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ОглавлениеDer Rolling Stone hatte tatsächlich einen Artikel von Hunter Thompson in seiner neusten Ausgabe. Leider war diese Ausgabe noch nicht in Deutschland eingetroffen. Hunter Thompson war auf seinem Weg nach Polar, Wisconsin, in einem kleinen Kaff in der Nähe von Lakewood hängengeblieben. Etwa vierzig, fünfundvierzig Meilen von der Farm der Bare Witnesses of Armageddon und dem mittlerweile im allgemeinen Sprachgebrauch der Medien zum Loophole D verkürzten abgesperrten Stück Landstraße neben der Bundesstraße 52 entfernt, mietete er in einem kleinen Motel ein Zimmer.
Die Hitze war immer noch weiter angestiegen. Als er am Abend in einer benachbarten Bar etwas trinken ging, traf er Hal Swiggett. Hal Swiggett war der Veranstalter des jährlichen Handfeuerwaffenwettschießens am Ort. Thompson und er kamen über Waffen ins Gespräch, wobei sich herausstellte, daß Swiggett eine Auto Mag besaß. Thompson war sofort interessiert. Er selbst hatte seine T/C’s .30-30 dabei, auf die er ein Leupold M8-2x Zielfernrohr geschraubt hatte.
„Geht das denn mit dem Leupold-STD-Aufsatz?“ fragte Swiggett. Thompson lachte.
„Wenn, dann benutze ich nur Conetrol. Aber das hier ist eine Spezialanfertigung.“ Die beiden verschwanden gegen Mitternacht, um mit Swiggetts Truck in ein nahegelegenes Waldstück zu fahren, wo sie, wie es dann später in der gekürzten Fassung der deutschen Ausgabe des Stone hieß, „einige Runden abfeuerten“. Swiggett hatte seine eigene Theorie über Loophole D und die Bare Witnesses.
„Was brauchen wir da diesen Kerl ohne Knochen? Das schafft der doch nie. Alles Hinhaltetaktik der Armee, wenn du mich fragst. Wenn die Farm eine Verbindung zur Kanalisation hat, und das scheint sie ja wohl zu haben, dann brauche ich nichts weiter als einen zweiten Mann.“
Thompson lachte: „Und deine Auto Mag.“
„Meine beiden Auto Mags“, verbesserte Swiggett ihn. Thompson schaute ungläubig. „Klar doch. Ich hab natürlich beide Versionen, die .357er Magnum und die .44er Magnum. Und damit kann man diesen Burschen schon ganz tüchtig einheizen.“
Hunter Thompson blieb im Ort. Tagsüber lag er in seinem Zimmer und trank. Abends ging er mit Swiggett schießen. Sie schossen auf nichts besonderes, ballerten eben so ein bißchen im Wald herum. Und eigentlich erlebten sie nur einmal etwas Komisches.
Swiggett hatte die letzten Male eine Bekannte aus der Bar zu ihren Ausflügen dazugebeten. Frauengesellschaft gab dem Zielschießen noch eine zusätzliche Würze. Außerdem hatten sie gleichzeitig jemanden, der die leergetrunkenen Bierdosen auf dem Holzblock neu aufstellen konnte. Die Bekannte von Swiggett war gerade im Begriff, genau das zu tun, als mit einem Mal und buchstäblich wie aus heiterem Himmel ein seltsamer weißer Vogel auf sie zugeflattert kam. Die Entfernung von ihr zu den Männern betrug ungefähr fünfzig Meter. Der Vogel ließ sich seelenruhig auf ihrer Schulter nieder. Die Frau erstarrte, weil sie nicht wußte, was sie tun sollte.
„Bleib ganz ruhig!“ schrie ihr Swiggett zu. Und Thompson rief: „Den nehm ich!“
„Wir müssen eine günstige Gelegenheit abwarten“, raunte Swiggett. Und die bot sich auch gleich. Der komische weiße Vogel hob sich nämlich von der Schulter der Frau in die Luft, flog hinter sie und versuchte mit dem Schnabel, den Verschluß ihres aus dem Rückenausschnitt herausschauenden Büstenhalters zu lösen.
„Haste sowas schon gesehen?“ zischte Thompson durch die Zähne und legte an.
„Jetzt!“ gab Swiggett das Signal.
Thompson erwischte den Vogel mit einer Breitseite, konnte jedoch nicht verhindern, daß dieser sich in seinem Todeskrampf mit dem Schnabel im Büstenhalterverschluß von Swiggetts Bekannter verhakte. Als diese spürte, wie sich etwas an ihr festbiß und nach dem Schuß plötzlich Blut ihren Rücken herunterlief, wurde sie von Panik gepackt. Ohne auf die Rufe der Männer zu hören, lief sie immer tiefer in den Wald hinein, konnte den Vogel jedoch nicht abschütteln.
Bei Loophole D schien sich nicht mehr viel zu tun. Oder es lag eine große Geheimhaltung über der Sache. Vielleicht planten die auch etwas ganz anderes und hatten nur ein Spektakel für die Medien veranstaltet. Aber das war Thompson im Grunde egal. Am vierten Tag tippte er gegen Mittag ein paar Seiten herunter. Der Bericht handelte von einem kleinen Ort in der Nähe von Lakewood, Wisconsin, von Auto Mags und Whiskey und trug den Titel „Araschießen in Langlade“. Dazwischen eingestreut waren ein paar Gedanken über Religion, Sekten und das friedliche Leben auf dem Land. Ralph Steadman verzerrte das Polaroid, das Thompson und Swiggett vor dem grauen Betonklotz des örtlichen Target Master Indoor Pistol Range zeigte und spritzte ein paar Tintenkleckse darüber. Der Rolling Stone hatte seinen Artikel.