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Fred Beyer, 5. Januar 1942, Russland

Der Bahntransport war ohne Zwischenfälle aber mit vielen Halten verlaufen und am 26. Dezember 1941 wurden die Panzer in Juchnow entladen. Den Heiligabend verbrachten die Männer in den stickigen Personenwaggons bei Tee, Brot und Dosenwurst.

„Schöne Bescherung“ hatte Müller geknurrt „aber ich wollte Weihnachten schon immer mal im Ausland verbringen.“

„Du wirst einen längeren Auslandsaufenthalt haben und sogar Silvester im Ausland feiern“ hatte Bergner geantwortet „und garantiert mit einem richtig tollen Feuerwerk. Mitternacht wird der Iwan dann seine Raketen und Böller abbrennen. Kannst dich ja schon mal drauf freuen.“

„Na gut“ war Lahmanns Kommentar gewesen „wir haben ja auch n paar Knallerbsen im Gepäck, und diesmal auch bessere.“

„Aber so richtig werden wir den T 34 damit auch keine Löcher in den Pelz brennen können“ meinte Keller „es sei denn, wir gehen sehr nah ran. Aber ob das eine gute Idee ist bezweifle ich.“

Fred Beyer beteiligte sich nicht an dem Gespräch. Für ihn zählten Tatsachen und die hießen, dass sie zwar eine bessere Waffe erhalten hatten, aber diese dennoch bestimmten Panzern des Gegners unterlegen war. Keller hatte schon Recht: wenn sie die T 34 erfolgreich bekämpfen wollten würde dies nur auf geringe Entfernung möglich sein. Beyer fragte sich, wie es überhaupt möglich gewesen sein konnte, dass in Deutschland die Existenz so eines fortschrittlichen Panzerfahrzeuges bei den Russen nicht bekannt gewesen war. Er hatte sich einmal einen abgeschossenen T 34 näher angesehen und war in das Innere geklettert. Das Fahrzeug war vollkommen ausgebrannt und verrußt. Im Zwielicht sah er noch zwei verkrümmte und verkohlte Gestalten in der Fahrzeugwanne liegen. Beyer blickte sich nur kurz um aber er konnte feststellen, dass die Bedienelemente sehr grob gefertigt waren und Platz für die Besatzung kaum vorhanden war. Die unheimliche Atmosphäre in dem Fahrzeug trieb ihn schnell wieder hinaus und er sagte sich, dass er eines Tages vielleicht auch so entstellt in seinem abgeschossenen Panzer liegen könnte. Ach egal hatte er sich gedacht, es kann einen jederzeit erwischen und in einem Panzer fühlte er sich trotz aller Gefahren doch einigermaßen geschützt. Günther muss seine ungeschützten Knochen hinhalten und Martins Boot kann jederzeit in einen dicken Wasserbombenhagel geraten meinte er noch.

Der Bahnhof hatte über keine geeigneten technischen Hilfsmittel zum Entladen der Panzer verfügt. Der Bahnhofskommandant hatte hektisch telefoniert und nach ungefähr 2 Stunden fuhren zwei LKW vor, die Baumstämme geladen hatten. Einige Pioniersoldaten waren von den Fahrzeugen heruntergesprungen und brachten die Stämme vor den Spezialwaggons so in Position, dass die Panzer wie auf einer schrägen Rampe herunterfahren konnten. Alles klappte ohne Zwischenfälle und die 15 Fahrzeuge nahmen hinter dem Bahnhof Aufstellung. Der kommandierende Offizier der Einheit erklärte kurz die Lage. Man würde jetzt auf eine 20 Kilometer vom Bahnhof entfernt liegende Linie abrücken und dort die deutschen Verteidigungsstellungen verstärken. Generelles Ziel wäre die Front weiter zu stabilisieren, und bis zum Eintreffen weiterer Verstärkungen jegliche Angriffe der Sowjets zurückzuschlagen. In der Heimat würden die Werke mit Hochdruck daran arbeiten, die Produktion vor allem von Panzern weiter hochzufahren. Insbesondere mit der Ausführung F des Panzers IV, der seit vorigem Jahr von den Bändern ließ, würde man den Russen jetzt deutlich besser Paroli bieten können. Aber auch die Panzer III, die sie jetzt zur Verfügung hätten, wären erheblich kampfwertgesteigert worden und die Chancen im Panzerkampf somit gestiegen. Jedenfalls würde der Schwerpunkt des Einsatzes der Einheit momentan mehr in der Defensive liegen und wenn er recht informiert wäre, würden sie sogar ganz passable Unterkünfte vorfinden.

