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DER SÄNTISGALÖRI

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Dieser Säntis-Galöri, wie er von katholischen Innerschweizern genannt wurde, mit echtem Namen Ulrich Zwingli, war im Schatten des Säntis aufgewachsen. Auf der linken Schulter des imposanten Bergs, der damals von keinem Menschen jemals bestiegen worden war, den heute aber Millionen befliegen, ohne an den Säntis-Galöri zu denken, ja nicht einmal der lustige Übername ist ihnen bekannt. Doch das Kind gedieh ebenda in einem warmen Familiennest, in der Luft der Leidenschaft für die Freiheit, wie Zwingli es nannte, mit mehreren Brüdern und auch Schwestern, es waren also acht Söhne und drei Töchter, von den Mädchen sind nicht einmal die Namen bekannt. Fünf der Zwingli-Brüder wurden Bauern und blieben Bauern im Tal. Es wurde gerodet, um Weideland zu schaffen. In der Talsohle wurde Sumpfgebiet einer Urbanisierung unterzogen. Davon künden noch die Ortsnamen Moos, Riethalde und Lisighaus. Es war vor Ulrichs Zeit eine weltabgeschiedene Gegend gewesen.

Erst der Strassenbau hat das Tal über die Passhöhe mit der Rheintaler Seite verbunden. Nun konnten die Bergbauern mit ihren Produkten hinunter ins Tal ziehen und Handel treiben, denn bis weit ins 15. Jahrhundert hinein waren die Bauern hier Selbstversorger gewesen.

Drei der Zwingli-Brüder ergriffen ein akademisches Studium. Jakob studierte nach seinem Mönchsgelübde in Wien bei dem später berühmten St. Galler Humanisten Joachim von Watt, genannt Vadian, wie auch später Ulrich Zwingli. Vadian wurde dann einer der engsten Freunde des späteren Reformators. Jakob starb früh, schon 1517 in Wien, an der Pest. Auch der Jüngste, Andreas, begann seine Studien, fiel ebenfalls noch als Jüngling 1520 in Zürich der Pest zum Opfer, nachdem er an Ulrichs Griechisch-Kränzchen teilgenommen und seinem Bruder zu grossen Hoffnungen Anlass gegeben hatte. Der Verlust seiner zwei begabten Brüder muss für Ulrich Zwingli, der 1519 ebenfalls an der Pest erkrankte, sie aber überwand, schlimm gewesen sein.

Der Vater war angesehener Bauer und Ammann, also ein geachteter Mann der Talschaft und der Kommunalpolitik, eine Führungsfigur und ein bescheiden wohlhabender Bauer, für diese Berglandschaft eigentlich ein Grossbauer. Er war auch an den nicht zu unterschätzenden Einnahmen des Passverkehrs beteiligt. Mutter Margareta, geborene Bruggmann, liess kaum etwas über sich zurück, ebenso wenig wie ihre Töchter, was im historischen Kontext nicht verwunderlich ist. Zwei der Töchter gingen ins Kloster, was für die Zeit nicht untypisch war, dann aber wurden sie später von ihrem Bruder Ulrich ermuntert, schliesslich evangelisch zu heiraten.

Heinrich Zwingli, Ammann zum Wilden Huss, dem toggenburgischen Wildhaus, Vorsteher des Thurtales, Grossvater des späteren Reformators Ulrich Zwingli, prozessierte 1477 im Veltlin wegen einer bereits bezahlten Weinlieferung, wie einem alten Schriftstück im Staatsarchiv Mailand zu entnehmen ist. Es sei nun schon etwa das zehnte Jahr, dass er von einem Veltliner Weinhändler eine grosse Menge Wein gekauft habe, für 250 Rheingulden. Diesen Wein habe er voll und ganz bezahlt und ausser zurückgelassenen elf Fudern damals heimgeschafft. Nun wollte er die elf zurückgelassenen Fuder abholen. Doch der Verkäufer verweigerte ihm die Herausgabe seines Weins, weil Heinrich Zwingli nicht zum verabredeten Zeitpunkt erschienen sei, damit der Weinhändler die Fässer leeren konnte, wie dieser behauptete. Heinrich Zwingli hat sofort Einspruch erhoben, es sei überhaupt kein Termin vereinbart worden damals. Doch das Gericht im Veltlin hat für den ansässigen Händler entschieden. Ihm sei kein Tröpflein Wein herausgegeben worden. Die Reiter, die er für den Transport von Getreide nach dem Veltlin und für jenen des Weins zurück ins Toggenburg angeheuert habe, habe er mit dem Getreide entlöhnen müssen, und so habe er gewaltige Verluste von über 200 Rheintaler erlitten. So klagte er in der Beschwerde an die Herzoginwitwe Bona von Savoyen in Mailand, unter deren Oberhoheit das Veltlin stand. Die Herzogin entschied für Grossvater Zwingli und sprach ihm volle Genugtuung zu.

Solche Export-Import-Geschäfte verlangten eine gewisse Kühnheit, denn sie waren nicht ohne Risiko. Die oberitalienischen Behörden und Gerichte hatten sich mit vielen Beschwerden und Klagen herumzuschlagen. Beweise waren oft schwer beizubringen. So waren der Willkür Tür und Tor geöffnet. Die eidgenössischen Kaufleute brachten Käse, Ziger, Schlachtvieh und Pferde auf die oberitalienischen Märkte; sie verwendeten den Erlös mit Vorliebe zum Kauf von Tuch, Reis, Kastanien und Wein, auch Früchten. Für die 250 Rheinischen Gulden bekam Heinrich Zwingli gut 350 Hektoliter Wein, das reichte für das ganze Thurtal. Er hatte also eine Art Monopolstellung im Tal. Er musste ein besonders unternehmungslustiger, geschäftstüchtiger Mann gewesen sein, denn er war nicht in erster Linie Kaufmann, sondern Grossbauer, natürlich gross im Massstab des schweizerischen Bergtals. Tatsächlich waren die Zwinglis begüterte Bauern, die auch einen gewissen Ehrgeiz entwickelten. Schon ein Sohn Heinrichs hatte Theologie studiert, eben Ulrichs Onkel in Weesen, und der besass weit mehr als normalerweise ein Landpriester hatte.

Ulrich Zwingli nannte sich im Laufe seines Lebens Huldrich. Das war eine humanistisch-volksethymologische Spielerei, die ihm gefiel. Der Name Zwingli leitete sich ab von Twing, was umfriedetes Bauerngut bedeutete. Luther nannte Zwingli fast immer Zwingel, da er die Heilige Schrift in seinem Sinne zwinge.

Zwingli

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