Читать книгу Currys für Connaisseure - Frank Winter - Страница 10
ОглавлениеHausgemachte Probleme
MacDonald brachte Alberto nach Fountainbridge und beschloss, den Rest des Tages ebenfalls zu Hause zu verbringen. Nach dem unergiebigen Treffen hatte er sich eine Stärkung verdient. Alle Alkoholika lagerten im Tresor namens Leibwächter, offiziell zur Wahrung von Unterlagen erworben – im Keller! Seine kleine Flüssigreise nach Aberdeenshire machte ihm einen Heidenspaß. Indian Summer Gin vereinte unter anderem Koriander, Zimt, Orangenschalen und Safran! Drei Stunden später wachte er ob eines eigentümlichen Geräusches im Bett auf. Spatenstiche? Was kümmert es mich?, dachte er und schnarchte weiter. Weil ein Fenster leicht geöffnet war, weckte ihn ein stechender Geruch endgültig auf. Er nahm seine Schlafmaske ab, ging zum Fenster und rieb sich die Augen. Handelte es sich um drei Gläschen Pathia-Soße, die sie einbuddelte, oder ein durch Schläfrigkeit induziertes Trugbild? Er schlüpfte in seine Pantoffeln und zog den Bademantel an. Niemals zuvor gelangte er so schnell in den Garten. Miss Armour trug Blue Jeans, klobige Gummistiefel und natürlich ihren unvermeidlichen Pullover. Ob sie ihn je auszog? Je näher er kam, umso schlimmer wurde der Gestank. Er rührte von dem Erdhaufen, den sie in weiten, ausholenden Bewegungen mit einer Schaufel verteilte. MacDonald zog den Gürtel seines Mantels straffer. Von den Gläschen war nichts mehr zu sehen. »Darf man erfahren, was für ein seltsames Happening Sie in meinem Garten veranstalten?«
Miss Armour war so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie ihn, obwohl nur wenige Meter entfernt, nicht bemerkte.
»Hallo! Hallo! Wäre es möglich, mit der Ökotrophologin Armour zu sprechen? Es geht um Fragen der Gesundheit.«
Seine Mitbewohnerin rammte die Schaufel in den Boden. »Ja, bitte?«
»Vergraben Sie Pathia-Soße?«
»Auf keinen Fall!«
»Schön, aber wer trug Ihnen auf, meine Grünfläche zu kontaminieren?«
»Thommie hat mir gesagt, dass Sie dem Projekt Ihren Segen erteilten.«
»Gut, nehmen wir einmal an, es sei so gewesen, mit welcher Intention?«
»Sie stellen komische Fragen! Um Gemüse anzubauen natürlich. Kein Mensch dieses Planeten wird erleben, dass ich mit künstlichem Dünger hantiere. Gesunde Ernährung beginnt auf der eigenen Scholle!«
»Sagt wer?«
»Angus Thinnson MacDonald schrieb es.«
Hatte sie in seinen Unterlagen gestöbert, den Computer durchforstet? »Wann habe ich denn die Erlaubnis erteilt?«
»Vorgestern«, antwortete Miss Armour und stützte sich auf der Schaufel ab.
»Schön, machen Sie weiter. Vielleicht könnten Sie sich aber etwas beeilen? Der Gestank ist beträchtlich.«
»Gut Dung will Weile haben.«
»Sagte ich das auch?«
»Weiß ich nicht!«, antwortete sie und warf die Schaufel wieder in die Luft. »Karen wird nichts gegen meine natürliche Kompostierung haben, oder?«
Meine Güte!, dachte MacDonald. Schon einige Zeit hegte er den Verdacht, dass sie Frau Doktor gegen ihn aufhetzte. Von Thomasinas dauernder Präsenz in seinem Haus wusste Karen nichts. Alberto hatte deshalb, als er ihn danach fragte, in ein Hornissennest gestochen. Ihm wiederum hatte niemand erläutert, womit die junge Dame ihren Lebensunterhalt bestritt, und jetzt noch zu fragen, wäre unpassend gewesen. Im Arbeitszimmer rief er William an, um zu eruieren, welchen neuen Titel Panicker sich erhoffte. Als MSP, Mitglied des schottischen Parlaments, hatte sein Bruder gute Kontakte und würde sich gerne für ihn erkundigen.
