Читать книгу Der Weg zur Energiewende - Fritz Dieter Erbslöh - Страница 5
1 Einführung: Der Begriff
ОглавлениеDie sogenannte Energiewende ist ein Begriff, der in Deutschland geboren wurde. Seine Inhalte sind älter und gehen auf den US-amerikanischen Autor A. LOVINS zurück, der 1976 den Ausdruck »Soft Energy Path« benutzte, unter dem er seine Vorstellung eines zukünftigen Energiesystems schlagwortartig in die Öffentlichkeit trug. Sein Hauptanliegen war es, das klassische Energieversorgungssystem durch Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen zu ersetzen und mit forcierter Energieeffizienz eine weitere Energieressource zu installieren. Der Begriff findet sich in einem Artikel für die Z. Foreign Affairs, veröffentlicht unter dem Titel „Energy Strategy: The Road Not Taken?“.
LOVINS stellte hier zwei Entwicklungspfade einander gegenüber: den harten und den weichen Pfad, s. nachstehende Abbildung.
Abb. 1‑1:
‚Soft‘ and ‚Hard‘ Energy Paths; Quelle: A. Lovins, Energy Strategy: The Road Not Taken, 1976
Ein Jahr später präzisierte LOVINS sein Programm ausführlicher mit der Buchveröffentlichung „Soft Energy Paths: Towards a Durable Peace”.1 Es erschien 1978 auch in Deutschland.
Abb. 1‑2:
Lovins bei Präsident Carter, Okt. 1977. Carter galt als Freund regenerativer Energiequellen; Quelle: Rocky Mountain Institute (RMI)
LOVINS’ Ideen fanden große Publizität, bis zum Interview mir Präsident CARTER im Weißen Haus, s. Abb. 1‑2. In Deutschland übernahmen der Frankfurter F. KRAUSE und seine beiden Co-Autoren H. BOSSEL und K.-F. MÜLLER die Überlegungen LOVINS‘ und wandten sie auf Deutschland an. Ihr Alternativ-Bericht „Energie-Wende. Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran“ erschien 1980 im Selbstverlag der Autoren2 und wurde kurz darauf als Bericht des neu entstandenen Freiburger Öko-Instituts bei S. Fischer verlegt.3 Die These der Autoren war, „dass eine grundsätzliche und radikale Wende in der Energiepolitik der Bundesrepublik (und der Industriestaaten im Allgemeinen) unabdingbar geworden ist.“4 Diese Publikation gilt als Ursprung des heute geläufigen Begriffs.
Das Verständnis der Energiewende als Übergang zu nachhaltiger Energiepolitik findet sich 2002 erstmals in Deutschland in der vom deutschen Bundesumweltministerium in Berlin ausgerichteten Fachtagung „Energiewende – Atomausstieg und Klimaschutz”.5 Das Bundesumweltministerium veranstaltete diese Tagung gemeinsam mit der Forschungsstelle für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität Berlin am 15. und 16. Februar 2002 im Deutschen Architektur Zentrum, Berlin. In den Folgejahren wurde dann „Energiewende“ zunehmend zum Leitbegriff und Schlagwort der energiewirtschaftlichen Diskussion in Deutschland und auch der offiziellen deutschen Politik.
Erst viel später, wohl zuerst 2011 im Bostoner Christian Science Monitor, findet sich der Begriff auch im englischen Sprachraum, als dieser über die Beschlüsse der deutschen Bundesregierung nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima berichtete und Kanzlerin MERKEL zitierte. Hier und danach finden sich Übersetzungen wie „energy transition“ (Energieübergang) oder „energy switchover“ (Energiewechsel), zunehmend aber auch das deutsche Wort Energiewende.6
Energiewende ist also ein Wortbegriff der jüngsten Vergangenheit. Seine komplexen Inhalte sind jedoch älteren Ursprungs, zumindest in Teilen, und haben ihre eigene Geschichte.
Das wird in den folgenden Kapiteln deutlicher werden.