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Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen

{Verkehrssicherungspflicht, bei Bäumen}

Allgemeines zur Durchführung der Kontrollen

Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht sind Baumkontrollen grundsätzlich nur an Stellen durchzuführen, an denen auch ein Verkehr stattfindet. Dies betrifft v. a. Bäume und baumartige Gehölze an Straßen, in öffentlichen Grünanlagen, auf Spiel- und Sportplätzen sowie Friedhöfen, an Kindergärten und Schulen und in Wohnanlagen. Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen richten sich generell nach den im Einzelfall vorhersehbaren Risiken und danach, welche Vorkehrungen aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten geboten sind. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere[1]:

Zustand des Baums (Alter, Baumart, Vorschädigungen, Vitalität)
Standort des Baums (z. B. an einer öffentlichen Straße, in einer öffentlichen Parkanlage, neben baulichen Anlagen, an privaten Waldwegen oder im Waldbestand)
Art des Verkehrs (Verkehrsbedeutung und Verkehrshäufigkeit bei öffentlichen Straßen, fließender oder ruhender Verkehr, Kfz- oder Fahrradverkehr)
berechtigte Sicherheitserwartungen des jeweiligen Benutzers (mit welchen Gefahren muss der Benutzer rechnen und welche kann er erkennen; stark frequentierte Straße oder öffentlicher Feldweg, innerörtliche Parkanlage oder naturbelassener Steig im Wald)
Art der drohenden Schadensfolgen (Sachschäden oder auch Körperschäden, Schadenshöhe)
Zumutbarkeit der erforderlichen Maßnahmen (Berücksichtigung von Kosten und ökologischen Interessen an der Erhaltung von Baumbeständen; je größer die Wahrscheinlichkeit der Schädigung und je schwerer der drohende Schaden ist, desto höher ist das Maß des wirtschaftlich Zumutbaren)
Status des Verkehrssicherungspflichtigen (Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht sind bei einer Behörde höher als bei einer Privatperson; dies gilt aber nicht bei privaten Waldbesitzern: Diese müssen den gleichen Sicherheitsstandard einhalten wie die öffentliche Hand[2].)

Im Ergebnis ist eine Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte vorzunehmen.

Arten der Kontrollen

Regelkontrolle {Regelkontrolle}

Die Regelkontrolle findet in der Form einer Sichtkontrolle {Sichtkontrolle} statt. Hierbei handelt es sich um eine äußere Besichtigung, die der Gesundheits- und Zustandsprüfung des Baums zur Feststellung seiner Stand- und Bruchsicherheit dient. Sie stellt die erste Stufe der Baumkontrolle dar. Auch wenn es in erster Linie eine bloße Inaugenscheinnahme des Baums ist, hat sich das Mitführen einfacher Werkzeuge, wie z. B. eines Schonhammers, Sondierstabs oder einer Taschenlampe, bewährt. So kann bereits im Rahmen der Sichtkontrolle der eine oder andere nicht sicher einordenbare Defekt vollständig geklärt werden. Die Sichtkontrolle erfolgt grundsätzlich vom Boden aus. Bei sehr hohen Bäumen bietet sich die Zuhilfenahme eines Fernglases an. Eine Kontrolle aus einem fahrenden Fahrzeug genügt nicht. Der Baum ist nach Möglichkeit von allen Seiten fußläufig zu prüfen. Dabei sollte er zunächst aus größerer Entfernung betrachtet werden, dann aus der Nähe. Bei der Kontrolle von flächigen Baumbeständen gelten die gleichen fachlichen Ansprüche wie bei der Kontrolle von Einzelbäumen[3].

An Standorten, an denen Regelkontrollen tatsächlich nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand durchführbar sind (z. B. Steilhanglagen, extremer Unterwuchs), kann nach den Baumkontrollrichtlinien (2020)[4] im Einzelfall eine Sichtkontrolle aus angemessener Distanz ausreichen.

Bei der Regelkontrolle ist das Augenmerk darauf zu richten, ob verdächtige Umstände erkennbar sind, die nach der Erfahrung auf eine besondere Gefährdung durch den Baum hindeuten. Die optische Kontrolle erfasst die Teilbereiche Krone, Stamm, Wurzeln und das Baumumfeld.

