Читать книгу TOD IN DER HÖHLE - Francisco J. Jacob - Страница 12
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Ein prominentes Opfer
Prompt stand er auf, ging um den Schreibtisch herum, riss mich vom Stuhl und umarmte mich. Er klopfte mir mehrfach mit der flachen Hand auf den Rücken.
»¡Hombre!, warum hast du das nicht gleich gesagt?!«, gab er erfreut von sich. »Lass dich ansehen.«
»Du hast mir keine Gelegenheit gegeben.«
»Stimmt, aber das liegt an meinem Beruf«, sagte er. »Ángel hat dir also erzählt … Ehrlich gesagt, habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen.«
»Aber, ihr arbeitet in derselben Stadt!«, entgegnete ich erstaunt.
Der Comisario zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Liegt wohl daran, dass ich nicht zu ihm in die Kirche geh und er nicht zu mir in die Comisaría kommt.«
»Lauft ihr euch in Ribadés nicht über den Weg?«
»¡No! Wenn ich unterwegs bin, dann im Auto und im Eiltempo.«
»Wie geht es dir denn? Was machst du neben deinem Beruf?«, fragte ich erfreut.
»Nur arbeiten! Das siehst du doch«, gab er in einem flapsigen Ton zurück. »Und ich hab viel zu tun.«
»Fernando, ich bin froh, dass ich dich und Ángel bereits gefunden habe. Er möchte ein Treffen mit uns und Mateo arrangieren.«
»Ich habe aber wenig Zeit, das kann ich dir gleich sagen.«
Damit wechselte seine Stimmung.
»Komm schon Fernando, es ist eine halbe Ewigkeit her, seitdem wir uns nicht gesehen haben. Vierzig Jahre! Ich bin deswegen aus Deutschland angereist.«
»Diego, ich freue mich auch, dich wiederzusehen, aber wir müssen mit deiner Aussage weitermachen. Über alles andere können wir später reden.«
»Natürlich«, sagte ich und war überrascht, wie schnell er die Stimmung und das Thema wechseln konnte.
»Also weiter. Warum bist du in die Höhlenkammer gegangen?«
»Ich wollte herausfinden, woher der Klingelton kam. Möglicherweise brauchte jemand Hilfe. Es war nur seltsam, da es in der Höhle keinen Empfang gab.«
»Ich verstehe«, sagte er. »Hast du was in der Kammer angefasst?«
»Nein.«
»Du hast ja schon die Bekanntschaft mit Capitán Sabál gemacht.«
»Ja.«
»Wenn der irgendwas findet, was darauf hinweist, dass du was angefasst hast oder sonst was angestellt hast, kommst du in Teufels Küche.«
»Ich verstehe.«
»Ich kann dich nur warnen. Sabál ist ein Cabrón! Der macht alles, um schnell einen Schuldigen zu finden.«
»Aber, übernimmst du nicht, ich meine, übernimmt die Policía Nacional nicht den Fall?«, fragte ich.
»Das hält die Guardia Civil nicht ab weiterzumachen. Und Sabál sowieso nicht.«
»Heißt das, dass ihr beide parallel an demselben Fall arbeitet?«
»So ist es. Ob ich den Fall weiter bearbeiten werde, wird sowieso noch von der Hauptkommissarin in Gijón entschieden.«
»Wieso das?«
»Na, weil sich meine Comisaría sonst nur mit kleinen Vergehen beschäftigt. Wenn was Großes passiert, dann wird es in Gijón bearbeitet«, sagte er mürrisch.
Aus seinen Worten hörte ich, wie seine Kompetenzen beschränkt waren und er offensichtlich darunter zu leiden schien. Ich fragte mich, warum er dann nicht in Gijón arbeitete. Der Umstand interessierte mich.
»Als wir die Höhle verließen«, sagte ich, »kamen uns Beamte von der Spurensicherung mit weißen Overalls entgegen. Waren das etwa eure Leute?«
»¡Sí! Das waren unsere Leute! Aber weil du gerade davon sprichst, ich wollte Cata anrufen.«
»Cata?«
»Cata Meral ist meine Gerichtsmedizinerin in Gijón. Diego, wir sind erst mal fertig«, sagte er überraschend und streckte mir seine Hand entgegen.
