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4. Die Regulatoren – Zank und Kampf

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Das Lynchgesetz, das heißt die Ausübung der Gerechtigkeit von nicht dazu befugten Personen, das Bestrafen von Verbrechern durch die einzelnen Bürger des Staates selbst, hatte in Arkansas wieder einmal seit kurzem recht überhand genommen. Um das zu verhindern, waren die Gesetze verschärft, ja sogar schwere Strafen auf die Bildung von eigenmächtigen Geschworenengerichten gesetzt worden. Wenig half das aber in einem Staate, wo noch kaum ein Weg die Wildnis durchschnitt und der Arm der Gerechtigkeit nicht über die nächsten Ansiedlungen hinausreichte. Arkansas war dabei in jener Zeit der Sammelplatz aller der Raubbanden geworden, die sonst in Missouri, Illinois, Kentucky, Tennessee und Mississippi ihr Unwesen getrieben hatten, und mit Recht traten die Ansiedler zusammen und zogen gemeinschaftlich gegen den Feind zu Felde, der ihnen den Frieden ihrer Wohnungen zu zerstören drohte. Wie aber jede Sache ihre Licht- und Schattenseiten hat, so auch hier. Wo einesteils mancher Schurke plötzlich und unerwartet vor Gericht gezogen und seiner gerechten Strafe überantwortet wurde, ohne daß man Friedensrichter oder Sheriff deshalb bemühte, traf es sich auch manchmal, daß persönlicher Haß und Rachgier die Erbitterung der Menge gegen einzelne Unschuldige lenkte, um diese die Macht fühlen zu lassen, die für den Augenblick in die Hände ihrer Feinde gegeben war. So rissen in White County die Regulatoren eines Tages einen ehrbaren, fleißigen Farmer aus der Mitte seines Familienkreises, banden ihn vor den Augen seiner Frau, die noch glücklicherweise durch eine Ohnmacht dem Schrecklichsten entzogen wurde, unter dem Jammern und Wehklagen seiner Kinder an einen Baum und peitschten den Unglücklichen auf eine entsetzliche Art, um ihm das Geständnis eines Verbrechens zu erpressen, das er nicht begangen hatte. Zwar bewies er später seine Unschuld und erschoß den Rädelsführer jener Bande, seine Frau hatten der Schreck und die Angst aber so angegriffen, daß sie in ein hitziges Fieber verfiel und wenige Monate danach starb. Man sagte auch, daß Heathcott damals mit unter jenen Regulatoren gewesen sei und er deshalb White County habe verlassen müssen. Auf jeden Fall war er ein wilder, roher Bursche, mit dem niemand gern etwas zu tun hatte – ein echter Kentuckier voller Prahlerei und Rauflust, wenn auch sonst ehrlich und brav.

Die übrigen Männer waren größtenteils Farmer aus der Nachbarschaft und alle in ihre Jagdhemden gekleidet, mit Büchsen, Bowiemessern und Pistolen bewaffnet. Heathcott war besonders mit Gewehren und Dolchen ausgerüstet und rechtfertigte den Ausruf Roberts’, der zu Brown sagte, er sehe aus wie ein Kaperschiff, das seine Waffen an Deck geschafft habe und entern wolle.

»Hallo, Gentlemen«, rief der alte Mann jetzt, »wohin soll die Reise gehen? Kommen die Indianer, daß Sie sich auf eine so entsetzliche Art mit Messern und Schießgewehren versehen haben?«

»Indianer? Nein!« rief Heathcott, »aber etwas viel Schlimmeres: Die Pferdediebe sind wieder los; oben am Arkansas haben sie dem Richter Rowlove vier Stück gestohlen, und die Fährten führten südöstlich. Der verdammte Regen vorgestern nacht hat sie aber verwaschen, und wir konnten nicht mehr erkennen, ob sie nach den heißen Quellen zu oder weiter östlich gingen. Vergebens haben wir gestern den Wald nach allen Richtungen durchsucht, es ließ sich weiter nichts mehr tun, als daß wir Hostler den Fluß hinunter und Bowitt nach Hot Spring County hinüber schickten. Wir anderen wollten jetzt hinunter zu Wilkins, um weitere Schritte für die Zukunft zu bereden. Geht einer von euch mit?«

»Danke schön!« sagte Roberts, »macht das untereinander aus, ihr jungen Burschen. Meine alten Knochen sind das Waldlaufen nicht mehr gewohnt.«

»Ihr habt aber ebenfalls viele Pferde. Wer weiß, wann euch die Schufte einmal einen Besuch abstatten; nachher werdet Ihr schon kommen«, entgegnete Heathcott.