Alberto wälzte wieder das Branchenbuch. Die Firma Robertson, Klempner Peters letzter Arbeitgeber, befand sich wie die Villa Buongiorno in Fountainbridge und so ging er zu Fuß. Sympathisch war der Laden: Regale aus dunklem Holz, ein spiegelblank gewienerter PVC-Boden und ordentlich gereihte Waren. Mister Robertson, ein dickbäuchiger, blasser Schotte Ende vierzig, stand hinter dem langen Tresen und bediente einen Kunden, nach Albertos Einschätzung allzu geflissentlich. Der hat immer noch ein schlechtes Gewissen, dachte er, gut, dann wird er keine Schwierigkeiten machen. Robertson war anderer Meinung. »Sie wünschen!«, blaffte er ihn an, nachdem der Kunde gegangen war und klappte ein Brett im Tresen, das Alberto erst jetzt bemerkte, kraftvoll nach oben.
Der ließ sich nicht einschüchtern. »Kennen Sie mich noch?«
»Natürlich, der Mann, der uns aus seinem Haus warf!«
»Sie müssen mir helfen«, erwiderte Alberto.
»Ich muss überhaupt nichts!«
»Okay, Sie können mir helfen. Ich möchte nur eine bescheidene Auskunft.«
»Sehe ich wie ein Informationsbüro aus?«
»Bei Ihnen hat Peter früher gearbeitet. Er ist Mitte dreißig und Ire. Man kann ihn gut an seinem Glatzkopf erkennen.«
»Empfehle Ihnen das Branchenbuch!«
»Grazie! Als ob ich das nicht längst studiert hätte!«
»Auf Wiedersehen.«
»Gut gesagt, denn ich komme auf jeden Fall wieder!«
Robertson hatte nicht die geringste Vorstellung, auf was er sich einließ. Alberto suchte das Geschäft in den folgenden Stunden wieder und wieder auf. Jedes Mal kaufte er etwas: Dichtungsringe, dann einen Wasserhahngriff, wieder Dichtungsringe. Wie beiläufig erkundigte er sich bei den Angestellten nach dem netten, jungen Mann Peter. Kurz vor Feierabend verließen Robertson die Nerven. Als er Alberto auf das Geschäft zusteuern sah, rannte er in den rückwärtigen Hof. »Gebt ihm alles, was er will! Ich muss in einem vergangenen Leben schreckliche Dinge begangen haben, dass man mich derart heimsucht! Das ist ja wie in Indien!«, konnte man ihn rufen hören. So kam Alberto zu Peter Piries Telefonnummer. Wie eine Trophäe trug er den Zettel vor sich her und war zu Hause so nervös, dass er sich vertippte und wildfremden Menschen die einstudierte Rede aufsagte. »Vermutlich kennen Sie mich nicht mehr. Mein Name ist Alberto Vitiello. Ich führe ein Guest House in der Leamington Terrace in Fountainbridge. So, ja, ich verstehe, Sie sind kein Klempner. Entschuldigen Sie bitte vielmals.« Beim vierten Anlauf klappte es tadellos. Pirie war am Apparat und er erinnerte sich auch an Alberto, hatte er ihm doch damals ein saftiges Trinkgeld in die Hand gedrückt. Das Erfreulichste aber war, dass er bereits am nächsten Tag die Arbeit aufnehmen würde. Vitiello konnte es kaum fassen und selbst Maria war überwältigt. Allerdings kannte sie die Konditionen für den Auftrag nicht …