»Gut. Wir sehen uns dann beim Klassentreffen«, sagte ich erwartungsvoll. »Versprochen?«
»Wir werden sehen«, antwortete er abwesend.
Er zeigte mir die Tür, die zum Vorzimmer führte, dann griff er zum Telefon.
»Lola, ruf Cata an, ob sie schon was für mich hat.«
Im Vorzimmer saß seine Assistentin mit dem Telefon am Ohr. Das musste Lola sein. Sie lächelte und sah mich von unten nach oben an. Dann legte sie auf.
»¡Buenos días!, Señor Lesemann«, sagte die schlanke und sehr attraktiv aussehende junge Frau Mitte dreissig. Mir fiel sofort auf, dass sie bisher die Einzige war, die meinen Namen korrekt ausgesprochen hatte.
»¡Buenos días! Señora … «
»¡No, no!«, entgegnete sie charmant. »¡Señorita!«
Sie stand von ihrem Bürostuhl auf, straffte mit den Händen ihr eng anliegendes kurzes Kleid von der Taille abwärts, wobei sie sich zu mir beugte und mir dabei einen Einblick in ihr Dekolleté bot. Sie tat es aber mit einer erfrischenden Natürlichkeit, dass ich bei ihr keine hintergründigen Absichten vermuten konnte. Während sie das tat, lächelte sie, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Dann stand sie vor mir, holte Luft und reichte mir charmant ihre Hand.
»Ich heiße Lola«, sagte sie mit wohltuender Offenheit. »Ich bin die Assistentin von Comisario de Vega und ich habe Sie angerufen.«
»Con mucho gusto«, sagte ich fasziniert und gab ihr damit zu verstehen, dass es mir ein Vergnügen war.
Ich gab ihr die Hand. Sie wusste sehr gut ihren tadellosen Körper in dem maritimen, fein gestreiften Kleid zu betonen. Ein Vergleich mit Tamara, von der Leihwagenfirma am Flughafen, wäre allein schon wegen ihrer langen Beine ganz und gar zu Lolas Gunsten ausgegangen. Sie sah mich mit ihren großen braunen Augen freundlich an und ließ meine Hand nicht mehr los. Ich riss mich aus meiner Gedankenwelt und zog langsam meine Hand von der Ihren weg.
»¡Adiós!«, sagte ich zu ihr.
»¡Qué pena! (Wie schade). Müssen Sie schon gehen?«, fragte sie enttäuscht.
»Ja, der Comisario hat meine Aussage bekommen. Mehr kann ich nicht tun.«
»¡Hasta pronto!« (Bis bald). So freundlich verabschiedete sie sich von mir.
»Wie meinen Sie das?«, fragte ich überrascht.
»Ich glaube, der Comisario wird bestimmt wieder mit Ihnen reden.«
Beim Abendessen beschrieb ich Hellen meine erste Begegnung mit dem Comisario. Die verhörartige Vernehmung, die ich von ihm erfahren hatte, hatte Hellen zunächst etwas erschreckt, aber im Nachhinein lachten wir beide über den Ausgang des Wiedersehens. Wir saßen auf der Terrasse eines typisch regionalen Restaurants am Kai, der mit Lichterketten illuminiert war. Von dort aus sahen wir auf die kleinen Fischerboote, die am Anlegen waren. Wir ließen uns überbackene Artischocken schmecken, die ganz nach unseren Geschmack waren. Mit einem Glas Rotwein stießen wir dann auf die Fortschritte bei der Suche nach meinen ehemaligen Schulfreunden an und als das Dessert serviert wurde, zeigte Hellen mir die wunderbaren Fotos, die sie tagsüber geschossen hatte.
Nach dem Essen machten wir einen Spaziergang an der Kaipromenade. Wir waren nicht die Einzigen, die auf diese wunderbare Idee gekommen waren. Viele Menschen kamen uns entgegen. Kein Wunder, da im Spätsommer jedermann die kühle Brise des Abends am Meer suchte. Am Kai hatten rote, weiße und blaue Fischerboote angelegt. Im Hintergrund flog ein Schwarm Möwen kreischend durch den Abendhimmel. Durch das warme Licht der verschnörkelten Straßenlaternen bekam das Bild eine romantische Note. Ich drückte Hellen an mich.