Klassische Schadensindizien sind im Sommer v. a. welkes Laub und absterbende dürre Äste. Zu achten ist generell auf Pilzbefall, Faullöcher an Ästen und am Stamm, Verfärbungen, äußere Verletzungen, schlechter Allgemeinzustand, ungünstige Stellung, V-förmige Zwiesel usw. Im Sommer können Bäume aufgrund von Hitze oder Wassermangel ein lichtes Kronenbild oder Kronenverfärbungen aufweisen. Die Ursache hierfür kann aber auch in größeren Baumaßnahmen mit Aufgrabungen im Wurzelbereich liegen. Der Stammfuß ist ebenfalls zu untersuchen, wobei ggf. Moos, abgestorbene Rinde und Gras zu entfernen sind. Hierfür bietet sich die Kontrolle im Sommer an, da dies im Winter bei geschlossener Schneedecke nicht durchführbar ist. Damit der Kontrolleur nichts übersieht, empfiehlt sich die Verwendung einer Checkliste[5], anhand derer die einzelnen relevanten Punkte abgearbeitet werden können. Bei Straßen sind zudem die Freihaltung des Lichtraumprofils sowie die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen wichtig.

Die bei einer Sichtkontrolle erkannten Mängel (insbesondere Totholz) müssen je nach Gefährdungslage sofort oder umgehend bzw. in einem angemessenen Zeitraum beseitigt werden.

Nach dem BGH[6] gehört ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt es insoweit nicht, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden. Gehören mithin die Folgen eines natürlichen Astbruchs grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko, bedarf es auch keiner niederschwelligeren Maßnahmen, wie der Absperrung des Luftraums unter solchen Bäumen oder der Aufstellung von Warnschildern.

Eingehende Untersuchung {Untersuchung, eingehende}

Werden bei der Regelkontrolle keine Anzeichen für eine Gefährdung durch den Baum festgestellt, besteht kein weiterer Handlungsbedarf. Wenn dagegen Schadensindizien vorhanden sind, muss festgelegt werden, was weiter zu veranlassen ist. Ist zweifelhaft, ob die erkannten Mängel die Verkehrssicherheit beeinträchtigen oder besteht eine Unsicherheit hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen, ist ggf. eine eingehende fachliche Untersuchung des Baums erforderlich (sog. eingehende Untersuchung, vgl. FLL-Baumuntersuchungsrichtlinien). Diese weitergehenden Maßnahmen stellen die zweite Stufe der Baumkontrolle dar und müssen von eigenen oder externen besonders qualifizierten Fachleuten (Baumpfleger, Baumsachverständige) durchgeführt werden. Unter Umständen reicht aber auch eine weitere Sichtkontrolle z. B. mittels Hubsteiger aus, um das Ausmaß des Schadens besser beurteilen zu können.

Häufigkeit der Kontrollen

Regelkontrolle {Regelkontrolle, Häufigkeit}

Nach der bislang überwiegenden oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung[7] ist bei Straßenbäumen eine zweimalige Regelkontrolle im Jahr erforderlich. Diese sollen einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand erfolgen. So können am besten alle möglichen Schäden erkannt werden. Welke Blätter sind nur während der Vegetationsperiode erkennbar, dagegen sind Faullöcher an Ästen oder am Stamm besser im unbelaubten Zustand festzustellen.

Die generelle Forderung der Rechtsprechung nach einer zweimaligen Kontrolle im Jahr wird von Baumfachleuten überwiegend abgelehnt[8]. Dem folgend stellte der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit einem privaten Grenzbaum fest, dass sich die gebotene Häufigkeit der Baumkontrollen nicht verallgemeinern lasse, sondern vom Alter und dem Zustand des Baums sowie seinem Standort abhänge[9].

Die Baumkontrollrichtlinien enthalten im Abschnitt 5.2.3 ebenfalls differenzierte Regel-Kontrollintervalle, abhängig vom Alter des Baums, von seinem Zustand und seinem Standort und der damit einhergehenden berechtigten Sicherungserwartungen des Verkehrs. Danach werden selbst ältere, stärker geschädigte Bäume an stärker frequentierten Straßen nur einmal im Jahr kontrolliert. Die Standardkontrolle bei gesunden oder nur leicht geschädigten Bäumen mittleren Alters, die an stärker frequentierten Straßen oder in belebten Grünanlagen stehen, findet alle zwei Jahre statt. Im Laufe von drei aufeinanderfolgenden Regelkontrollen soll die Kontrolle mindestens einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand durchgeführt werden.

