Читать книгу Seewölfe Paket 33 - Fred McMason - Страница 48
6.
ОглавлениеAls die beiden Schiffe zum Geleitzug aufgeschlossen hatten, dämmerte bereits der Morgen. Jean Ribault und Arne von Manteuffel hatten die Schatzgaleonen zuverlässig auf Kurs gehalten.
Der Tag blieb wolkenverhangen und trist. Bleigrau rollte die See heran, und nicht weniger düster zeigte sich die Kimm. Bis die Sonne endlich den Dunst durchbrach und vereinzelte Strahlenfinger tatsächlich so etwas wie Helligkeit verbreiteten, stand sie schon hoch im Zenit.
Später briste es auf.
Der Wind hatte wieder gedreht. Ein steifer Nordwest fegte den Schiffen entgegen. Er brachte eisige Kälte und zeitweise Graupelschauer. Alle eisernen Beschläge und die Kanonen, soweit sie nicht abgedeckt waren, setzten Rauhreif an.
Am späten Nachmittag lachte dann endlich wieder die Sonne und versöhnte ein wenig mit den vorangegangenen Unbilden, obwohl es bitterkalt blieb. Den Männern stand der Atem vor den Gesichtern.
Die beiden letzten Tage im November würden mit Sturm und bissiger Kälte zu Ende gehen. Old Donegal Daniel O’Flynn spürte das in seinen Knochen.
„Wir kriegen einen rauhen Winter“, erklärte er. „Das Eis wird sich auf der Themse türmen und für London den Zugang zum Meer blockieren.“
„Unkenrufe“, widersprach Big Old Shane. „Woher willst du das wissen?“
„Mein Bein schmerzt, Mister“, sagte Old Donegal. „Das ist ungefähr so, als liege der Schnee schon einige Inches hoch auf den Piers.“
„Welches Bein?“ fragte der Riese mit dem mächtigen grauen Bartgestrüpp, der weder an Geister glaubte noch an Old Donegals gelegentliche Prophezeiungen.
„Das rechte“, sagte der Alte prompt.
Shane sah ihn an, als könne er nicht glauben, was er eben gehört hatte.
„Dann ist der Holzwurm drin!“ entfuhr es ihm. „Wie kann etwas weh tun, was gar nicht mehr vorhanden ist?“
Old Donegal Daniel O’Flynn schnaubte wie ein Wal vor dem Abtauchen. Ihm war anzusehen, daß er dem Schmied von Arwenack am liebsten die Krücke an den Kopf geschlagen hätte. Doch bestand die Gefahr, daß das kostbare Stück dabei zerbrach – nicht der Kopf, wohlgemerkt, sondern die Krücke –, und Old Donegal hatte sich so an sie gewöhnt, daß er keine neue haben wollte.
„Obwohl ich ein Holzbein trage“, sagte er, „glaube ich manchmal, noch die Zehen bewegen zu können. Das ist nun mal so. Laß dir auch ein Bein absägen, dann glaubst du mir hoffentlich.“
„Ich bin doch nicht verrückt“, erklärte Shane.
Scheinbar abrupt wechselte Old Donegal das Thema. „Spürst du mitunter Kopfschmerzen?“ fragte er. „Wenn das Wetter umschlägt, meine ich.“
Der Schmied zögerte mit der Antwort. „Na ja.“ Er druckste herum. „Kann sein, daß da hin und wieder so ein Zeichen unter der Schädeldecke ist. Aber der Kutscher behauptet, das sei normal, und ich sei nicht gesund, wenn die Schmerzen sich nicht meldeten. Außerdem, was hat mein Kopf mit deinem Holzbein zu tun?“
Old Donegal feixte. Grinsend mahlte er mit dem Unterkiefer und faßte sich nachdenklich ans Kinn.
„Weißt du, Mister Shane“, sagte er langsam, „wenn du Kopfschmerzen hast, ist das doch nur ein Beweis dafür, daß etwas weh tun kann, was gar nicht da ist. Mein Hirn tut nämlich nicht weh. Niemals.“ So schnell er konnte, humpelte er zum nächsten Niedergang und stieß prompt mit Carberry zusammen, der soeben an Deck wollte.