»Der Nachtisch war köstlich«, schwärmte ich.
»Ich weiß, wie sehr du Crema Catalana magst. Mich wundert nur, dass du dich mit einer Portion zufriedengegeben hast«, sagte sie lächelnd.
Dann klingelte mein iPhone.
»Hallo?«
»Diego? Hier ist Ángel. Ángel Montés, störe ich?«
»Hallo Ángel, aber nein.«
»Ich habe mit Mateo gesprochen und ihm erzählt, dass du in Ribadés bist. Er freut sich sehr, dich wiederzusehen. Wir können uns am Samstag treffen.«
»Hast du auch mit Fernando gesprochen?«
»Ja, aber das hat mich überrascht.«
»Was meinst du?«
»Er sagte mir, dass ihr euch heute schon gesehen hättet. In der Comisaría. Und zwar wegen einer Aussage, die du gemacht hättest. Euch ist doch nichts zugestoßen?«
»Nein, uns geht es gut. Ich habe wegen einer Beobachtung eine Aussage abgegeben. Ich erzähle es euch später.«
»Ich verstehe. Ich habe im Café Carmen für Samstag um drei einen Tisch reserviert. Einverstanden?«
»Das ist großartig, ich freue mich.«
Ángel verabschiedete sich und legte auf.
»Stell dir vor«, sagte ich freudig zu Hellen. »Ángel hat ein Treffen mit Mateo und Fernando für Samstag um drei organisiert.«
»Das ging aber schnell, das ist ja schon übermorgen.«
Am nächsten Morgen herrschte im Frühstücksraum ein ruhiges Kommen und Gehen. Neben uns saß ein älteres deutsches Ehepaar. Nachdem sie uns Deutsch sprechen gehört hatten, rückten sie näher. Ich wartete bereits auf die erste der bekannten Urlaubsfragen.
»Entschuldigung. Darf ich Sie fragen, woher Sie kommen?«, fragte die Gattin.
»Aus München«, antwortete Hellen. »Und Sie?«
»Aus Frankfurt.«
»Wie lange bleiben Sie?«, fragte der Gatte.
»Voraussichtlich zehn Tage«, antwortete ich. »Und Sie?«
»Wir sind schon drei Wochen hier und müssen leider morgen wieder weg«, antwortete er.
Nach dieser Kurzkonversation gingen Hellen und ich ans Buffet. Von dort aus sah ich zufällig, wie ein Mann an unserem Tisch vorbei ging und seine Zeitung aufhob, weil sie ihm zuvor auf den Boden gefallen war. Der Mann fiel mir auf, weil er kahlköpfig und wie ein Golfer gekleidet war. Er trug eine rot karierte Golfhose und ein rotes Poloshirt. Hellen und ich spielten schon damals leidenschaftlich gern Golf. Wir hatten auf unseren Reisen meistens unsere Golfbags dabei, wie auch auf dieser. Wir hatten vor in Gijón einige Runden Golf zu spielen.
»Den ersten Golfer habe ich schon entdeckt«, sagte ich zu Hellen und zeigte zu dem Mann mit der Golfkleidung und der Zeitung unter dem Arm.
»Ja, wirklich, er sieht aus wie ein Golfer.«
Nach dem Frühstück gingen wir auf Entdeckungstour. Auf dem Weg über die Plaza hatten wir das Café Carmen hinter uns gelassen, als wir jemand rufen hörten.
»Señor Lessemaan!«, rief eine weibliche Stimme hinter uns her.
Ich drehte mich um und sah Elsa aus dem Café auf uns zulaufen.
»Señor Lessemaan, ich sollte Sie doch wegen Ramón anrufen.«
»Ramón? Ach ja, Ramón Verono.«
»Ich hab vorhin versucht, Sie anzurufen, aber Sie haben sich nicht gemeldet.«
»Ist er gerade da?«, fragte ich erwartungsvoll und suchte unbewusst nach meinem Telefon.