»Wollen’s abwarten, ich muß ihnen aber doch an keiner recht bequemen Stelle hier liegen, sonst wäre mir schon etwas weggekommen. Mich verschonen sie wirklich merkwürdig.«

»Sollte beinahe verdächtig aussehen«, meinte der Kentuckier grinsend.

»Nein, nein«, sagte gutmütig lachend der alte Mann, »das gerade nicht. Aber wollt ihr denn nicht ins Haus gehen, Gentlemen, und einen Bissen essen? Guten Morgen, Heinze, guten Morgen, Mullins, hallo, Peter, das ist wohl ein neues Pferd, das Ihr da reitet? Das hab’ ich noch nicht gesehen – hübsches Tier.«

»Wir nehmen Euer Anerbieten an«, sagte Heathcott, vom Pferd steigend, während die übrigen seinem Beispiel folgten. »Wilkins hat überdies nie etwas zu essen, und da ist’s doch besser, wir versehen uns hier bei Euch. Aber nur keine Umstände – die Pferde mögen inzwischen ein bißchen ruhen.«

Brown hatte indessen einige der Männer, mit denen er in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes bekannt geworden war, begrüßt und schritt mit ihnen dem Hause zu, wo das kleine Negermädchen emsig bemüht war, für die unerwarteten Gäste Maisbrot zu backen und Schweinefleisch zu braten.

»Und Ihr, Mr. Brown?« fragte Heathcott jetzt, sich an den jungen Mann wendend, »habt Ihr keine Lust, der guten Sache Euren Arm und Euer Auge zu leihen? Es können unserer gar nicht zuviel sein, da wir, mit dem Gesetz gegen uns, dem Staat beweisen müssen, wie sehr es uns ernst um die Sache ist.«

»Ich muß bitten, mich zu entschuldigen«, erwiderte Brown; »erstlich bin ich nur ein sehr flüchtiger Besuch in dieser Gegend, mit dem Wald und der ganzen Lage des Landes noch nicht einmal recht bekannt, und dann will ich Euch auch aufrichtig gestehen, habe ich keine Freude an dem Richtwesen der Regulatoren, das nur zu oft zum Unwesen wird.«

»Sir!« sagte der Kentuckier etwas gereizt, »Ihr werdet uns doch wohl zugestehen, daß wir hier am besten wissen, wo uns der Schuh drückt?«

»Natürlich – natürlich«, erwiderte Brown freundlich. »Ich maße mir auch weiter kein Urteil darüber an, behalte mir aber dafür auch meine eigene Handlungsweise vor.«

»Mit Euch Herren, wie Ihr nur immer von einem Staat zum andern huscht, weiß man nie, woran man ist«, sagte Heathcott, einen keineswegs freundlichen Blick nach dem jungen Mann hinüberwerfend. »Einmal seid Ihr in Missouri, einmal in Texas und habt überall Bekannte und Freunde. Ihr tretet vielleicht aus Rücksicht gegen Eure Freunde den Regulatoren nicht bei?«

»Mr. Heathcott«, erwiderte Brown sehr ernst, aber auch sehr höflich, »ich will diese Anspielung von Eurer Seite nicht verstehen, denn ich kann mich dadurch nicht getroffen fühlen. Was mein Betragen, meine Reisen aus einem Staat in den anderen betrifft, so bin ich darüber keinem Menschen Rechenschaft schuldig.«

Die anderen Farmer mischten sich aber jetzt in das Gespräch und duldeten nicht, daß Heathcott noch etwas sagte, das die Gefühle des jungen Mannes verletzen konnte. Sie hatten ihn alle liebgewonnen, fürchteten dagegen ihren Führer mehr, als sie ihn achteten.

