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Breakfast de Luxe

Angus hatte Alberto vorgeschlagen, ihn um acht Uhr zu Hause in Fountainbridge abzuholen. Das wies er von sich, wollte erst nach getaner Arbeit kommen: »Ich muss Spiegeleier braten für meine Gäste!« Also saß MacDonald alleine im Restaurant »Orocco Pier« in South Queensferry und ließ sich sein überreichliches schottisches Frühstück schmecken: Würstchen, Schinken, Spiegeleier, Tomate, Pilze, Tattie Scone, würzige Bratkartoffeln, Haggis, Black Pudding und Bohnen.

»Molto interessante! Ist das deine neue Fett- und Salzdiät?« Alberto war im Stillen an den Tisch getreten und reichte seinem Freund eine Visitenkarte mit einem kleinen, mittigen Foto: Alberto im Zugspeisewagen.

»Dr. Spiegel-Ei«, las Angus laut vor. »Du hast dein Vorhaben also in die Tat umgesetzt. Der Mann, der 60.000 Eier briet. Was bedeuten K. A. und C. S.?«

»K. A. steht für Kitchen Administration und C. S. ist Common Sense. Heutzutage heißt sogar ein Putzgehilfe Cleaning Manager. Da muss ich mit meinen Fähigkeiten nicht hinter dem Berg halten.«

»Der Bindestrich zwischen Spiegel und Ei ist orthographisch falsch, wenn ich das bemerken darf.«

»Weiß ich, aber man muss den Menschen immer etwas zum Nachdenken geben.«

Angus strich den Zeigefinger über die Nasenspitze. »Es wäre mir fast lieber, du händigst bei unserem Meeting keine Karte aus. Nicht alle Menschen haben Sinn für Humor.«

Vitiello schüttelte den Kopf. »Verrätst du mir jetzt, wie du den Mann zum Plaudern bringst?«

»Lass dich überraschen.«

Alberto, der mit Geheimnissen schwer zurechtkam, sprang vom Stuhl auf. »Wir können zu Fuß gehen. Es ist nicht weit. Hab’s mir im Internet angesehen. Wir marschieren die Hauptstraße entlang und nach einer Weile rechts hoch. Ein kleiner Verdauungsspaziergang wird dir guttun, amico.«

Kalorien benötigte MacDonald als Arbeitsgrundlage. Warum sollte er sie mutwillig verbrennen? Hanebüchen! Die malerische High Street war ihm eine Erquickung. Ihre Häuser auf der höher gelegenen, anderen Seite hatten die Bewohner schön weiß gestrichen, unverputzt belassen oder nur in der unteren Hälfte mit Farbe versehen. Ein angenehmer Kontrast, der MacDonald an sein geliebtes Wohnviertel Dean Village erinnerte. Nach wenigen Metern blieb er stehen.

»Willst du dir noch ein Sandwich als Wegzehrung kaufen, Angus?«

»Haha, wie originell, nein, auf die Forth Road Bridge sehen. Sieh nur, wie hinreißend.«

»Ich kenne die Brücke, von weitem, als Autofahrer und darüber geflogen bin ich auch schon häufig. Ein bisschen Weg haben wir aber noch vor uns …«

»Ist gut, Alberto. Sag mal, hast du in der letzten Zeit etwas von meinem Dad gehört?«

»Io? Er mag mich nicht besonders, wenn ich dich daran erinnern darf?«

»Irgendwie kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass er uns von der anderen Seite aus beobachtet.«

»Nur weil er in North Queensferry wohnt, bedeutet das kaum, dass er ständig mit dem Feldstecher am Ufer sitzt. Stellt er noch der alten Armour nach?«

»Ist das eine Redeweise! Ich weiß es nicht. Sie gibt mir keine Antwort und er sendet mir schottische Weisheiten.«

»Molto interessante! Hauptsache, er will uns nicht wieder bei den Ermittlungen helfen. Jetzt müssen wir rechts abbiegen und den Hang hoch.«

»Ojemine!«

»Ist es das erste Mal, dass Panicker in geschäftlichen Schwierigkeiten steckt?«, fragte Alberto, und ging auf das theatralische Gestöhne nicht ein.

