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Zweites Kapitel: „Playing My Role In History“

„Ich habe mich nie als Bandleader von Queen betrachtet – höchstens als wichtigste Person.“

Das Konzept für Queen war, sich hoheitsvoll und majestätisch zu geben. Glamour war ein Teil von uns, und wir wollten dandyhaft sein. Wir wollten schockieren und unverschämt sein. Wir wollten, dass die Leute nicht erst darüber nachdenken mussten, ob sie uns mochten oder nicht, sondern dass sie sich in dem Moment, wo sie uns sahen, eine Meinung bildeten. Wir versuchen nicht, anders zu sein, denn wenn man professionell ist, meine Süßen, dann muss man nicht VERSUCHEN, irgend etwas zu sein!

Die Idee zu Queen kam mir, als ich am College studierte. Brian, der ebenfalls am College war, gefiel der Gedanke, und so taten wir uns zusammen. Die frühesten Wurzeln der Band gehen auf eine Gruppe namens Smile* zurück, die eine Single machten, die in den Vereinigten Staaten veröffentlicht wurde. Ich ging damals oft zu den Konzerten von Smile, und wir wurden Freunde. Ich ging immer zu ihren Konzerten, und sie kamen immer zu meinen. Aber die Band wurde vom Unglück verfolgt. (*Smile war eine Studentenband, bestehend aus Brian May, Gitarre und Gesang, Roger Taylor, Schlagzeug und Gesang, sowie Tim Staffell, Bassgitarre und Gesang. Smile wurde 1968 gegründet und löste sich 1970 auf.)

Ich sagte zu Brian und Roger: „Warum verschwendet ihr eure Zeit mit so einem Zeug? Ihr solltet mehr eigenes Material spielen. Ihr solltet viel deutlicher darin werden, wie ihr die Musik rüberbringt. Wenn ich euer Sänger wäre, würde ich genau das tun!“ Schließlich löste sich Smile auf, und wir beschlossen, gemeinsam eine Band zu gründen. Wir dachten, dass sich unsere musikalischen Ideen gut miteinander verbinden ließen. Das ist alles. Wir dachten, dass unsere musikalischen Ideen gut zusammenpassen würden. Dann trafen wir (im Juli 1971) John Deacon und beschlossen, die Band Queen zu nennen.

Der Name Queen fiel mir schon sehr früh ein. Es war ein sehr majestätischer Name, und er klang wunderbar. Er ist kraftvoll und unmittelbar. Er hatte großes visuelles Potenzial und war offen für Interpretationen aller Art. Er schuf Bezüge zu vielen anderen Bereichen wie dem Theater, und das war großartig. Er war sehr pompös und besaß alle möglichen Assoziationen. Er hatte sehr viele Bedeutungsebenen. Das war nicht einfach nur ein präzises Etikett.

Ich war mir der Assoziationen zur Schwulenszene natürlich bewusst, aber das war nur eine Facette davon. Im Zusammenhang mit Queen habe ich ohnehin immer mehr den königlichen Wortsinn statt des schwulen bevorzugt. Wir sorgten uns zwar darum, dass die Leute vielleicht auf falsche Gedanken kommen könnten, wussten aber auch, dass unsere Musik viel größeres Gewicht als das Image besaß, weil wir uns stets darauf konzentrierten, hohe Qualität abzuliefern. Wir waren zuversichtlich, dass die Leute sich für uns interessieren würden, da wir das Spiel mit den Geschlechterrollen – das von Bowie und Bolan bereits etabliert worden war – auf eine ganz andere Ebene beförderten. Wir dachten, dass uns vielleicht auch die Teenager mögen und uns ein Pop-Image anhaften würden, dies aber nicht allzu lange dauern würde. Zu diesem Zeitpunkt waren wir nur daran interessiert, bei denen, die zu unseren Konzerten kamen, eine Reaktion hervorzurufen.

Zwischen der eigentlichen Bandgründung von Queen und unserem ersten Plattenvertrag gab es eine große Lücke. Deswegen verunsicherte es uns immer, wenn die Leute sagten: „Das ist Queen, Glam Rock ist in, und sie reiten auf dieser Welle.“ Wir kopierten niemals irgend jemanden. Wir haben schon vor Gruppen wie Sweet und Bowie Glam Rock gemacht, und wir befürchteten, dass wir nun vielleicht zu spät dran waren. Wir hatten jedoch eine ganz andere Form von theatralischer Musik im Sinn.

Wenn alle dasselbe machen, werden sie in eine Schublade gesteckt. Journalisten versuchen, einen in bestimmte Sparten zu stecken und einem ein Etikett zu verpassen. Von jeder Band, die heute anfängt, heißt es, sie klängen ein bisschen wie Culture Club oder sonst jemand. Wir klangen ein bisschen nach Led Zeppelin, wegen der Harmonien und so, also steckten sie uns in diese Kategorie. Man hat uns schon so viele Etiketten angeheftet. Solches Schubladendenken ist ebenso schlecht wie gut, und es wäre dumm, das ernst zu nehmen. Es kümmert mich im Grunde nicht, was sie sagen. Ich glaube, manche Leute haben etwas über uns gesagt und dann ihre Meinung geändert, nachdem sie ein Album angehört hatten. Am Ende hatten wir unseren eigene Schublade – wir belegten die Queen-Schublade. Wir hatten unser Markenzeichen. Vielen Bands, die nach uns kamen, wurde gesagt, dass sie klängen wie wir, und auch ihnen gefiel das nicht, aber da muss man am Anfang eben durch. Das war schon immer so.