»Aber nein! Haben Sie denn heute noch keine Zeitung gelesen?«, fragte sie aufgeregt.
»Nein. Einen Moment.« Ich suchte in meinen Taschen nach dem Telefon.
»Dreimal hab ich Sie angerufen!«
»Wo ist nur mein Telefon?«, fragte ich mich selbst.
»Hast du es im Hotelzimmer gelassen?«, fragte Hellen.
»Ich bin sicher, ich habe es wie immer in meine Tasche gesteckt«, antwortete ich.
Elsa stand unterdessen aufgewühlt vor mir.
»Ramón ist tot!«, sagte sie völlig unerwartet und sah mich entsetzt an.
Ich wusste nicht, wie ich es aufnehmen sollte.
»Sind Sie sicher?«, fragte ich erstaunt.
Das war mittlerweile der dritte Tote innerhalb von drei Tagen, dachte ich.
»¡Sí! Es steht in der Zeitung!«
Wir gingen ins Café, wo uns Carmen schon erwartete.
»¡Madre mía!«, sagte sie völlig nervös.
Sie ging immerzu hin und her und bewegte die zum Gebet gekreuzten Hände auf und ab.
»Ist das nicht furchtbar?«, sagte sie außer sich.
»Ja, aber wir hatten keine Ahnung«, entgegnete Hellen.
»Haben Sie die Zeitung?«, fragte ich Carmen.
Elsa kam eilig mit der aufgeschlagenen Zeitung und gab sie mir. Ich las die Schlagzeile vor:
¡Dos muertos en la Cueva de Ribadés!
(Zwei Tote in der Höhle von Ribadés!)
Ramón Verono, Sohn des bekannten Textilindustriellen Alonso Verono [ALVE-MODA], ist gestern in der Cueva von Ribadés tot aufgefunden worden!
Hellen und ich sahen uns an, denn wir dachten sofort dasselbe. Es handelte sich somit nicht um einen dritten Toten. Ich hatte demnach die Leichen von Ramón Verono und einer anderen Person in der Höhle gefunden. Mit einem leichten Kopfschütteln gab ich ihr ein Zeichen, nichts davon zu erwähnen. Mir war nicht danach, die zu erwartenden Fragen beantworten zu müssen.
Ich las weiter vor:
Ebenso wurde eine weitere männliche Leiche gefunden, die noch nicht identifiziert worden ist. Die Polizei geht von einem Mord aus und verfolgt erste Spuren.
Mir wurde klar, dass ich zwei männliche Leichen gefunden hatte. Von den Kopfverletzungen und der Tatsache, dass sie mit heruntergezogenen Hosen eng aneinander lagen, wurde jedoch nichts berichtet.
»Wer kann so etwas Schlimmes nur getan haben?«, fragte Hellen.
»Es gibt viele Leute, die neidisch sind«, antwortete Carmen aus voller Überzeugung. »ALVE-MODA ist sehr bekannt und verdient mucho dinero«, sagte sie und rieb symbolisch Zeigefinger und Daumen aneinander.
»Vielleicht ist er umgebracht worden, weil er Spielschulden hatte«, platzte Elsa vorlaut in das Gespräch.
Carmen sah sie wieder streng an.
»¿Cómo?«, wollte sie wissen.
»Er hat mir erzählt, dass er gern Poker spielte.«
»Jetzt ist aber Schluss!«, sagte Carmen resolut. »Du kannst doch nicht einfach etwas erfinden.«
Wir maßen dieser Aussage zunächst keine Bedeutung bei. Der Name des Vaters aber gab mir zu denken.
»Ramóns Vater heißt demnach Alonso Verono«, bemerkte ich.
»Ja, kennen Sie ihn?«, fragte Carmen.
»Nein, aber der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Kennst du ihn vielleicht von früher?«, fragte mich Hellen.
»Ich bin mir nicht sicher. Mit wem ist er verheiratet?«, fragte ich bei Carmen nach.
»Er ist mit einer hochnäsigen Person verheiratet«, sagte Carmen. »Sie heißt Carla. Aber sie ist nicht die Mutter von Ramón. Er stammte aus der ersten Ehe mit Sofía.«
»Ah, ich verstehe.«
Auf dem Weg zurück ins Hotel suchte ich erneut in meinen Taschen nach dem iPhone.