»Soweit ich weiß, ja. Thomasina meint, wir sollen den Gentleman bauchpinseln. Inder mögen es, wenn man zum Beispiel ihr Land und Essen lobt.«

»Mit dem Essen ist das so eine Sache …«

»Keine Sorge, ich werde die Introduktion übernehmen. Vergiss nicht, du bist mein Assistent.«

»Wir sind da, Angus! Sieh dir diese Villa an. Hat bestimmt ein Vermögen gekostet. Sein Geschäft scheint gut zu gehen. Komm, wir gehen einmal um das Grundstück herum.«

»Puh«, erwiderte MacDonald und schleppte sich hinterher. Panickers Anwesen durfte man mondän nennen: mehrere aneinandergereihte Häuser, mit Flachdach und schrägen Vordächern, die auf Säulen ruhten. In Indien wären sie hundert Jahre zuvor nicht aufgefallen. Dem schottischen Regen waren die saftigen und perfekt ziselierten Grünanlagen zu danken. Vor der Tür parkten ein goldener Rolls Royce und ein weißer Ambassador mit den personalisierten Kennzeichen P – AP 1 und P – AP 2. »Nicht zu fassen!«, sagte Angus und beäugte den gut fünfzig Jahre alten, geräumigen Oldtimer. Seiner rundlichen Form halber nannte man ihn auch schwangerer Büffel.

»Zwei Wagen, ja«, antwortete Alberto, für den ein Auto nur der schnellen und bequemen Fortbedienung diente, trocken.

»Einen Amby sieht man in Edinburgh nicht alle Tage!«

»Altes Auto, neu lackiert.«

»Weit gefehlt. Ein Ambassador darf Unikat genannt werden. Sein Besitzer fühlt sich in die Fünfziger Jahre gezaubert.«

Hinter den Gebäuden lag ein ausgedehnter Garten. Exotische Früchte fehlten, doch mit zwei geräumigen Treibhäusern wehrte sich der Besitzer gegen den meteorologischen Nachteil. »Im Vergleich sind die Peperoncini in unserem Gewächshaus Zwerge. Gut, dass Maria das nicht sieht. Sie würde Depressionen bekommen. Ich frage mich, ob er den Schuppen heizt.«

Angus zückte sein gutes Baumwolltaschentuch im Familientartan, tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn und drückte mit Zeige- und Mittelfinger auf den großen Klingelknopf.

Ein Diener in maßgeschneiderten, schwarzen Hosen, weißer Livré und Handschuhen öffnete die Tür. Er war offensichtlich überrascht, die Herren zu sehen. »Sie wünschen?«, fragte er mit schottischer Intonation.

Von seiner immens großen Nase und dem stark geölten Haar waren beide Besucher irritiert. »Wir, äh, haben eine Verabredung mit Mister Panicker.«

»Treten Sie bitte ein, Gentlemen, und nehmen Sie Platz.«

»Wo sollen wir uns denn hinsetzen?«, flüsterte Alberto.

»Wäre es hier kommod, mein Herr?«, fragte der Diener und zog einen großen Vorhang zur Seite: zwei vollschlanke Sessel und ein Sofa tauchten auf. Auf einem der Sessel stand ein gelbwurzfarbener Karton mit Pathia-Soße, den er eilig an sich nahm. »Wer den wohl hier vergessen hat?«, sagte er mehr zu sich selbst. »Ich bin gleich zurück, Gentlemen.«

Alberto sah zu Angus, der nickte, weil ihm dieses Benehmen auch ungewöhnlich vorkam.

»Mister Panicker wartet in seinem Arbeitszimmer. Wenn Sie mir bitte folgen wollen?« MacDonald erhob sich ächzend. Die Hand, mit der Alberto ihn hochziehen wollte, wies er ab. Sie gingen im Gänsemarsch durch eine majestätische Halle, geflutet von mehreren Kronleuchtergebinden. Die monatliche Stromrechnung musste horrend sein und Vitiello wollte auch gar nicht daran denken, was ein Palast dieser Größe kostete, teure Tapeten mit indischen Ornamenten, tadellos gebohnertes Parkett und erst die Antiquitäten, mannshohe Standuhren, ausgestopfte Tierköpfe, Ritterrüstungen; insgesamt ein Sammelsurium zweier Länder des ehemaligen Empire: Indien und Großbritannien. Das Haus hätte einem Raj gehören können, jenen Briten, die sich in ihrer Kolonie einst jedweden Luxus gönnten.

Nach etwa zehn Metern blieb der Butler vor einem hohen, verhüllten Gegenstand stehen. »Ich muss Sie nun inspizieren, meine Herren.«

»Was hat er gesagt?«, fragte Alberto.