Neuere Urteile halten die starre zweimalige Kontrolle im Jahr mittlerweile für überholt und gehen davon aus, dass die Baumkontrollrichtlinien die Regeln der Technik auf dem derzeitigen Stand wiedergeben.[10] Nach dem OLG Dresden und dem OLG Brandenburg[11] können sich Sicherungspflichtige hinsichtlich der Baumkontrollintervalle an den Baumkontrollrichtlinien orientieren. Sie seien von der obergerichtlichen Rechtsprechung als Orientierungshilfe anerkannt. Allerdings hat sich diese Ansicht noch nicht bei allen Gerichten durchgesetzt.[12]

Wer den Baumkontrollrichtlinien folgen möchte, muss als Erstes seinen Baumbestand ermitteln und eine Grunderfassung zur Festlegung der Kontrollintervalle durchführen. Hierfür bietet sich i. d. R. die Einrichtung eines Baumkatasters an. Wegen der Gefahr von Fehleinstufungen sollte die Festlegung der Regel-Kontrollintervalle nur von entsprechend qualifizierten Fachleuten vorgenommen werden.

Zusatzkontrolle {Zusatzkontrolle}

Zusätzliche Sichtkontrollen sind nach besonderen Witterungsereignissen (z. B. Sturm, Eisregen, starker Schneefall) sowie bei Schadensfällen (z. B. Anfahrschaden, Wurzelschaden durch Bauarbeiten, Aufgrabungen) nötig.

Methoden der Baumkontrolle

Die Regelkontrolle erfolgt generell als Sichtkontrolle. Im Rahmen dieser Sichtkontrolle findet vielfach die von Mattheck begründete VTA-Methode[13] (Visual Tree Assessment = visuelle Baumbeurteilung oder qualifizierte Sichtkontrolle) Anwendung. Sie stellt vorrangig auf das mechanisch gesteuerte Wachstum der Bäume mit seinen natürlichen Gesetzmäßigkeiten ab und zeigt zudem, auf welche Weise die Bäume bemüht sind, ihre Schäden zu reparieren. Die Defektsymptome der Bäume, wie z. B. Fäule, Risse usw., werden dabei als Warnsignale in der Körpersprache der Bäume begriffen. Die Rechtsprechung hat z. T. ausdrücklich die VTA-Methode als sachgerechte Methode anerkannt.[14] Sie ist allerdings in der baumfachlichen Literatur nicht unumstritten.[15]

Fachliche Kenntnisse der Baumkontrolleure

Die Regelkontrolle durch Sichtprüfung erfordert entsprechend geschulte und praktisch eingearbeitete Kräfte, jedoch nicht den Einsatz von Holz-, Baum- oder Forstfachleuten. Der Baumkontrolleur muss aber über ausreichende Fachkenntnisse verfügen, um die Art und den Umfang von Schäden am Baum erkennen und beurteilen sowie den weiteren Handlungsbedarf einschätzen zu können. Er muss insbesondere beurteilen können, ob eine Verkehrsgefährdung gegeben ist und wie dringlich eine Maßnahme ist. Auch wird verlangt, dass er in der Lage ist, einen Pilzbefall, z. B. durch den Brandkrustenpilz, zu erkennen. Baumkrankheiten müssen ihm geläufig sein. Seine Kenntnisse muss er regelmäßig auf den neuesten Stand bringen. Die insoweit notwendige Fortbildung hat der Vorgesetzte, der Arbeitgeber bzw. Dienstherr dem Baumkontrolleur zu ermöglichen.

Sofern kein Personal mit entsprechenden Fachkenntnissen vorhanden ist, müssen Externe für diese Aufgabe herangezogen werden.

