Читать книгу Eine Welt auf sechzehn Saiten - Frank Schneider - Страница 6
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Das Vogler Quartett kann auf drei Jahrzehnte ununterbrochener Konzerttätigkeit in immer gleicher Besetzung zurückblicken und auf eine glanzvolle internationale Karriere im vornehmsten und zugleich sensibelsten Bereich instrumentaler Kammermusik verweisen. Obwohl ein solches Jubiläum gewiss keine künstlerische Zäsur bedeutet, mag es ein willkommener Anlass sein, im öffentlichen Medium eines Buches an prägende Ereignisse zu erinnern, berufliche Erfahrungen zu vermitteln und einem sicherlich nicht kleinen Kreis interessierter Hörer Einblick in ein sehr spezielles Künstlerleben »a quattro« zu ermöglichen.
Das äußerst stabile Innenleben, die andauernde Präsenz auf den Podien des klassischen Konzertlebens, die Bewährung in den Stürmen einer politischen Zeitenwende und schließlich das zunehmend wichtige pädagogische und kunstpolitische Engagement verdienen eine eingehende Darstellung. Gerade der erfolgreiche Wechsel eines zunächst staatlich geförderten Ensembles in die harte Welt des freien Musikmarktes bedeutet – meiner Meinung nach – eine exemplarische Leistung der Musiker. Dabei wird ein widerspruchsvolles Zusammenwirken von autonom-musikalischen, individuellbiographischen und zeitgeschichtlich-heteronomen Komponenten lebendig erfahrbar. In diesem Rahmen soll auch der keinesfalls konfliktfreie Dienst von vier aufeinander eingestellten, weil aufeinander angewiesenen Künstlerexistenzen sowohl gegenüber der Kunst als auch im Hinblick auf ein oft eigenwilliges Publikum nicht zu kurz kommen. Im Übrigen gibt es der Anekdoten genug, die den Leser erfreuen und erfrischen können.
Die Idee des Buches stammt von den Musikern. Sie basiert auf ihrem Wunsch nach authentischer Rede und persönlicher Äußerung. Ihre Anfrage, ob ich Lust hätte, als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen, fiel auf bereitwilligen Boden, obwohl mir als Musikwissenschaftler fast ausschließlich die kompositorische Ebene in der Musikgeschichte vertraut war und ich den interpretatorischen Problemen keine erstrangige Bedeutung zubilligen wollte. Allerdings war mir die Erstrangigkeit des Vogler Quartetts spätestens bewusst und andauernd präsent, seit ich als künstlerischer Intendant des Berliner Konzerthauses tätig war und mit dafür sorgte, dass das Ensemble dort seinen ersten Abonnements-Zyklus etablieren konnte. Aus dieser Verbindung und gewissermaßen beiderseitiger Zuneigung kam das Buch-Experiment zustande. Ich entwarf einen thematischen Plan, der alle wesentlichen Aspekte eines Quartettlebens berücksichtigt. Da der Titel für das Buch relativ früh gefunden war, ließ auch ich mich von der Magie der Besetzungszahl der Gattung und der Saiten der Instrumente faszinieren – nicht zuletzt von der Notwendigkeit überzeugt, den Zufälligkeiten der Interviews durch ein strenges und klares Fragegerüst zu begegnen. So schlug ich für den Verlauf der Interviews, die wir gemeinsam in einem ruhigen Spreewald-Hotel absolvierten, viermal vier Kapitel vor: Das erste Kapitel dient als chronologische Basis, zwei weitere Kapitel thematisieren Problemfelder des künstlerischen und aufführungspraktischen Bereichs und das letzte präsentiert in vier Monologen Selbstporträts der Musiker. Sie gründen zwar ebenfalls auf Dialogen, aber da in Einzelgesprächen allen die gleichen Fragen gestellt wurden, schien eine Verwandlung angebracht, um Wiederholungen zu vermeiden.
Es ist mir ein Bedürfnis, mich bei denen zu bedanken, ohne die das Buch nicht zustande gekommen wäre. Der erste Dank gilt dem Quartett für seine geduldige Mitwirkung bei der Metamorphose des gesprochenen Wortes in das geschriebene, was nicht ohne gewisse schöpferische Veränderungen möglich war. Gleichwohl sollten sich die Musiker in den Formulierungen wiederfinden, obwohl der Autor sie gelegentlich – ihrem Denken gemäß – auch erst finden und erfinden musste. Diese Arbeit fußt auf einer diplomatisch genauen Abschrift der aufgezeichneten Gespräche, die die Eltern von Tim Vogler unter bewundernswerter Anstrengung besorgten. Nicht minder dankenswert war die zeitaufwendige Redaktion des Textes, die meine Frau in intensiver Zusammenarbeit mit den Musikern besorgte. Schließlich gilt der besondere Dank dem Verleger für sein spontanes Interesse an diesem besonderen Gegenstand, für seine Ratschläge und insgesamt für das musische, den Künsten gewogene Klima, bei dem man sich seit dem ersten Kontakt mit dem Projekt geborgen fühlen konnte.
FRANK SCHNEIDER
Berlin, im Herbst 2014