„Hoppla!“ rief der Profos überrascht. „Du hüpfst, als wäre Mary Snugglemouse mit der Bratpfanne hinter dir her.“
„Laß meine Mary aus dem Spiel, du, du …“ Old Donegal versuchte sich loszureißen, doch da geriet er bei Carberry an den Falschen. Der packte nämlich um so fester zu.
„Sag’s!“ forderte er den Alten auf. „Nur zu, keine Hemmungen. Ich bin schließlich kein Unmensch.“
„Du Profos, du!“ stieß Old O’Flynn zornig hervor.
Carberry begann herzhaft zu lachen. „Ich weiß auch ein neues Schimpfwort“, prustete er: „Old Donegal!“
„Ha!“ schnappte der Alte. „Wirklich sehr komisch.“
„Bleib lieber bei Affenarsch, Ed!“ rief Shane.
Der Profos schnalzte mit der Zunge. „Hat der was gegen dich?“ fragte er.
„Der?“ Old Shane zuckte mit den Schultern.
„Und du, Shane? Du siehst aus, als hätte es dir die gesamte Takelage verhagelt.“
„Du siehst Gespenster, Ed.“ Natürlich dachte der Schmied nicht daran, das eben Gesagte breitzutreten. Er sah lieber zu, daß er sich verdrückte. Old Donegal Daniel O’Flynn konnte ihn mal hinterm Mast besuchen.
Der Profos stand plötzlich allein da. Er fragte sich, ob Shane und Hasards kauziger Schwiegervater vom Affen gebissen seien.
Zufällig fiel sein Blick auf Jack Finnegan und Paddy Rogers, die nebeneinander auf der Kuhlgräting saßen und Taue spleißten und betakelten. Das heißt, die beiden hatten das wohl bis vor wenigen Augenblicken getan. Jetzt hockten sie faul herum und grinsten sinnig.
Carberry stemmte die Fäuste in die Seite, holte tief Luft und brüllte los, daß sich die Masten bogen.
„Was fällt euch Nichtsnutzen eigentlich ein? Dem lieben Gott den Tag klauen und den Profos für dumm verkaufen, das könnte euch so passen, was?“
„Schlecht wär’s nicht“, erwiderte Paddy Rogers, gutmütig wie er war und schwerfällig im Denken.
Das hätte er besser nicht gesagt. Carberry brüllte daraufhin noch lauter.
„Ihr beiden klart die Bilge auf. Ich will, daß man anschließend von den Planken essen kann. Habt ihr verstanden?“
„Ist auch nicht besser oder schlechter als Spleißen“, sagte Jack Finnegan.
Paddy Rogers seufzte lediglich ergeben.
„Ob ihr verstanden habt, will ich wissen“, schnaubte der Profos.
Paddy bequemte sich endlich zu einem müden: „Aye, Sir!“
„Das heißt ‚Si, Señor‘!“ Carberry reckte sein Rammkinn angriffslustig vor. Aber keiner tat ihm den Gefallen, sich auf eine kleine Prügelei einzulassen.
Paddy und Jack beeilten sich vielmehr, unter Deck zu verschwinden. Bis der Profos bemerkte, daß sie vor der Kuhlgräting nicht aufgeklart hatten und Kabelgarn, Taue und Marlspieker noch herumlagen, waren beide längst aus seiner Reichweite verschwunden.
Das Wetter ließ eben jeden kribbelig werden.
Während der Nacht frischte der Wind weiter auf und wurde böig. Der Konvoi gewann nur mehr langsam Höhe und war zu weiten Kreuzschlägen gezwungen. Es regnete wieder, nicht stark zwar, doch dafür ohne Unterbrechung. Gelegentlich verwandelte sich der Regen in Schneematsch. Die noch an karibische Temperaturen gewöhnten Männer fröstelten und liefen in dicker Kleidung herum.
„Einen wärmeren Empfang dürfte die Heimat uns schon bereiten“, maulte Mac Pellew.