Als MacDonald am nächsten Morgen erwachte und das Schlafzimmerfenster öffnete, hatte sich der Gestank etwas verflüchtigt und im Erdgeschoss wurde gehämmert. Keine Frage, wer es war: Miss Armour rückte einer pestidizierten Flugananas zu Leibe! Er ging ins Badezimmer und duschte. Seitdem die Damen bei ihm wohnten, empfand er es als unschicklich, sein Frühstück im Bademantel einzunehmen. Er kleidete sich an und sah wieder in den Garten. Sir Robert, sein fuchsroter Kater, ließ sich seltener denn je blicken. Mit Miss Amour stand er auf Kriegsfuß, spürte, dass sie ihn nicht mochte. MacDonald schritt nach unten. Vor der Küche holte er tief Luft. »Guten Morgen.« Seine Nemesis hockte mit einer Kokosnuss auf dem Boden. »Wie ich sehe, sorgen Sie für Abwechslung auf Ihrem Frühstücksteller.«
Armour senior nickte heftig. Einem Menschen mit schwächerer Halsmuskulatur wäre der Kopf weggepurzelt. »Eben schnaubten Sie wie ein Wasserbüffel.«
»Wenn Sie meinen, dass ich … oh, guten Morgen, Miss.« Thommie war ins Zimmer getreten. Ihren Kopf krönte ein Turban und der Rest des Körpers war mit einem T-Shirt bedeckt, das weit oberhalb der Knie endete. Schuhe oder Socken trug sie keine. Angus wusste nicht, wie er diese leichtschürzige Kostümierung ignorieren sollte.
»Hallo, Mister Mac. Haben Sie gut geschlafen?«
Er räusperte sich. »Oh ja, danke. Sie hoffentlich auch? Ist Ihnen nicht kalt?«
Sie schüttelte den Kopf, weitaus reizender als die Frau Mama, und holte sich Cornflakes aus dem Schrank, die sie ohne ein Quentchen Milch fingerspitzig zu sich nahm, stehend, mit Blick in den Garten. Im Gegensatz zum Hausdrachen mochte die junge Frau Sir Robert. Ihre Mutter hob zum finalen Schlag an und spaltete die Kokosnuss in zwei Teile. Kein Wunder, dass sein Kater das Weite suchte. »Es ist geschafft!«
»Darüber sind wir alle sehr froh, Miss Armour.«
»Ihre Gesundheit würde von Vitaminen ebenfalls profitieren! Weil wir gerade beim Thema sind: Haben die Waddells sich gemeldet?«
»Bei mir nicht, äh, ich meine, Sie riefen bislang noch nicht an.« Hohe Zeit für einen Themenwechsel! »Thomasina, wir waren bei Mister Panicker.«
»Super! Hat er Ihnen helfen können?«
»Wobei bitteschön?«
»Er interessiert sich für spirituelle Erleuchtung, hat sogar einen Berater.«
»Wie interessant! Ich bezog mich jedoch auf das Soßenproblem.«
»Die Pathia-Soße?«, fragte sie lächelnd. »Stimmt’s?«
»Äh, durchaus, ja. Leider fand unser Gespräch ein abruptes Ende. Mein Kollege Vitiello setzte sich, seiner Unerfahrenheit mit der indischen Lebenswelt geschuldet, etwas in die Nesseln.«
Thomasina sah ihn mit offenem Mund an. Ihre Mutter, die länger Umgang mit dem Vielfraß hatte, übersetzte: »Sein kleiner Italiener hat sich blamiert, woraufhin Devasrees Vater die Nase voll hatte und die beiden rauswarf!«
»Nun ja, das ist etwas drastisch formuliert, Miss Armour. Wir sind nicht als genuine Feinde geschieden.«
Thomasina nickte. »Er ist ein empfindlicher Mann. Das hatte ich Ihnen ja gesagt.«
»Kennen Sie den Herrn gut?«
»Er ist Devasrees Vater.«
»Wissen Sie etwas über das Malheur mit seinem Sitz im House of Lords?«
»In Westminster, England?«, fragte Miss Armour lauernd und sehr neugierig.