»Dann waren die Leichen also zwei Männer«, bemerkte Hellen.
»Es scheint so. Wie bereits gesagt, habe ich es in der Höhlenkammer nicht erkennen können.«
Meine Gedanken kreisten um mein verloren gegangenes Smartphone.
Kaum waren wir in der Hotelhalle, sprach mich der drahtige Hotelconcierge hinter der Rezeption an.
»¡Buenos días, Señor Lessemaan! Gehört das Telefon zufällig Ihnen?«, fragte er in einem freundlichen Ton und hielt dabei mein iPhone elegant in seiner offenen Hand.
»Ja! Da ist es«, antwortete ich erleichtert.
»Siehst du?«, sagte Hellen und sah mich mit einer verständnisvollen Geste an.
»Vielen Dank! Wo haben Sie es gefunden?«, wollte ich wissen.
»Es wurde im Frühstücksraum gefunden«, sagte er und zeigte mit der ausgestreckten Hand zum Raum hin. »Ein netter Herr hat es hier abgegeben.«
Ich schaltete es ein und prüfte die Funktionen und meine Daten.
»Siehst du. Es gibt doch noch ehrliche Menschen«, sagte Hellen.
»Können Sie mir bitte sagen, wer es abgegeben hat? Ich möchte mich bei ihm bedanken.«
»Es war Señor Romero.«
»Und wer ist Señor Romero?«, fragte ich nach.
»Nun, er ist ein bekannter Unternehmer aus Ribadés, der in unserem Hotel Gäste unterbringen lässt.«
»Ich verstehe. Können Sie mir bitte seine Telefonnummer geben?«
»Die kann ich Ihnen leider nicht geben. Ich hoffe, Sie haben Verständnis für meine Diskretion. Aber ich kann Ihnen sagen, dass sein Büro in der Calle Inglesa (Englische Straße) zu finden ist. Das ist nicht weit von hier.«
Ich zog meinen Panamahut auf und wir gingen wieder hinaus, um unseren Spaziergang fortzusetzen. Mir war schlicht nicht klar, warum ich mein iPhone hatte liegen gelassen. Wir waren ein Stück gegangen, dann blieb ich erneut stehen.
»Es ist mir ein Rätsel, wie ich mein iPhone vergessen konnte. Sowas ist mir noch nie passiert. (…) Und kurze Zeit später habe ich es wieder, weil es ein ehrlicher Finder abgegeben hat«, sagte ich kopfschüttelnd.
»Du solltest nicht so misstrauisch sein.«
»Wahrscheinlich hast du Recht, lass uns weitergehen.«
Wir gingen über die Brücke, die beide Teile von Ribadés miteinander verbindet. An dieser Stelle mündet der Fluss Riba ins Meer. Wir blieben stehen, lehnten uns an das Brückengeländer und ließen uns die frische Brise, die vom Atlantik nach Ribadés hereinwehte, ins Gesicht wehen. Unter uns tuckerte gemächlich ein Fischerboot vorbei. Auf der linken Seite sahen wir auf den Sporthafen mit Segelschiffen und Motorbooten, die dort vor Anker lagen. Mein iPhone klingelte.
»Señor Lesemann? Hier ist Lola, von der Comisaría.«
»¡Hola!«, meldete ich mich.
»¡Hola! Comisario de Vega will Sie dringend sprechen.«
»Wissen Sie warum?«
»Kommen Sie doch einfach vorbei«, sagte sie in einem angenehmen Ton. »¡Hasta luego!«
»Das war Lola, von der Comisaría«, sagte ich zu Hellen. »Der Comisario will mich sprechen. Ich soll gleich vorbeikommen.«
»Kommt er denn ohne dich nicht aus?«, fragte sie kritisch.
»Das will ich nicht hoffen«, antwortete ich. »Willst du nicht mitkommen?«
»Nein, nein. Ich bleibe hier und fotografiere die wunderbare Brücke. Außerdem wollte ich mir im Hotel den Fitnessraum ansehen.«