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WILDHAUS

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Seitwärts vom Berg Säntis, hoch oben, fast auf der Passhöhe, wo in uralten Zeiten mal ein «wildes Haus» gestanden haben soll, eine gewaltige quadratische Ritterburg über den einfachen Siedlungen, dort befindet sich der Ort Wildhaus. Hier hausten die Vögte, danach nicht bestimmte Edle und Grafen und zeitweilig Gesandte des Klosters von Einsiedeln und des Stifts von St. Gallen. Alles andere als Wilde also. Es gibt gar Theorien, die Burg sei im Hochmittelalter ein produktives Zentrum für die Pflege von Dichtung gewesen.

Am Neujahrstag 1484 kam in diesem Wildhaus Ueli auf die Welt. Und am 6. Januar, dem Dreikönigs- oder Epiphanias-Tag, am Tag der Erscheinung des Herrn, wurde er getauft, sechs Tage nach der Geburt deshalb, weil die Taufe in der Kirche in Gams unten im Rheintal durchgeführt wurde. Im Winter war der Weg dorthin ziemlich beschwerlich. Dieser Gang musste vorbereitet werden.

Wildhaus, auf 1100 Meter über Meer gelegen, war noch kaum ein Dorf, die Talschaft mit verstreuten Einzelhöfen besiedelt. Im 14. Jahrhundert wurde durch Rodungen Weideland gewonnen und im 15. Jahrhundert bauten die Väter die Strasse vom Rheintal über den Pass hinüber ins Toggenburg. Das war die entscheidende grosse Leistung, damit überwand das Tal seine Abgeschlossenheit und band sich auf den zwei Seiten ans Geschäftsleben an.

Jetzt fuhren und wanderten die Alpbauern auf die Märkte ins Rheintal und an die untere Thur und boten ihre Produkte an und brachten Obst und Früchte mit nach Hause. Das Tal florierte, natürlich in einem bescheidenen Masse. So blieben auch die Bewohner bescheiden. Unserem Zwingli war die genügsame Lebensweise in Fleisch und Blut übergegangen. Man hatte es hartnäckig sogar mit Ackerbau versucht, aber ausser Gerste wuchs hier kein Getreide. Es scheint aber jedenfalls gesichert, dass die Zwinglis nie Mangel hatten, alles Nötige war da, mochten die Lebensverhältnisse auch schlicht sein, die Kästen und Truhen waren meistens voll.

Uelis Weg innnerhalb dieser Bergbauernfamilie ist ein Unikum. Die drei Jüngsten gingen den Bildungsweg. Die fünf Älteren blieben Bauern. Ueli wurde schon als sechsjähriger Knabe an einen Onkel in die Schule nach Weesen am Walensee zur offensichtlich frühen systematischen Ausbildung gegeben. Bedenken wir, dass wir uns mitten in der Realität des alten Glaubens befinden, dass das kirchliche Oberhaupt der Toggenburger Landschaft der Bischof von Konstanz war, dass der kleine Ueli wahrscheinlich noch Messdiener war, mindestens in Weesen, vielleicht dort sogar in der Messe unter der Leitung seines Onkels Bartholomäus, der ihm zeigte, wer der Herr im Hause ist.

Man hatte etwas vor mit Ueli, er wird besonders aufgeweckt gewesen sein. Der Onkel Bartholomäus Zwingli war in Weesen Pfarrer und Dekan. Wie er da gelebt hat, wissen wir nicht. Mit zehn Jahren war der Junge jedenfalls so sattelfest im Lesen und Schreiben, dass er über die Weesener Schule hinausgewachsen war, sodass Onkel Barthli ihn an den aus Weesen stammenden Lehrer Gregorius Bünzli in Basel gab. Man profitierte auch zu der Zeit von Beziehungen und schöpfte sie aus.

Ulrich war also in der Familie der Auserkorene. Zwar gingen auch die zwei jüngeren Brüder den Weg des akademischen Studiums, denn man muss bedenken, dass nicht für alle jungen Männer Platz war im Bauernstand. Doch man entschied sich in Ulrichs Fall sehr früh und begann ihn bereits sechsjährig auf diesen Weg der Bildung zu schicken. Das sieht nach Planung für den Jungen aus, auch nach Familienehrgeiz. Und offenbar hatte der Toggenburger Bauernsohn Begabung und Spass am Lernen und wurde den familiären Ausrichtungen und Plänen ganz natürlich gerecht. Wie ein musikalisch Begabter im Biotop der Musikersippe früh die Grundlagen des musikalischen Handwerks erlernt und seine Begabung ganz natürlich im Familienverband gefördert wird, so lernte der kleine Ulrich als Kind den selbstverständlichen Umgang mit dem geistigen Rüstzeug von seinem Onkel, wenn auch nicht direkt in der Familie selbst, aber es führte dazu, dass er kaum über 20-jährig bereits ein frühreifer intellektueller Kopf war.

Zwingli

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