Am Anfang glaubten wir zwar ganz fest an uns, aber ich dachte, es wäre nach fünf Jahren wieder vorbei, und ich würde dann etwas anderes machen. Aber es wuchs und wuchs. Man muss dabei bedenken, dass wir zuvor alle in anderen Bands gespielt hatten und daher große Erfahrung damit hatten, was man besser nicht tat, und wussten, dass man sich nicht vom erstbesten Angebot einer Plattenfirma blenden lassen durfte.

Zu dem Zeitpunkt, als wir ein Demo machten (1971), war uns bereits bewusst, dass wir von Haifischen umgeben waren. Wir hatten erstaunliche Angebote vorliegen, von Leuten, die sagten: „Wir machen euch zu den nächsten T. Rex.“ Aber wir waren sehr, sehr vorsichtig und griffen nicht sofort zu. Wir gingen zu allen Plattenfirmen, bevor wir uns schließlich für eine entschieden. Wir wollten nicht wie eine gewöhnliche Band behandelt werden. Wir gingen so an die Angelegenheit heran, weil wir nicht vorhatten, irgendwann arbeitslose Musiker zu sein. Wir sagten: „Entweder vermarktet ihr uns als ernst zu nehmendes Produkt, oder ihr lasst es bleiben.“

Es musste also ein ganze Menge geplant werden. Es war kein Erfolg über Nacht, denn es gab uns als Band ja bereits seit drei Jahren. Wir suchten einfach nach den richtigen Leuten, die für uns arbeiten sollten, und nach der richtigen Plattenfirma, und das dauerte eben ziemlich lange. Und trotzdem warf man uns vor, wir wären ein „Hype“, und wurden mit Bands verglichen, von denen wir nicht einmal gehört hatten. Schließlich hieß es, wir schrieben nicht einmal unsere Songs selbst.

Für die meisten Leute muss es wie ein Erfolg über Nacht ausgesehen haben, aber wir waren schon eine ganze Weile dabei, hatten uns durch sämtliche Clubs gespielt und all das ohne einen Plattenvertrag in der Tasche. Von Anfang an gab es auf die eine oder andere Weise immer irgendwelchen geschäftlichen Druck. Es war ein richtiges Hindernisrennen. Ich bin immer noch der Ansicht, dass es für eine große, erfolgreiche Band keinen geraden Weg gibt, andernfalls stimmt etwas mit einem nicht. Wenn es zu glatt läuft, erreicht man schnell seinen Höhepunkt, und das war’s dann!

Man kann nicht herumlaufen und sagen: „Was für ein wunderbarer Musiker ich doch bin! Welch aufregenden Song ich doch gestern Abend geschrieben habe!“ Man muss dafür sorgen, dass man entdeckt wird. Ein Teil des Talents besteht darin, dass man mit seiner Musik die Menschen erreicht. Man kann nicht einfach nur ein wunderbarer Musiker und ein herausragender Songwriter sein – von denen gibt es viele. Man muss lernen, sich selbst zu vermarkten, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein und von Anfang an lernen, wie man sich um seine Geschäfte kümmert. So geht es heut zu Tage im Rock ’n’ Roll zu. Man muss ein instinktives Bewusstsein für alle Dinge entwickeln, die zum Erfolg beitragen können.

Je höher man auf der Leiter steht, desto rücksichtsloser muss man sein, wenn man nicht will, dass man wieder herunterfällt. Es ist nicht so, dass ich hart und rücksichtslos sein wollte, das ist etwas, das einem aufgezwungen wird. Ist man erst erfolgreich, umgeben einen auf einmal lauter Bösewichter. Dann muss man wirklich sehr stark sein und versuchen, sie auszusortieren – das ist ein richtiger Überlebenskampf. Plötzlich tauchen all diese Blutegel auf, und sie saugen einen bis auf den letzten Tropfen aus, wenn sie nur den Hauch einer Chance dazu bekommen. Man muss jeden, der für einen arbeitet, ganz genau beobachten, und wenn man den Eindruck hat, sie führen einen an der Nase herum, muss man sie schnellstens loswerden. Man kann es sich nicht leisten, dass jemand mit irgend etwas davonkommt. Es ist wie Autoscooter fahren – in einem Rock’n’Roll-Autoscooter. Man muss darauf achten, dass man nicht allzu oft von den schlechten Menschen gerammt wird. Jeder, der erfolgreich ist, verbrennt sich früher oder später ein, zwei Mal die Finger. Das ist eine Art ehernes Gesetz. Nennen wir’s Erfahrung.

Wir machten diese Erfahrung schon während unserer Anfangstage – dass man uns über den Tisch zog und lauter solche Sachen. Es ist nicht damit getan, dass man einen Plattenvertrag bekommt, und dann ist der Fall geritzt. Es ist kein Zuckerschlecken. Das Ganze ist ebenso eine geschäftliche Herausforderung wie eine musikalische. Man muss stets die Kontrolle über alles behalten, was um einen herum vor sich geht. Talent bedeutet heut zu Tage nicht mehr, dass man einfach ein guter Musiker ist, man muss vielmehr hellwach sein. Es ist lebenswichtig, dass man die ganze Angelegenheit richtig in Angriff nimmt. Talent bedeutet nicht, dass man einfach gute Songs schreibt und diese auf der Bühne präsentiert, sondern dass man einen Sinn fürs Geschäft besitzt, denn das macht einen großen Teil aus – die Musik anständig zu vermarkten und davon zu profitieren. Man muss alle Tricks und Kniffe kennen, und wenn man an sich glaubt, setzt man Himmel und Hölle in Bewegung. Anders geht es unserer Meinung nach nicht, und bei Queen hat es funktioniert. Natürlich braucht man auch ein paar verlässliche Leute um sich herum, die sich um all diese Sachen kümmern, aber man muss sich auch persönlich damit befassen.