»So ist es. Panicker soll ein Sir werden. Nun kommen aber Gerüchte auf, dass Bestechung im Spiel sei.«
»Muss uns das wundern? Menschen sind von Natur aus neidisch«, sagte Armour senior. »Bestimmt hat jemand dieses Gerücht ausgestreut, um ihm zu schaden.«
Warum nahm sie den Vater in Schutz, wenn sie von der Tochter nichts hielt?, dachte MacDonald. »Möglich. Man munkelt jedenfalls, dass eine großzügige Spende an die Conservative Party eine Rolle spielte.«
»Ist doch egal! Man hat seine Pathia-Soße versalzen. Darum geht es.«
»Herzlichen Dank für den Hinweis, Miss Armour. Das eine lässt sich vom anderen nicht trennen. Möglicherweise steckt derselbe Feind dahinter und …«
»Sicher nicht!«
Angus seufzte tief und lang anhaltend.
»Da haben Sie es wieder!«
»Bitte?«
»Ihr Schnauben.«
»Nächster Schritt?«, fragte Thomasina.
»Da Mister Panicker die Kommunikation vorerst abbrach, will ich mich dem Geheimnis der Pathia-Soße widmen. Vielleicht öffnet sich so die Büchse der Pandora.«
»Wieso denn das?«, fragte Thomasina bang.
»Eventuell will ein Konkurrent Panicker aus dem Geschäft drängen. Die Pathia-Soße beschert ihm großen Umsatz. Ich muss also wissen, ob sie leicht zu kreieren ist. Falls nicht, bleibt einem geschäftlichen Widersacher nur die Möglichkeit, sie zu verunglimpfen. Bringt er dann eine billige Kopie auf den Markt, steigt der Absatz.«
Thomasina hatte folgendes Problem: »Aber was ist, wenn sich jemand an den Geschmack des Originals erinnert?«
»Es gibt andere Firmen, die Pathia-Soße produzieren«, ergänzte Miss Armour, »was sollte ein Übeltäter also davon haben, nur Panicker vom Markt zu entfernen?«
»Wir wissen nicht, was der Kriminelle danach macht. Vielleicht ist der Plan, weitere Konkurrenten ebenfalls zu verdrängen. Selbstverständlich werde ich weitere Soßen verköstigen. Sie erwähnten vorhin einen spirituellen Berater Panickers, Thomasina. Was hat es damit auf sich?«
»Ich weiß nur, dass Aadi in der letzten Zeit psychisch instabil war und so eine Art Guru aufsuchte.«
»Haha, dass ich nicht lache! Sämtliche Probleme der Welt lassen sich mit einer ausgewogenen Diät beheben.«
MacDonald schüttelte den Kopf, freute sich, eine Marschrichtung zu haben. »Wo ließe sich mit diesem Herrn reden?«
»Was soll das denn bringen?«, fragte Thommie quengelnd.
»Vielleicht kennt er Mister Panickers Feinde.«
»Sie glauben ans Spirituelle?«
»Tja, es ist nicht unbedingt eine viel versprechende Spur. Doch im Moment bin ich über jeden Strohhalm froh.«
»Ich werde mich darum kümmern«, sagte Miss Thomasina ominös. »Wollen wir uns jetzt an die Soße machen?«
MacDonald stutzte. Wieso hatte die junge Dame Interesse an einem spezifischen, kulinarischen Test? Für gewöhnlich kochte sie allenfalls Wasser …
Alberto fuhr zum Waitrose-Supermarkt auf der Morningside Road, um auf eigene Faust zu ermitteln. Normalerweise war das Geschäft nicht seine erste Wahl beim Shoppen. Viel zu teuer und posh waren die Artikel, durch und durch ein Supermarkt der Upper Class. Wer benötigte Dutzende Sorten Mineralwasser? San Pellegrino reichte aus! Alberto steuerte zielsicher die Sektion mit indischen Lebensmitteln an. Panickers Pathia-Soße war in großer Zahl vorhanden. Er kaufte drei Gläschen und fuhr gemächlich nach Hause. Als er die Tür aufschloss, kam Maria ihm entgegen. »Wieviel Geld hast du dem Mann gegeben?«
»Wovon redest du?«, fragte er mit gespieltem Entsetzen.