Die deutschen Stellungen bestanden aus einem dichten Netz von Schützengräben mit MG-Nestern, Pak und einigen Artilleriestellungen. Pioniere hatten in aller Eile noch Minensperren legen können. Die Panzer sollten in gedeckten Stellungen in der Hinterhand bleiben. Jedem Fahrzeug war ein Beschusssektor zugewiesen worden und Fred Beyer hatte ein gutes Gefühl, dass sie mögliche Angriffe der Russen zurückweisen würden. Die Fahrzeuge hatten Wintertarnung erhalten und hoben sich von der Gegend kaum ab. Insgesamt schien sich die deutsche Kriegsmaschine langsam aber sicher auf die neue Lage einstellen zu können, denn auch die Infanteristen trugen Winterkleidung. Untergebracht waren die Männer in Erdbunkern, allemal besser als unter den chaotischen Umständen des Vormarschs im Winter und der sich dann anschließenden wilden Flucht und auch die Versorgung war jetzt besser organisiert. Beyer und seine Männer hatten sich in einer Unterkunft in der Nähe ihres Panzers eingerichtet und harrten der Dinge. Es war immer noch schneidend kalt und den Boden bedeckte eine halbmeterhohe Schneeschicht.

„Einen Infanterieangriff werden die bei dem tiefen Schnee wohl nicht wagen“ meinte Keller „da sackt man doch bis zum Bauch ein.“

„Die haben auch Einheiten, die auf Skiern unterwegs sind“ warf Bergner ein.

„Hast du dir mal das Gelände angesehen“ fragte Müller „vielleicht 2 Kilometer freie Fläche wären zu überwinden. Da muss man schon ziemlich verrückt sein dort ohne Deckung anzugreifen.“

„Na ja“ meinte Beyer „der Iwan ist doch nie zimperlich gewesen seine Leute vorwärtszutreiben, auch wenn es nahezu aussichtslos war. Erinnert euch daran, wie Massen von russischen Soldaten damals im Sommer auf unsere Panzer zugestürmt sind und wir sie reihenweise mit den MG erledigt haben.“

„Die Zeiten haben sich aber geändert“ sagte Lahmann nachdenklich „die haben ihre chaotische Kampfführung schon ein ganzes Stück abgelegt. Ich halte den Iwan mittlerweile für einen Gegner, den man nicht unterschätzen darf.“

Die Männer schwiegen. Das letzte Gefecht an dem sie teilgenommen hatten war klar zu Ungunsten der Deutschen ausgegangen.

„Wir sind aber auch nicht von Pappe“ führte Fred Beyer das Gespräch weiter „und das werden wir den Herrschaften beim nächsten Mal zeigen. Aber dass die sich gar nicht rührn kommt mir schon komisch vor.“

„Das bleibt bestimmt nicht so“ erwiderte Keller „die werden jetzt Artillerie ran holen und dann unsere Stellungen eindecken. Warten wir es ab und hoffen, dass noch mehr Ersatz nach vorn kommt.“

„Weißt du was jetzt nach vorn kommt“ fragte Müller verärgert „Milchreisbubis und alte Säcke. Direkt vom Kasernenhof. Die wissen überhaupt nicht wie der Hase läuft.“

„Das lernen die schon“ lenkte Bergner ein „genug Trübsal geblasen, wer hat Lust auf ne Runde Skat?“

Das Stillhalten der Russen hatte seinen Grund gehabt. Auch die Truppen der Roten Armee waren erschöpft und Männer, Waffen, Munition, Treibstoff und alle anderen Güter mussten aus dem östlichen Raum herangeführt werden. Hätte es anders ausgesehen wären die Deutschen im Dezember nicht 200, sondern 500 Kilometer zurückgeworfen worden. Dieses Atemholen war nur eine scheinbare Ruhe vor dem Sturm, der über die Deutschen bald wieder hineinbrechen würde.

Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 4

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