Es ist sehr schwierig, solche Leute zu finden. Es ist sehr schwierig, anderen zu vertrauen, insbesondere für Leute wie uns. Wir sind sehr empfindlich, sehr penibel und pingelig. Was wir mit Trident* erlebt haben, hat uns einen gewaltigen Dämpfer verpasst, also wurden wir sehr vorsichtig und wählerisch, was die Leute anging, die danach mit uns zusammenarbeiteten und zu einem Teil der Queen-Mannschaft wurden. (*Queen unterschrieben 1972 einen Vertrag mit Trident, einer Management-Firma, die von den Brüdern Norman und Barry Sheffield betrieben wurde. Die Band trennte sich 1975 endgültig und im Streit von dieser Firma.)

John Deacon behielt unsere geschäftlichen Angelegenheiten immer genau im Auge. Er wusste bescheid über alles, was ablaufen und nicht ablaufen durfte. Wenn uns Gott verlassen hatte, tat der Rest der Band keinen Strich, ohne dass John sagte, dass es auch in Ordnung war.

Ich glaube, der Druck, den das Musikgeschäft ausübt, wird heute immer stärker. Es passiert so viel, dass man oft auf der Stelle Entscheidungen treffen muss, und es muss bis aufs i-Tüpfelchen alles stimmen. Am schwierigsten ist es, wie man mit dem Faktor Zeit umgehen soll, und in einigen Fällen muss man Kompromisse eingehen, und das hassen wir. Mir wird sterbenselend, wenn ich daran denke, dass ich das getan habe, denn dann denkt man immer, man hätte es auch besser machen können, und das ist scheußlich. Schließlich und endlich ist es deine Karriere, und du bist derjenige, der damit leben muss.

Für eine Band, die ganz am Anfang steht, sind guter Rat und ein gutes Management natürlich von entscheidender Wichtigkeit. Die Leute denken aber gerne, die Künstler wären dumm, und sicherlich lassen sich auch eine ganze Menge von ihnen das Geld sehr leicht aus der Tasche ziehen. Wir waren jedoch ein wenig schlauer. Nach Trident sprachen wir eine Reihe erstklassiger Manager an, um sicherzugehen, dass wir die richtige Wahl trafen. Damals war John Reid die richtige Wahl. Er blickte mich fest an und sagte: „Warum nicht?“ Er war klasse, ehrlich. Sein Arbeitsansatz und seine Methoden waren genau das Richtige. Er kam und nahm die gesamte Struktur aus Tonaufnahmen, Veröffentlichungen und Management in die Hand.

Schließlich, Jahre später, wurde es sehr schwierig, uns als Band zu managen, weil wir eine Menge forderten. Wir sind in Wahrheit kleine Teufel, und unser Manager müsste schon ein Hitler oder ein Goebbels sein. Queen ist ein Geschäft, eine Organisation, und wir haben beschlossen, uns selbst darum zu kümmern.

Wenn Queen zusammen spielen und Aufnahmen machen, haben die Leute immer dieses Bild der perfekten Einheit vor Augen. Queen sind aber eine Musikgruppe, keine Familie. Natürlich gibt es heftige Auseinandersetzungen, wie in vielen Familien. Wir streiten uns um die kleinsten Details. Wir wissen jedoch, dass unsere Zielsetzung im Grunde dieselbe ist: weiterhin gute Musik zu machen und uns über das hinaus zu entwickeln, was die Band bisher gemacht hat.

Durch unsere gesamte Geschichte hindurch zieht sich die Eifersucht wie ein roter Faden. Roger, Brian, John und ich komponieren jeder für sich. Dann kämpfen wir darum, so viele von unseren eigenen Songs wie möglich auf ein Album zu bekommen. Es ist ein Gedränge, ein Hunger, ein andauernder Kampf, der der Band sehr gut tut. Wir fechten es aus, und am Ende ist es sehr demokratisch. Ich möchte die Sache nicht versauen. Ich meine, es kommt nicht in Frage, zu sagen, dass nur ich Songs schreiben darf. Man muss ausschließlich nach der Qualität der Songs entscheiden. Wäre es nicht furchtbar, wenn ich den anderen immer nur meine eigenen Kompositionen aufdrücken würde und darauf bestünde, dass es die besten sind?

Es ist eine Art Gruppenpolitik, wenn wir sagen: „Okay, es spielt keine Rolle, wer es geschrieben hat; wir denken, dass dieser Song der beste ist – oder, dieser Song ist am besten, weil wir uns alle darauf einigen können.“ Wenn ich einen Song unterstütze und dabei denken würde, dass es vielleicht kein Hit wird, dann würde ich mir auf lange Sicht doch selbst schaden. Bei „Radio Ga Ga“ (1985) zum Beispiel war ich der erste, der sagte, dass der Song, den Roger geschrieben hatte, ein guter Ansatzpunkt für die Single wäre. Er war kommerziell, sehr stark, sehr eigen und sehr zeitgemäß.