»Herein, Gentlemen, herein hier!« rief ihnen Roberts aus der offenen Haustür zu. »Ihr müßt fürlieb nehmen, ich habe euch schnell etwas herrichten lassen, damit ihr nicht bis zum Mittagessen zu warten braucht. Also setzt euch.«

Die Leute ließen sich das nicht zweimal sagen, und nachdem sie die Frauen im Hause begrüßt, setzten sie sich ohne weitere Umstände, ja ohne alle die vielen Gewehre, mit denen sie umsteckt waren, abzulegen, an den reichlich gedeckten Tisch. Eben wollten sie auch zulangen, als Rowson, der neben Mrs. Roberts am Feuer gestanden hatte, an die Tafel trat, die Hände faltete und ein Tischgebet zu sprechen begann.

Die Farmer, die einesteils selbst Methodisten waren, andernteils die Sitte des Hauses ehrten, legten die schon ergriffenen Messer wieder nieder und sahen, andächtig auf die Teller hinunter; Heathcott hingegen blickte ärgerlich zu dem Prediger hinüber, der ihn übrigens gar nicht zu bemerken schien und ruhig in der Ausübung seiner Pflicht, wie er es nannte, fortfuhr.

Wären die Damen nicht gegenwärtig gewesen, so hätte sich der Zorn des rauhen Mannes wohl schon bei dieser Gelegenheit Luft gemacht, so aber unterdrückte er ihn und begann sein Mahl, während der Betende noch das Amen sprach. Daß solches Betragen Mrs. Roberts auf das tiefste verletzte, braucht wohl nicht erwähnt zu werden. Sie setzte sich höchst erbittert in ihren Schaukelstuhl und murmelte etwas von »rohen sündhaften Menschen«, was jedoch nur zu dem Ohr des Priesters gelangte, der wieder an ihre Seite getreten war und jetzt seufzend dazu mit dem Kopf nickte.

»Mrs. Roberts, Sie führen wohl nicht einen Schluck Whisky im Hause?« fragte Heathcott nach einer kleinen Pause, sich dabei mit dem Ärmel seines ledernen Jagdhemdes den Mund wischend. »Wir haben da drüben bei Bowitts so verdammt scharfes Zeug getrunken, daß es einem die Eingeweide fast verbrennt.«

»Ich halte keinen Whisky«, erwiderte Mrs. Roberts, durch diese Frage aufs neue erregt. »Mrs. Bowitt täte ebenfalls besser, solches Getränk nicht in ihrem Hause zu dulden.«

»Ja, das hab’ ich auch gesagt«, rief Heathcott lachend, der entweder die alte Dame nicht verstand oder nicht verstehen wollte, »es ist eine Schande. Bei dem Krämer am Petite-Jeanne könnte sie, für einen Dollar die Gallone, das beste Gebräu in der Welt bekommen – echten Monongahela-Whisky.«

»Mr. Heathcott sollte doch eigentlich sehen«, sagte Rowson milde, »daß ein Gespräch über Whisky den Ohren der Mrs. Roberts nicht gerade angenehm ist.«

»Mr. Rowson täte wohl, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern«, antwortete Heathcott scharf.

»Ich habe den Pferden etwas Korn geben lassen, Gentlemen!« rief jetzt der alte Roberts, der eben mit Harper und Brown aus dem Pferdestall zurückkehrte, zur Tür herein.

»Dank Euch! Dank Euch!« riefen Smith und Heinze, froh, eine Ausrede zu haben, vom Tisch aufzustehen und ein Gespräch zu unterbrechen, das nur unangenehm enden konnte.