Freie Landschaft und Wald {Wald, Baumkontrolle im}

Nach § 59 BNatSchG ist das Betreten der freien Natur auf Straßen, Wegen und ungenutzten Grundflächen zu Erholungszwecken jedermann gestattet. Gleiches gilt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BWaldG für das Betreten des Walds. Die Ausübung dieses Rechts erfolgt allerdings auf eigene Gefahr (§ 60 Satz 1 BNatSchG, § 14 Abs. 1 Satz 3 BWaldG i. V. m. den Landeswaldgesetzen). Dies gilt namentlich für naturtypische bzw. waldtypische Gefahren (§ 60 Satz 3 BNatSchG, § 14 Abs. 1 Satz 4 BWaldG). Waldtypisch sind Gefahren, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Walds ergeben. Danach gibt es im Wald insbesondere keine Verpflichtung, die Besucher vor baumtypischen Gefahren zu schützen, z. B. vor Totholz. Insoweit kann keine berechtigte Sicherheitserwartung der Besucher bestehen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Verkehrssicherung von Bäumen an gewidmeten öffentlichen Straßen sind auf private[16] Wege in der freien Landschaft, im Wald und entlang von Waldrändern nicht übertragbar. Regelmäßige Baumkontrollen sind hier den Grundstückseigentümern nicht zumutbar. Gleiches dürfte für markierte private Wege, touristisch beworbene Wege sowie sog. Premiumwanderwege gelten.[17]

Hat der Eigentümer allerdings Kenntnis von einer zeitlich nahen Gefahrenverwirklichung (akute Gefahr) an einem Weg, muss er diese Gefahr beseitigen. Eine Verkehrssicherungspflicht auch für naturtypische bzw. waldtypische Gefahren besteht generell in der Umgebung von Erholungseinrichtungen, wie beispielsweise Ruhebänken, Grillplätzen, Trimm-dich-Pfaden sowie für offiziell eingerichtete Wanderparkplätze. Dort besteht eine Kontrollpflicht in angemessenen Zeitabständen. Die Kontrolltiefe beträgt grundsätzlich eine Baumlänge.

Nach allgemeiner Auffassung besteht eine Verkehrssicherungspflicht nur an Waldaußenrändern, die an gewidmete öffentliche Straßen oder Wege bzw. an Bahnlinien angrenzen sowie bei waldrandnaher Bebauung. Keine Verkehrssicherungspflicht des Waldeigentümers besteht nach dem LG Aachen[18] gegenüber angrenzenden Waldgrundstücken. Dagegen geht das LG Göttingen[19] von einer Verkehrssicherungspflicht an Waldaußenrändern, die an landwirtschaftlich genutzte Grundstücke angrenzen, aus. Jedenfalls sollten Waldeigentümer an solchen Standorten bekannte akute Gefahren beseitigen, v. a. wenn die Gefahr von Personenschäden besteht.[20]

Im Wald sowie in der freien Landschaft haften Grundstückseigentümer nur für unvermutete atypische Gefahren. Atypische Gefahren sind alle nicht durch die Natur oder durch die Art der Bewirtschaftung mehr oder weniger zwangsläufig vorgegebenen Zustände, insbesondere vom Eigentümer geschaffene oder geduldete Gefahren, die ein Erholungssuchender nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auf die er sich nicht einzurichten vermag, weil er nicht mit ihnen rechnen muss. Dazu können etwa Forstwegschranken oder nicht gesicherte Holzpolter gehören.

Parkanlagen {Parkanlagen, Baumkontrolle in}

Parkanlagen[21] stehen zwischen domestizierter Stadtlandschaft und freier Landschaft. Eine Verkehrssicherungspflicht besteht in allen Bereichen, in denen ein Verkehr offiziell zugelassen oder faktisch geduldet wird. Das bedeutet, dass sowohl entsprechende Einrichtungen (wie z. B. Ruhebänke) als auch Bäume an diesen Stellen und entlang der Wege sowie an sonstigen Aufenthaltsbereichen (z. B. Liegewiese) zu kontrollieren sind. Totholz oder nicht mehr standsichere Bäume sind insbesondere an Wegen und Aktivitätsschwerpunkten zu entfernen. Eine Differenzierung zwischen gepflegten und naturbelassenen sowie zwischen stark und schwach frequentierten Bereichen ist möglich. Eine Parkanlage kann unterschiedlichen Sicherheitsstufen abhängig von Art und Umfang der Nutzungen zuzuordnen sein.