»In der Küche wartet dein Idol, Klempner Pirie.«
»Er ist schon hier? Viel zu früh!«
»Sag das ihm und nicht mir. Nun?«
»Ich verstehe überhaupt nicht, wer solch komische Sachen sagt, von wegen Geld geben.«
»Dein Freund hat es jemandem prahlerisch am Handy erzählt.«
»Du kennst den Betrag?«, fragte Alberto kleinmütig.
»Ja, aber ich hoffe immer noch, mich verhört zu haben. Hast du ihm eintausend Pfund gezahlt?«
Alberto nickte.
»Gütiger Gott! Was geschieht hier nur?«
»Wie soll ich denn einen guten Handwerker bei der Stange halten? Das verrate mir, Ehefrau.« Dass er die tausend Pfund der Sekretärin zu treuen Händen gegeben hatte, würde er niemals gestehen!
»Du bist unbelehrbar. Wenn er nach dem Termin heute wieder auftaucht, können wir uns glücklich schätzen.«
»Wo ist Peter Pirie?«
»In der Küche. Hab ich doch gesagt!«
»Va bene. Ich übernehme nun das Ruder.«
»Wie sehr mich das beruhigt! Der Herr des Hauses ist hier und ich kann mich zum Shopping aufmachen.«
»Tu das. Ciao, bella! E buon divertimento!
»Ich kaufe Toast und Orangensaft für unsere Gäste! Mal sehen, wieviel Vergnügen ich dabei haben werde!«
Maria packte ihre Tasche, die bereits am Eingang lag und verließ das Haus. Ihr Gatte ging in die Küche, wo Pirie leise vor sich hinpfiff. Als er Alberto sah, stand er auf und verneigte sich leicht. Er hatte einen teuren, hellbeigen Angorapullover und Hosen im selben Farbton an, eine exotische Handwerkertracht. Bäcker trugen ja auch keine Smokings! Auf seinem Kopf spross nicht ein Haar und so war die verbrannte Stirn sehr prominent. Alberto stellte seine Einkaufstüte auf dem Tisch ab. »Bleiben Sie sitzen. Tut mir leid, dass Sie warten mussten.«
»Macht nix, Mister Vitiello. Ich hab derweil Ihrem Fasan zugesehen«, sagte der Klempner lüstern. »Sie sind ein Feinschmecker?«
»Porca miseria! Charles wird niemals geschlachtet werden!«
»Sie essen gerne indisch ja?«
»Nein, das nicht.«
»Warum haben Sie sich dann Pathia-Soße gekauft?«
»Das ist eine lange Geschichte. Aber Sie sind ein scharfer Beobachter.«
»Bringt mein Beruf so mit sich.«
Was immer das heißen mochte, dachte Alberto.
»Der Produzent wohnt in South Queensferry. Hab vor kurzem in seinem Haus gearbeitet.«
»Molto interessante.«
»Sie glauben mir nicht?«
»Doch, natürlich.«
»Kennen Sie seinen Butler?«
Was sollte er darauf antworten? Immerhin war er als Detektiv zur Vertraulichkeit verpflichtet.
»Ist eine komische Type.«
»Könnten Sie etwas genauer sein?«
»Wüsste nicht warum.« Der Klempner merkte, dass er seinen Kunden zu unhöflich behandelte. »Man munkelt, dass er sich gerne etwas dazuverdient …« Pirie verneigte sich abermals vor ihm und legte die Hände aufeinander.