Smith blieb noch einen Augenblick zurück, als die anderen Männer hinausgingen, und sagte freundlich zu Mrs. Roberts:

»Sie müssen Heathcott die rauhe Rede nicht so übelnehmen, Madame. Wir sind scharf geritten heute morgen, und wie wir zu Bowitts kamen, trank er wohl eigentlich ein wenig mehr, als sich gehörte.«

Die alte Dame erwiderte nichts und schaukelte nur heftiger, Rowson dagegen dankte dem Nachbar freundlich für seine gute Meinung und versicherte ihm, er hege nicht den geringsten Groll gegen Heathcott. »Er ist ein rascher, junger Mann«, fuhr er gutmütig lächelnd fort, »und meint auch wohl nicht alles so bös, als es bei ihm herauskommt.«

»Ich werde ihm sehr verbunden sein, wenn er mein Haus nicht wieder mit seiner Gegenwart beehrt«, platzte Mrs. Roberts endlich heraus. »Ich erziehe mein Kind gottesfürchtig und will weder, daß dieses in meinen eigenen vier Wänden ein böses Beispiel sieht, noch…«

»Aber, Mutter!« bat Marion.

»… noch, daß fromme Leute«, fuhr die alte Frau, ohne sich unterbrechen zu lassen, fort, »die das reine Gotteswort predigen, unter meinem Dache beleidigt werden – sagen Sie das dem Mr. Heathcott.« Und aufs neue begann sie heftig in dem Stuhl zu schaukeln.

Smith, ein ruhiger, friedliebender Mann und selbst Methodist, war zu sehr mit alledem, was Mrs. Roberts eben gesagt hatte, einverstanden, um etwas dagegen einzuwenden, und folgte schweigend den übrigen vor die Tür. Dort hatten sich die meisten teils auf Stühlen, teils auf Baumstämmen und Trögen niedergelassen und sprachen von dem, was ihnen allen am nächsten lag; von den immer mehr und mehr um sich greifenden Pferdediebstählen.

»Die Schufte müssen hier im County einen Hehler haben, sonst begreif’ ich nicht, wie es möglich ist, daß sie uns immer irreführen«, sagte Mullins.

»Ja, und wohin sie die gestohlenen Pferde schaffen, bleibt mir auch ein Rätsel«, rief Roberts, »ein Gaul ist doch kein Vogel, der über die Erde geht, ohne Spuren zu hinterlassen.«

»Nur Geduld!« beteuerte Heathcott, »nur Geduld, es hat jedes sein Ziel, und wir erwischen die Burschen einmal, wenn sie sich’s am wenigsten versehen. Aber dann will ich verdammt sein, wenn ich einem von den Hunden das Leben schenke. Lumpig ist’s, daß sie im vorigen Jahr die Todesstrafe auf Pferdediebstahl hier in Arkansas abgeschafft haben, das hieß dem Volke mit klaren Worten sagen: Jetzt helft euch selber – wir wollen’s nicht mehr.«

»Ich weiß nicht, hart bleibt’s immer, eines Pferdes wegen ein Menschenleben zu nehmen«, warf Brown ein.

»Hart? Zum Teufel auch!« rief Heathcott, sein großes Messer neben sich in die Rinde des Stammes stoßend, auf dem er saß, »wer mir ein Pferd stiehlt, stiehlt einen Teil meiner selbst. Ich habe jetzt drei verkauft und trage das Geld davon bei mir, es ist sozusagen mein ganzes Vermögen, mit dem ich mich anzubauen gedenke. Wer mir die Pferde gestohlen, hätte mir damit auch zugleich meinen ganzen künftigen Lebensplan zerstört und das ist schlimmer, als wenn er mich über den Haufen geschossen. Nein, Tod den Schuften! Laßt sie nur sehen, daß es uns ernst ist, und wir werden sie, das heißt die, die wir nicht gehängt haben, bald aus Arkansas lossein.«

»Euch scheint an einem Menschenleben wenig zu liegen«, warf Brown ein.

»Sehr wenig«, antwortete Heathcott, sein Spiel mit dem Messer wiederholend.