Dokumentation {Dokumentation, der Baumkontrolle} der Kontrollen

Der Verkehrssicherungspflichtige hat in einer gerichtlichen Auseinandersetzung ggf. nachzuweisen, dass er seiner Verkehrssicherungspflicht inhaltlich und zeitlich nachgekommen ist. Es ist deshalb unabdingbar, dass der Baumkontrolleur die Kontrolle dokumentiert. Dies sollte schriftlich mit Unterschrift geschehen, vorzugsweise mit entsprechenden Formblättern. Alternativ können mobile Erfassungsgeräte (Handhelds) mit speziellen Erfassungsprogrammen verwendet werden. Das Baumkontrollblatt {Baumkontrollblatt} muss bei einer Einzelbaumerfassung mindestens folgende Angaben enthalten:

Ort (z. B. Straßen-, Parkname)
Zeitpunkt der Kontrolle (Datum)
beurteilte Bäume (bzw. kontrollierter Bereich)
Ergebnis der Kontrolle (festgestellte Schäden oder Auffälligkeiten)
weiteres Vorgehen (erforderliche Maßnahmen und Dringlichkeit, d. h. Zeitangabe, bis wann zu erledigen)
nächster Kontrollzeitpunkt und Unterschrift des Baumkontrolleurs[22]

Zudem sollte angegeben werden, wann die veranlasste Maßnahme durch wen ausgeführt wurde. Ergänzend können aufgenommen werden die Baumart, der Stammdurchmesser, die Vitalität und die Baumhöhe (wobei eine Einteilung nach groben Höhenklassen ausreicht, da die Angabe primär Bedeutung für den Einsatz von Hubsteigern hat).

Hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der Angaben ist zu unterscheiden: Liegen keine Anzeichen für eine mangelnde Verkehrssicherheit vor, kann die Kontrolle in Form einer Negativkontrolle ohne Einzelbaumerfassung erfolgen. Es werden zwar alle Bäume, die zu kontrollieren sind, einzeln angesprochen. Es werden aber nur die Bäume in das Baumkontrollblatt aufgenommen, bei denen Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Ansonsten reicht ein Festhalten des Orts (Straßen-, Parkname, Spielplatz, Schulgelände, wobei die kontrollierten Bäume bzw. die kontrollierte Fläche eindeutig definiert sein müssen, z. B. durch Markierung oder Schraffierung im Plan) und des Zeitpunkts der Kontrolle mit Unterschrift des Baumkontrolleurs aus.[23] Eine solche Vorgehensweise bietet sich insbesondere bei flächigen Baumbeständen, Alleen, Baumreihen und Waldrändern entlang öffentlicher Straßen an.

Sind an einem Baum jedoch Maßnahmen aus Gründen der Verkehrssicherheit durchzuführen, ist eine Einzelbaumerfassung mit den oben aufgeführten Angaben notwendig.

Es ist anzuraten (insbesondere bei Fehlen eines Baumkatasters), die Bäume, bei denen Maßnahmen notwendig sind, eindeutig zu kennzeichnen (z. B. mit Sprühfarbe oder Plastikmarkierungen), damit sie anschließend problemlos wiedergefunden werden können.

Der Kontrolleur muss im Rahmen seiner Dokumentation entsprechende Zeitvorgaben machen, bis wann die erforderlichen Maßnahmen (auch eingehende Untersuchungen) durchzuführen sind. Die Dringlichkeit der Maßnahmen kann z. B. in den Stufen „sofort“ (nur sehr selten relevant), „umgehend innerhalb von zwei Wochen“, „innerhalb von sechs Monaten“ oder „innerhalb der nächsten zwei Jahre“ festgelegt werden. Die Baumkontrollrichtlinien (Ausgabe 2020)[24] schlagen vor: „unverzüglich“ (i. S. v. § 121 BGB, dies könne im Einzelfall „sofort“ i. S. v. „umgehend“ sein, aber auch innerhalb eines Tages oder sogar erst innerhalb einer Woche), „innerhalb von sechs Wochen“, „innerhalb von sechs Monaten“, „innerhalb des nächsten Jahres bzw. bis zur nächsten Regelkontrolle“. Bei der Festlegung sind v. a. die vom Zustand des Baums ausgehende Gefahr für Personen und Sachen sowie die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu berücksichtigen. Totholz ist bei Straßenbäumen nach der Rechtsprechung[25] unverzüglich, jedenfalls innerhalb von drei Monaten[26] zu entfernen.

