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Frauenhosen

Emanzipation und Mode

Wenn eine Frau heute Hosen trägt, ist das nichts Ungewöhnliches. Wenn eine Frau »die Hosen anhat«, bezieht sich das meistens auf die Beziehung zwischen Mann und Frau. Die Geschichte von Frauen in Hosen begann in Europa vor knapp 250 Jahren. Allerdings handelte es sich nicht um Bekleidung im heutigen Sinn. »Hosen« waren damals Beingamaschen oder lange Socken. Außerdem war das Beinkleid ursprünglich nur zum Sport und zur Arbeit gedacht; und für all diejenigen, die sich Kleider nicht leisten konnten.

Die Wegbereiter der heutigen Hosen hießen »Bruch«. Dies waren kurze, an der Taille befestigte Unterhosen der Kelten und Germanen. »Bruch« oder althochdeutsch »Bruoch« bekamen erst durch das Zusammenfügen mit Beinlingen oder Wickelgamaschen den Grundschnitt der Hosen, wie wir sie heute kennen. Diese Kreation eines völlig neuartigen Beinkleids fand Mitte des 14. Jahrhunderts statt – und war eine lange Zeit ausschließlich den Männern vorbehalten. Ihr Besitz symbolisierte nicht nur Männlichkeit, sondern auch Überlegenheit. Bis heute gibt es beispielsweise die Redensarten »die Hosen herunterlassen« oder »jemandem die Hose ausgezogen zu haben«. Ein Verlust der Hose galt als symbolische Kastration und Ehrverlust.

Der rein männlichen Auffassung von Hosenträgern in Europa steht die Entwicklung in Asien gegenüber. Dort haben Frauen schon vor dem 18. Jahrhundert Hosen getragen – und tun es bis heute, neben den traditionellen Saris. In China trugen die Frauen traditionell kurze Jacken und nicht besonders weite, wadenlange Hosen. 1913 wurde darüber in der Zeitschrift »Die Frau der Gegenwart« mit Kopfschütteln berichtet. »Nach europäischen Begriffen sitzen sie (die Abgeordneten der chinesischen Provinz Kwantung, Anmerkung der Redaktion) da höchst unweiblich gekleidet, während die Männer die bei uns nur für die Frauen üblichen Röcke tragen.«

Aber auch verschiedene Völker am Polarkreis haben Hosen entwickelt. Dort trugen Frauen wie Männer als Kälteschutz zweiteilige Anzüge aus Leder oder Fell. Dabei waren die früheren Hosen alles andere als körperbetont: Eine Art sackförmiges Schenkelkleid wurde durch eine Quernaht zur Hose. Alternativ war die Methode, an jedes Bein einzelne Pumphosenbeine zu binden.

»Liebestöter« und Hosenröcke

Unter den weiblichen Hosenträgerinnen Europas übernahmen die Französinnen die Vorreiterrolle. Dort hat man gerne mit Mode experimentiert – und parallel dazu wuchs der Wunsch und die Nachfrage nach gleichen Rechten für Frauen. Bis heute lächelt man über die »Liebestöter«, eine Art spitzenverzierte Hose, die unter Kleidern oder Röcken getragen wurde. Diese Unterhosen waren ein bedeutender Punkt in der Geschichte der Frauenhosen. Denn je kürzer das Kleid war, desto mehr hat man von den mit Spitze oder Volants verzierten Enden der Hose gesehen. So hat die Damenmode Hosen in ihr Repertoire eingeschlossen und den Hosen nach und nach immer mehr Bedeutung verschafft. Auch die Vorreiter der Nylonstrumpfhosen waren bereits im frühen 19. Jahrhundert Thema in den Modejournalen. Eng anliegende, verzierte und eigens geschneiderte Strumpfhosen aus Musselin oder Atlas galten als chic – aber immer brav unter Kleidern getragen.

Die Männer hatten Angst, eine ihrer Domänen zu verlieren,

wenn sich die Hose für Frauen

zu einem adäquaten Kleidungsstück entwickeln würde.