Nebenbei bemerkt bin ich auch nicht der Bandleader. Alle bezeichnen mich als Bandleader von Queen, aber ich bin nur der Leadsänger. Ich bin nicht der General oder so etwas. Wir sind vier gleichberechtigte Leute. Wir wollten alle immer Pop-Stars werden, aber die Gruppe geht vor. Ohne die anderen wäre ich nichts.

Moderne Menschen in meiner Position bezeichnen sich heut zu Tage gerne als Fokus der Gruppe, was in Ordnung ist, wenn man Rod Stewart heißt und eine Begleitband hat. Das hier ist aber keinesfalls Freddie Mercury und seine Begleitband. Wenn man es analysiert, dann sind es wir vier, die das Ding zum Laufen bringen. Jeder hat daran einen Anteil von fünfundzwanzig Prozent, und ich bin derjenige, der vorne steht, das ist alles. Queen ist eine Vierer-Geschichte, und das ist sehr schwierig, muss ich sagen. Es ist nicht gerade leicht, jedesmal eine Entscheidung zu treffen, die von allen getragen wird, und manchmal muss man sich nach der Allgemeinheit richten. Wir sind oft unterschiedlicher Meinung. Manchmal kommt es zu einer Pattsituation, und was machen wir dann? Wir müssen das Ganze für eine Weile beiseite legen und es dann später noch einmal aufarbeiten.

Wir haben uns schon immer gestritten. Wir gerieten praktisch am ersten Tag aneinander. Jeder von uns Vieren hat eine sehr starke Persönlichkeit, also kommt es immer wieder zu Konflikten. Wie bei vier Kampfhähnen. Wir sind die zickigste Band der Welt! Wir gehen uns oft gegenseitig an die Gurgel. Wenn wir keine Meinungsverschiedenheiten hätten, wären wir aber nur Ja-Sager. Am Ende kommen wir immer zu einem besseren Ergebnis. Die ganze Eitelkeit, Unverschämtheit und Launenhaftigkeit wird gemeinhin mit mir in Zusammenhang gebracht. Ich bin sehr gefühlsbetont und rege mich bestimmt schnell auf, doch Sie wären überrascht, was Sie auch von den anderen in der Band alles zu hören bekämen. Wir haben jeder unseren ganz eigenen Charakter, aber das ist es wahrscheinlich, was uns zusammenhält.

Wir haben uns inzwischen so aneinander gewöhnt, dass wir uns nur noch vom Instinkt leiten lassen. Grundsätzlich sind wir vier Leute, die zusammenarbeiten. Es gibt keine engeren Verbindungen zwischen uns, und wir treffen uns auch privat nicht besonders oft. Wir sind nun schon so lange zusammen, dass wir uns beruflich praktisch ohnehin jeden Tag sehen. Ich glaube aber, in unserem Privatleben gehen wir uns lieber aus dem Weg, weil wir uns sonst zu oft sehen und uns zu langweilen beginnen. Wenn wir zu irgendwelchen Empfängen geladen werden, wo wir hingehen müssen, dann tun wir das. In dieser Hinsicht sind wir höchst professionell. Ansonsten ist es aber schön, wenn man in sein eigenes Leben zurückkehren kann. Die anderen haben ihre Familien, was natürlich ihre Zeit in Anspruch nimmt, und auch ich habe ganz gern ein Privatleben ohne sie, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Ich kann nicht die ganze Zeit ein Leben als ein Viertel von Queen führen. Durch unsere Arbeit sehen wir uns ständig, und es würde wohl jeden wahnsinnig machen, wenn er die ganze Zeit immer dieselben Leute um sich hat. Wenn die Arbeit getan ist, gehe ich daher meines Weges, und die anderen auch. Es kann vorkommen, dass ich monatelang nicht mit ihnen spreche; dann gehen wir auf Tournee, und alles ist wie immer. Es ist die Musik, die uns zusammenbringt, und wir haben mittlerweile auch gelernt, uns gegenseitig auf eine instinktive Art und Weise zu akzeptieren. Wir wissen, dass wir uns gegenseitig auf die Nerven fallen, wenn wir die ganze Zeit zusammen sind. Es gab einmal eine Zeit, in der es zu großen Spannungen kam, aber das haben wir irgendwie ausgebügelt. Ja, wir streiten viel und kämpfen viel, aber was am Ende wirklich wichtig ist, ist, dass wir ein Produkt vorzuweisen haben, und zwar ein gutes. Wir benutzen unsere Intelligenz. Es ist sehr einfach, egoistisch zu werden und zu sagen: „Jawohl, ich bin der Größte!“ Das Ego kann auf einmal verrückt spielen, und alle möglichen Dinge können passieren, aber man muss einen Fuß auf dem Boden behalten. Das nennt man wohl professionell zu sein.