Durch eine entsprechende Organisation muss sichergestellt werden, dass die Aufzeichnungen auch tatsächlich durchgeführte Kontrollen repräsentieren und nicht nur „Phantomüberprüfungen“ darstellen. Der Vorgesetzte der Baumkontrolleure hat insoweit eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Dringend zu empfehlen sind Dienstanweisungen {Dienstanweisung}, aus denen sich insbesondere ergibt, wer für die Kontrolle zuständig ist, wie der Kontrollnachweis geführt wird, wie zu kontrollieren ist, wie oft (Kontrollzeitraum), welchen Umfang die Kontrolle haben muss und wer was wann zu tun hat, wenn Mängel festgestellt werden.

Bei vorgeschädigten Bäumen mit hohem Gefahrenpotenzial empfiehlt sich die Führung einer eigenen Risikoliste, um die Vornahme regelmäßiger Sonderüberprüfungen überwachen und ggf. auch nachweisen zu können. Hier kann auch ein Baumkataster gute Dienste leisten, in dem die Bäume, soweit sie Dritte gefährden können, erfasst sind. Anhand dieses Katasters können dann je nach Alter der Bäume, Verkehrsbedeutung des Standorts usw. das Gefährdungspotenzial eingeschätzt und die Intensität der Kontrollen festgelegt werden.

Im Schadensfall {Schadensfall}

Wenn ein Baum einen Schaden verursacht hat, ist generell unverzüglich eine Ortsbesichtigung durchzuführen. Dies gilt insbesondere bei Personenschäden. Es sind ggf. Zeugen festzustellen und Ort, Datum, Zeit, Beteiligte, Sachverhaltsschilderung usw. zu dokumentieren. Dazu gehört insbesondere eine Dokumentation des eingetretenen Schadens (z. B. durch Fotos oder Skizzen), ebenso des Baumzustands. Beweisrelevante Ast-, Stamm- oder Wurzelteile (z. B. abgebrochener Ast) sind vor einer Entfernung des Baums sicherzustellen und aufzubewahren[27]. Die bewusste Beseitigung von Beweisstücken während eines Rechtsstreits und vor der erforderlichen Begutachtung durch einen Sachverständigen stellt grundsätzlich eine Beweisvereitelung dar, die zu einer Umkehr der Beweislast zulasten des Baumeigentümers führt.[28] Besteht nach dem Schadenseintritt weiterhin eine erhöhte Gefahr, ist der Bereich abzusperren.

Übertragung der Verkehrssicherungspflicht {Verkehrssicherungspflicht, Übertragung der}

Die zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht kann auf Dritte übertragen werden. Sicherungspflichten sind nicht höchstpersönlich zu erfüllen. Es ist nicht nur erlaubt, sondern bei fehlender eigener Qualifikation u. U. sogar geboten, fachlich geeignete Dritte bei der Pflichterfüllung einzuschalten. Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht setzt prinzipiell eine eindeutige Vereinbarung voraus, allerdings kann im Einzelfall auch eine faktische Übernahme ausreichen. Zu empfehlen sind aus Gründen der Nachweisbarkeit ausdrückliche schriftliche Vertragsregelungen. Mit der Übernahme wird der Übernehmer selbst verkehrssicherungspflichtig und damit seinerseits auch im Außenverhältnis deliktsrechtlich (§ 823 Abs. 1 BGB) verantwortlich. Verletzt er schuldhaft die übernommene Pflicht zum Schutz anderer vor Gefahren, die von Bäumen ausgehen, so ist er gegenüber dem Geschädigten unmittelbar schadensersatzpflichtig.

Der originär Sicherungspflichtige wird dadurch jedoch nicht generell von der Haftung freigestellt. Seine Sicherungspflicht wandelt sich in sog. Auswahl-, Überwachungs- und Kontrollpflichten um. Nur wenn er diesen besonderen Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachkommt, scheidet seine Verantwortlichkeit aus.