Hosen als adäquates, zeigbares Kleidungsstück für Frauen im Alltag kamen Anfang des 20. Jahrhunderts auch in Deutschland zögerlich in Mode, als Frauen anfingen, öffentlich Sport zu treiben und zu reisen. Sogar führende Modekritiker mussten damals zugestehen, dass es sich in Kleidern schlecht reiten, Rad fahren, Tennis spielen, Ski fahren, Gymnastik treiben oder umherreisen lässt. Sport und Emanzipation traten in dieser Zeit parallel auf. So wurden durchgeknöpfte Röcke und geteilte Röcke, also Hosenröcke, modern.

Wegbereiter dieses Sporttrends waren englische Ärzte, die bereits hundert Jahre zuvor, um 1820, bestätigt hatten, dass es nicht ausreicht, als körperliche Ertüchtigung Buch lesend in der Sonne spazieren zu gehen. Hintergrund dieser Erkenntnis war die neue Ansicht, dass Frauen nur dann gesunde Mütter und anmutige Gattinnen sein könnten, wenn ihr konstitutioneller Zustand gestärkt sei. Trotz der Freiheit, sie nun endlich anziehen zu dürfen, wurden Hosen nicht mit allzu großer Begeisterung von allen Damen getragen. Viele schämten sich, ihre Beine so öffentlich zu zeigen. Andere dachten, dass weibliche Anmut mit Kleid oder Rock höher geschätzt werde als eine gute Gesundheit und Erfolg beim Sport. Zudem hatten die Männer Angst, eine ihrer Domänen zu verlieren, wenn sich die Hose für Frauen zu einem adäquaten Kleidungsstück entwickeln würde. Alte Bilder zeigen Fischerinnen, Bäuerinnen und Marketenderinnen – in Hosen.

Von den Fabrikhallen auf die Laufstege

Ein markanter Wendepunkt in der Geschichte der Hose für die Frau war der Erste Weltkrieg. Vor dem Krieg gab es klar verteilte, geschlechtsspezifische Rollen, während des Krieges hingegen mussten Frauen eine Lohnarbeit annehmen und dadurch in diverse Männerdomänen eintreten. Für Munitionsarbeiterinnen war die Kriegsberufskleidung praktisch und allgemein akzeptiert.

»Arbeit in Arbeitshose ist zu gestatten.«

Aus den Richtlinien der Militärführung in Hannover

für die Arbeit in den Rüstungsbetrieben, 1916

Je mehr Frauen aber auch tagsüber in Hosen gesehen wurden, desto mehr verlor das neue Beinkleid an Schrecken. Diese Wandlung der Sichtweise ist entscheidend für den letztendlichen Einzug der Hosen in die Kleiderschränke von praktisch jeder Frau in ganz Westeuropa. So kann man nach dem Ersten Weltkrieg, in den frühen 1920er-Jahren, den modischen Durchbruch für die Damenhose feiern. Allerdings wollten sogar noch damals viele Frauen nur dann eine Hose tragen, wenn ein Rock unpraktisch war – also nicht jeden Tag. Es hat noch einmal knapp 40 Jahre gedauert, bis die Hose als Alltagskleidungsstück für Tag und Nacht voll anerkannt war. Erst in den 1960er-Jahren wurden Hosen von allen namhaften Modeschöpfern auf die Laufstege geschickt. Hosen konnten nun praktisch von Frauen jeden Alters getragen werden – vorausgesetzt, dass die Trägerinnen schlank waren.

»Wer heute noch die Frau gleichsetzt mit Rock,

verschläft den Zeitgeist.«

Marlice Hinz, Modeexpertin, 1962

Und obwohl Frauen in Hosen mittlerweile überall zu sehen waren, gab es noch einige Unterschiede zwischen Frauen- und Männerhosen. Beispielsweise wurde der Frontverschluss erst 1967 auch bei Damenhosen eingeführt. Bis dahin waren die Reißverschlüsse seitlich angebracht. Der vorerst letzte große Schock für die Gesellschaft waren die Anfang der 1970er-Jahre in Mode gekommenen Hotpants, die knapp unter dem Po endeten. Soviel Freizügigkeit war neu und erntete europaweit zunächst Proteste.

Trotzdem – die Mode wurde immer androgyner und zum wesentlichen Merkmal der Mode wurde, dass viel erlaubt und wenig verboten war. So ist die Hose nach und nach zu einem liebgewordenen, nicht mehr wegzudenkenden Kleidungsstück für Frauen in jedem Alter, jedem Beruf und jeder Gesellschaftsschicht geworden.

Jennifer Bligh

Zipp und zu!

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