Was uns immer weiter antreibt, ist, dass wir uns musikalisch gegenseitig respektieren. Wir sind vier verschiedene Charaktere, aber das macht nichts. Wenn wir musikalisch uneins sind, dann kann es schon mal zu heftigen Auseinandersetzungen kommen. Wenn man es aber nicht mehr ertragen kann, mit den anderen im selben Raum zu sein, dann muss man einen Schlussstrich ziehen und das Ganze vergessen. Das ist dann nur noch eine Qual. Wenn ein Album fertig ist, denken wir hingegen: „Na gut, ich hatte meine Ansichten, er hatte seine, aber am Ende haben wir uns um der Musik willen doch wieder geeinigt.“

Wenn man zu viert in einer Band ist wie wir, dann wollen alle in verschiedene Richtungen gehen, und das ist sehr schwierig. Eine Band zerbricht normalerweise daran, dass ein einzelnes Ego zu weit voraus schießt und dann einfach nicht mehr zurückfindet. Wenn es nur eine starke Persönlichkeit in der Band gibt, fühlen sich die anderen an den Rand gedrängt und denken: „Dieses Arschloch ist einfach zu dominant, wir versuchen es besser mit einer anderen Band.“ Wir schaffen es, unsere Egos auf die eine oder andere Weise unter Kontrolle zu halten.

Das bedeutet nicht, dass wir alle derart langweilig sind, dass wir uns auf alles einigen können, aber wir lassen es nie so weit kommen, dass wir tatsächlich sagen: „Okay, vergessen wir’s!“ Es hat Zeiten gegeben, wo ich dachte, ich schmeiße alles hin, aber es scheint so, dass wir in musikalischer Hinsicht einfach noch so viel vorhatten. Der Grund, warum wir so lange zusammen geblieben sind, ist der, dass niemand gehen will. Wenn man geht, ist man irgendwie ein Feigling. Es ist ein Überlebensinstinkt, den ich in mir habe, und den auch die gesamte Gruppe hat.

Brian wurde einmal (1975) von den Sparks gefragt, ob er sich ihnen nicht als Gitarrist anschließen wolle. Wir behandeln derlei Dinge jedoch sehr weltmännisch, als etwas ganz normales. Wir sind so beschäftigt mit dem, was wir tun, dass wir keinen weiteren Gedanken darauf verschwenden. Wir alle hatten Angebote von anderen Bands, aber während Roger und ich ihnen zum Beispiel eher sagen, sie sollen sich verpissen, nimmt sich Brian Zeit und ist recht freundlich zu den Leuten, so dass sie manchmal einen falschen Eindruck gewinnen. Brian ist wirklich rundum ein Gentleman, was auf mich nicht gerade zutrifft – ich bin eine alte Beißzange. Er hat nicht einen Moment lang daran gedacht, uns zu verlassen.

Der einzige Grund für Brian, Queen zu verlassen, wäre, um Astronom zu werden, und nicht, um bei einer anderen Band wie den Sparks einzusteigen. Mein Gott! Vor allem nicht damals, als es gerade anfing, Spaß zu machen. Wir hatten einen enormen Höhenflug, und viele Türen taten sich uns auf. Endlich zeigte sich, dass unsere Mühen von Erfolg gekrönt wurden – in dem Sinne, dass wir nun als Musiker respektiert wurden und unsere Songs die richtige Sorte Leute erreichten.

Ich vermute, dass die Art, wie wir unsere Karriere vorangetrieben haben, steril und berechnend erscheint, aber unsere Egos konnten sich nur mit dem Besten zufrieden geben. Ich habe uns immer als Spitzenband gesehen. Ich weiß, das klingt reichlich prahlerisch, aber so ist es nun einmal. Als wir die Möglichkeit hatten, mit Mott the Hoople zu spielen, war das toll, aber ich kann mich noch ganz genau erinnern, dass ich in dem Moment, als wir diese Tour beendet hatten, dachte, dass wir bald selbst die Headliner wären – zumindest, was Großbritannien anging.

Wir scheuen uns nicht davor, neue Ideen auszuprobieren. Etwas, das wir wirklich unbedingt vermeiden wollen, ist, ständig dasselbe Schema zu wiederholen. Grundsätzlich sind wir eine Rock-Gruppe, und das haben wir mit dem ersten Album auch deutlich gemacht. Das zweite war ein bisschen anders, und diejenigen, die das dritte hörten, dachten nicht einmal mehr, dass wir es wären. Man kann also sehen, dass sich unser Stil schon immer verändert hat. Wir vertrauen zwar auf die alte Weisheit, dass man sich am besten auf Bewährtes verlässt, also ist der neue Stil immer noch der alte, aber wir fügen neue Elemente hinzu, wie sie uns gerade einfallen. Das ist einfach eine bestimmte Herangehensweise. Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche – sogar bis hin zur Gestaltung der Plattenhülle. Mein Gott, was war das für ein Zinnober, bis wir endlich die Bilder für Sheer Heart Attack im Kasten hatten!!! Meine Lieben, man muss sich einmal vorstellen, wie schwer es ist, die anderen davon zu überzeugen, sich mit Vaseline einzuschmieren und dann mit einem Wasserschlauch abspritzen zu lassen. Das Endergebnis zeigt vier Bandmitglieder, die ganz und gar nicht majestätisch aussehen, braungebrannt und gesund und nass, als hätten sie eine Woche lang geschwitzt. Der Punkt ist, dass jeder ein Queen III-Cover erwartete, aber das war völlig neu. Nicht, dass wir uns komplett verändert hätten – es war nur eine Phase, die wir damals durchmachten.