»Ihr taxiert dann das Eure auch nicht besonders hoch?« meinte Harper lachend, »sonst würdet Ihr’s nicht mit dem jedes Lumps in die Waagschale legen.«

»Hoch genug, um den neun Zoll langen Stahl den schmecken zu lassen, von dem ich glauben müßte, daß er mir gefährlich werden könnte«, rief Heathcott, sich wild im Kreise umsehend. »Dies ist ein freies Land, und jeder hat seine Ansichten, ich will aber verdammt sein, wenn ich die meinigen nicht oben behalte – soviel ist sicher. Aha, da ist auch der Mr. Rowson wieder«, fuhr er höhnisch fort, als er die ehrwürdige Gestalt dieses Mannes, mit dem Hut auf dem Kopf und dem Gebetbuch unter dem Arm, in der Tür bemerkte. »Auch einer von den Schleichern, die mit dem Schafsfell prahlen und den Fuchs nur zuweilen durchschauen lassen.«

Rowson wandte sich an den Negerknaben, der eben zum Haus kam, und bat ihn, sein Pferd zu holen. Heathcott aber, durch die Nichtachtung des Predigers, der sich stellte, als ob er die Worte gar nicht gehört hätte, erbost, sprang auf und rief drohend:

»Nun, Meister Höllentreter, ich dächte, ich wäre einer Antwort wert, wenn ich auch ein Sünder bin.«

Ehe aber Rowson nur ein Wort erwidern konnte, sprang Brown auf, faßte Heathcott an der Brust und schleuderte ihn mit so gewaltigem Griff zurück auf seinen Platz, daß er über den Stamm hinwegflog und sich im Fall blutig schlug. Alle anderen sprangen erschrocken empor, mit ihnen aber auch der Kentuckier. Das Messer ergreifend, das neben ihm heruntergefallen war, setzte er mit einem Sprung über den umgestürzten Baum hinweg und wollte sich eben auf seinen Angreifer werfen, als dieser ihm, ohne einen Zollbreit von seiner Stelle zu weichen, ein gespanntes Terzerol entgegenhielt. Heathcott, der keine Waffen bei ihm vermutet hatte, fuhr zurück und wollte seine Büchse ergreifen. Die übrigen Männer fielen ihm aber in den Arm und riefen einstimmig, daß sie keinen Mord hier dulden wollten.

»Zurück mit Euch«, schrie Heathcott, »zurück! Laßt mich an den Buben – das fordert Blut. Sein Herzblut muß ich haben – verdamm’ Euch.«

»Laßt ihn los«, sagte Brown jetzt, das Terzerol einsteckend und ein ebensolches Messer, wie es Heathcott führte, unter der Weste hervorziehend, »laßt ihn los, und wir können dann gleich sehen, wer der beste Mann ist.«

»Um Gottes willen, Mr. Harper, dulden Sie das Schreckliche nicht —« bat Marion, die mit totenbleichem Gesicht die Hand des alten Mannes ergriff, »der böse Heathcott bringt ihn um.«

»Seien Sie ruhig, liebes Kind«, beschwichtigte Harper die Flehende, »und gehen Sie vor allen Dingen ins Haus zurück. Dies ist jetzt kein Platz für ein junges Mädchen – hat die Kugel erst einmal das Rohr verlassen, so weiß niemand, wohin sie geht.«

»Er wird ihn töten«, klagte das Mädchen.

»Wen? Ihren Bräutigam? Nein. Er hat ja den Streit mit meinem Neffen.«

Marion barg schluchzend das Gesicht in ihrem Tuch und ließ sich willenlos von Rowson, der zu ihr getreten war, ins Haus geleiten.

»Zurück! Sag’ ich«, schrie Heathcott in höchster Erregung, »gebt mir meine Büchse, ich muß den Hund über den Haufen schießen.«

»Laßt ihn los«, wiederholte Brown in schnell auflodernder Kampflust. »Laßt ihn frei, er hat Messer genug an sich stecken, einen ehrlichen Kampf zu wagen – weg da, Männer von Arkansas!«

»Gut!« sagte Mullins, »Ihr mögt es ausfechten, aber die Büchse bekommt er nicht. Wir wollen keinen Mord dulden; ein Kampf ist etwas anderes.«

Heathcott sah sich im nächsten Augenblick frei, und die Männer bildeten einen Kreis um die beiden. Der eben noch so wilde Kentuckier schien jedoch durch den festen, furchtlosen Blick seines Gegners gewaltig abgekühlt, und wenn er auch krampfhaft das Messer mit der Hand umschloß und dem ihn unerschrocken Erwartenden wütende Blicke zuschleuderte, so blieb er doch wie festgebannt auf seiner Stelle stehen und griff nicht an. Eine peinliche Stille trat ein, die Männer umstanden die Feinde und wagten kaum zu atmen, während Marion von der Tür des Hauses ängstlich hinüberstarrte nach dem Kreis und in krampfhafter Aufregung, die Hände fest auf die Brust gefaltet, zitternd und bangend den Ausgang des Gräßlichen erwartete.

