Читать книгу Cannabis und Cannabinoide - Franjo Grotenhermen - Страница 67
1.4 Fazit und Diskussion
ОглавлениеGenerell sollten Befragungsdaten (und erst recht Strafverfolgungsdaten) zur Verbreitung von Cannabis stets kritisch hinterfragt werden: sie spiegeln immer nur bedingt die soziale Realität wider und sind anfällig für zum Teil massive Verzerrungen. Klassengestützte Schülerbefragungen erzielen dabei schon allein aufgrund der hohen Ausschöpfungsquoten die besten Ergebnisse (sind aber natürlich nur bei Schulpflichtigen möglich), während telefonische Erhebungen die tatsächliche Verbreitung vermutlich am stärksten unterschätzen. Hier spielt insbesondere die in der empirischen Sozialforschung häufig diskutierte soziale Erwünschtheit (Paulhus 2002) eine entscheidende Rolle: Formell abweichendes Verhalten wird am ehesten in einem anonym selbst auszufüllenden Fragebogen zugegeben. Eine weitere Überlegung im Kontext sozialer Erwünschtheit betrifft die öffentliche Meinung zum Cannabiskonsum: Möglicherweise hängt die verstärkte öffentliche Diskussion um Legalisierung in den letzten Jahren tatsächlich mit steigenden Prävalenzraten zusammen – aber nicht in der Form, dass sich junge Menschen dadurch stärker motiviert fühlen, Cannabis zu konsumieren, sondern dass sie eigenen Konsum in einem „cannabisfreundlicheren“ Klima eher zugeben.
Unter Einbezug aller Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland kann man davon ausgehen, dass mindestens 15 Millionen Personen Erfahrungen mit dem Cannabiskonsum haben. Mindestens drei Millionen haben in den zurückliegenden 12 Monaten Cannabis konsumiert und mindestens anderthalb Millionen in den letzten 30 Tagen; sie können somit als aktuell Konsumierende gelten. Um wieviel die tatsächlichen Werte diese Mindestwerte übersteigen, kann mit den verfügbaren Daten nicht abgeschätzt werden. In jedem Fall kann von mehreren Millionen mehr oder weniger regelmäßig Konsumierenden ausgegangen werden.
Der Schwerpunkt aktuellen Cannabiskonsums liegt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 21 Jahren; ab diesem Alter geht die Kurve relativ steil nach unten, obgleich es auch in höheren Altersgruppen noch signifikante Gruppen aktueller Cannabiskonsument*innen gibt. Frauen konsumieren weniger Cannabis als Männer; vor allem bei regelmäßigem und häufigem Konsum sind Männer deutlich überrepräsentiert. In Großstädten gibt es zumindest unter jungen Menschen etwa doppelt so viele regelmäßig Konsumierende wie in ländlichen Regionen, während regelmäßiger Alkoholkonsum in kleineren Gemeinden deutlich stärker verbreitet ist als in Großstädten.