Es gibt so viele Richtungen, in die unsere Musik noch gehen kann. Ich glaube auch, dass wir immer nur die Sachen gemacht haben, die wir machen wollten. Wir haben uns nie dem Publikumsgeschmack angebiedert oder so etwas. Wir haben versucht, immer am Puls der Zeit zu bleiben und den anderen einen Schritt voraus zu sein. Ich glaube, am Ende ist es die Qualität der Musik, die für sich selbst spricht, und ich denke, wir schreiben gute Songs und spielen sie auch gut. Wir haben eine ganze Menge Risiken auf uns genommen, aber ich glaube, die meisten haben sich bezahlt gemacht. Dennoch sind wir immer noch so schrill wie eh und je, wir sind immer noch die Dandys, als die wir angefangen haben. Wir zeigen den Leuten einfach, dass wir nicht bloß ein Haufen Schwuler sind, sondern, dass wir zu ganz anderen Dingen in der Lage sind.

Jedes Mal, wenn man ein Album macht, gibt das einen neuen Energieschub – und wir machen ganz verschiedene Alben. Wenn wir uns an die Arbeit machen, ist das jedes Mal ein neues Projekt. Es ist ganz frisch und wirkt wie eine Verjüngungskur. Wenn wir immer mit dem selben alten Krempel daherkämen und denken würden, dass man uns das ohnehin abkauft oder so, dann wären wir auf der sicheren Seite. Das macht uns aber keinen Spaß.

Man muss sich nur einmal überlegen, welches Risiko wir mit dem Album Hot Space (1982) eingegangen sind. Das war gut. Wir haben neue Terrains erschlossen und neue Ausdrucksmöglichkeiten gefunden und unsere Energien dadurch in gewisser Weise anders kanalisiert. Obwohl es in vielerlei Hinsicht ganz frisch war, waren wir aber immer noch dieselben vier Leute. Ich war richtig aufgeregt. Würde es das Album in die Black Charts schaffen? Würde es der Disco-Gemeinde gefallen? Wir wussten es nicht.

Ich kann mich noch erinnern, dass, als Another One Bites The Dust herauskam (1980) und auf Platz eins gelangte, viele Leute die Platte kauften und dachten, wir wären eine schwarze Gruppe. Sie kamen zu unseren Konzerten und stellten fest, dass wir alle weiß waren.

Hot Space war eines der größten Risiken, die wir jemals eingegangen sind, aber die Leute können auch mit Dingen etwas anfangen, die außerhalb der Norm liegen. Für mich wäre es grauenhaft, wenn jedes neue Album immer nur der Norm entspräche. Das soll nicht heißen, dass wir immer richtig lagen, das stimmt natürlich nicht. Diese ganze Dance-Funk-Geschichte war mehr oder weniger meine Idee, und offensichtlich ist sie nicht so besonders gut gelaufen. Ich glaube, es war seiner Zeit weit voraus, aber wir haben einfach das getan, wozu wir damals Lust hatten, und damals dachten wir, dass es das Richtige sei.

Wenn wir ein Album machen, ist das zum Teil eine traumatische Erfahrung. Wir sind sehr penibel. Es sind buchstäblich -zig Songs, die jedes Mal wieder verworfen werden, dabei sind manche davon recht gut. Wenn den Leuten die Songs, die wir zu einem bestimmten Zeitpunkt machen, nicht gefallen, kümmert uns das einen Scheißdreck. Wir geben uns bei dem, was wir tun, deshalb so große Mühe, weil wir emotional sehr viel in unsere Veröffentlichungen legen. Wenn wir ein fantastisches Album machen, dann stellen wir sicher, dass es auch ordentlich verpackt wird. Wir sind wahrscheinlich die pingeligste Band der Welt.

Jedes Mal, wenn wir ins Studio gehen, wird alles viel schwieriger, weil wir versuchen, einen Schritt nach vorn zu machen, Songs zu schreiben, die sich von den bisherigen unterscheiden. Das erste Album ist einfach, weil man viel im Kopf hat, das man unbedingt festhalten möchte. Bei jedem weiteren Album denkt man dann: „Hier werden sie wieder sagen, dass ich ein Muster wiederhole.“ Ich achte sehr darauf.

Es gibt soviel, was wir machen wollen, dass wir nicht alles auf einmal machen können. Es ist schlicht unmöglich. Auf A Night At The Opera sind ein paar Sachen gelandet, die wir eigentlich schon auf unserem ersten Album machen wollten, aber es wäre für die meisten Leute zuviel auf einmal gewesen. Man kann nicht alles auf ein einziges Album packen. Man muss sich Zeit lassen.

Ich genieße die Arbeit im Studio, obwohl es der anstrengendste Teil meines Berufes ist. Es ist körperlich und geistig sehr erschöpfend. Es laugt einen total aus. Manchmal frage ich mich, warum ich das mache. Nach Sheer Heart Attack waren wir völlig mit den Nerven fertig und sagten: „Nie wieder.“ Und dann das!

Nach diesem Album stellten wir fest, dass wir uns einen Platz erkämpft hatten. Wir spürten, dass es nun keine Barrieren und keine Einschränkungen mehr gab. Gesanglich können wir jede beliebige Band ausstechen, also dachten wir, wir sollten unserer Kreativität uneingeschränkt freien Lauf lassen und nur noch genau das tun, was wir wollen. Zugegeben, wir haben es auf unseren Alben immer ein bisschen übertrieben, aber so ist Queen nun einmal. Auf A Night At The Opera (1975) finden sich alle möglichen Klänge, von der Tuba bis zum Kamm. Nichts war unmöglich. Sobald wir die Platte gemacht hatten, wussten wir, dass es für unsere Arbeit jetzt keinerlei Beschränkungen mehr gab.