Die vorstehenden Ausführungen gelten bei Behörden nur für die privatrechtliche Aufgabenerfüllung, wie sie typischerweise z. B. auf Kinderspielplätzen stattfindet. Die Verkehrssicherung öffentlicher Straßen wird nach den Regelungen in den Straßengesetzen in allen Bundesländern (außer Hessen) als Amtspflicht in hoheitlicher Tätigkeit wahrgenommen. Beauftragt eine Gemeinde eine Privatfirma mit der Kontrolle von Bäumen an öffentlichen Straßen, haftet sie deshalb nach dem OLG Köln[29] allein gegenüber einem Geschädigten nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) für Pflichtverletzungen dieser Firma. Die Beauftragung hat nicht zur Folge, dass sich die haftungsrechtliche Verantwortung der Gemeinde auf die Verletzung von Kontroll- und Überwachungspflichten beschränkt. Aus dem Urteil des OLG Köln ist i. V. m. dem Urteil des LG Berlin[30] zu folgern, dass eine Behörde die bei Straßenbäumen bestehende hoheitliche Verkehrssicherungspflicht nicht auf eine Privatfirma übertragen kann. Die Privatfirma und deren Mitarbeiter handeln in diesem Fall immer als verlängerter Arm der Verwaltung (sog. Verwaltungshelfer). Die Behörde kann aber im Haftungsfall grundsätzlich im Innenverhältnis gegenüber der Privatfirma einen Regressanspruch geltend machen.

Der Auftrag des Baumeigentümers an eine Baumpflegefirma, den Baumbestand so zu pflegen, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet ist, bedeutet nach gängiger Auffassung noch keine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf die Baumpflegefirma.[31]

Lichtraumprofil {Lichtraumprofil}

Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen umfasst auch den Schutz vor Gefahren, die von angrenzenden Bäumen ausgehen, deren Stämme oder Äste in den Luftraum über die Fahrbahn ragen und zu Beschädigungen an Fahrzeugen mit hohen Aufbauten führen können. Dabei existiert allerdings keine gesetzliche Vorschrift, die das einzuhaltende Lichtraumprofil ausdrücklich regelt. Die Pflicht zum Freischneiden des Luftraums über der Straße folgt mittelbar daraus, dass nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) im Straßenverkehr Fahrzeuge bis zu einer Höhe von 4 m zugelassen sind. Wurde eine Straße dem allgemeinen Verkehr gewidmet, muss damit gerechnet werden, dass die Straße auch von allen Fahrzeugen, die für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassen sind und hinsichtlich der Breite, Länge und Höhe den Vorschriften des § 32 StVZO entsprechen, benutzt wird. Nach den einschlägigen technischen Regelwerken zu Entwurf und Gestaltungen von Straßen (Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 2006), Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA 2008), Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL 2012)) ist ein Lichtraumprofil von 4,50 m Höhe sicherzustellen.

Es besteht jedoch nach der Rechtsprechung[32] keine Verpflichtung, den Luftraum über einer Fahrbahn immer bis 4 bzw. 4,50 m von Hindernissen freizuhalten. Der Umfang der Pflicht zum Freischneiden richtet der sich nach Erkennbarkeit der Gefahrenstelle, der Verkehrsbedeutung der Straße, der Fahrbahnbreite sowie der Höhe des hineinragenden Asts. Zudem ist die ökologische Bedeutung des Baumbestands zu berücksichtigen. Bei Straßen mit hoher Verkehrsbedeutung, insbesondere Autobahnen, Bundes- und Ausfallstraßen, sowie sonstigen Straßen mit hohem Lkw-Verkehr ist das Lichtraumprofil stets freizuhalten. Dagegen müssen Nebenstraßen (z. B. Wohnstraßen) oder Feldwege mit nur untergeordneter Verkehrsbedeutung i. d. R. nicht von in den Lichtraum hineinragenden Ästen freigehalten werden. Besteht eine Pflicht zur Freihaltung des Lichtraumprofils, sollte eine Astfreiheit von 4,50 m angestrebt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass regennasse oder mit Nassschnee beladene Äste tiefer hängen. Bei öffentlichen Gehwegen ist ein Lichtraumprofil von 2,50 m Höhe einzuhalten.

Verantwortlich für die Freihaltung des Lichtraumprofils ist in erster Linie der Baumeigentümer, der auch die Kosten selbst tragen muss. Bleibt er untätig, kann der Straßenbaulastträger nach den Regelungen in den Straßengesetzen öffentlich-rechtlich mittels Bescheid oder auch zivilrechtlich nach §§ 910, 1004 BGB gegen ihn vorgehen.