Der Nordwest peitschte die See zunehmend höher. Die fünf bis sechs Yards hohen Wellenberge mit ihren langen Kämmen, von denen Gischt abzuwehen begann, beschränkten die Sicht. Die Kimm war plötzlich wieder sehr nah.
Auch der neue Tag, der 30. November des Jahres 1598, brachte keine Veränderung. Der Nordatlantik zeigte sich von seiner trüben Seite. Grau in Grau verschmolzen Meer und Wolken miteinander, und die klamme Nässe durchdrang selbst kleinste Ritzen.
Auf mehreren Schatzgaleonen mußte gelenzt werden, weil Wasser auch über die Laderäume eindrang und sich in der Bilge sammelte. Die Männer an den Pumpen gerieten trotz der anhaltenden Kälte gehörig ins Schwitzen.
Spieren und Taue begannen rutschig zu werden. Eine tückische Eisschicht bildete sich, hauchdünn und von Feuchtigkeit überzogen.
Stunde um Stunde quälte sich der Konvoi durch die aufgewühlte, aber noch lange nicht wirklich stürmische See. Gischt verminderte nun zusätzlich zu den hohen Wellenbergen die Sicht. Es wurde schwieriger, den Geleitzug zusammenzuhalten. Allerdings schien zumindest jetzt keiner der Spanier mehr an Flucht zu denken.
Hasard und Dan O’Flynn, der Navigator der Arwenacks, versuchten eine Positionsbestimmung. Aber ebensogut hätten sie mit dem Finger auf eine der Seekarten tippen und behaupten können, die Schiffe stünden genau da und nirgendwo sonst. Es war schlichtweg unmöglich, die Position festzustellen.
Ich schätze die Entfernung zu den Scillys noch auf rund zwanzig Seemeilen. Der Geleitzug segelt süd- bis südwestlich der Inseln. Falls das Wetter anhält, werde ich gezwungen sein, früher als geplant nach Nordost abzudrehen.
Es klopfte. Während Philip Hasard Killigrew zum Eintreten aufforderte, streifte er den Federkiel ab, danach streute er Sand über die noch feuchte Tinte im Logbuch und verschloß das Tintenfaß.
Ben Brighton bückte sich unter dem niedrigen Türstock hindurch und trat ein.
„Die ‚Nuestra Señora de lagrimas‘ läuft aus dem Ruder“, meldete er.
Hasard warf ihm einen forschenden Blick zu. Ben wußte auch ohne Worte, was den Seewolf bewegte.
„Ich glaube nicht, daß Capitán Chinchilla einen neuen Fluchtversuch plant“, sagte er. „Es sieht eher so aus, als hätte die Galeone Ruderschaden.“
„Ich gehe mit an Deck.“ Hasard klappte das Logbuch zu und erhob sich. Ben ließ ihm den Vortritt.
Von der „Señora“ war im Moment nicht viel mehr zu sehen als die Toppen. Aber schon nach wenigen Augenblicken schoß sie aus dem Wellental hoch und bäumte sich auf wie ein weidwundes Tier. Chinchilla hatte bereits das leichte Tuch wegnehmen und die kleineren Sturmsegel setzen lassen.
Trotzdem konnte er nicht verhindern, daß das Schiff zunehmend in eine Lage geriet, in der es querzuschlagen drohte. Eine deutliche Krängung nach Lee zeigte sich. Falls auch noch die Ladung verrutschte, wuchs die Gefahr des Kenterns rapide.
„Wollen wir hoffen, daß da drüben alles gut verschalkt ist.“ Das Heulen des Windes und das Donnern der Brecher riß Hasard die Worte von den Lippen.
„Signale wurden nicht beantwortet. Die Dons haben wohl genug mit sich selbst zu tun.“
„Wir segeln auf“, entschied der Seewolf.
Ben hatte nichts anderes erwartet. Er gab die Befehle lautstark weiter. Ächzend luvte die Schebecke an und begann vorübergehend zu rollen, lag dann jedoch gut am Wind.
