Intermediate, Novice), von denen alle außer das Distinguished Level jeweils in die Stufen High, Mid und Low unterteilt sind. Die ACTFL-Leitlinien basieren dabei weder auf einer bestimmten Theorie oder einer spezifischen pädagogischen Methode, noch beschreiben sie wie ein Individuum Sprache lernt oder lernen sollte; sie sind ein Messinstrument für funktionalen Sprachgebrauch (ACTFL Proficiency Guidelines, 2012). Die fehlende theoretische Fundierung der Richtlinien war einer der Hauptkritikpunkte, als sie erstmals veröffentlicht wurden (Savignon, 1985), jedoch sind sie seitdem stark überarbeitet worden und spiegeln in den neueren Versionen viele Aspekte kommunikativer Kompetenz wider (Kost, 2004).
In Europa veröffentlichte der Europarat 2001 den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER), welcher aus umfangreichen Empfehlungen und Leitlinien für den Spracherwerb, den Sprachgebrauch und die Bewertung von Sprachkompetenz besteht und diese für die europäischen Länder transparent und vergleichbar machen soll. Der GER ist eine gemeinsame Basis für die Entwicklung von Curricula, Lehrwerken und Sprachstandsnachweisen und beschreibt verschiedene Kompetenzniveaus in Grund- (A), Mittel- (B) und Oberstufe (C). Die jeweiligen Niveaustufen werden wiederum in je eine höhere und eine niedrigere Stufe aufgefächert, sodass sich insgesamt sechs Niveaustufen ergeben: A1, A2, B1, B2, C1 und C2. In diesen Leitlinien werden die benötigten sprachlichen Kompetenzen von Lernenden umfassend definiert. Als übergeordnetes Ziel steht die Fähigkeit, Sprache für kommunikative Zwecke nutzen zu können. In Form von Kann-Beschreibungen wird ausgeführt, welche Kenntnisse und Fertigkeiten Lernende entwickeln müssen, um kommunikativ kompetent zu sein.
Laut dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER), „tragen alle menschlichen Kompetenzen zur Kommunikationsfähigkeit der Sprachverwendenden bei, sodass man sie alle als Aspekte der kommunikativen Kompetenz betrachten kann“ (S. 103). Jedoch wird zwischen linguistischen Kompetenzen und allgemeinen Kompetenzen, die sich weniger spezifisch auf Sprache beziehen, unterschieden. Zur Umsetzung kommunikativer Absichten setzen Lernende die allgemeinen Kompetenzen sowie eine spezifisch sprachbezogene kommunikative Kompetenz ein, welche laut dem GER aus drei Komponenten besteht: linguistischen, soziolinguistischen und pragmatischen Kompetenzen. Jede dieser Komponenten umfasst deklaratives Wissen sowie Fertigkeiten und prozedurales Wissen und wird durch die Subkomponenten und die Fähigkeit, diese angemessen anzuwenden, definiert (GER, 2001). Linguistische Kompetenzen sind das Wissen über Sprachressourcen und die Fähigkeit, diese erfolgreich einzusetzen, um strukturierte und korrekte Aussagen zu formulieren. Sie setzen sich zusammen aus „lexikalischen, phonologischen und syntaktischen Kenntnissen und Fertigkeiten und aus anderen Dimensionen des Sprachsystems, unabhängig von soziolinguistisch determinierter Variation und von ihrer pragmatischen Funktion im Sprachgebrauch“ (GER, 2001, S. 25). Soziolinguistische Kompetenzen sind durch die soziokulturellen Bedingungen der Sprachverwendung definiert und beziehen sich auf vorhandenes Wissen und einen korrekten und angemessenen Sprachgebrauch in einem sozialen Kontext. Zu ihr zählen Wissen über gesellschaftliche Konventionen, linguistische Kodierungen bestimmter Rituale sowie die Fähigkeit zur Verwendung von unterschiedlichen Sprachregistern, Dialekten und Betonungen (GER, 2001). Pragmatische Kompetenzen basieren auf interaktionellen Szenarien und Skripts und bestimmen dadurch den funktionalen Gebrauch sprachlicher Ressourcen (Ausdruck von Sprachfunktionen, Sprechakte). Sie werden unterteilt in Diskurskompetenz und Funktionale Kompetenz (GER, 2001).
Strategische Kompetenz wird im GER nicht als explizite Komponente der kommunikativen Kompetenz genannt, jedoch im vierten Kapitel in Zusammenhang mit dem Sprachgebrauch thematisiert. Sie wird als Fähigkeit zum Gebrauch von Strategien im allgemeinen Sinn begriffen. Daher liegt der Fokus nicht auf dem Konzept strategischer Kompetenz als Fähigkeit zur Überwindung eines Defizits in einem bestimmten Bereich des Sprachwissens, sondern bezieht sich auf den Gebrauch aller Arten kommunikativer Strategien.
Oftmals wird kommunikative Kompetenz als Synonym oraler Fähigkeiten verstanden, jedoch geben weder die theoretischen Abhandlungen kommunikativer Kompetenz, noch die Richtlinien der unterschiedlichen Länder Anlass zu dieser Annahme. Wie die betreffende Fachliteratur zeigt und im vorliegenden Kapitel herausgearbeitet worden ist, umfasst kommunikative Kompetenz orale und schriftliche sowie rezeptive und produktive Sprachfähigkeiten.
Wie erläutert wurde, spielen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien in der realen Lebenswelt der Lernenden eine maßgebliche Rolle und halten auch in den modernen (Fremd-)Sprachenunterricht zunehmend Einzug. Damit einhergehend nimmt der Bedarf an innovativen Arten der Förderung von kommunikativer Kompetenz im Gebrauch neuer Kommunikationsformen zu. In den ACTFL-Leitlinien wird für die Beurteilung schriftlicher Kompetenzen zwischen repräsentativen Texten (Aufsätze, Berichte, Briefe) und interpersonellen Texten (Sofortnachrichten, E-Mail-Kommunikation und SMS-Nachrichten) unterschieden (ACTFL Proficiency Guidelines, 2012, S. 10). Somit greifen die Richtlinien einen wichtigen lebensweltlichen Kontext der Lernenden auf, der in dieser Untersuchung im Fokus steht.