»Dass ich Sie inspizieren muss.«

Der Italiener schüttelte den Kopf. »Angus, red du bitte mit ihm.«

MacDonald, über das seltsame Begehren ebenso erstaunt, hob an: »Das wird nicht nötig sein. Mister Vitiello und ich sind friedliebende Menschen.«

»Es tut mir sehr leid, doch Mister Panicker hat mir strikte Anweisung gegeben.«

Alberto sah seinen Freund frustriert an.

Der Butler zog das Tuch zurück. Eine Security-Tür mit Beistelltischchen! »Wir wollen keine Flugreise antreten«, informierte MacDonald ihn und starrte die Utensilien an.

»Sie haben einen guten Sinn für Humor, Mister MacDonald. Wenn ich das sagen darf. Unsere Sicherheitsbestimmungen sind zugegebenermaßen dieselben. Schlüssel, Münzen und dergleichen Dinge legen wir bitte in das Kästchen auf dem Tisch. Dürfte ich auch um Ihre Aktenmappe bitten, Sir?« Er nahm an dem Tischchen Platz und sortierte ohne eine Gefühlsregung den Inhalt der Mappe: »Ein Notizbuch, Lederetui mit Füllfederhalter und Kugelschreiber sowie ein Päckchen Minzbonbons für frischen Atem.«

MacDonald zog sein Portemonnaie aus dem Harris-Tweed-Jackett und reichte es ihm. Der wichtigste Gegenstand würde unbemerkt in den Weiten seiner Innentaschen verbleiben …

Alberto sah ihm zu. Wenn er sich zum Gespött machen wollte, war das seine Sache! Als ob es nicht genügte, dass er die Fregatte bei sich wohnen ließ, um seine Chancen bei der jungen Frau zu steigern.

Angus ging durch die Tür. Der Diener bat ihn, die Arme zu heben, was er bereitwillig tat. Nun war Alberto an der Reihe.

»Wenn Sie so freundlich wären, Gentleman?«

Vitiello knirschte mit den Zähnen und warf mehrere Ein-Pfund-Münzen mit Wucht in das Kästchen. Dann ging er ebenfalls durch die Tür.

»Ich danke Ihnen, meine Herren. Es ist alles in Ordnung.«

»Bleibt die Tür hier stehen?«, erkundigte der Italiener sich. Angus schob ihn weiter. Sie gingen um die Ecke, dann noch einmal, und nach MacDonalds Berechnung befanden sie sich jetzt auf der Rückseite des Hauses, dem Garten zugewandt. Über der Bürotür des Hausherrn hing ein sinnträchtiger Spruch: A puir man is fain o little.

»Was heißt das?«, raunte Alberto, der kein Scots sprach, seinem Freund zu.

»Ein armer Mann schätzt auch kleine Dinge«, antwortete Angus leise.

»Porca miseria! Das sagt sich leicht, wenn man Multimillionär ist!«

»Haud yer wheesht! Schweigen sollst du! Gute Manieren sind kein Luxus, sondern die Säulen jeder zivilisierten Gesellschaft.«

Trainierte Nonchalance ließ den Diener diesen Zwischenfall ignorieren. Er zeigte mit gestrecktem Arm zur Tür. »Wenn die Herren so weit wären …?«

MacDonald nickte großbürgerlich. »Unbedingt!«

Das Faktotum öffnete die dicke Eichentür. »Sir, Mister MacDonald und sein Begleiter sind bereit.«

Panicker blickte von einem Stapel Unterlagen auf, stand auf und kam ihnen mit gewaltigen Schritten entgegen.

Meine Güte, Demonstration des gestressten Businessman!, dachte Vitiello.

»Wie freue ich mich, Sie zu sehen, Misder MacDonald.« Er zeigte zwei Reihen unnatürlich perfekter Zähne. »Nichd jeden Dag hat man einen Verdreder der schreibenden Glasse im Hause. Einen Mann wie mich, der nur bescheiden Lebensmiddel verkaufd, ehrd das sehr.«

Angus wusste sofort, warum sein Freund den Zeigefinger hob. Er wollte fragen, was Verdreder und Glasse bedeuteten. Also hauchte er ihm die Information zu: »Vertreter und Klasse.« In Kombination mit Panickers Oxford-Akzent wirkte diese indische Eigenart drollig. Nach dem Gespräch sollte er Alberto erklären, dass ein Inder es extrem übel nahm, wenn sein Gegenüber den Finger hob.

»Sie sind …?«, fragte Panicker in Albertos Richtung.

»Alberto Vitiello.« Er reichte ihm mit der linken Hand seine Visitenkarte.

»Chi-chi!«, sagte Panicker chilischarf und hielt das Kärtchen zwischen Daumen und Zeigefinger von sich weg. »Dogdor Spiegel-Ei. Wie inderessand.« Er schnippte die Karte auf den Schreibtisch.