Fußnoten:

[1]

Vgl. Breloer, Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen, 6. Auflage 2003, 12

[2]

Hilsberg BayVBl. 2012, 492; a. A. Gebhard, Haftung und Strafbarkeit der Baumbesitzer und Bediensteten bei der Verkehrssicherungspflicht für Bäume, Rn.. 97, 466 ff.

[3]

Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 5.2.2.2

[4]

Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 5.4

[5]

Vgl. Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 5.2.6

[6]

BGH NJW 2014, 1588 zur Pappel

[7]

Vgl. OLG Hamm NuR 2007, 845; OLG Celle VersR 2009, 1508

[8]

Vgl. Breloer, Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen, 6. Auflage 2003, 15

[9]

BGH NJW 2004, 3328

[10]

LG Bonn, OLG Köln, VersR 2010, 1328; LG Köln VersR 2010, 1329; Anmerkung zu diesen Urteilen Hilsberg VersR 2010, 1424

[11]

OLG Dresden, Urt. v. 06.03.2013, Az.: 1 U 987/12; OLG Brandenburg, Urt. v. 15.01.2019, Az.: 2 U 49/17

[12]

Anders z. B. LG Magdeburg Urt. v. 26.04.2012, Az.: 9 O 757/10-210; vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 04.11.2013, Az.: I-11 U 38/13

[13]

Vgl {VTA-Methode}. Mattheck, Aktualisierte Feldanleitung für Baumkontrollen mit Visual Tree Assessment, 2007

[14]

OLG Hamm NZV 2005, 371 sowie 372

[15]

Zu Zweifeln an der fachlichen Belastbarkeit der Grundlagen von VTA vgl. Schulz, WF 2005, 45; AUR 2009, 394

[16]

Das Merkmal „privat“ ist hier als Gegensatz zu den nach den Straßengesetzen gewidmeten „öffentlichen“ Straßen und Wegen zu verstehen, hat also nichts damit zu tun, ob es sich um Staatswald, Körperschaftswald oder Privatwald handelt, vgl. Endres, BWaldG, § 14 RdNr. 20. Entsprechendes gilt für Wege in der freien Landschaft.

[17]

Hilsberg BaumZeitung 03/2016, 42, BaumZeitung 06/2016, 46, ihm folgend Schneider VersR 2018, 257; OLG Saarbrücken, Urt. v. 16.03.2017, Az.: 4 U 126/16

[18]

LG Aachen, Urt. v. 25.04.2017, Az.: 12 O 381/16, bestätigt durch OLG Köln, B. v. 30.06.2017, Az.: 7 U 72/17

[19]

LG Göttingen NuR 2007, 779

[20]

OLG Saarland, Urt. v. 13.03.2014, Az.: 4 U 397/12, nicht veröffentlicht; Besprechung von Braun in FLL-Verkehrssicherheitstage 2014, Teil 1: Bäume, 9; Hilsberg AFZ-DerWald 4/2016, 50

[21]

Näher Hilsberg WF 4/2016, 161

[22]

Vgl. Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 5.2.6

[23]

Vgl. Dujesiefken/Jakula/Kowol, Jahrbuch der Baumpflege 2004, 181

[24]

Vgl. Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 5.2.4

[25]

OLG Dresden MDR 2001, 937; OLG Brandenburg MDR 2002, 1067

[26]

OLG Hamm, Beschl. v. 31.07.2015 i. V. m. (Hinweis-)Beschl. v. 03.07.2015,

Az.: 11 U 113/14; LG Bochum, Urt. v. 08.07.2016, Az.: 5 O 252/14

[27]

Vgl. Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 7

[28]

OLG Bremen MDR 2008, 1061

[29]

OLG Köln, Urt. v. 11.05. 2017, Az.: 7 U 29/15

[30]

LG Berlin, Urt. v. 16.04.2013, Az.: 2 O 25/13, bestätigt durch KG v. 13.02.2014, Az.: 20 U 141/13 und BGH v. 09.10.2014, Az.: III ZR 68/14

[31]

A. A. AG Hannover, Urt. v. 17.01.2017, Az.: 483 C 6691/16

[32]

OLG Schleswig VersR 1994, 359; OLG Sachsen-Anhalt DAR 1998, 18; LG Gießen, Beschl. v. 03.11.2011, Az.: 1 S 277/11

Das 1x1 der Baumkontrolle

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