Donnernd brachen sich die Wellen am Vorsteven, stiegen zu beiden Seiten des Bugs in die Höhe und schlugen klatschend in die See zurück. Der Wind drückte die Brecher von Luv her schäumend über die Back. Sogar die Kuhl verschwand hin und wieder unter gurgelnden Sturzfluten, die sich vor den Speigatten stauten.
Zeitweise waren von der „Nuestra Señora de lagrimas“ nur die Stengen mit den oberen Rahen zu sehen, dann wieder schien sich das Schiff schwerelos erheben zu wollen, tauchte aus der brodelnden See auf, ritt einzelne Wellenkämme ab und wurde erneut hinabgezogen.
Endlich brachten die Dons vorn auf der Galeone einen Treibanker aus. Der kegelförmige Sack aus schwerem Segeltuch, dessen breite Öffnung durch eingenähte Eisenringe offengehalten wurde und dessen schmäleres Ende abgeschnitten war, trieb sofort ab.
Die Schleppleine straffte sich, dann schwang die Galeone langsam herum und legte sich mit dem Bug in den Wind. Die Krängung ließ jedoch nur unmerklich nach. Das bedeutete, daß die „Nuestra Señora de lagrimas“ entweder schon sehr viel Wasser gezogen hatte oder aber Teile der Ladung verrutscht waren.
Jetzt, da das Schiff nicht mehr unmittelbar vom Querschlagen bedroht war, begannen die Spanier mit der Reparatur des Ruders.
Capitán Alvaro Chinchilla und sein Erster Offizier, José Serrador, umkreisten einander wie lauernde Hyänen. Das Verhältnis zwischen ihnen war eisig geworden, aber keiner von beiden brachte die Sprache auf die Geschehnisse der vorletzten Nacht.
Chinchilla fühlte sich zu Recht hintergangen und verraten, und Serrador wiederum hatte einiges gegen die Art, wie Alvaro das Wohl des Königs als Vorwand für seine eigene Unzulänglichkeit benutzte.
Aus dem Weg gehen konnten sie sich nicht, dazu war ein Schiff wie die „Nuestra Señora de lagrimas“ nicht groß genug. Ihre Kontakte beschränkten sich jedoch auf die Weitergabe der nötigsten Befehle.
Als Serrador kurz nacheinander erst Antonio Rojas, dann Jesús Cortès und schließlich den Bootsmann und einen der Rudergänger in die Kapitänskammer huschen sah, wußte er, daß Chinchilla seine Fluchtgedanken noch nicht aufgegeben hatte. Die Drohung, ihn an die Rah zu hängen, hatte ihn bestenfalls vorübergehend beeindruckt.
Der Capitán rückte sich damit selbst in die Nähe von Meuterern, er wurde für die spanische Krone untragbar und mußte durch einen fähigeren Mann abgelöst werden. Wahrscheinlich war es das Alter, das ihn verknöchern ließ.
Liebend gern hätte Serrador jetzt mit Capitán de Vilches darüber gesprochen. Aber der Seegang erlaubte ihm nicht, zur Schebecke überzusetzten. Wenn er etwas tun wollte, mußte er es selbst tun, und das schnell, bevor Chinchilla Gelegenheit erhielt, seine Pläne zu verwirklichen.
Über die Bestimmung der Gold- und Silberladung zerbrach sich der Erste nicht den Kopf. Er vertraute Don Julio de Vilches. Vielleicht würde ihn der Sonderbeauftragte protegieren, wenn er das Komplott verhinderte.
José Serrador wartete auf der Kuhl. Nahezu eine halbe Stunde verging, bis die beiden Decksleute die Kapitänskammer wieder verließen. Auf gewisse Weise wirkten sie verändert – bedrückt, wie es dem Ersten schien. Wahrscheinlich hatte ihnen Chinchilla keine andere Wahl gelassen, als ihn zu unterstützen.
Während Antonio Rojas das Vorschiff betrat, stieg Jesús Cortès durch ein Luk ab. Serrador folgte ihm, er stellte Cortès hinter einem Bretterverschlag, in dem vor wenigen Monaten noch mehrere Schweine als Lebendproviant gehaust hatten und jetzt allerlei Ausrüstungsgegenstände gelagert wurden. Der Mief, den die Schweine hinterlassen hatten, lag noch immer in der Luft.