Von seiner Internetrecherche wusste Alberto, dass es der traditionelle indische Gruß war. »Haben Sie einen Bezug zu Indien?«
»Wenn ich ein Curry Vindaloo gegessen habe! Dann singt Johnny Cash in meinem Bauch.«
Vitiello musterte ihn fassungslos, und so langsam kamen ihm Zweifel an den handwerklichen Fähigkeiten des Mannes.
»Ring of Fire! Einen Feuerring habe ich im Bauch. Nach dem Curry. Verstehen Sie?«
»Haha, irrsinnig unterhaltsam. Folgen Sie mir bitte.« Er führte Pirie ins Schlafzimmer und erläuterte ihm den Plan. Ein Teil des Raumes sollte abgetrennt und zu einem Badezimmer mit Toilette umgebaut werden. Der Handwerker war sofort wie verwandelt, mit Eifer bei der Sache, machte sich sogar Notizen. »Kann ich Sie nun alleine lassen, Peter?«
»Selbstverständlich. Ich gehe kurz zum Wagen und hole mein Werkzeug.«
Alberto brachte den Klempner zur Tür und wartete, angesteckt von Marias Sorge, bis er wieder eintrat. Er schloss die Haustür und ging in die Küche, wo er zwei Gläschen der Pathia-Soße in den Küchenschrank räumte. Das dritte öffnete er. Als ausgebildeter Chef de Partie ging er systematisch vor und machte zunächst eine Kaltprobe. Schmeckte gar nicht so schlecht wie befürchtet, ordentlich Zwiebeln und Knoblauch drin, buono.
»Hallo, Mister Vitiello?« Peter wartete seine Antwort nicht ab und trat ein. »Können Sie mir verraten, wo die Toilette ist?«
»Sie verlassen meine Küche, gehen in den Flur, die Treppe hoch, der erste Raum zur Rechten.« Der Klempner tippte sich an die Stirn und rannte aus der Küche. Musste ein Notfall sein, dachte Alberto und zog einen Topf hervor, um die Soße zu erwärmen. Ein weißes Probiertellerchen stellte er daneben. Keine zwei Minuten darauf schrie Pirie infernalisch: »Hilfe, zu Hilfe! Hier kann ich auf keinen Fall arbeiten!«
Porca miseria! Der Kerl war wohl geflogen. »Was soll das heißen?«
»Bei Ihnen spukt es!«
»Seien Sie vorsichtig. Keiner macht sich ungestraft über Alberto Vitiello lustig!«
»Verzweiflung, äh Verzeihung, war nicht meine Absicht. Aber Sie haben ein Gespenst!«
»So? Habe ich das? Sitzt es in der Toilette? Oder kroch der Geist vielleicht aus dem Wasserhahn?«
Pirie überlegte kurz. »Weiß ich doch nicht, wo er herkam!«
»Wollte der Herr Ihnen einen Schraubenschlüssel stehlen?«
»Tee!«
»Come?«
»Das Gespenst hat Tee verlangt, ›anständigen Tee‹, um genau zu sein.«
»Soll ich ihm eine Tasse indischen Darjeeling aufbrühen? Selbstverständlich echten vom Himalaya, keine billige Kopie.«
»Unglaublich! Genau das hat der Kerl auch gesagt! Jetzt reicht’s! Ich gehe!«
»Für einen Moment war Ihre Nummer nett. Aber jetzt machen Sie sich bitte wieder an die Arbeit.«
»Nein! Schauen Sie doch selbst, wenn Sie mir nicht glauben! Sofern Sie sich von Ihrer Pathia-Soße losreißen können.« Pirie verließ das Haus. Alberto zog den Topf vom Herd und ging nach oben, um der Sache auf den Grund zu gehen. Warum rumpelte plötzlich sein Magen?
»Ae scabbit sheep will smit a hail hirsel.«
Ein fauler Apfel kann den ganzen Korb verderben.