Angus sah sich, auf der dringenden Suche nach Konversationsstoff, im Zimmer um. An der Wand hing ein riesiges, goldgerahmtes Foto: Der Thronfolger schüttelte Panicker die Hand. »Kennen Sie Prinz Charles?«

»Er isd in der Dad ein guder Freund. Für meine bescheidene Undersdüdzung der bridischen Undernehmer mit indischem Hindergund had mir seine Mudder den Didel MBE verliehen. Eine viel zu große Ehre, würde ich sagen. Aber bidde, wie gönnde ich unserem Gönigshaus etwas abschlagen? Man weiß auch nie, was in den Sdernen stehd. Vielleichd werde ich eines Dages noch mehr geehrd. Harde Arbeid machd sich bezahld! Das sollden gerade junge Menschen sich hinder die Ohren schreiben!«

Die beiden Detektive warteten auf weitere Ausführungen, vergeblich.

»Was bedeuded das G. A. auf Ihrer Visidengarde, Misder Vidiello?«

»Mein Freund ist zu bescheiden, darüber zu sprechen«, sagte MacDonald. »Stimmt es nicht, Alberto?«

»No, senza problema, es steht für …«

»Mister Vitiello ist ein Experte im gastronomischen Bereich, besitzt ein Hotel.«

»So?«, antwortete Panicker, sichtlich interessiert. »Dann sind wir also beide Geschäfdsleude. Nadürlich, ohne sie zu beleidigen zu wollen, Misder MacDonald.«

»Überhaupt nicht, mein Herr.«

»Als Hodelier besidzen Sie besdimmd einige audhendische Rezebde, Signor Vidiello?«

»Si, aber eher italienische …«, erwiderte Alberto zaghaft und sah zum Photo vom Thronfolger. »In meinem Garten wohnt auch ein Charles!«

»Oh ja? Namensvedder des Prinzen?«

»Nein, mein Fasan.«

»Ich wussde nichd, dass man in einem schoddischen Hodel solche Deligadessen bekommd.«

»Charles ist ein Haustier!«

»Machd er viel Schmudz?«

»Nennen wir ihn eben Gartentier, aber geschlachtet wird er nicht!«

MacDonald schüttelte den Kopf. »Mister Panicker, wir möchten Sie nicht um Ihre kostbare Zeit bringen. Wäre es möglich, dass wir über den Anlass meines Besuches sprechen?«

»Selbsdversdändlich. Sie schreiben ein Buch, ja?«

»Die indische Küche«, stotterte MacDonald. Fast hätte er vergessen, was seine Tarnung war! »So ist es.«

»Wir haben eine Vielzahl von Exberden, die Ihnen helfen gönnen. Werden Sie unsere Firma im Buch nennen?«

Fragte Panicker plump oder sehr plump, und wer würde ihm nun Auskunft geben? Der Meister oder ein Angestellter? »Bei den Danksagungen. Natürlich, ist doch Ehrensache, Sir.«

Panicker grinste. »Ehrlich währd am Längsden. So denge ich auch, und schlimmer, als eine schlechte Dad zu begehen, ist, sie zu leugnen.«

»Also, äh …«

»Gud, gud, was möchden Sie wissen?«

»Sie kommen aus Mumbai?«

»Wo ist das denn?«, fragte Alberto.

»Im bridischen Embire als Bombay bezeichned, Misder Vidiello.«

»Im Norden. Stimmt’s? Trotzdem haben Sie eine schöne Bräune.«

Der Geschäftsmann hob die Hände in die Luft und blickte dann interessiert auf seinen Laptop. »Was haben Sie gesagd?«

»Ich dachte, nur Südinder haben so einen schönen Teint. Zumindest ist das im Internet so zu lesen.«

MacDonald wusste, dass es jeden Moment zu spät sein konnte, den Joker zu zücken und griff in sein Jackett.

Panicker beobachtete ihn unauffällig. »Bas! Gendlemen, ich bin undrösdlich. Gerade habe ich eine E-Mail erhalden, die mich zur Fabrik rufd. Wir müssen unser Gespräch leider verschieben.«

MacDonald sah, nach Fassung suchend, von Panicker zu Alberto und zurück, räusperte sich umständlich. Dem Mann von Welt war klar, dass nichts mehr zu machen war. Versalzene Suppe! »Sie müssen entschuldigen, Sir. Mein Freund ist etwas zerstreut, hat sanitäre Probleme und sucht dringend einen Klempner, der ihm ein Badezimmer installiert.« Etwas Besseres fiel ihm auf die Schnelle nicht ein. Alberto hatte es vermasselt!