Heathcott befand sich in einer peinlichen Lage, er fürchtete augenscheinlich den Stahl des Feindes, aber mehr fast noch den Spott oder das höhnische Lächeln der Kameraden, das er glaubte erwarten zu müssen, wenn er den dargebotenen Kampf nicht annähme; da schlugen sich die Freunde ins Mittel, und zwischen die Männer tretend, trennten sie die Streitenden.

»Kommt Heathcott«, sagte Heinze, »Ihr habt beide unrecht, und es ist eine Sünde und Schande, daß sich zwei ordentliche Kerle zerfleischen wollen, wo es noch Lumpengesindel genug im Walde gibt, an dem sie ihre Wut auslassen könnten. Kommt, es wird Zeit, daß wir aufbrechen, und es ist auch nicht recht, den Sonntag der Leute hier zu stören, die uns freundlich aufgenommen haben.«

»Das ist alles, was mich bis jetzt abgehalten hat, jenen Gelbschnabel zu züchtigen«, knirschte Heathcott, »aber warte, Bursche, ich finde dich, und Gnade dir Gott, wenn du mir einmal vors Rohr kommst.«

»Heathcott – Heathcott«, warnte Mullins, »das sind böse, gefährliche Reden, sehr gefährliche Worte.«

»Laßt ihn«, lachte Brown verächtlich, das Messer in die Scheide zurückstoßend, »laßt ihn prahlen; es ist der einzige Genuß, den er vom Leben hat.«

»Komm, Bill«, sagte Harper, den Widerstrebenden ins Haus ziehend, »komm, Bill, laß die Burschen erst fort, du hast deiner Ehre genügt, und es freut mich, daß sich meiner Schwester Sohn so brav benommen hat. Das tut’s aber nun auch, denk an die Frauen, Marion ist vorhin schon ohnmächtig geworden.«

»Marion ohnmächtig?« fragte Brown schnell, indem er dem Hause zu lief. »Ja so«, sagte er aber dann und blieb wieder stehen, »ihr Bräutigam ist ja bei ihr, daran dacht’ ich nicht. Sie wird sich wohl wieder erholen.«

Die Regulatoren hatten indessen den Platz verlassen, und auch Rowson schickte sich an, heimzureiten. Harper folgte dagegen der Einladung Roberts’ und blieb in dessen Haus, um am nächsten Morgen die versprochene Jagd mitzumachen und den alten Bahrens zu besuchen, von dem er soviel gehört hatte.

Rowson sprach noch ein langes Gebet, ehe er sein Pferd bestieg, teils um die Vergebung des Höchsten für die entsetzliche Entweihung des Sabbats zu erflehen, teils um ihm zu danken, daß dieser Kelch ohne Blutvergießen vorübergegangen war. Ehe er sich jedoch aufs Pferd schwang, ging er zuerst noch auf den jungen Brown zu und sagte:

»Ihr habt Euch heute meiner angenommen, und ich danke Euch. Wenn aber jener Bube auch auf Rache sinnt, fürchtet nichts, der Himmel wird Euch beschirmen, baut auf dessen Schutz.«

»Ich dank’ Euch, Mr. Rowson«, erwiderte Brown ruhig; »ich baue aber mehr auf des Burschen Feigheit und meine eigene Kraft als auf irgend etwas anderes. Der geht mir schon aus dem Wege, das hat keine Not, und streitsüchtig bin ich auch nicht. So werden wir denn schwerlich wieder zusammenkommen.«

Die Regulatoren in Arkansas

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