Cortès zuckte zusammen, als er den Ersten bemerkte.
„Wer wird denn so schreckhaft sein?“ fragte Serrador spöttisch. „Oder sollte ich etwa daran Schuld haben?“
Der Decksmann starrte ihn mit offenem Mund an.
„Nein“, murmelte er tonlos. „Warum auch?“
José Serrador lehnte am Verschlag und versperrte Cortès den Durchgang. Lauernd begann er, jeden seiner Finger in die Länge zu ziehen, daß die Gelenke knackten.
„Ich höre“, sagte er. „Ich bin sogar begierig darauf.“
„Ich – ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, Señor.“ Cortès begann zu stottern.
Der Erste bedachte ihn mit einem verächtlichen Grinsen. „Wie war’s beim Kapitän?“
„Nichts Besonderes. Wir …“
Serrador packte blitzschnell zu, zog den Decksmann am Hemdaufschlag zu sich heran und verpaßte ihm eine Maulschelle, daß er haltlos nach hinten taumelte und über zwei Taurollen stützte. Cortès’ Blick ließ jäh aufflackernde Furcht erkennen. Zögernd wischte er sich mit dem Handrücken das Blut von der aufgeplatzten Unterlippe.
Serrador griff sich ein herumliegendes Tauende und schlug damit auf seine linke Handfläche.
„Ich lasse den Tampen über deinen Rücken tanzen, bis ich weiß, was los ist“, versprach er. „Wann will der Capitán den Konvoi verlassen?“
Cortès blickte ihn aus weitaufgerissenen Augen überrascht an. Offenbar konnte er nicht verstehen, woher der Erste das wußte.
„Spätestens nach Einbruch der Dämmerung“, stammelte er. „Solange die See noch aufgewühlt ist.“
„Bestimmt sind nicht alle Männer damit einverstanden. Oder?“
Cortès schwieg. Er hatte ohnehin schon zuviel verraten.
„Was soll mit denen geschehen, die gegen die Flucht sind?“ Abschätzend wog der Erste den Tampen in der Hand. Als Cortès den Mund noch immer nicht öffnete, schlug er zu. Das Tauende trieb dem Decksmann die Luft aus den Lungen. Krampfhaft nach Atem ringend, kippte er zur Seite.
„Das war erst der Anfang“, sagte Serrador warnend. „Ich warte auf eine Antwort.“
„Einsperren“, keuchte Cortès. „Alle sollen überwältigt werden und …“
„Ich auch?“
Schwerfällig zuckte der Mann mit den Schultern. Als Serrador den Tampen hob, beeilte er sich zu versichern, daß der Señor als erste festgesetzt und in die Vorpiek geworfen werden sollte.
José Serrador schäumte. Er sprang mit Cortès nicht eben sanft um, als er ihn fesselte und ihm zusammengeknülltes Werg als Knebel in den Mund stopfte. Der Decksmann schluckte und keuchte, doch wurde er schnell ruhiger, weil er herausfand, daß sich so seine Lage leichter ertragen ließ.
„Du wirst schon nicht ersticken“, sagte Serrador. „Außerdem ist es nur vorübergehend, bis ich das Kommando übernommen habe. Später werde ich entscheiden, was mit dir und den anderen Verrätern geschieht.“
Dann war Jesús Cortès allein in dem Bretterverschlag, durch den nur spärlicher Lichtschein fiel. Solange er nicht in der Lage war, Lärm zu schlagen, würde ihn niemand so schnell finden.
Vielleicht war es aber auch vorteilhafter, wenn er sich ruhig verhielt. Er sagte sich, daß es angenehmer war, für einige Stunden gefesselt zu sein, als ausgepeitscht oder am Hals aufgehängt zu werden, nur weil er sich womöglich für die falsche Seite entschieden hatte.
Er schloß die Augen und versuchte zu schlafen. Doch das Brausen, Gurgeln und Donnern der Wogen, die sich am Schiffsrumpf brachen, schreckten ihn immer wieder hoch.