»Darf man fragen, was sich der Herr bei seinen Beleidigungen dachte?«, fragte Angus auf dem Weg zum Wagen. Ein kleiner Trost war, dass es nun erst einmal bergab ging.

»Was willst du denn von mir? Hab überhaupt nichts getan!«

»Schön, beginnen wir mit dem Anfang. Du gibst Mister Panicker deine Visitenkarte mit dem erfundenen Titel und benutzt dazu die linke Hand!«

»Ja, und?«

»In Indien wird die für gewisse sanitäre Zwecke benutzt.«

»Red deutlich. Ich kann dir nicht folgen.«

»Den Popo wischt man sich damit, wenn du es genau wissen willst!«

»Pfui, Teufel! Wie ekelhaft! Warum denn? Es gibt so viele Sorten Toilettenpapier, farbig, grau, geblümt. Da findet jeder seinen Typ.«

»Andere Länder, andere Sitten. Uns muss es nicht kümmern.«

»Meinst du, Panicker macht das auch?«

»Ich vermute nein. Nur gibt es eben in seinem Land eine sehr lange Tradition, den Mitmenschen die rechte Hand zu reichen. Vom Standpunkt der Hygiene ist es nach Ansicht mancher Experten gar nicht so verkehrt.«

»Silenzio! Mehr muss ich über das Thema nicht wissen.«

»Um die Liste deiner Fauxpas abzuschließen: Sage einem Inder niemals, dass er eine schöne Bräune hat.«

»Was ist daran so falsch, Schlaukopf?«

»Die Menschen der niedersten Kaste sind meist dunkelhäutig. Der Absatz an Cremes, welche die Haut aufhellen, ist in Indien allgemein sehr hoch.«

»Ist das alles difficile. Da kann ich nur hoffen, dass ich keine indischen Gäste bekomme.«

»Was haben wir für unseren Fall gelernt?«

»Niente? Nichts.«

»Ich widerspreche. Mister Panicker war sehr aufgeregt. Hast du das komische Geräusch nicht bemerkt?«

»Natürlich, aber ich dachte, es sei vielleicht ein Haustier.«

»Nein, als Katzenfreund kann ich dir versichern, dass es diese Tiergattung nicht war und sicher auch kein Hundchen. Panicker hat sich unter dem Tisch vehement die Hände gerieben.«

»Ein nervöser Tick?«

»Möglich.«

»Wie wolltest du ihn denn zum Sprechen bringen, Angus?«

»Ich hatte vor, ihm ein Gläschen von mir versalzene Pathia-Soße zu präsentieren.«

»Ho capito. Damit er uns sein Herz ausschüttet.«

Angus verschwieg seinem Freund, dass Panicker die Spitze des Gläschens sah und eventuell deswegen die Konversation abbrach: Alberto hätte sich wieder bitter beschwert, nicht eingeweiht worden zu sein. Wie man sah, gelang es ihm aber auch ohne alle Informationen blendend, sich in die Nesseln zu setzen! Eine simple Erklärung für Panickers Verhalten wäre also: Er wollte seine Angelegenheiten alleine regeln. Oder er glaubte an die Geschichte mit dem Kochbuch und ärgerte sich über Albertos ungebührliches Benehmen. »Was sagst du zu dem Karton, den der Butler wegbrachte?«

»Wenn der bei mir arbeiten würde!«

»Schlichte Nachlässigkeit also? Ich frage mich, ob es sein Karton war.«

»Glaube ich nicht. Eher ein Geschenk des Inders für irgendjemanden.«

Eine Schnellantwort, über die Alberto nicht nachgedacht hatte. In der letzten Zeit verhielt er sich oft unbesonnen, und MacDonald ging davon aus, bei diesem Fall den Löwenanteil der Ermittlung übernehmen zu müssen. »Noch etwas: Panicker scheint mit einem noch bedeutenderen Titel als MBE zu rechnen. Schlechte Publicity kann ihm sehr schaden.«

»Was denn für ein Didel bitte?«

»Darüber könnten wir spekulieren. Doch ein kluger Detektiv ermittelt.«

»Ich verstehe nicht, warum Panicker diskrete Hilfe ablehnt. Benutzt er die verdorbene Soße als Vorwand, um den Bräutigam zu schmähen?«

»Daena teach yer Granny tae souk eggs!«

Das Ei will klüger sein als die Henne!

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