Ich werde A Night At The Opera nie vergessen. Niemals. Von den ersten vier Alben hat es am meisten Zeit in Anspruch genommen. Wir waren noch gar nicht richtig bereit dafür. Es war sehr wichtig, dass das Album so wurde, wie wir es wollten, insbesondere, nachdem wir so viel Zeit darauf verwendet hatten.

Es war das wichtigste Album für uns, und es hatte die stärksten Songs, die wir je geschrieben hatten. Ich wusste, dass es unser bestes Album werden würde. Diese Opern-Geschichten gefielen mir ganz besonders gut. Ich wollte mich beim Gesang total ausleben. Am Ende machten wir ein Album, das, wenn man ehrlich ist, für die meisten Leute einfach zuviel war. Aber es war das, was wir damals machen wollten. Wir wollten mit dem Sound experimentieren, und manchmal benutzten wir drei Studios gleichzeitig. Für die eigentlichen Aufnahmen zum Album brauchten wir vier Monate. Brians „The Prophet’s Song“ allein brauchte zweieinhalb bis drei Wochen. Es gab einfach so viele Stücke, die wir aufnehmen wollten. Und wenn man daneben auch noch ein paar kurze Nummern hat, wird das ganze gleich viel abwechslungsreicher. Wir hatten alle Freiheiten, die wir wollten, und das Material war so reichhaltig, dass wir es vollkommen übertreiben konnten. Ich hatte nur ungefähr zwei Wochen, um meine Songs zu schreiben, also arbeiteten wir verdammt hart.

Der Titel A Night At The Opera kam ganz am Ende der Aufnahmen. Wir dachten: „So, jetzt haben wir all diese Songs fertig, aber wie sollen wir das Album nennen?“ Uns fielen alle möglichen Titel ein, bis ich schließlich sagte: „Seht mal, es besitzt so einen gewissen opernhaften Charakter, also lasst es uns mal von dieser Seite betrachten.“ Dann hatten Roger und ich die Idee zu dem Titel, und er passte auf Anhieb.

Bei der Arbeit an A Night At The Opera lernten wir eine Menge über die Studiotechnik. Der arme Toningenieur hatte ein schweres Los, denn wir wollten die größtmögliche Lautstärke. Das ist uns wirklich unheimlich wichtig. Wir drehten die Regler immer weiter auf, und er blickte auf die Anzeige und sagte: „Oje, das wird nicht auf die Platte gehen!“ Dann gaben wir ihm die Extraaufgabe, nach New York zu fliegen oder sonstwohin, und sagten: „Sieh zu, dass es so laut wie irgend möglich rüberkommt.“ Das ist eine schwierige Gratwanderung, weil wir immer noch mehr Musik draufpacken wollen, man aber gleichzeitig darauf achten muss, dass es nicht zuviel wird, weil sonst die Qualität leidet. Unser Toningenieur jedoch, Mike Stone, war ziemlich gut. Der kleine Scheißer … ein richtig netter kleiner Kerl ist das!

Die andere Sache, die uns sehr half, war eine erfolgreiche Welttournee, was wir zuvor noch nie gemacht hatten. Dabei lernten wir eine Menge. Wir lernten, wie man sich auf der Bühne benimmt und trotzdem die Musik in den Griff bekommt. Wir starteten in Großbritannien (1974), und zu dem Zeitpunkt, als wir mit derselben Bühnenshow nach Amerika gingen und dann nach Japan (1975), waren wir eine ganz andere Band. Die gesamten Erfahrungen flossen ineinander, und als wir dann schließlich Opera machten, gab es bestimmte Sachen, die wir zwar schon früher gemacht hatten, die wir nun aber viel besser draufhatten. Unsere spielerischen Fähigkeiten waren viel besser.

Unter Druck arbeiten wir normalerweise recht gut. Wir arbeiten, bis uns die Arme abfallen. Ich singe, bis mein Hals wie ein Geier zwischen den Beinen klingt. Wir sind pingelig und penibel und haben sehr hohe Ansprüche. Wenn ein Song nicht richtig gemacht werden kann, dann machen wir ihn lieber gar nicht. Wir sind die pingeligste Band der Welt und stecken in jedes Album ungeheuer viel Liebe. Das ist es, was uns antreibt. Wenn wir einmal ein Album machen sollten, von dem die Leute sagen: „Das klingt wieder genau wie Sheer Heart Attack“, dann gebe ich auf. Das würde ich tatsächlich tun. Sie nicht auch?

Es wird immer wieder jemand neues auf der Bildfläche erscheinen, ein neues Gesicht, das einem seinen Erfolg streitig machen will, und diese Herausforderung ist gut. Ich glaube, dass jede große, erfolgreiche Band das braucht. Es ist, als bekämen wir die ganze Zeit neuen Antrieb. Es ist eine belebende Konkurrenz, und ich mag das. Ich meine, als wir anfingen, wollten auch wir diejenigen, die wir damals für die Größten im Geschäft hielten, einfach an die Wand spielen und sagen, dass wir es besser konnten. Es wird immer wieder neue Bands geben, mit denen man rechnen muss, und das ist uns bewusst. Ich denke gerne, dass ich Kampfgeist besitze. Wenn sie gut sind, werden sie es trotzdem schaffen. Es ist genug Platz für alle da. Ist es nicht schön, dass die neueren Bands denken, dass sie mit einem im Wettbewerb stehen? Wenn man nichts darstellen würde, würden sie sagen: „Ach, vergiss die doch!“

Die ganze Sache mit dem Punk (1977) war eine schwere Zeit für uns, und ich dachte, das wär’s jetzt. Aber wenn es eine Herausforderung gibt, nehmen wir sie an, und das ist es, was uns immer weitermachen lässt.

Ich werde das tatsächlich nie vergessen, wir waren im Studio und nahmen gerade Sheer Heart Attack auf, und die Sex Pistols waren zufällig im Studio nebenan. Man kann sich vorstellen, wie das war, wir mit dieser ganzen Punk-Rock- und Anti-Bürgerlichkeit-Attitüde unter ein und demselben Dach. Egal, jedenfalls holte ich Johnny Rotten und Sid Vicious rein und ließ sie einen unserer Titel anhören und sagte, dass ich auf einem ihrer Songs singen würde, wenn sie auf einem von meinen singen würden. Da hätten Sie ihre Gesichter sehen sollen. Sie sahen aus, als wollten sie sagen: „Wir können doch nicht mit Freddie Mercury zusammen singen!“ Ich trug damals die ganze Zeit Ballettschuhe und solche Sachen. Es war ziemlich lustig. Ich glaube, ich nannte Sid Vicious Simon Ferocious (deutsch: grimmig) oder so, und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Ich sagte, „Was willst du dagegen tun?“ Er war mit Narben übersät, also fragte ich ihn, ob er sich vor dem Spiegel zerkratzt habe, und es ärgerte ihn, dass ich so mit ihm redete.

Wir wollen nicht unverschämt sein. Es ist einfach in uns. Wir sind der Cecil B. De Mille des Rock ’n’ Roll – wir wollen alles immer noch größer und besser machen! Aber man braucht trotzdem noch ein wenig Talent dazu. Manchmal denke ich: „Oh Gott, sie müssen denken, dass ich sehr hart daran arbeite, all das zu kultivieren“, aber das muss ich nicht. Ich könnte es nicht ertragen, mich andauernd zu verstellen. Queen sind keine Schwindler. Wir haben gesagt: „Das ist Queen! Das ist unsere Musik, und so präsentieren wir uns.“ Das Lustige mit Queen ist, dass niemand die Band zu fassen bekommt, und wir werden ihnen das ganz gewiss nicht abnehmen. Wir sagen: „Das sind wir, nun liegt es an euch, das Ganze zu interpretieren.“

Das theatralische Gehabe und die Extravaganz spielen hier ebenfalls mit hinein. Wir verkleiden uns gern. Wenn man etwas künstlich entwickelt, dann ist es nur für eine kurze Zeit gedacht, wir aber wollen es möglichst lange machen. Wenn es morgen plötzlich der letzte Schrei ist, ins Ballett zu gehen, oder der Jazz sich einer neuen Welle der Popularität erfreut, werden wir uns nicht ändern. Wir würden genauso weitermachen, weil es das ist, woran wir wirklich glauben.

Als „Seven Seas Of Rhye“ ein Hit wurde (1974), sagten alle, dass es uns einen Markt eröffnet habe und wir an der Sache dranbleiben sollten. Das wollten wir nicht. Unsere Stärke liegt in der Musik. Das Erstaunliche ist, dass wir nun schon so lange dabei sind, dass wir wissen, wie man sich verändert, und dazu braucht man ein gewisses Maß an Intelligenz. Ich weiß, dass wir gute Musiker sind. Ich weiß, dass wir das Talent haben, in diesem Geschäft zu bleiben, so lange wir wollen. Und wir gehen dabei mit größerer Umsicht vor als die meisten Bands, die es gerne mit uns aufnehmen würden.

Wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Heute gehen wir nicht einfach ins Studio und machen Platten, sondern planen auch alles andere bis ins Detail und sorgen dafür, dass es so ausgeführt wird, wie wir uns das vorstellen. Das fängt bei der Gestaltung der Plattenhülle und der Innentasche an und geht bis zum Umgang mit den Plattenfirmen und dem Management. Es ist, als leitete man ein gigantisches Projekt. Wir kämpfen immer noch mit harten Bandagen. Brian und ich zanken uns immer noch jedes Mal wie kleine Kinder, wenn wir im selben Zimmer sind, obwohl ich ihn bisher nie geschlagen habe!

Es ist schwierig, solche Dinge genau zu definieren, aber es gibt da sicherlich etwas Besonderes zwischen uns. Wir alle haben eine Rolle, die wir spielen. Queen ist wie ein Wagen mit vier Pferden, und bisweilen übernimmt jeder von uns abwechselnd einmal die Zügel. Wir sind vier verschiedene Charaktere, und deshalb, glaube ich, hat es so gut funktioniert. Keiner von uns ist wie der andere. Wir mögen alle völlig unterschiedliche Dinge, aber wir kommen zusammen, und das ergibt eine Mischung, die funktioniert. Ich könnte aber nicht sagen, was es genau ist. Wer kann das schon? Es ist einfach etwas, das zu passen scheint. Etwas, woraus gute Bands gemacht sind. Und wir sind gut!

Sehen wir den Tatsachen ins Auge, meine Lieben: Wir sind die absurdeste Band, die es je gegeben hat.

Ein Leben in eigenen Worten

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